Kaltakquise

25 08 2014

„Sie hat ein Teeservice bekommen. Keine Ahnung, ob in der Ukraine so viel Tee getrunken wird, auf jeden Fall ist das Zeug potthässlich. Sie hat es als kleine Aufmerksamkeit an die CSU-Landesgruppe weitergeschickt, die sind immer froh, wenn sie mal mit internationaler Politik zu tun haben.

Betrachten wir diesen Besuch mal als ein Zeichen der internationalen Solidarität. Kiew geht es nicht besser, aber sie wissen jetzt, dass uns die Lage nicht so ganz egal ist. Sonst hätten wir ja auch die Verteidigungsministerin hinschicken können. Und da ist es doch sehr schön, wenn wir noch so ein paar gebrauchte Hausschuhe im Schrank zu stehen haben, damit es unseren guten Freunden nachts nicht an den Füßen friert, nicht wahr?

Natürlich ist die Kanzlerin nicht mit leeren Händen zurückgekehrt. Sie ist mit der Zusage in Berlin eingetroffen, dass uns die Ukraine fünfhundert Millionen abnehmen. Gut, oder? Hundert Millionen, das hätte vielleicht sogar Westerwelle hingekriegt, zweihundert – an einem guten Tag Schäuble und Steinmeier, aber da fragt sich, wer hat da wen geschoben, und fünfhundert Millionen schafft eben doch bloß unsere Kanzlerin. Dafür ist sie es ja.

Sie haben das möglicherweise nicht so ganz verstanden. Poroschenko schmeißt die deutschen Hilfszahlungen nicht gleich wieder aus dem Fenster für den Militärhaushalt. Merkel hat dem ukrainischen Präsidenten eine halbe Milliarde Euro gegeben, damit er sie sofort in vernünftige deutsche Waffen steckt. Das ist ein vollkommen anderer Sachverhalt.

Dafür verpflichtet sich Kiew allerdings auch zu Wirtschaftsreformen. Das ist doch auch ein Gebot der politischen Vernunft: wenn man schon deutsche Waffen – tödliche oder nicht tödliche, fragen Sie mich bitte nicht, ich bin da gerade nicht auf dem Laufenden – also deutsche Waffen einsetzt, um den ukrainischen Wirtschaftsraum gegen Invasoren zu schützen, was muss man da machen? Na!? Richtig, man muss erst mal eine Wirtschaft mit ordentlichem Wachstum aufbauen, damit man überhaupt etwas zu verteidigen hat! Bringt doch sonst nix, wie?

Ja, Akquise. Die Kanzlerin ist überhaupt die größte Akquisefachkraft, die wir seit langem haben. Da hätte der alte Köhler vielleicht mit den Ohren geschlackert – Handelswege aufbauen und den Kunden die Verteidigung gleich selbst erledigen lassen, Donnerwetter! Das nenne ich Akquise! Ja, natürlich war das Kaltakquise. Eiskalt.

Zwanzig, korrekt. Zwo-null. Mehr verwundete Soldaten können wir in Deutschland leider nicht behandeln. Das liegt am Personalmangel, müssen Sie wissen. Und natürlich an der mangelnden Erfahrung. Wir haben ja bedauerlicherweise kaum Auslandseinsätze. Aber unsere Verteidigungsministerin wird das schon ändern, meinen Sie nicht auch?

Das ist merkelsches Krisenmanagement. Ein Management, das der Krise ein Gesicht verleiht. Wenn es so anfängt, dann weiß auch der Letzte: jetzt ist die Krise da. Und geht auch so schnell nicht mehr weg. Deshalb hat die Kanzlerin ja auch angekündigt, dass die NATO Bodentruppen im Baltikum stationiert. Ob das normal ist? Keine Ahnung, warum fragen Sie? macht die unnormalen Sachen sonst immer die Verteidigungsministerin? Ach so, nein. Das ist sicher ein Missverständnis. Das ist eine Integrationsmaßnahme. Wir wollen zeigen, dass wir als Verbündeter zuverlässig sind und für internationale Sicherheit stehen. Putin wird das bestimmt auch sehr entspannend finden.

Was hätte die Kanzlerin denn machen sollen? ankündigen, dass Karstadt jetzt Filialen in Kiew und Dnipropetrowsk eröffnet? Wollen Sie etwa die Grünen rüberschicken und Tschernobyl sanieren? Das ist doch lächerlich! Sie wissen doch, wie das im Kanzleramt läuft, wenn es nicht läuft. Merkel guckt erst mal. dann kann sie immer noch Aussitzen.

Endlich können unsere Soldaten, pardon: Soldatinnen und Soldaten mal zeigen, wozu sie ausgebildet worden sind! Endlich mal ein Herbstmanöver, das den Namen auch verdient! Und denken Sie an die Luftraumüberwachung, das kann die deutsch-amerikanische Freundschaft bald wieder auf den Vorkrisenstand bringen. Wenn schon Spionage, warum machen wir das denn nicht gemeinsam?

Eigentlich wollte sie auch einen Hilfskonvoi senden. Die Kanzlerin wartet sonst immer ab, was die anderen so machen, und setzt sich dann an die Spitze. Und irgendwie hätte das diesmal auch klappen können, aber Sie wissen ja: man steckt nicht drin.

Wie, die Ostukraine? Merkel hätte in die Ostukraine fahren sollen? Was hätte sie denn da erreicht? Friedensverhandlungen? Das führt doch wieder nur zu Krieg! Was sollen wir denn dann fürs Gas bezahlen!?“