Frontberichterstattung

31 08 2014

Wieder wurde ein Journalist getötet, der den Kampf gegen die Feindmächte festhielt und bis zum letzten Atemzug Zeugnis ablegte von der Überlegenheit der freiheitlich demokratischen Wirtschaftsordnung. Besonders bedauerlich, dass Bryce Dion, der für die US-amerikanische Bullen-knallen-irgendwelche-Nigger-Serie Cops arbeitete, von Polizeikugeln getötet wurde, obwohl er eine weiße Hautfarbe hatte. Alle weiteren Nachrichten aus dem sozialen Brennpunkt der westlichen Welt wie immer in den Suchmaschinentreffern der vergangenen 14 Tage.

  • schweißen wehrmacht: Sicherlich Kruppstahl.
  • lungensteckschuss definition: Wenn’s nicht mehr rauskommt, ist alles gut.
  • schaden himbeerbonbons in frühschwangerschaft: Wir setzen perorale Aufnahme voraus.
  • demenzheime in polen: Steinbach sucht schon?
  • weichstapler bedeutung: Oh, Herr Wulff?
  • scheiben bekleben in großburgwedel: Oh, Herr Wulff!
  • steissprellung was tun: Tja, Herr Wulff…
  • haderthauer stand der dinge: Seehofer versucht gerade nachzuweisen, dass sie nordkoranische eine Agentin war.
  • separatorenabfall: Pommes dazu?
  • waschbetonmauer verputzen: Pommes dazu.
  • :




  • In fünf Zeilen um die Welt. Limericks (CCVII)

    30 08 2014

    Man legte Marina in Blace
    nach Kohlgenuss auf die Matratze,
    wo sie sich noch plagte
    und lautstark beklagte:
    „Ihr kocht, dass ich davon bald platze!“

    Als Adnan sein Häuschen in Kırka
    gebaut hatte, war er viel stärker
    als anfangs. Das machte,
    wie er selber dachte
    die Arbeit im Haus als Heimwerker.

    Man kennt Jasna nur in Arilje
    als schwarzes Schaf ihrer Familie.
    Wer von dieser Art wich,
    der fand sie recht artig
    und unschuldig wie eine Lilie.

    Wenn Marwan sich in Deir Seta
    zum Malen hinsetzt, wird es später.
    Er malt stets auf Rollen,
    und mehreren vollen
    begegnet man dort wie am Meter.

    Als Branko sich einst Užice
    ein Tier zulegt, fand man die Mieze
    im Sessel. Er wollte,
    dass man ihr nicht grollte
    und auch darum, dass man sie sieze.

    Es tanzte Herr Vestberg in Hjo
    durchs Haus. Doch er wirkte nicht froh,
    wie er sich auch streckte
    und warf und sich reckte.
    Der Grund war vermutlich ein Floh.

    Voll Zorn schleudert Nenad in Knić
    den Teller zu Boden. Nicht Kitsch
    noch schmerzende Muster
    sind schuld, all dies wusst er
    bereits. Ihr stört nur noch ein Ditsch.





    Gernulf Olzheimer kommentiert (CCLV): Das Fitness-Studio

    29 08 2014
    Gernulf Olzheimer

    Gernulf Olzheimer

    Mein Name ist Gernulf Olzheimer und dies ist das Weblog aus dem Land der Bekloppten und Bescheuerten.

    Die sitzende Tätigkeit des Hominiden nimmt in erschreckendem Maße zu (sogar ehemalige Berufssportler wie Uli Hoeneß entscheiden sich dafür), der Mensch mit Bewegungsmangel erst recht. Er hat gerade noch so viel Zeit, seine Ziele zu verfolgen, wenn sie in unmittelbarer Nähe einer Tiefgarage liegen, zeigt sich dafür jedoch um so entschlossener, wenn er für etwas, das er nicht braucht, Geld bezahlen kann, weil er es nicht nutzt. Posthippe Personaler crosstrainieren in der Pause, das heißt: im Büro steht dieses nach drei Versuchen mählich einstaubende Dingsda, das durch zweimal Joggen und ein halb gelesenes Taschenbuch über Yoga abgelöst wurden. Wer als Lehrkraft (Deutsch und Sozialkunde) noch einigermaßen gegen die präsenile Endablagerung ankommen will, braucht einen individuellen Hantelplan, zeichnet aber meist innerhalb der ersten Wochen bereits eindrucksvoll seinen Leistungsabfall quantifizierbar hinein. Sie sind über Nordic Walking und Wassergymnastik hinweg, bekommen Weinkrämpfe beim Anblick eines Medizinballs, aber ihren Aufnahmeantrag fürs Fitness-Studio, den haben sie unterschrieben. Keiner von ihnen weiß, wo das Ding seitdem liegt.

