Blutzeugen

„Warum ausgerechnet er?“ „Warum nicht?“ „Aber er ist…“ „Die Führerfigur, hinter der sich unsere Bewegung schart. Er befiehlt und das Volk begreift sich in seinem Innersten als eine Einheit, die ihre Freiheit zur nationalen Identität wahrnimmt und vollendet.“ „Aber entschuldigen Sie mal, dieser Bachmann ist doch ein dummes Stück Scheiße!“ „Das hat ja auch nie jemand bestritten.“

„Ich als völkisch gesinnter Deutscher, der diese Judenrepublik…“ „Na!“ „’tschuldigung, aber…“ „Halten Sie sich mal ein bisschen zurück, wir wollen schließlich keinen Ärger, wir wollen legal die Macht ergreifen.“ „Ja, ich weiß. Ist mir so rausgerutscht.“ „Trotzdem, es sorgt nur für Gerede, und das können wir nicht brauchen.“ „Wegen der Lügenpresse.“ „Sind Sie so blöd oder tun Sie nur so?“ „Aber…“

„Wir werden uns nun erst recht behaupten. Dresden wird die Hauptstadt der Bewegung, die alle Volksgenossen vereinen wird. Das deutsche Volk hat hier seine heiligsten Güter, seine Familien, seine Frauen und seine Kinder, die Schönheit und Unberührtheit seiner Landschaft, seiner Städte und Dörfer, das zweitausendjährige Erbe seiner Kultur und alles, was uns das Leben lebenswert macht, zu verteidigen.“ „Und das machen uns die Muslime alles kaputt.“ „Meine Güte, geht’s vielleicht mal eine Nummer kleiner?“ „Aber…“ „Wir sind offiziell überhaupt nicht gegen den Islam, und wer sich hier integriert und friedlich lebt und sich völlig assimiliert und nach ein bis zwei Generationen taufen lässt oder wieder auswandert, der kann gerne arbeiten und Steuern zahlen.“ „Das schafft doch keiner, solange wir die Migranten immer wieder diskriminieren.“ „Jetzt, wo Sie es sagen…“

„Wir müssen doch dafür sorgen, dass die Sorgen der Bürger in die Parlamente getragen werden, damit wir…“ „Nur aus Interesse, was genau rauchen Sie eigentlich alles?“ „Aber…“ „Können Sie sich einen peinlichen Versager wie Bachmann im Bundestag vorstellen? Und was genau soll der Typ da vom Stapel lassen? Die Musel sind unser Unglück? GEZ-Gebühren weg, sonst marschieren wir wieder in Polen ein?“ „Aber der Bundestag ist doch schließlich die Zentrale, in der alle Machtfragen…“ „Ihre Eltern sind Geschwister?“ „Aber…“ „Wie naiv sind Sie eigentlich? Wir nutzen den Rechtsstaat genau so, wie er uns nützt. Als Machtinstrument ist er nicht zu gebrauchen. Und selbst wenn die Demokratie Schmierentheater geworden ist, es steckt noch zu viel Rechtsstaat in ihr. Wir werden das ausmerzen, und wir werden es ganz sicher nicht instrumentalisieren.“

„Dann werden wir uns auch nicht an die verordneten Versammlungsverbote halten.“ „Doch.“ „Aber…“ „Weil wir keine juristischen Scherereien haben wollen. Es reicht, wenn Bachmann für seine Blödheit in den Knast wandert.“ „Weil er sich dem linksschwulen Muselmainstream verweigert.“ „Tun Sie mir einen Gefallen und halten Sie endlich Ihre verdammte Fresse.“ „Aber…“ „Er hat für seine eigenen Kinder keinen Unterhalt gezahlt, obwohl er gerade nur auf Bewährung draußen ist.“ „Aber denk doch mal einer an die Kinder!“ „Ihre Reflexe sind aber ansonsten okay?“ „’tschuldigung, als ich noch in der CDU war, hat das Magda von der Goebbels… nee, das war…“ „Bachmann reißt die ganze Bewegung in den Abgrund, weil er ein durch und durch verkommenes Subjekt ist.“

„Aber jetzt mal ernsthaft: hätten wir nicht irgendwas Intelligenteres finden können als ausgerechnet diesen Waschlappen?“ „Nö.“ „Wie – nö?“ „Nein, wir hätten nur Intelligenteres finden können als diese kriminelle Knalltüte.“ „Aber warum…“ „Damit sich in seiner Gegenwart keiner wie der unterste Bodensatz fühlen muss. Damit jeder weiß, unter ihm kommt der freie Fall, und irgendwann, knapp vor dem Urknall kommt Bachmann.“ „Aber…“ „Können Sie auch noch was anderes als Aberaberabern?“ „Aber warum dann er?“ „Er ist unser Messias.“ „Bitte!?“ „Und die werden ja bekanntlich irgendwann aus höherem Interesse gekreuzigt und dürfen post mortem noch als Säulenheilige herhalten.“ „Das begreife ich einfach nicht. Das begreife ich einfach nicht!“ „Tragen Sie es mit Fassung. Unsere Bewegung braucht einen Blutzeugen. Und diesmal machen wir es richtig.“ „Aber Sie sagen es doch selbst, dieser Mann ist absolut nicht tragbar!“ „Richtig. Man müsste da ein paar Generationen lang Kanaken einkreuzen, bis man auf das geistige Niveau einer Ratte käme.“ „Warum ausgerechnet dieses Arschloch, einen Drogendealer, einen Einbrecher? Haben wir nichts Besseres zu bieten? die Oertel?“ „Dieses Gesichtsprekariat!? Wir sind radikal, ja, und wir sind rücksichtslos, aber nicht bescheuert.“

„Und jetzt?“ „Wie, jetzt?“ „Wir müssen doch irgendwas machen.“ „Stimmt, ich habe schon meine Vorkehrungen getroffen. Wir erledigen ihn.“ „Erledigen?“ „Aufgesetzter Genickschuss. Da wir keine Kümmeltürken sind, werden die Ermittlungen auch nicht von einem kriminellen Hintergrund ausgehen und den Täter im Drogenmilieu suchen, in dem Bachmann sich bewegt hat.“ „Das wollen Sie wirklich machen?“ „Murat erledigt das.“ „Murat?“ „Sie wissen, ich habe gar nichts gegen Muslime.“ „Aber…“