Ebola GmbH & Co. KG

1 12 2014

„Nehmen Sie noch Schnittchen, ich nehm auch noch Schnittchen, ist ja Zeit zum Feiern heute, wir gehen an die Börse, mit dem Gewinn muss man ja an die Börse, und ich will Ihnen noch nicht zu viel verraten, aber nächstes Jahr wird’s noch besser, da halten wir uns gar nicht mehr mit Ebola auf.

Das war ja ein Glücksfall, natürlich war das ein Glücksfall, die Presse hat ja total überreagiert, das war uns teilweise schon wieder zu viel, man muss ja bei solchen Erwartungshaltungen auch mal eine realistische Perspektive, und das ist ja bei diesen Krankheiten immer schwierig, die meisten an der Börse wissen auch nicht, Ebola, HIV, SAP, wo ist da der Kurs und wo fängt die Krankheit an? Wir sind als Unternehmen auf neuem Wachstumskurs, das heißt, wir gehen einen innovativen Weg der Marktbeschaffung mit unseren Produkten, wir schaffen für die vorhandenen Märkte keine Produkte mehr, für die wir dann neue Märkte erobern müssten und neue Käuferschichten und Segmente und Preisdifferenzen und Kartelle und Produktschienen und was weiß ich, wir sehen ein Produkt, und wir schaffen einen Markt, und wenn der Markt noch nicht weiß, dass er unser Produkt braucht, werden wir es den Leuten schon zeigen.

Man muss sich neue Märkte erschließen, das fordert schon die Globalisierung, oder die, oder sonst fordern das die Märkte auch schon mal selbst, aber da müssen wir halt ran, und dann bietet sich so ein Thema wie der Klimawandel eben an. Das klingt jetzt für Sie bedrohlich, ist ja auch nicht ganz verkehrt, als flankierende Maßnahme müssen wir schon dafür sorgen, dass das alles bedrohlich klingt, aber dann müssen wir vor allem dafür sorgen, dass das wirklich bedrohlich aussieht, und wenn Sie es bis dahin immer noch nicht kapiert haben, dann sorgen wir dafür, dass es auch bedrohlich ist. Dann säuft Ihr Haus ab, oder Ihr Stadtteil, oder wenn wir Pech haben, säuft dann Ihre Insel ab, weil wir haben dann Pech, einen Stadtteil kann man retten, ein Haus kann man sanieren, oder man kann es versuchen, oder man lässt sich erstmal sehr, sehr, sehr, sehr, sehr viel Geld dafür bezahlen, dass man verspricht, sich zu überlegen, ob man sich etwas ausdenkt, wie man das versucht, und wenn es nicht funktioniert, dann ist es doch auch egal, aber die Börsenkurse steigen, und was wollen Sie mehr?

Denn gucken Sie mal, Wachstum – was ist denn Wachstum? Ich frage Sie, was ist denn bitte dieses Wachstum für die Wirtschaft? Eben! Irgendwann hat jeder Niedriglöhner seine Waschmaschine und seinen Fernseher, bei den Fernsehern haben Sie dann auch noch eine intellektuelle Oberschicht, die gar keinen mehr haben will, ein paar Leute schafft die Waschmaschine ab, weil der Wasserzähler die Daten direkt an die NSA rüberfunkt, nach Afrika können Sie das Zeug sowieso nicht mehr verkaufen, die Chinesen haben ihre eigene Wirtschaft, vermutlich bauen die sich längst bessere Fernseher als die für uns, die funken dann die Daten auch direkt an die NSA, und dann kommt die EU und sagt, dass wir neue Toaster mit nur einem Schlitz bauen dürfen, aber leider sind die meisten Toaster so alt, die Modelle, die zwanzig Jahre alt sind, die überleben auch die nächsten hundert, und dann kommen Sie mir mit Wachstum? Lächerlich!

Natürlich brauchen wir neue Industriezweige, und da bietet sich Ebola eben an, das lässt sich prima vermitteln, da stecken neue Produkte drin, neue Märkte, und die Investition ist alternativlos, und die Industrienationen zahlen den ganzen Mist eh selbst, weil die selbst, und das ist der springende Punkt, weil wer will schon Infektionen auf seinem eigenen Staatsgebiet haben, die man nicht so einfach wieder wegkriegt wie Malaria oder Hunger? Da brauchen wir eine generalstabsmäßige Planung, eine Marketingoffensive, eine Armee für den Außendienst, und wenn es nicht anders geht, dann lassen wir das auch ruhig die Armee machen, und dann die Zelte und die Schutzanzüge und die Handschuhe und die Schutzmasken und die Tücher zur Reinigung und Sprühflaschen und die Liegen und den Kalk für die Gruben und Verpflegung für die Sanitäter. Impfstoffe sind teuer, wissen Sie? Für eine Impfdosis kriegen Sie schon fast drei von diesen Schutzanzügen, nach der neuen Preisliste nur noch zwei, und wissen Sie, wie lange das dauern würde, Ebola GmbH & Co. KG an die Börse zu kriegen? Wachstum ist ein fragiles Gebilde, und da müssen wir vorsichtig sein, dass wir alle Marktbewegungen auch mitnehmen, vielleicht ist ja bald in Spanien was los, oder die Amis drehen alle wieder durch, weil da ein Verdachtsfall alle Leute hysterisch macht, und dann müssen wir so schnell wie möglich hundert Millionen Schutzhandschuhe liefern, bevor sie begriffen haben, dass man das nicht aus dem Fernsehen kriegt, aber da warten wir noch ab, was unsere Fernsehsender sagen.

Wir stoßen auch an unsere Grenzen, das ist wohl wahr, weil sich so ein Wirbelsturm auch nicht von alleine machen lässt, oder Erdbeben, das ist ja das Schlimme, immer sind die so weit weg, und dann sind das Regionen, die wir bisher gar nicht industriell erschlossen haben, nicht mal der Irak oder wo wir sonst so in friedlicher Mission, und dann haben wir wieder hohe Investitionskosten, die schaffen Arbeitsplätze, und das ist ja nur ein kleines Übel, aber wir haben auch unsere Anweisungen, und wenn wir wettbewerbsfähig bleiben wollen, müssen wir neue Ideen für die Märkte haben.

Also kurz und gut: den Katastrophentourismus nach Sierra Leone, kriegen Sie den jetzt hin? Ja oder nein?“