    Wer den durchschnittlichen Trimmgulag betritt, findet in Reih und Glied ausgerichtete Apparate, in denen narzisstisch veranlagte Brezeln eingespannt sind, strampelnde Koordinationsversager, die sich zum Löffel machen. Sie lassen aufgesteckte Gewichte kreiseln, dass sich der Rahmen verzieht, unrhythmisch wippelnde Würste im PVC-Darm mit dem Mut des letzten Versuchs. Sollte nicht die Evolution ein anders zusammengeschwiemeltes Modell des Beknackten auf den Markt schmeißen, dann haben die Beug-, Spreiz- und Hampelübungen an diversen Maschinoiden lediglich den Effekt, dass die Muskelgruppen des Pumpheinis darauf optimiert werden, ebendieses Geraffel am Quietschen zu halten. Wann, beispielsweise bei einem Umzug oder vor den gestapelten Bierkisten eines Pokalfinales, wird der wirrlichternde Knorpelkönig seine Aufgabe durch vierzig Bizepsanspannungen im Sekundentakt lösen? Er müsste sein Kartönchen alle drei Treppenstufen absetzen, was einer Aufforderung zur Kastration gleichkäme. No way.

    Die im Stemmheim eingesperrten sind also erstens nicht viel mehr als zahlende Geiseln eines Egomanenparcours, der wie das grobmotorische Gegenstück eines Wittgenstein-Kongresses wirkt: die im Rudelkoma gefangenen Ledergesichter markieren vergrößerte Kontur, um ihre offenbare Unterlegenheit vor den Artgenossen möglichst lange zu verbergen. Nicht ihre Leistungsfähigkeit zählt, sondern der eiserne Wille, vor den anderen Teilnehmern der Dumpfdüsenmeisterschaft nicht hemmungslos abzustinken. Mit der Verzweiflung, die den Adrenalinopfern bis zum spontanen Augenausfall ins Gesicht gehämmert scheint, werden anderweitig Weltkriege bestritten – und da geht es wenigstens um nachhaltige Ziele.

    Der einzig verwertbare Nebeneffekt ist der zweite Anhaltspunkt, warum sich eine Rotte nach Stierlenkerausdünstung stinkender Blödblunzen in albernen Spielhöschen mit für die der englischen Sprache Mächtigen peinlich anmutenden Drucken zwängt, nämlich die Nachahmung des beim Maki wesentlich eleganteren Balzrituals, um auch den unteren Rand des Genpools noch zur Reproduktion zu bringen. Wie die Hohljodler zugleich verbissen Blut in die Extremitäten mangeln und dabei ihre intellektuelle Rezeption betätigen, so kann es nur auf den Totalausfall des Gierillas hinauslaufen. Nur vereinzelt gelangt ein komplett devitalisierter Depp zum Vollzug, meist bei einer geistig nur als Brennmaterial fürs Lagerfeuer geeigneten Zielperson, was bestätigt, dass niedere Arten sich am Geruch erkennen und ihre filigranen Symptome der Blödheit sensibel aufeinander abzustimmen verstehen. Die Natur besiegt doch alles.

    Oder auch nicht, denn der dritte Zweck ist und bleibt die Hauptquelle der Motivation, um das Epizentrum der Behämmerten regelmäßig wieder zu betreten. Nirgends gelangt der geneigte Laie schneller in den Besitz anaboler Aufblasmittelchen, die die Oberarme zu Schlauchbooten machen und nebenher den Perforationszustand der Hirnrinde pflegen. Für den Gegenwert eines tanzenden Schafes erhält der Dummklumpen mit den dicken Emboliezugängen Eiweißpülverchen, die bei konstanter Einnahme fast so viel Schmodder in die Fasern geben wie ein Schälchen Magerquark. Der Bescheuerte hat nur das Bestreben, auch so scheiße auszusehen wie die Hohlrabis auf Bodybilderchen, die überall an den Wänden der Gerätebude pappen. Untergeordnet, aber nicht vergessen bleibt das Ziel, sich dickere Herrenbrüstchen anzuimpfen als die anderen Fußhupen, und in seliger Verstrickung ist auch der virulente Wunsch, mit derlei Zeugs die erotische Ausstrahlung zu erhöhen – würden die Präparate nicht neben der Guttenberg-Wirkung auf die Adduktoren in schöner Regelmäßigkeit kleine Klöten machen. So gleicht sich alles aus. Sogar die Natur, die wenigstens zurückschlägt. Und das nicht einmal mit evolutionären Überraschungen.





    American Psycho

    28 08 2014

    „Also zunächst einmal drei Fachkräfte? Gut, das ließe sich machen. Da können wir der Kanzlerin jede Menge liefern. Sie sorgt ja für ausreichend Arbeitslose.

    Also heißt die Strategie Wirksam Regieren? Schon klar. Mit Gut Regieren würde die Industrie ihr ja auch sofort den Stuhl vor die Tür stellen und sie müsste es auf ihre alten Tage noch mit Erwerbsarbeit probieren. Oder Vernünftig Regieren, obwohl: nee, dann findet die CDU aus Versehen ihre Stasiakten und muss sie leider rausschmeißen.

    Verhaltensökonomische Kenntnisse? Das ist gut, das kann einem nicht schaden, wenn man mit der alten Schweinebacke zu tun hat. Man sagt, sie sei in ihrem Verhalten auch eher ökonomisch. Oder doch wirksam? Vernünftig wohl nicht.

