In fünf Zeilen um die Welt. Limericks (CCXXXI)

28 02 2015

Elinton ging in Ouro Fino
am Sonntag am liebsten ins Kino.
Knapp war seine Heuer,
die Karten auch teuer.
So ging er davor ins Casino.

Als Jeremys Einbruch in Boyd’s
publik wurde, sagt er, ihn freut’s
Sein Haus wurde neuer.
Das war nicht geheuer.
Und fragt man ihn heute, ihn reut’s.

Antônio aus Sapopema
fragt gerne vorher nach dem Thema.
Er ist recht bescheiden,
kann Schule nicht leiden,
gefällt’s ihm, sagt er, ja, dann käm, er.

Elishva, die fischte in Nescher
sich Krebse. Sie hielt ihren Käscher
beherzt in die Fluten
und brachte die guten
Erträge zum Säubern dem Wäscher.

Felipe, der bohrte in Conde
im Sande mit Hilfe der Sonde,
und fand von dem Golde
recht reichlich. Die Holde,
der er es gab, war eine Blonde.

Jean-Pierre ließ sich in Dessalines
meist montags nach festem Termin,
als wär nichts gewesen,
zum Platz für Prothesen
die Zähne, ganz Stück für Stück, ziehn.

Herr Erwin ging oft in Buíque
in Hosen und Hemden, ganz schnieke,
am Tag promenieren.
Die Tochter tat führen
mit ihm eine Herrenboutique.





Gernulf Olzheimer kommentiert (CCLXXVII): Impfgegner

27 02 2015
Gernulf Olzheimer

Gernulf Olzheimer

Mein Name ist Gernulf Olzheimer und dies ist das Weblog aus dem Land der Bekloppten und Bescheuerten.

Wenn geistig stark zurückgebliebene Knalltüten durch öffentliche Demonstrationen bezweifeln, dass jede assoziative Quasigruppe eine Moufang-Loop ist, wird das nicht zur Kenntnis genommen. Sollte eine Rotte Hohlrabis den verzweifelten Beweis führen, eskimo-aleutische Sprachen besäßen eine possessive Akkusativkonstruktion, der laue Spott der Fachwelt wäre ihnen sicher. Sobald aber das Epizentrum der Behämmerten eine zähe Masse vielseitig ungebildeter Trivialkoholiker auskotzt, die ihren Lebenssinn darin sieht, Masern und Tetanus unter die Leute zu jubeln, dann johlt der klinisch bekloppte Teil der Autotrophen. Weil sie es nicht besser kennen. Schließlich leben sie alle in einer heilen Welt, in der jeder Honk sich aus der Rübe rattern darf, was drin ist. Auch wenn es nicht viel ist und größtenteils braun. Wie bei den Impfgegnern.

Der Umstand, dass Impfgegner bei jeder sich bietenden Gelegenheit als völkischer Dreckrand bezeichnet werden, liegt darin, dass es sich bei ihnen um den völkischen Dreckrand handelt, den der Bettnässer aus Braunau hinterlassen hat. Ein amorpher Klumpen mithumpelnder Unkulturfolger, der dem Gröfaz durch wirren Wahn nachwankt, das sabbernde Konglomerat aus Anthroposophie, Judenhass, Wagner, Homöopathie und grenzdebile Ablehnung jeglicher Wissenschaft. In zarten Ansätzen bemerkt es der interessierte Depp, dass die totale Reichsschnauze beständig von der ‚jüdischen Schulmedizin‘ goebbelte – ab einem gewissen Zeitpunkt ließ man aus bisher nicht geklärten Gründen das schmückende Beiwort fallen – und so die universitäre Heilkunde diffamierte gegen das germanische Gesundheitswesen, das Krankheit als Schuld und Sühne als Gesundung begriff und natürlich den Herrenmenschen zum Besieger von Schnupfen und Schusswunde erklärte, denn nur die Widerstandsfähigen würden sich nach der Ideologie der Arischgeigen durchsetzen. Und selbstverständlich ließen die noch ein Schlupfloch für die verschwiemelte Logik offen: bekam das Kind die Masern, so war’s halt Schicksal und sorgte für Reinkarnation in höherer Besoldungsstufe.

À propos Masern, natürlich schwiemelt sich der gemeine Esoterrorist den Schwurbel von der Kinderkrankheit zurecht, als könnten Knirpse nicht ebenso an Grippe, Pest und Lassa abkratzen. Nur ist ihr Immunsystem meist nicht widerstandsfähig genug gegen Mumps und Windpocken, und haben sie das Glück, den frühen Infekt ohne Schaden zu überstehen, so ist ihnen eine lebenslange Immunität nicht unbedingt sicher. Aber was weiß schon so ein Facharzt mit dreißig Jahren Berufserfahrung, wenn eine Latte-macchiato-Schnepfe Severin-Adriano und Kaylee-Fredigundis im Schalensitz aus original kambodschanischer Kinderarbeit in die Infektparty schleppt, um an der genetischen Resteverwertung eine Runde fahrlässige Tötung zu vollziehen.

Die Putzigkeit, mit der dies geistige Geröll zu Tale rutscht, zeigt sich vorwiegend in dem albernen Argumentationssurrogat, das ihnen aus dem Zäpfchen sickert. Sie fordern wissenschaftliche Untersuchungen, mit denen die Wirksamkeit von Seren nachgewiesen werden kann. Legt man ihnen einen Festmeter davon vor, plärren sie sofort von Manipulation, weil zur Durchführung nach wissenschaftlichen Standards wenigstens ein Teil der Kinder mit wirksamem Impfstoff behandelt werden musste – der ja per se wegen diverser Verschwörungstheorien Tod und Verderben über die Hominiden bringt.

