Talentförderung

30 07 2014

„Irgendwie so mit Modernität und international und so. Und Technik. Und als sozialer Auftrag. Nein, international eben. Damit man uns von der Feuerwehr unterscheiden kann.

Das ist eben unser Dilemma, wir haben an sich keine Konkurrenz auf dem Markt, aber trotzdem ist die Bundeswehr nicht attraktiv als Arbeitgeber. Nein, ausgeschlossen. Das ist ja auch der Grund, warum wir uns noch nicht für eine Öffnung in den privaten Sektor erwärmen konnten, mit so einer Wohlfühlarmee als Mitbewerber sind wir doch bald als Marke noch viel mehr am Arsch als die FDP. Das mit den internationalen Eingreiftruppen muss man auch noch mal rausarbeiten – die Fotos können ruhig größer, und dann gerne die touristisch attraktiven Ziele im Fokus. Ausgewählte touristische Ziele. Balkan ja, aber Irak muss nicht unbedingt.

Ob von der Leyen nun wenigstens ihr Vorwort für den Prospekt schreibt? Und wenn ja, ist das Zeug überhaupt zu verwenden? Immerhin haben wir da einen Glückstreffer. Zu viel Inhalt, dann schmeißen die Bewerber das Ding schon nach dem Vorwort wieder weg. Und wir können noch so einen Aufstand machen in den Schulen.

Immerhin bekommen die Rekruten jetzt Garderobenspiegel und Stehlampen. Stehlampen! Das kennen die doch gar nicht von zu Hause! Meinen Sie nicht, die sollten ein bisschen mehr Dankbarkeit zeigen für die Bundeswehr? Wir bereichern doch deren Leben, da ist es doch nicht zu viel verlangt, wenn sie es für uns –

Gucken Sie mal, ein Drittel der Interessenten sagt, sie müssten unter Umständen auf andere Menschen schießen. Das finde ich nun skandalös. Wirklich skandalös! Das sind Feinde der Demokratie, die bauen keine Brunnen, da gibt’s ja angeblich nirgends Mädchenschulen, keiner sprich da akzentfrei Deutsch, und dann halten die unsere Bewerber für Menschen? Ich sage es Ihnen, wir haben kein Imageproblem, wir haben ein Problem mit der Qualität des Nachwuchses.

Wir arbeiten an der Durchsetzung deutscher Interessen, das kann man ruhig so sagen. Das hatte der alte alte Bundespräsident zwar etwas anders formuliert, aber das war wohl Köhlerglaube. Hauptsache, wir können etwas durchsetzen, das ist doch immer im deutschen Interesse. Und alles können wir auch nicht dem EU-Parlament und der Bundesbank überlassen. Es muss auch mal ein paar Sachen geben, die die echten Profis machen.

Und dann: Buchendekor! Das gab es ja nicht mal bei diesen Schweden, und alles schon zusammengeschraubt, und nicht älter als 1990! Doch, 1990. Mit etwas Glück haben wir die letzte Kaserne fertig in Buche geflammt, wenn die ersten Stuben schon komplett durchgescheuert sind. Dann wären wir ungefähr zwei bis dreieinhalb Jahre moderner als das durchschnittliche Seniorenheim in der Bundesrepublik. Ist das cool oder ist das cool!?

Ja, jetzt nerven Sie hier nicht herum, ich weiß selbst, dass das total scheiße aussieht. Aber wenn wir die letzten Deppen aus dem Prekariat für unser Programm gewinnen wollen, dann sollen die sich bei uns auch vom ersten Tag an wie zu Hause fühlen.

Das ist doch hanebüchen – die fürchten ein vertraglich organisiertes Ableben im Dienst. Bei der Bundeswehr! Ja nun, wie verkaufen wir das denn nun? Transformation in eine höhere Sphäre? Persönlicher Beitrag zur Förderung der nationalen Stabilität? Uns muss da etwas Griffiges einfallen, Muster: Tod und Erklärung, sonst sind wir geliefert.

Immerhin haben wir eine Agenda von vielen Maßnahmen aufgelegt, die sich an der Wirtschaft orientiert. Also an Teilen der Wirtschaft. Die wirtschaftsnahen Bereiche. So in etwa. Naja, im Abstellraum bei der Commerzbank, da war so ein alter Schreibtisch, der hatte aufgeklebtes Buchenfurnier. Gut, direkt Furnier war es nicht, aber dafür war es auch kein echter Schreibtisch. Diese Plastikfolie halt. Und die kleinen Fußbänke, auf denen man einen Drucker unter dem Tisch versteckt. Mit Buche drauf. Weil man den Scheiß sowieso nicht sehen muss. Und da dachten wir uns, wenn es schon in der Wirtschaft so prominent verwendet wird, können wir doch an unseren Arbeitsplätzen auch mal eine –

Die finden Auslandseinsätze sinnlos. Das müssen Sie sich mal reinziehen: die finden Auslandseinsätze tatsächlich sinnlos. Ich meine, wir wollten doch die Bundeswehr im Innern immer irgendwie im gesunden Volksempfinden verankern, warum können wir das nicht jetzt einfach mal mit den Leutchen hier –

Ja, es ist wahr, die lehnen Krieg und Gewalt inzwischen kategorisch ab. Schlimm. Eine sittlich vollkommen verrohte Jugend. Ganz schlimm. Aber geben Sie zu, unser Talentförderungsprogramm ist echt dufte. Das hat uns wirklich jede Menge Blut und Schweiß gekostet, weil die Testrunde voll in die Hose gegangen ist. Wir hatten Talentförderung betrieben wie die CDU. Und alles weggehackt, was nach Talent aussah. Aber jetzt wird das was. Ganz bestimmt. Falls wir je ein Talent bekommen sollten.

So viel bräuchten wir nicht. Vielleicht zwei Absätze. Sonst steht die Broschüre ja. Hauptsache, die Ministerin wird jetzt noch fertig. Vor dem Krieg.“