    Ach so, Psychologen. Sagen Sie das doch gleich. Sie denken, Psychologen könnten das Verhalten der Wähler entsprechend dem Verhalten der Kanzlerin voraussagen? Da würde ich Ihnen doch lieber den Gang zum Wahrsager empfehlen. Oder zum Statistischen Bundesamt. Obwohl Ihnen da ein Psychologe nicht schaden würde.

    Sie brauchen psychologische und soziologische Fachkenntnisse? Das fängt ja schon mal gut an. Möglichst Promotion, mehrere Auslandssemester, Forschungsstipendien, Höchstalter zwanzig, und das alles als befristete Stelle für 450 Euro? nichts für ungut, aber ich kenne die Anforderungen der Bundesregierung, da kreuzen wir die Formulare schon mal entsprechend an. Für den Preis kriegen Sie vermutlich drei hervorragend qualifizierte Wirtschaftsflüchtlinge, die den Deutschen die Arbeitsplätze wegnehmen.

    Was wollen Sie denn rausfinden? Jetzt mal Butter bei die Fische – die Kanzlerin macht doch keine ergebnisoffene empirische Studie, bei der am Ende die Wirklichkeit zu sehen ist. Hören Sie mal, verarschen kann ich mich selber. Haben sich Allensbach und Springer nicht einigen können, was die Deutschen – ja, gut. Allensbach und Springer und Bertelsmann. Amen.

    Handlungsorientiert, aha. Das ist ja mal neu. Deshalb vermutlich auch Wirksam Regieren. Stell Dir vor, Deutschland wird regiert, und keiner kriegt’s mit. Handlungsorientiert, das ist ja auch wieder so eine Sprechblase. An wessen Handlung ist das denn orientiert, und wer handelt da? Müssen wir selbst etwas machen? Und wenn ja, wieso nicht? Was kostet das den Steuerzahler? Können Sie mir vielleicht mal auf die Sprünge helfen?

    Anthropologische Kenntnisse, das ist spannend. Was ist der Mensch, und warum wählt dieser Knalldepp immer noch CDU? Bitte, ich frage nur. Sie wollen das Personal ja schließlich von uns, wir sind Ihr Dienstleister, aber wie sollen wir denn hier anthropologisch geschulte Psychologen finden, die für die Kanzlerin irgendeine wirksame Form von Regierung herzaubern? Bin ich David Copperfield?

    Heißer Tipp von meiner Seite: gucken Sie sich doch bitte vor dem Verfassen von Stellengesuchen kurz die Berufsprofile an. Das letzte Mal haben Sie einen Koch nach Hause geschickt, weil er keinen Pilotenschein hatte, davor war’s ein Sinologe ohne ausreichende Kenntnisse in Festkörperphysik, und jetzt drei Psychologen, die herausarbeiten sollen, warum achtzig Millionen die Kanzlerin trotz aller Täuschungsmanöver als Kanzlerin erkennen?

    Natürlich vermitteln wir auch internationales Personal. American Psycho könnte ich Ihnen gerade anbieten. Wir können allerdings nicht garantieren, dass die NSA bei der Auswahl ihre Finger im Spiel hat.

    Und Sie erwarten, dass durch vertiefte Situationsanalyse die Probleme mit der externen Kommunikation ausgeräumt werden? Gut, dann habe ich jetzt auch verstanden, warum Sie für die Kanzlerin unbedingt drei Psychologen wollen. Nicht für die Leute da draußen im Land. Für die Kanzlerin.

    Wir können gerne ganz neue Wege einschlagen, wenn Ihnen da schon etwas vorschwebt? Vielleicht vorerst vier Wochen mit der Motivationscrew? Bissel Feng Shui im Foyer? Aromatherapie für den Innenminister? Ich kann Ihnen auch Aromatherapie gegen den Innenminister liefern, das wäre die verfassungskonforme Variante, aber meinetwegen. Alternative Lösungsansätze? Wie soll das denn gehen? Wir sollen alternative Lösungsansätze erarbeiten, die als alternativlose Alternativen – wie gesagt, verarschen kann ich mich alleine, klar!?

    Sie wollen also eine Verständigungsoffensive, damit die politischer Vorhaben der Regierung wirksamer werden? Und gleichzeitig die Politik der Bundesregierung so weiterentwickeln, dass die Bürgerinnen und Bürger sie als aus ihrer eigenen Perspektive heraus gedacht empfinden? Lassen Sie mich da noch mal genau nachfragen: die Kanzlerin möchte also eine Beteiligung des Wählers, und dazu wünscht sie eine verhaltensökonomische Analyse des Wählerwillens, um anthropologisch korrekt handlungsorientiert vorzugehen? Die Kanzlerin braucht drei soziologisch geschulte Fachkräfte, damit sie die Zielgenauigkeit ihrer alternativlosen Maßnahmen besser mit dem abstimmen kann, was sie den Leuten vor der Wahl versprochen hat?