Dass jedes nicht geimpfte Kind eine infektiöse Zeitbombe ist, die Keime in die Umgebung jodelt, das ist den Kaspern mit dem Aluhut wumpe. Der signifikante Unterschied zwischen DDR und Kohlära, was die Durchsetzung mit Asthma und Allergien anging, wäre ein deutlicher Beweis, wie der um sich greifende Esowahn parallel zum Rückgang der Schutzimpfungen auf eine ganze Bevölkerung gewirkt hat. Immerhin braucht auch dieser Blubberlutsch etwas, das er gezielt ignorieren kann. Wahrscheinlich dient es der besseren Identifikation mit seiner hochkomplexen Ideologie.

Im Endstadium, dessen Vorliegen meist nur den Psychiater überhaupt interessiert, behauptet der Impfgegner, das gesamte Weltbild aus Krankheit und medizinischen Maßnahmen sei nur ein großer Schwindel der Pharmaindustrie, die aus diesem Grund sogar die Mär von den Viren erfunden habe. In Wirklichkeit, so tönt der Blödföhn durchs Gebälk, sei doch alles in der menschlichen Seele angelegt. Und schon sind wir wieder bei den Kollateralmaden, die Krebs, Autismus und Homosexualität als Folge einer widernatürlichen Injektion bezeichnen und finstere Mächte bei der Ausrottung des Abendlandes ertappt haben wollen.

Wir sollten ihnen den Gefallen tun und sie beim natürlichen Ausleseprozess unterstützen. So, wie das vernunftbegabte Menschen immer tun, wenn sie gerade einen Nazi zur Hand haben und vielleicht noch ein Hämmerchen. Zur Not täte es ja auch eine Spritze.





Allein zu Haus

26 02 2015

„Naja, fassen wir’s mal zusammen. Asozial bis zum Anschlag, ganz tief im Enddarm der Industrie, ein klares Bekenntnis zum Menschenhass und dass sich diese Partei dazu berufen fühlt, dieses verdammte Grundgesetz zu beseitigen. Sigmar Gabriel kostet die SPD ungefähr so viele Mitglieder wie Hartz IV.

Die gute Nachricht: Hartz IV kann man mit etwas Glück überleben. Aber bei der Kohle, die die SPD uns zahlt, kann das auch unter den Tisch fallen. Außerdem wurden wir schon im Vorhinein bezahlt, also müssen wir uns nicht mehr vorsehen. Wir dürfen sogar die Wahrheit sagen, und das ist in der deutschen Parteienlandschaft nicht mehr selbstverständlich. Gut, Unternehmensberatungen sehen das manchmal auch etwas kritisch.

Sie wissen, dass sie bei der nächsten Bundestagswahl richtig eins auf die Mütze kriegen, aber sie wachen einfach nicht auf. Die 25-Prozent-Marke ist in Beton gegossen, höher wollen sie einfach nicht mehr springen. Wir akzeptieren das, es ist ja nicht unsere Aufgabe, diese Partei zu etwas zu motivieren, was sie selbst nicht mehr will. Sich mit der Bevölkerung zu beschäftigen, die Perspektive des Durchschnittsbürgers einzunehmen, der keine Nebenverdienste von 800.000 Euro pro Monat hat, meine Güte – wer nicht will, der hat eben schon. Dann ist halt Gabriel allein zu Haus.

Mietpreisbremse, lieber Gott! Mietpreisbremse, das ist doch der Witz der Legislaturperiode! Nein, für die Reichsautobahnmaut kann die SPD natürlich nichts, sie hat sie nur durch den Koalitionsvertrag gewunken, weil sie die irgendwie durchs geltende Rechtssystem durchschlunzen wollte. Gut fährt ja, wer gut schmiert, oder? Also hat die CDU die Mietpreisbremse frühzeitig okkupiert wie den Mindestlohn, hat alles unter dem Deckmantel der sozialen Gerechtigkeit kaputtgespielt, die mageren Ergebnisse für sich selbst reklamiert, und jetzt schauen sie zu, wie sich der ganze unüberlegte Schrott in seine Bestandteile zerlegt, damit die Kanzlerin 2017 genüsslich sagen kann: die SPD kann auch Gesetze machen, aber was da hinten rauskommt, hat meist die Halbwertszeit einer einzigen Legislatur. Fragen Sie mich, das Merkel – ich sitze hier schon ein bisschen länger und entsorge die Überreste meiner Koalitionspartner.

Wir müssen ja ordentlich arbeiten, das ist unser Job. In Thüringen laufen die Mitglieder in Scharen weg, nachdem sie als Juniorpartner der Linken mit dem Teufel paktieren. Glauben sie. Wir haben die Leute befragt. Es hängt natürlich mit dieser Landesregierung zusammen, aber nicht so, wie die SPD denkt. Den Leuten wird nur schlagartig klar, wenn sie irgendwas haben wollen, was ansatzweise nach Sozialdemokratie riecht, dann müssen sie zu den Linken gehen. Ist für Leute mit Schulabschluss nicht so kompliziert, aber Sie kennen ja die SPD.

Sagen Sie’s nicht weiter, aber wir hätten diese Untersuchung sehr schnell abschließen können. Dann wäre ein Teil der Führungsriege zufrieden, der Parteivorsitzende am allermeisten, und wir würden unsere Ergebnisse wahrscheinlich als zehnteilige Serie in einem großen deutschen Nachrichtenmagazin veröffentlichen. Plus goldene Schweizer Uhren. Und Karibikkreuzfahrt. Und einem Landhaus in der Toskana. Aber unsere Studienleiterin ist nun mal wissenschaftlich unterwegs und weiß gar nicht, wie sie das alles Steinbrück in die Schuhe schieben soll.