    Nee, lassen Sie mal. Die braucht keine drei Psychologen. Die braucht ein Hörgerät.“





    Tourorismus

    27 08 2014

    „… dass Fahrradtouren in Schleswig-Holstein künftig angemeldet werden müssten, so dass das jeweils zuständige Straßenverkehrsamt die…“

    „… fürchte die Landesregierung unter anderem die bei größeren Radlergruppen unabdingbar auftretende Konzentration an Drogen, die eine erhebliche Gefahr für die Bevölkerung…“

    „… die Einrichtung einer Zweiradgruppenfahrgenehmigungsstelle im Ministerium für…“

    „… gehe der Staatssekretär im Verkehrsministerium Nägele unabhängig von der Teilnehmerzahl davon aus, dass erhebliche Verkehrsbeeinträchtigungen nicht ausgeschlossen werden könnten. So reiche ein einziger Radfahrer auf der Bundesautobahn aus, um einen Rückstau bis weit hinter die Alpen zu…“

    „… noch nicht entschieden, ob die Zweiradgruppenfahrgenehmigungsstelle als Genehmigungsstelle für Zweiradgruppenfahrten auch eine individuelle Fahrgenehmigungsstelle für alle behördlich gemeldeten Zweiradgruppen…“

    „… massive Gegenwehr gegen die Bedrohung durch Fahrradfahrer. Nägele habe angekündigt, pünktlich zu den nächsten Sommerferien das gesamte Bundesland mit tausenden von Baustellen zu überziehen, so dass Radfahrer zu Hause blieben, wodurch sofort eine erhebliche Verbesserung des Autoverkehrs…“

    „… eine von der Zweiradgruppenfahrgenehmigungsstelle ausgestellte Gruppenfahrgenehmigung erst bei Vorlage einer von den Mitgliedern einzeln beantragten Fahrgenehmigung, die wiederum auf eine zuvor für die Mitgliedschaft in Zweiradgruppen…“

    „… außerdem erhebliche Gefahren für die Landwirtschaft in Schleswig-Holstein sehe. Nägele habe in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass ein Stück Milchvieh bereits nach dem Verschlucken eines einzigen nicht angemeldeten Fahrrades durch möglicherweise scharfkantige Teile gravierende gesundheitliche Schädigungen…“

    „… sich das schleswig-holsteinische Innenministerium zunehmend über landfremde Radler beklage, die ohne hinreichend nachgewiesene Ortskenntnisse mitunter stundenlang durch die eigentlich nur für Traktoren und Fernbusverkehr ausgebaute Landschaft …“

    „… weniger ein Problem mit den einheimischen Verkehrsteilnehmern, da diese zur Schonung der Umwelt und der Straßen meist Kraftwagen benutzten. Die Schwierigkeiten gingen von nicht zum Land gehörigen Radlern, die den Begriff Fremdenvekehr offenbar wörtlich…“

    „… das Zweiradgruppenfahrgenehmigungsverfahren durch eine verwaltungsrechtliche Sonderstellung erschwert werde. Die eigentliche Zweiradgruppe im Sinne der genehmigungsfähigen Zweiradgruppenfahrt, die von der Zweiradgruppenfahrgenehmigungsstelle als Gruppe einzelner Zweiradführer einer genehmigten Zweiradgruppe genehmigte Gruppe natürlicher Personen in Benutzung eines genehmigten Zweirades, seien in der Regel nur als Führer eines motorisierten Zweirades…“

    „… der Ministeriumssprecher betont, natürlich habe die Verwendung der Straßen für die zahlenden Besucher eine große Bedeutung. Ein nachhaltiges Konzept müsse jedoch viel mehr dazu animieren, die Verkehrsinfrastruktur nur zu zahlen, nicht aber durch gleichzeitige Nutzung zu…“

    „… würden auch immer mehr Radler sich durch gewollte Vereinzelung dem verwaltungsrechtlich festgeschriebenen Gruppenzwang entziehen, was die Sicherheitskräfte des nördlichsten Bundeslandes nur durch konsequente Straßensperren auf allen öffentlich zugänglichen…“

    „… sehe die Landesregierung als einzige Möglichkeit eines verwaltungsrechtlich wirksamen Verfahrens zur Gruppenfahrgenehmigung genehmigter Zweiradgruppen, wenn sich nicht motorisierte Zweiräder durch die genehmigten Fahrer in den jeweils für Gruppenfahrten genehmigten Zweiradgruppen mit einem Hilfsmotor, der jedoch ebenso genehmigungspflichtig durch die… “

    „… plane Verkehrsminister Meyer (SPD) zur Abschreckung des Tourorismus Reißnägel, Glasscherben sowie gezielte Warnschüsse in die…“

    „… komme die Zweiradgruppenfahrgenehmigungsstelle den Zweiradfahrern insofern entgegen, als dass sie für die verwaltungsrechtlich wirksame Genehmigung von Zweiradgruppenfahrten an den nicht motorisierten Gruppenzweirädern auch nicht aktiv motorisierende Imitate ohne motorisierende Wirkung verwaltungsrechtlich wirksam gestatte, falls sich die ganze genehmigten Zweiradgruppe auf der genehmigten Gruppenfahrt mit Gruppenzweirädern der jeweils…“

    „… bisher nicht eindeutig erklärt habe, ob eine Fahrradmaut in Koordination mit der Bundesregierung sich…“

    „… weise die Zweiradgruppenfahrgenehmigungsstelle vorsorglich darauf hin, dass bereits motorisierte Gruppenzweiräder trotz eines verwaltungsrechtlich wirksamen Zwangs zur Motorisierung von Zweiradgruppen für Zweiradgruppenfahrten keine Zweiräder im Sinn des fahrgenehmigten Gruppenzweirades zur Genehmigung von…“





    Humsti

    26 08 2014

    Er sah vollkommen normal aus, durchschnittlich groß, durchschnittlich dünn, sorgfältig rasiert, gescheitelt, schlicht, doch geschmackvoll gekleidet, und blau. Vollkommen blau. „Wir wollten ihn erst in Grün bestellen“, bekannte Schürfleder. „Aber das hatten sie nicht mehr vorrätig, und dann die ganzen Implikationen – wahrscheinlich ist es so besser.“

    Er war also blau – blaue Haut, blaue Haare, das Hemd blau und den Anzug blau, blaue Schuhe mit blauen Schnürsenkeln. „Und natürlich blauäugig“, flüsterte Schürfleder ein bisschen verschämt. Aber das hatte er sich nicht aussuchen dürfen. „Es ist ja Deutschland hier. Und der Humsti in mehr als einer Farbe, ich weiß nicht.“ Nun sah die Lösung auf alle nationalen Probleme wenigstens konsistent aus. „Wenn ich nicht wüsste, was das sein soll, würde ich sagen, er sei gelungen.“ Er nickte. „Es war auch nicht unsere Idee“, verteidigte er sich. „Das ist es doch nie.“ Auch das stimmte, und es war gut, dass er nicht auch noch darauf eine Antwort haben wollte.

    „Der Humsti hilft uns aus der Patsche.“ Die Schaufensterpuppe – eigentlich war das eine glatte Beleidigung, denn er war eine lebensgroße Silikonfigur und so täuschend ähnlich, als würde er jeden Augenblick zu atmen beginnen – schwieg und ließ es geschehen. Schürfleder fegte vorsichtig ein paar Flusen von seiner Schulter. „Die Zeiten sind so, dass wir eine einfache Lösung brauchen, und das ist er.“ „Sie wollen mir weismachen, dass es nicht ohne einen nationalen Sündenbock geht?“ Er betrachtete die blauen Schuhspitzen, die nicht zu ihm selbst gehörten. „Natürlich wäre es ein besserer Prozess, die Bevölkerung aufzuklären über soziale und geopolitische Kausalitäten, aber Sie wissen ja, wie das ist. Man braucht so viel Zeit dazu.“ „Sie fürchten, dass die Leute es nicht begreifen?“ „Wir haben Angst, dass sie es erst verstehen, wenn die Opposition den Erfolg davontragen würde. Das geht doch nicht.“

    Falls sich jemand die Mühe gemacht haben sollte, Humsti unsympathisch erscheinen zu lassen, so war dem kein Erfolg beschieden. Nicht einmal eine Hakennase hatten sich die Designer erlaubt. „Er ist einer aus unserer Mitte“, beschwichtigte er, „das macht es leichter, tief im Innern menschliche Gefühle für ihn zu entwickeln.“ „Menschliche Gefühle also“, gab ich zurück. „In der Informationsbroschüre steht, der Humsti sei der Grund für den internationalen Terrorismus, ein unzivilisiertes Wesen und neige gewohnheitsmäßig zum Sozialmissbrauch. Warum sollte ich humane Regungen für diesen Typus haben?“ Er richtete sich ruckartig auf, ein sicheres Zeichen dafür, dass er auswendig Gelerntes von sich geben würde. „Als an Glaubenswerten orientierte Regierungspartei sind wir sehr interessiert an der Toleranz gegenüber allen anderen Völkern, verteidigen jedoch auch den Rechtsstaat gegen jede Art von Missbrauch dieser Toleranz.“ Hektisch rückte er seine Krawatte zurecht.

    Die Bilder in dem Faltblättchen waren nicht einmal schlecht. Dennoch durchlitt Schürfleder einen furchtbaren Schweißausbruch. „Sie müssen es verstehen“, wimmerte er, „die Problematik ist doch inzwischen derart komplex, dass wir gar nicht mehr wissen, was wir zuerst ignorieren sollen.“ „Der Humsti ist verantwortlich für die Arbeitslosigkeit“, mutmaßte ich. Er nickte. „Er nimmt den Deutschen die Jobs weg, und er ruht sich gleichzeitig in der sozialen Hängematte aus und lebt von den Steuern der ehrlichen Arbeitnehmer.“ Kein Wunder, dass er blau war; ein normales Wesen hätte das gleichzeitig gar nicht leisten können. Mich wunderte nur, dass die Relikte der Liberalen ihn deshalb noch nicht als Vorbild an Flexibilität und Leistungsbereitschaft entdeckt hatten. Vielleicht war er nicht kriminell genug.