Diese Partei tut ja das, was sie am besten kann. Sie kämpft. Man merkt das eigentlich nur im Wahlkampf und auch nur, wenn sie gerade auf die Windmühlen losgehen, aber: sie kämpfen. Respekt. Aber haben Sie eine Ahnung, wie dieser Saftladen in die nächste Bundestagswahl zieht? ‚Wir haben Merkel vier Jahre lang an der Pupe geschmatzt‘, wird es heißen, ‚und einmal hat unser Vorsitzender so getan, als würde er ganzfrech gucken – haben Sie’s gesehen? haben Sie? Haben Sie!?‘ So in etwa. Voll die Opposition. Irre. Ir-re!

Aber wir müssen ja auch der Konkurrenz knallhart ins Auge gucken. Diese Offenheit, die rhetorische Überlegenheit, ein Mehr an Akzeptanz bei der jungen, gebildeten Wählerschicht. Das Spitzenpersonal können Sie nur als nachgerade charismatisch bezeichnen, gebildet, eloquent, immer am Puls der Zeit, und die gehen auf die drängenden Fragen der Wähler ein. Auch im Fernsehen! und in Europa! Und natürlich darf man auch nicht einfach vernachlässigen, dass die manchmal sogar wissen, wovon sie reden. Also den Sonneborn – ich habe der Partei gesagt, den sollte man mal im Auge behalten.

Aber sie haben ja ein Rezept. Sie werden diese ganze Linkslastigkeit der deutschen Gesellschaft bekämpfen, von der die Medien schwadronieren. Weil die von der Kanzlerin ausgeht, und wenn sie die besiegen, dann sind sie auch wieder alleine. Zu Hause oder nicht.

Also Sie lassen uns jetzt unseren Job machen, ja? Gut, wir sind auch bald fertig. Möglicherweise haben wir den Schlüssel zum Erfolg auch schon entdeckt, aber ganz ehrlich: es läuft doch bei ihm. Warum sollte Gabriel ausgerechnet jetzt zurücktreten?“





Katarstimmung

25 02 2015

„… zu erheblichen Schwierigkeiten komme, weshalb sich die FIFA zu einer Verschiebung der Weltmeisterschaft 2022 auf die Wintermonate…“

„… daran gelegen haben könnte, dass Blatter gelegentlich zu viel Schnee…“

„… noch keine genauen Zahlen vorlägen. Der Einzelhandel könne jedoch bereits jetzt klagen, dass das Weihnachtsgeschäft 2022 nur sehr schleppend und…“

„… da die Veranstalter versprochen hätten, die Stadien auch im Hochsommer auf 27 °C zu kühlen. Die FIFA vertraue dem Wüstenstaat vollkommen und wolle daher deren Leistungsfähigkeit nicht mehr auf die Probe…“

„… wegen der Zeitverschiebung für die Dauer der WM in Europa eine kurzfristige Sommerzeit…“

„… das traditionelle Public Viewing nur stattfinden lassen könne, wenn der Bodensee komplett durchgefroren sei. Andernfalls müsse die…“

„… sich de Maizière sehr besorgt geäußert habe, dass die Terrorristen sich saisonbedingt bei den deutschen Partnern in Saudi-Arabien…“

„… ausschließlich in Deutschland produziert werde. Die Schwarz-Rot-Gold-Schals und Strickmützen seien bereits jetzt…“

„… es zu Terminkollisionen komme, wenn die Wintersportereignisse der Saison 2022/2023 stattfänden. Da die GEZ-Einnahmen nicht ausreichten, um einen eigenen Sender zu gründen, müsse man die Fußballmeisterschaft leider auf einem verschlüsselten Kanal…“

„… schlage die FIFA vor, im Gegenzug den Advent bereits im Juni…“

„… bestimmt nur falsch ausgedrückt habe. De Maizière sei der Meinung, bezogen auf das BIP entspreche ein verängstigter Saudi ungefähr einer halben Million Deutscher, da diese seltener durch Rüstungsdeals…“

„… werde es sicher keine Überschneidung mit dem Wintersport geben. Katar habe zugesichert, eine Sprungschanze und Pisten für die alpinen Wettbewerbe zu bauen, die dann bereits im Juli…“

„… sich der Fanbeauftragte des DFB skeptisch geäußert habe. Eine eindeutige Aussage sei nicht zu treffen, ob die Anhänger aus Protest oder wegen der Außentemperaturen keine…“

„… den WM-Adventskalender mit 100 Gramm hochfeiner Alpenmilchschokolade ins Sortiment aufnehme. Noch nicht geklärt sei, ob der WM-Weihnachtsmann im traditionellen Burnus mit einem Salafistenbart…“

„… nur um ein Missverständnis handeln könne. Die in Katar tätigen Islamisten seien nun nicht mehr bereit, deutsche Bürger auf den Weihnachtsmärkten zu bedrohen, weshalb man die anlasslose Überwachung sofort intensivieren müsse, um den Terroristen nicht den Eindruck zu vermitteln, nur sie könnten die FDGO in Deutschland in alle Einzelteile…“

„… bei der Berechnung nicht berücksichtigt habe, dass im Dezember auf der Südhalbkugel Sommer sei. Die FIFA habe mitgeteilt, sie habe für die Verschiebung der Jahreszeiten keine Genehmigung erteilt und wolle daher unverzüglich eine Entschädigung in Höhe von mindestens…“

„… auf Merkel einzuwirken. Sollte die Klimastrategie der Kanzlerin rechtzeitig gestoppt werden, bestünde eine Chance, die Erderwärmung soweit zu forcieren, dass zwischen den europäischen November-Temperaturen und Katar kein objektiv messbarer…“

„… es sich nicht um eine Parallelgesellschaft handle, die ihre eigenen Regeln der westlichen Werteordnung entgegenstemme, um die Demokratie auszuhöhlen. Andererseits könne man die FIFA als ein staatsähnliches Gebilde…“