    „Er ist der Schlüssel zur Überbevölkerung“, sagte Schürfleder, „schließlich weiß jeder von den Medien sozialisierte Landsmann, dass die Wahlkampfreden der Regierung absolut Recht haben, wenn sie anprangern, dass überall nur blaue Leute um uns herum sind.“ Ich musste zugeben, dieser Logik konnte ich mich nicht entziehen. „Das sorgt ja erst für den Geburtenrückgang in der echten Bevölkerung, er ist demnach auch verantwortlich dafür, dass Deutschland sich abschafft.“ „Verstehe“, murmelte ich. „Symbolpolitische Ersatzflüssigkeit also.“ Er nickte. „Er ist halt blau.“

    Der Humsti hatte es sich angehört, aus verständlichen Gründen jedoch nicht kommentiert. „Und doch“, wandte Schürfleder tapfer ein, „und doch halte ich die Erfindung des Humsti für eine große zivilisatorische Überlegung.“ Er schwieg einen Augenblick, bevor er fortfuhr. „Stellen Sie sich die Gräuel der Vergangenheit vor – Pogrome, Brand- und Mordanschläge, man hat Menschen durch die Straßen gejagt, weil sie eine andere Hautfarbe hatten, weil sie in einer anderen Religion sozialisiert worden waren, und vielleicht waren sie nur Flüchtlinge. Oder arbeitslos. Oder einfach im Weg.“ Da stand der Humsti, blau und sprachlos. „Meinen Sie, man wird so schnell auf der Straße jemanden mit ihnen verwechseln?“ „Und wenn Sie Ihren Wählern die Wahrheit sagen würden?“ Er lächelte hilflos. „Klar, das wäre die Lösung. Aber wissen Sie, wie lange das dauern würde?“





    Kaltakquise

    25 08 2014

    „Sie hat ein Teeservice bekommen. Keine Ahnung, ob in der Ukraine so viel Tee getrunken wird, auf jeden Fall ist das Zeug potthässlich. Sie hat es als kleine Aufmerksamkeit an die CSU-Landesgruppe weitergeschickt, die sind immer froh, wenn sie mal mit internationaler Politik zu tun haben.

    Betrachten wir diesen Besuch mal als ein Zeichen der internationalen Solidarität. Kiew geht es nicht besser, aber sie wissen jetzt, dass uns die Lage nicht so ganz egal ist. Sonst hätten wir ja auch die Verteidigungsministerin hinschicken können. Und da ist es doch sehr schön, wenn wir noch so ein paar gebrauchte Hausschuhe im Schrank zu stehen haben, damit es unseren guten Freunden nachts nicht an den Füßen friert, nicht wahr?

    Natürlich ist die Kanzlerin nicht mit leeren Händen zurückgekehrt. Sie ist mit der Zusage in Berlin eingetroffen, dass uns die Ukraine fünfhundert Millionen abnehmen. Gut, oder? Hundert Millionen, das hätte vielleicht sogar Westerwelle hingekriegt, zweihundert – an einem guten Tag Schäuble und Steinmeier, aber da fragt sich, wer hat da wen geschoben, und fünfhundert Millionen schafft eben doch bloß unsere Kanzlerin. Dafür ist sie es ja.

    Sie haben das möglicherweise nicht so ganz verstanden. Poroschenko schmeißt die deutschen Hilfszahlungen nicht gleich wieder aus dem Fenster für den Militärhaushalt. Merkel hat dem ukrainischen Präsidenten eine halbe Milliarde Euro gegeben, damit er sie sofort in vernünftige deutsche Waffen steckt. Das ist ein vollkommen anderer Sachverhalt.

    Dafür verpflichtet sich Kiew allerdings auch zu Wirtschaftsreformen. Das ist doch auch ein Gebot der politischen Vernunft: wenn man schon deutsche Waffen – tödliche oder nicht tödliche, fragen Sie mich bitte nicht, ich bin da gerade nicht auf dem Laufenden – also deutsche Waffen einsetzt, um den ukrainischen Wirtschaftsraum gegen Invasoren zu schützen, was muss man da machen? Na!? Richtig, man muss erst mal eine Wirtschaft mit ordentlichem Wachstum aufbauen, damit man überhaupt etwas zu verteidigen hat! Bringt doch sonst nix, wie?

    Ja, Akquise. Die Kanzlerin ist überhaupt die größte Akquisefachkraft, die wir seit langem haben. Da hätte der alte Köhler vielleicht mit den Ohren geschlackert – Handelswege aufbauen und den Kunden die Verteidigung gleich selbst erledigen lassen, Donnerwetter! Das nenne ich Akquise! Ja, natürlich war das Kaltakquise. Eiskalt.

    Zwanzig, korrekt. Zwo-null. Mehr verwundete Soldaten können wir in Deutschland leider nicht behandeln. Das liegt am Personalmangel, müssen Sie wissen. Und natürlich an der mangelnden Erfahrung. Wir haben ja bedauerlicherweise kaum Auslandseinsätze. Aber unsere Verteidigungsministerin wird das schon ändern, meinen Sie nicht auch?