„… müsse man wegen der zu erwartenden Mindereinnahmen mit einem Arbeitsplatzabbau rechnen. Dass Wurstwaren und Grillzubehör auch im…“

„… freue sich die FIFA, dass Katar vielen ausländischen Fachkräften Jobs in der Bauwirtschaft bieten könne, die sogar bis weit in den Sommer hinein für…“

„… warne der ADAC vor Autokorsos ohne Standheizung, Schneeketten und…“

„… auch die Kühlschrankhersteller mit Enttäuschung reagierten. Es sei zu erwarten, dass viele Kunden ihr Bier einfach auf den Balkon…“

„… dass die Meisterschaft wegen des Ramadan nicht stattfinden könne. Gauland warne vor einer Islamisierung, die mittlerweile sogar das Morgenland…“

„… würden die Pharmakonzerne bereits vor Großveranstaltungen warnen, bei denen sich Fußballfans in geheizten Räumen mit dem Grippevirus…“

„… sei die chinesische Kunststoffindustrie leistungsfähig genug, alle verfügbaren Fanartikel auch mit Plüschoberfläche zu…“

„… auch viele positive Seiten, so Blatter. Die Bevölkerung habe im Sommer wieder mehr Zeit, um ins Freibad zu…“

„… nicht zutreffe, dass die Erdöl exportierenden Nationen Arabiens den europäischen Veranstaltern Sonderkonditionen einräumten, um ein beheiztes Public Viewing…“

„… sich zu einer Klarstellung verpflichtet fühle. Kein Spielplan müsse für die FIFA-WM umgeschrieben werden, so Blatter, denn es gehe schließlich nicht um Fußball, sondern um eine erfolgreiche Investition in die…“





Legalize it!

24 02 2015

„Wir leben schließlich in einem Rechtsstaat. Ja, Sie lachen, aber damit fängt doch für uns das Problem an! Wenn wir nicht Gesetze übertreten dürfen, wo es uns passt, wozu machen wir sie denn dann überhaupt?

Stellen Sie sich das doch mal vor: Sie sind versehentlich in eine Wohnung eingebrochen, nachdem einer Ihrer Mitarbeiter eine Zielperson aus Zufall in der U-Bahn mit einem Narkotikum aus dem Verkehr gezogen hat, und dann sagt der Richter, gefälschte Beweise deponieren ist schon okay, aber die Tür eintreten und eine Nachbarin, die gerade vom Einkaufen gekommen war, verprügeln, das klingt fast wie eine Straftat. Ich kenne jetzt den konkreten Fall nicht, aber wenn diese Schlampe in einem Haus lebt, in dem die Begehung von Straftaten nicht auszuschließen ist, die hat doch selbst Schuld?

Der Einzelfall ist gar nicht so sehr das Problem. Wir haben ja noch Staatsanwälte, die gerne ihre Pflicht tun. Auch wenn die immer teurer werden. Aber Sie müssen sich das in der juristischen Vorbereitung der Geheimdienstarbeit immer so vorstellen, dass wir sehr wenig Personal, sehr wenig Zeit und ganz, ganz wenig Geld haben. Wir können doch nicht bei jedem Einzelfall so tun, als würde es sich um einen Einzelfall handeln! Das muss man doch präventiv legalisieren!

Vorwiegend geht es ums Datensammeln. Dem Verfassungsschutz. Der sammelt ja unsere Daten. Vielleicht könnte man da mal nachsehen, ob wir die ganzen Sachen, die im Nachhinein als illegal verurteilt wurden, nicht schon vorher legal machen können. Man wäscht sich seine Hände in Schuldunfähigkeit, das müsste doch irgendwie klappen. Und wenn es nicht hinhaut, könnte man sich hinterher einen automatischen Freispruch vom Gericht einholen, weil man ja vorher der Meinung gewesen ist, dass das legal wäre. Hier, also gerade bei der Kommunikation heutzutage, und was die Leite alle für Daten verschicken, wenn man sie abhört, meinen Sie nicht, man könnte da so etwas installieren? eine Art Freisprechanlage?

Wir hatten das doch immer so schön beim Verfassungsschutz: die durften Straftaten begehen, das Bundeskriminalamt hat immer einen Täter gefasst, manchmal hätte der auch rein theoretisch etwas mit der Tat zu tun haben können, das Gericht hat ihn verurteilt, und die Polizeistatistik war dufte. Ich meine jetzt nicht, dass wir generell – nein, ich fange noch mal an. Also wenn der Innenminister bei jeder Gelegenheit meint, wir würden bald einen richtig großen Terroranschlag bekommen, und es seien schon zigtausende verhindert worden, obwohl die Ermittlungsbehörden davon so gar nichts mitkriegen, also wenn der Innenminister das nun durchaus so haben will, können wir das nicht auch selbst machen?

Auf der anderen Seite könnte man natürlich alles direkt legalisieren. Das hätte dann den Effekt, dass die Kriminalitätsstatistik direkt sinkt, und das ist im Wahlkampf der Hammer. Gut, wir hätten dann auch nicht mehr das Totschlagargument für die Totalüberwachung, aber ich meine, aus dem Schwachsinn, den de Maizière absondert, sollte sich nach spätestens drei Tagen etwas zusammenbacken lassen.

Vom rechtssoziologischen Standpunkt müssten wir auch bedenken, dass eine Strafverfolgung nicht viel bringt. Früher oder später müssten wir eine Strafverschärfung fordern, und da die so gut wie nie etwas bringt, können wir eigentlich nur auf eine komplette Legalisierung setzen. Man kann doch nicht immer alles kriminalisieren, nur weil es immer so war! So kommt man doch nicht weiter!

Wir überlegen noch, wie wir das als Kanzleramt an der SPD vorbeischmuggeln. Vielleicht den Gesetzesentwurf erstmal an Edathy ausprobieren, der darf dann legal das Gericht belügen, und dann winkt es das Justizministerium durch? Nein, wir vergleichen die SPD keinesfalls mit dem Verfassungsschutz. Die kippen in jede beliebige Richtung, sind inkompetent, kennen Arbeit nur vom Hörensagen und pfeifen auf die Verfassung, wenn die Kohle winkt, aber die sind kein Staat im Staat. Das möchte ich mir strengstens verbitten, das sagen Sie dem Verfassungsschutz nicht nach!

Aber irgendwo muss man ja anfangen, und da wir jetzt beispielsweise noch keine Polizei haben, die sich offen rassistisch zeigt – das ist auch eine Rassenfrage, wir haben halt nicht so viele Neger wie Amerika – brauchen wir eben einen anderen Ansatz. Möglicherweise wäre die Polizei auch viel zu offensichtlich, dass wir damit einen Immer-ganz-rechts-Staat schaffen, in dem es per Definition kein Unrecht mehr gibt. Übrigens eine tolle Sache, wenn Sie mal in eine Diskussion verwickelt werden sollten, wegen der DDR und so, die war ein Unrechtsstaat. Aus Gründen. Und wenn wir jetzt die vielen Nazis, die es ja in Deutschland angeblich gibt, aber die sich außerhalb der Kriminalstatistik nirgends wiederfinden – fragen Sie mal einen Polizisten, alles ganz nette Nachbarn, die meisten von denen haben noch nie eine Synagoge angezündet – wenn wir die jetzt entkriminalisieren, was meinen Sie, wie dann die Bundesrepublik dasteht. Das hat noch kein CDU-Kanzler geschafft.

Ach, wo wir gerade so nett am Plaudern sind: was halten Sie eigentlich von so einem präventiven Gesetz bei Abgeordnetenbestechung?“





Schwerter zu Flugschäden

23 02 2015

„… und dass der neu entwickelte Bundeswehrhubschrauber MH90 Nord- und Ostsee nicht überfliegen dürfe, obwohl er eigens für den Einsatz über der Deutschen Bucht und den…“

„… müsse man mit der Wehrtechnik besonders sorgsam umgehen. Von der Leyen mahnte, dass jeder Helikopter teuer nachbestellt werden müsste, im Gegensatz zu den Freiwilligen, die jedes Jahr in steigender Anzahl…“

„… im Vorfeld bereits angekündigt worden. Da die Luftwaffe jedoch traditionell Expertenberichte zur Fertigung von Papierschwalben einsetze, habe es keinen Handlungsbedarf außerhalb des…“

„… seien wegen Lieferschwierigkeiten nur minderwertige chinesische Teile in der Ortungseinheit verbaut worden. Beim Überfliegen von Wasserflächen bestehe folglich die Gefahr, vom Radar zu…“

„… sei es zwar technisch machbar, sich über das militärische Flugverbot für die niedrige Leistungsklasse des MH90 hinwegzusetzen, aber aus strömungsdynamischen Gründen nicht ratsam. Von der Leyen sei jedoch gewohnt, sich über sämtlichen Empfehlungen von Personen, die etwas im Gegensatz zu ihr professionell betrieben…“

„… einen Obergefreiten im Amphetaminrausch mit dem berüchtigten Besenstiel krankenhausreif geprügelt habe. Der Wehrbeauftragte habe dies als positive Nachricht gewertet, da es offensichtlich noch Waffensysteme gebe, mit denen die Ausschaltung eines Gegners erfolgreich…“

„… das deutsche Drohnenprojekt noch nicht aufgegeben worden sei. Zwar habe sich der Fachleiter verkalkuliert, wenn drei Tonnen Munition mit einem Ultraleichtflieger angehoben werden sollten, die Abteilung sei jedoch über das moderne, zeitlose Design sehr…“

„… den Helikopter mit handelsüblichen Navigationsgeräten nachzurüsten, die schon für 199 Euro im Versandhandel erhältlich seien. Von der Leyen habe den Vorschlag abgelehnt, da er nicht aus dem Verteidigungsministerium, sondern…“

„… die Neuentwicklung der Schutzweste bereits abgeschlossen sei, was auf eine vorausschauende Amtsführung Georg Lebers…“

„… die DE-Drohne nicht bei Luftfeuchtigkeit über fünf Prozent aufsteigen lassen könne. Der Mehrkomponentenkleber, mit dem das Leitwerk am Rumpf befestigt sei, habe sich bereits in der Testphase als Schwachstelle der gesamten Baureihe…“

„… der Einbau eines herkömmlichen Navigationsgeräts befürworte, wenn es beispielsweise bei Auslandseinsätzen eine genauere Anweisung des Flugziels…“

„… versehentlich auf den Einbau von Protektoren verzichtet wurde, um den Preisrahmen der Schutzwesten um nicht mehr als 50.000 Prozent…“

„… das Nachtsichtgerät nicht an die kurdischen Kombattanten ausgeliefert worden sei. Für den internen Dienstgebrauch zu Manöver- und Spielzwecken empfehle der Fachdienst die rasche Entwicklung eines Kombi-Pakets aus Taschenlampe und…“

„… habe de Maizière offenbar nur deshalb eine fluguntaugliche Boden-Luft-Rakete in Auftrag gegeben, um zu sehen, ob die Entwicklung innerhalb der geforderten zwanzig Jahre…“

„… zu einem Zwischenfall gekommen sei, als der Ministerialdirigent sein eigenes Navigationsgerät in den MH90 habe einbauen wollen. Trotz eines reibungslos verlaufenen Testflugs sei der Pilot beim Einparken des Helis nur den Anweisungen der elektronischen Anzeige gefolgt und habe versehentlich den Tragflügler mitten in die Spree…“