    Das ist merkelsches Krisenmanagement. Ein Management, das der Krise ein Gesicht verleiht. Wenn es so anfängt, dann weiß auch der Letzte: jetzt ist die Krise da. Und geht auch so schnell nicht mehr weg. Deshalb hat die Kanzlerin ja auch angekündigt, dass die NATO Bodentruppen im Baltikum stationiert. Ob das normal ist? Keine Ahnung, warum fragen Sie? macht die unnormalen Sachen sonst immer die Verteidigungsministerin? Ach so, nein. Das ist sicher ein Missverständnis. Das ist eine Integrationsmaßnahme. Wir wollen zeigen, dass wir als Verbündeter zuverlässig sind und für internationale Sicherheit stehen. Putin wird das bestimmt auch sehr entspannend finden.

    Was hätte die Kanzlerin denn machen sollen? ankündigen, dass Karstadt jetzt Filialen in Kiew und Dnipropetrowsk eröffnet? Wollen Sie etwa die Grünen rüberschicken und Tschernobyl sanieren? Das ist doch lächerlich! Sie wissen doch, wie das im Kanzleramt läuft, wenn es nicht läuft. Merkel guckt erst mal. dann kann sie immer noch Aussitzen.

    Endlich können unsere Soldaten, pardon: Soldatinnen und Soldaten mal zeigen, wozu sie ausgebildet worden sind! Endlich mal ein Herbstmanöver, das den Namen auch verdient! Und denken Sie an die Luftraumüberwachung, das kann die deutsch-amerikanische Freundschaft bald wieder auf den Vorkrisenstand bringen. Wenn schon Spionage, warum machen wir das denn nicht gemeinsam?

    Eigentlich wollte sie auch einen Hilfskonvoi senden. Die Kanzlerin wartet sonst immer ab, was die anderen so machen, und setzt sich dann an die Spitze. Und irgendwie hätte das diesmal auch klappen können, aber Sie wissen ja: man steckt nicht drin.

    Wie, die Ostukraine? Merkel hätte in die Ostukraine fahren sollen? Was hätte sie denn da erreicht? Friedensverhandlungen? Das führt doch wieder nur zu Krieg! Was sollen wir denn dann fürs Gas bezahlen!?“





    Kinderlied, verwirrt

    24 08 2014

    Eigentlich ist das gemein:
    statt im Sand zu spielen,
    zieht man große Leute ein,
    um auf sie zu zielen.

    Kaufmann Müller, Lehrer Schmidt
    dürfen sich nicht grüßen,
    ihnen gibt man einen Tritt,
    dass sie auf sich schießen.

    Graue Hemden werden rot,
    kaum hat das begonnen.
    Hinterher sind alle tot.
    Keiner hat gewonnen.





    In fünf Zeilen um die Welt. Limericks (CCVI)

    23 08 2014

    Éric lieh sich in Antsirabe
    viel Geld. Fast die Hälfte der Habe,
    die er eins besessen,
    die hat er vergessen
    im Haus, wo er wohnte als Knabe.

    Herr Ivanovs liebt in Priekule
    die Frau, die er noch in der Schule
    als jünger gekannt hat.
    Wie die sich gewandt hat –
    viel älter ist jetzt seine Buhle.

    Es buk Joan sich in River Vale
    ein Brötchen, und zwar auf Befehl.
    Ihr blieb Salz und Sauer,
    das macht sie nicht schlauer.
    Am meisten, da fehlte ihr Mehl.

    Geert kauft sich ein Häuschen in Balen.
    Schon fing er an, furchtbar zu prahlen
    mit Pool, Zaun und Hecken,
    um sich zu verstecken.
    Am Ende konnt er es nicht zahlen.

    Rimantas, der radelt in Kelmė
    wie alle: man fährt ohne Helme.
    Dann ließ man die Räder
    verschwinden, und jeder
    hat jetzt einen Helm. Diese Schelme!

    Bernardo, der hat in Xai-Xai
    am meisten Angst vor einem Hai.
    Aus Furcht vor dem Schaden
    geht er nur noch baden
    mit Säckchen zum Werfen voll Blei.

    Wenn Jesper mal feiert in Sæd
    und nicht den Geburtstag begeht,
    das sieht ihm nicht ähnlich,
    denn er, für gewöhnlich,
    er feiert ihn Jahre zu spät.





    Gernulf Olzheimer kommentiert (CCLIV): Askese

    22 08 2014
    Gernulf Olzheimer

    Gernulf Olzheimer

    Mein Name ist Gernulf Olzheimer und dies ist das Weblog aus dem Land der Bekloppten und Bescheuerten.