„… dass sich die Schutzweste dafür sehr angenehm tragen lasse. Besonders sei aufgefallen, dass sie wegen ihrer fehlenden Verschlüsse eine besonders figurfreundliche…“

„… beim NATO-Manöver mehrere Unfälle produziert habe. So sei das Nachtsichtgerät zwar bereits in der Kaserne ausgefallen, die mitgelieferten Taschenlampen seien jedoch für die Scharfschützen der feindlichen Streitkräfte ein hervorragendes…“

„… zu Beschwerden aus der Rüstungsindustrie komme. Bisherige Verteidigungsminister hätten sich wenigstens zeitnah bei Lieferverzug oder technischen Mängeln beschwert, von der Leyen benötige jedoch bei jedem Anlass eine Schulung von mehr als anderthalb…“

„… einen Teil des Wehretats wieder in die Zonenrandförderung fließen zu lassen, da dies eine bessere Investition in den Schutz grenznaher…“

„… zwar noch nicht zu einer generellen Verkleinerung der Truppe kommen müsse, das angekündigte Weißbuch jedoch mit dem Untertitel Schwerter zu Flügschäden…“

„… das Flugverbot von MH90 mit der Order begründet habe, beim Aufsteigen des Geräts könnten wichtige Komponenten ins Meer fallen, die wegen der schwierigen Ersatzteillieferungen nicht mehr…“

„… erst im Atlantik aufgefallen sei, dass die deutsche U-Boot-Flotte zur Renovierung mit umweltfreundlichen Lacken auf Wasserbasis…“

„… der Friedensnobelpreis in greifbare Nähe gerückt sei. Mit der Ernennung von der Leyens habe die Kanzlerin den entscheidenden Schritt getan, der Welt deutlich zu machen, dass von Deutschland nie wieder eine militärische…“





Besorgte Anwohner

22 02 2015

Nach dem Brandanschlag auf ein Flüchtlingsheim in Escheburg wurde der Täter festgenommen. Sein Haus liegt in unmittelbarer Nähe des Tatortes, wo die anderen Nachbarn zuvor mit rassistischen Parolen und einer Unterschriftenaktion gegen die Islamisierung durch Wirtschaftseinwanderer gewarnt hatten. Besorgte Anwohner, die sich gar nicht genug von dieser Straftat distanzieren können. Dass der inzwischen überführte Verbrecher, der übrigens sehr gut integriert sein soll – leider nur in eine rassistische Randgruppe der Gesellschaft – in seinem Beruf als Finanzbeamter Steuerhinterzieher und andere Wirtschaftsflüchtlinge anzündet, ist nicht bekannt. Alle weiteren Anzeichen, parasitäre Parallelgesellschaften zu erkennen, wie immer in den Suchmaschinentreffern der vergangenen 14 Tage.

  • freitagstexter: Heute ist nicht alle Tage.
  • schwarzwurzelsalbe: Mehr Rettich war nicht da?
  • strickmuster tigerente: Geht am besten mit schwarz-gelb gestreifter Wolle.
  • wurstfüllmaschine selber bauen: Für die Füllung kaufen Sie am besten frisch gefüllte Würste.
  • türstopper telefonzelle: Hätte ich eine Telefonzelle, ich wüsste damit bessere Dinge zu tun.
  • dicktefrauen: Laufweitendamen, bitte.
  • beerdigung bottrop: Was fängt man in dieser Gegend auch sonst zur Unterhaltung an.




In fünf Zeilen um die Welt. Limericks (CCXXX)

21 02 2015

Edyta, die warf in Sibyllenort
nach manchen Versuchen die Pillen fort.
Zwar schmerzte abscheulich
der Magen, und greulich
blieb Ausschlag, doch litt sie im Stillen fort.

Abdoulie schreckt in Wurokang
beharrlich hoch bei jenem Klang,
den Gläser mit Messern
erzeugen. Verbessern
lässt sich da nichts. Es ist der Drang.

Arkadiusz, der wurde in Ritzig
beim Witzeerzählen gern hitzig.
Das alles, es machte,
dass außer ihm lachte
gar niemand. Er war halt nicht witzig.

Dilara raucht in Chittagong
den Tabak stets durch eine Bong.
Sie denkt sich, das schädelt
noch mehr, wenn sie wedelt.
Das meiste vom Rauch zog davon.

Gertruda, die sah in Waldliebe,
den Wagen, den stahlen zwei Diebe.
Es hobelt und knattert.
Sielächelt. Es rattert,
zum Schluss fliehen sie. Das Getriebe.

Jo aus Boa Vista do Sul,
der kaufte sich ’nen Kneipenstuhl.
Ist er angeheitert,
das Sitzen bald scheitert:
er wirkt irgendwie, nur nicht cool.

Danuta entdeckte in Putzig
ein Schwammtuch. Ach je, war das schmutzig!
Sie fackelt nicht lange
Und packt’s mit der Zange.
„Ich fass nichts an, dann ist nichts schmutzig.“





Gernulf Olzheimer kommentiert (CCLXXVI): Die vegane Flüstertüte

20 02 2015
Gernulf Olzheimer

Gernulf Olzheimer

Mein Name ist Gernulf Olzheimer und dies ist das Weblog aus dem Land der Bekloppten und Bescheuerten.

Möglicherweise handelt es sich um einen Test, wenn Kandidaten beim Geheimdienst anheuern: leb einen Monat lang vegan. Die angehenden Spione krallen sich bereits Tage später zitternd in die Kleider ihrer Mitlebenden, um ihnen Predigten zu halten vom Unterfangen, ab jetzt auf Mortadella und Quark zu verzichten. Das sichere Geheimnis ist von dem Augenblick keines mehr, sobald sich ein argloser Mensch nähert. Die Flüstertüte wird ausgepackt, die Botschaft brüllt sich in alle Gehörgänge und hinterlässt ihre Schleifspuren auf jedem Nervenrasen. Offenbar ist es niemandem aus dieser Trockennasenaffenart möglich, ohne den Verzehr von Würmern und Schnaps zu lesen, ohne eine Fernsehsendung daraus zu machen. Wer Fernsehsendungen kennt, wir auch wissen, wie die meisten entstehen. Und welche Rolle Schnaps und Würmer bei ihrer Entstehung gespielt haben dürften.

Nichts schafft so nachhaltig Aufmerksamkeit wie die lauthals ausposaunte Nachricht, sich hinfort ohne Fleisch (Käse, Eier, Blumenkohl, künstliche Farbstoffe, you name it) ernähren, sich ohne totes Tier kleiden, sich ohne Zuhilfenahme größerer Geschnacksverstärker mitteilen zu wollen. Die Nachbarschaft schreckt empfindlich getroffen hoch, womit das Hauptziel schon erreicht sein dürfte, und stimmt emphatisches Geheul an ob der verlorenen Seele. Als sei ein Mensch verloren, der künftig sein Frühstück ohne Kaffee in arabesker Goldfixröstung hinters Zäpfchen schwiemelte – Generationen von Japanern und Sozialisten, Amis und Dresdnern haben sich ohne jenes Geplörr durch die nackte Existenz geschlagen, sie wurden alt, blieben aber trotz aller Wirrnis im Kopf leistungsfähig und laufen noch ein paar Jahre solide auf Teebeuteln. Der Prozentsatz von ihnen, der eifrei übersteht, auf Weißmehl verzichtet oder in den Dschihad zieht gegen den gebleichten Industriezucker, sie alle sind nicht erheblich. Keiner von ihnen nimmt ein Wagnis auf sich, das Wehklagen rechtfertigte, keinem sollte man vorab schon Kränze flechten, nicht einmal solche von Lorbeer.

Nicht einmal Fleischverzicht ist der Erwähnung wert. Was leistet der Faster, der auf dem eigenen Luftkissenantrieb über den Dingen schwebt, was nicht auch Millionen von Indern leisteten, Buddhisten, Jainas, vor allem Völker, die sich noch nicht die Segnungen des Turbokapitalismus auf die Fahne geschrieben haben, damit sie regelmäßig gegen die eigenen Interessen andemonstrieren können? Gibt es in Bangladesch Autokorsos gegen europäische Drittwagen? Protestieren chinesische Wanderarbeiter gegen den Smartphone-Verbrauch in der EU? Fordern Gauchos die Steakhausbetreiber auf, ihre Fleischfeudel wenigstens dünner zuschneiden, damit die Anden eine Spur langsamer in den Ozean erodieren?

Störend daran ist nicht die an sich tolerierbare Haltung, sich nicht täglich ein halbes Schwein in die Figur zu pfropfen; störend daran ist jenes larmoyante Gewese, das noch den zufälligen Passanten einer Wurstbude zum Zeugen eines Völkermords macht und von ihm solidarisches Geplärr fordert mit den armen Tibetern, die nicht schon zum Frühstück Schokoladenhörnchen und Aluminiumkapselkaffee haben. An einer Stelle den Konsumverzicht zu beginnen ist nicht falsch; das bisschen Heiligkeit von der Stange schon für das richtige Leben im Falschen zu halten ist geballte Eitelkeit und damit eine Beule der Ichlingspest, wie sie Dünkel hervorbringt auf dem Jahrmarkt der Selbstgefälligkeiten.

Der vorwissenschaftliche Aberglaube, durch intermitterenden Verzicht auf Bratwurst und Schlagermusik würden die Ablagerungen im Gedärm herausgemeißelt, hat sich noch immer nicht erledigt in einer Welt, in der die Verdübelten Impfen für Teufelswerk halten und Zuckerkügelchen für Medikamente, mit denen man Nachtschweiß und Arbeitslosigkeit heilen kann. Das mechanistische Weltbild feiert Volksfeste, und hilft das ganze Gewese nicht, dann hat der vermeintlich Erkrankte nur nicht heftig genug gebetet. Als Abspeckritual ist die drei- bis siebenwöchige Hysterie nicht nur nicht geeignet, sie bringt nach etwas Flüssigkeitsverlust die verlorenen Pfunde auch mit Verstärkung zurück. Neben Nierengrieß und Herzrhythmusstörungen bringt die organische Geißelung vor allem solide Kreislaufstörungen und Schwindelanfälle, letztere gerne auch bei Nachfrage nach dem Erfolg der Kasteiung.

Am eitelsten noch wirkt die Abstinenz von Alkohol und Drogen. Was der vernünftige Hominide am wenigsten braucht, daraus macht er den größten Aufriss. Als hinge seine ganze lächerliche Inkarnation davon ab, ob er sich einmal am Tag Schnaps reinpfeift, mit oder ohne Würmer. Im Gegenteil ist sein Drogenkonsum wie die institutionalisierte Beichte: ein Jahr lang baut er Mist und bembelt sich die Birne dicht, dafür sucht er einmal für wenige Tage Vergebung in klarem Wasser und kaltem Haferschleim, weil es die auf Spiritualität getrimmte Mechanistik seinem Denken so vorschreibt. Alles wird gut, denn ihm ist das Heilsversprechen, ein flacherer Bauch, weniger Dellen im Hintern und endlich keine Luftlöcher mehr im Großhirn, in großen Lettern in den Himmel gemeißelt. Hauptsache, jeder kann es lesen. Denn seit wann praktizierte der Bekloppte seinen Kinderglauben nur für sich allein.





Stielkritik

19 02 2015

„Ja, zwanzig Watt. Also maximal. Wenn wir schon Leuchtstoffröhren als Lichtschwerter verwenden, dann muss man auch sehen, dass wir von der Bundeswehr sind.