    Die Sonne ging auf über der kleinen Landzunge am Tümpel, wo Nggr seine Höhle hatte. Leise stieg er durch das morgenfeuchte Gras, kaute noch an seinem Morgenmammut, und der Gedanke an die frisch vergorene Säbelzahnziegenmilch ließ ihn den Tag mit Freude beginnen. Eine Kaverne weiter hievte sich Uga fluchend von der harten Bettstatt, die den Namen nicht wirklich verdient hatte. Trüb linste er in die dunstige Frühe, immer eingedenk, dass er – abgerechnet das nörgelnde Weib und je nach Tagesform acht bis elf essende Nachkommen – außer einer Handvoll Regenwasser bis zum Sonnenuntergang nicht mehr viel würde verzehren dürfen. Ein durchreisender Bartträger, dessen Kopfwunden von längerer Rekonvaleszenz zeugten, hatte die Wohngruppe von den Segnungen des Verzichts zu begeistern gewusst, genauer: Ugas Gattin hatte sich entschieden, der Sache einen Versuch zu widmen, natürlich in Gestalt des Haushaltsvorstandes, dem nun die Kasteiung oblag, um zu sehen, was es mit der Sache auf sich hatte. Einer der ersten, wenn nicht der durchschlagende Erfolg der Askese.

    Askese ist lediglich der ideologisch motivierte Versuch einer ideologisch interessierten Gruppe, den Anhängern der eigenen Denke zu diktieren, was man nicht als lebenswert zu sehen habe. Zwar haben sich die Religionsderivate dieser eiernden Landmasse noch nicht einigen können, was zwar Teil der Schöpfung, aber doch auch irgendwie schlecht, böse und schlimm sein müsse, doch die Verhandlungen laufen noch. Immerhin haben sich Faktoren wie „Spaß“, „Genuss“ und „Selbstverwirklichung“ als konstituierend für den permanenten Verzicht herausgeschwiemelt. Wenige metaphysische Systeme kamen bisher auf den Gedanken, den Unterworfenen das Atmen oder den Gebrauch der rechten Hand zu verbieten – wenngleich alles andere längst etabliert zu sein scheint im Garten der Unlüste.

    Was das transkulturell relevante Erbe der Menschheit betrifft, hat die heutige Population die Werte der Entsagung schon gut verinnerlicht. Freiwilliger Verzicht auf Körperpflege und ausreichenden Schlaf, Verzicht der Kommunikation zur stabileren Selbstidentifikation, körperliche Schmerzen, wie sie beim Anbringen diverser Metallteile im Gesichtsterrain physiologisch unabdingbar sind, alles leistet die nachwachsende Hominidenschicht ohne Klage, und sie passt sich damit nahtlos in die bestehenden Verhältnisse ein.

    Der Grund jedoch, warum sich der rezente Beknackte nicht die Birne rasiert, in eine Kutte eindreht und schweigend seines Ablebens harrt, ist schlagend. Er wird als Produktivkraft der postmodernen Gesellschaft gebraucht, die ohne eine ordentliche Verzichtsethik gar nicht denkbar wäre. Freilich hat sich zur Arbeits- eine Verzichtsteilung gesellt, die da sagt: jedem seins, die einen arbeiten, dafür nehmen ihnen die anderen den Verzicht nicht mehr weg. Der also Verstörte wird degradiert zum Getöseproduzenten im eigenen Vorgarten, er darf ein bisschen Autonomie turnen, bis man die Truhe zuklappt.

    Der Held ohne Geschäftsbereich, geworfen in sein kleines Leben, sucht sich die Reservate, in denen er noch authentisch sein darf. Er erfindet Bier ohne Alkohol, raucht leicht, entzieht der Ernährung waghalsig Fett und Zucker (und gleicht sie durch ein Gepopel karzinogener Ersatzflüssigkeiten aus) und feiert sich selbst in seiner funktionstüchtigen Kastrationsangst als lebensfrohes Beispiel einer Art, die täglich dem Untergang entrinnt. Sinnlos ist seine Bestrebung, sich Zeit abzusparen, die er dann in Freizeitklamotten gequetscht wieder verwartet, um in die Tempel der kollektiven Erholung zu gelangen, aber immerhin: er hat zwei Minuten aus dem eng getakteten Tag eines Hamsters geholt, ohne sein Pensum an Geballer zu schmälern. Mehr und mehr holt sich der Bekloppte Zeit und damit Effektivität aus der täglichen Verrichtung, und sei es dabei, wie er die Insassen eines Krankenhauses wäscht und wickelt – immer mehr Effektivität macht immer weniger Zeit macht immer weniger Effektivität, die Zauberformel der Leistungsmagie neoliberaler Bumsbirnen. Sie haben die klassische Definition von Entsagung durchgezogen. Ihre Jünger, vor allem die, die es nicht freiwillig sind, müssen daran glauben, dass es hilft. Und sie sollten vor allem wissen, wem.

    Die meisten Bescheuerten bereuen am Ende ihrer Inkarnation nicht, zu wenig Zeit in sinnlosen Meetings gehockt zu haben. Das allgegenwärtige Korrektiv einer sich wild gebärdenden Vernunft gibt nicht viel her, wofür sich das tägliche Aufstehen noch lohnte. Allenfalls gewinnt der gebeutelte Querkämmer eine unbezwingbare Gleichgültigkeit gegenüber den Fährnissen des Alltags, mindert seine permanenten Ängste und verliert langfristig die Furcht, den plärrenden Eliten die Mistgabel vor der Nase aufzupflanzen. Ein Leben ohne Sorge wäre der Gewinn, und es ist noch niemand auf den Gedanken gekommen, diesen Verzicht als nötig anzumahnen. Warum wohl.