Solange wir den Mist hier in Deutschland verwenden, ist das eh total wumpe. Drei Viertel der Nachtsichtgeräte sind nicht einsatzbereit oder gleich ganz futsch. Ob wir da mit fünfundzwanzig Watt auftauchen oder mit vierzig, das kümmert keinen großen Geist. Wir werden vom Feind nicht gesehen. Vom Freund zwar auch nicht, aber hey, wir sind in Deutschland nicht im Kampfeinsatz. Noch nicht.

Gut, nächster Punkt. Kampfmittelräumung. Wir hatten ausgemacht, dass unsere Fachkräfte bei den Übungsminen immer ‚Uii-uii-uii-uii‘ rufen, oder? Naja, vergessen Sie’s. Es gab da eine kleine Panne. Wir hatten nicht genug Geld, deshalb wurden die Kisten mit der Manövermunition nicht korrekt beschriftet. Wir haben zwar noch Minen, aber wir wissen nicht mehr, welche die richtigen sind. Klar, wir könnten das ausprobieren. Aber wer macht das hinterher wieder weg?

Die Kistenbeschriftung wird bei Paderborn erledigt, das ist immer so gewesen. Panzerbataillon. Als wir die Munition in den Heli eingeladen hatten, fiel dem Standortkommandanten auf, dass er nicht getankt hatte. Also jetzt der Heli, nicht der Standortkommandant, der ist nämlich meistens – unterbrechen Sie mich nicht, es geht um unsere nationale Sicherheit – und dann haben wir alles wieder ausladen lassen und in einen anderen, und das dreißig Mal, aber die waren alle nicht betankt. Ist ja auch kein Wunder. Ich meine, flugunfähige Hubschrauber, wozu muss man die denn betanken?

Vielleicht hätte man den Transport auch auf dem Landweg fortsetzen können, in der Bundesrepublik sind ja derzeit keine größeren Hindernisse bekannt. Das gepanzerte Transport-Kraftfahrzeug Boxer kam uns da sehr gelegen. Vor allem, weil nicht alle in Afghanistan im Einsatz sind. Ein paar stehen auch hier herum. Die sind allerdings alle nicht bewaffnet. Vermutlich handelt es sich dabei um eine spezielle Maßnahme zur Friedenssicherung, weil man mit denen nicht mehr schießen kann, ich weiß auch nicht so recht. Auf jeden Fall ging das Ausladen der Munitionskisten sehr schnell und reibungslos. Wir sind eine starke Truppe, und wenn wir erst mal anfangen, Deutschland zu dienen…

Sie dürfen nicht alles ernst nehmen, was diese linke Presse so schreibt. Das mit den Waffenrohren war ein absoluter Ausnahmefall. Kam so auch in den vergangenen Jahrzehnten noch nicht vor. Gut, ein bisschen Improvisation muss natürlich erlaubt sein, das ist als Kriegslist wohl erlaubt. Oder würden Sie im Verteidigungsfall warten, bis die Verteidigungsministerin einen Schuss hört? Eben.

Das kam ja eher zufällig. Einer von diesen Besen stand so im Ministerium vor sich hin, und was der Abteilungsleiter da gemacht hat, keine Ahnung, aber es ging schon ein paar Wochen lang das Gerücht herum, dass die Ministerin darauf jeden Morgen zur Arbeit – ein Gerücht, ich kann das an dieser Stelle nur noch einmal betonen! – und dann gab’s halt keine Manöver-, sondern Stielkritik. Das fand ich jetzt ehrlicherweise auch schon ein wenig übertrieben. MacGyver wäre jedenfalls stolz gewesen!

Ja, das nennt man jetzt bei uns dynamisches Verfügbarkeitsmanagement. Drei plumpe Lügen in einem Wort. Das haben sie uns zwar irgendwie anders erklärt, und das war dann, warten Sie: wenn Sie wegen des Managements die meisten Sachen nicht mehr verfügbar haben, entfernen Sie sich dynamisch aus der Verantwortung. Aber dann kam ja die Münchener Waffenmesse, da galt das alles nicht mehr.

Wir verstehen hier immer noch nicht, dass dies Rohr überhaupt an dem Fahrzeug angebracht sein musste. Die Soldatinnen und Soldaten haben eine Waffenanlage simuliert, wo überhaupt keine hätte sein müssen. Diese Waffe war komplett überflüssig. Gut, wenn Sie nicht gerade bei der Bundeswehr sind, dann fällt Ihnen früher oder später auf, dass das auf alle Waffen zutrifft. Aber das war selbst für die Truppe fachlich etwas zu komplex. Wissen Sie, es kam echt zu intensiven Auseinandersetzungen innerhalb der Ministerialbeamten. Für die war das natürlich eine Stielvorlage.

Sie lachen, aber wenn wir immerzu Milliarden rauswerfen für irgendwelche Drohnen, die es gar nicht gibt, die dann aber nicht geliefert werden und trotzdem nicht funktionieren, aber das sollte so, damit unsere nordatlantischen Verbündeten das auch sagen können, dann müssen wir natürlich irgendwann zu drastischen Maßnahmen greifen. Das bleibt halt nicht aus, dass wir irgendwann die Luftdruckpistolen rausholen, weil die im Manöver immer so schön Päng-Päng machen. Wir müssen mit dem bisschen Geld zurechtkommen, das uns bleibt, und hoffen, dass die Rüstungskonzerne genug Kriege auf der Welt haben, damit wir denen nicht alles abkaufen müssen.

Gewöhnen Sie sich daran, die Bundeswehr ist eine Art Behelfsmittel zur Durchführung von Militäroperationen. Wir haben inzwischen genug Übung darin, uns ein paar jämmerliche Attrappen aus Sperrmüll zusammenzubasteln. Oder was, meinen Sie, war Guttenberg?“