Legalize it!

24 02 2015

„Wir leben schließlich in einem Rechtsstaat. Ja, Sie lachen, aber damit fängt doch für uns das Problem an! Wenn wir nicht Gesetze übertreten dürfen, wo es uns passt, wozu machen wir sie denn dann überhaupt?

Stellen Sie sich das doch mal vor: Sie sind versehentlich in eine Wohnung eingebrochen, nachdem einer Ihrer Mitarbeiter eine Zielperson aus Zufall in der U-Bahn mit einem Narkotikum aus dem Verkehr gezogen hat, und dann sagt der Richter, gefälschte Beweise deponieren ist schon okay, aber die Tür eintreten und eine Nachbarin, die gerade vom Einkaufen gekommen war, verprügeln, das klingt fast wie eine Straftat. Ich kenne jetzt den konkreten Fall nicht, aber wenn diese Schlampe in einem Haus lebt, in dem die Begehung von Straftaten nicht auszuschließen ist, die hat doch selbst Schuld?

Der Einzelfall ist gar nicht so sehr das Problem. Wir haben ja noch Staatsanwälte, die gerne ihre Pflicht tun. Auch wenn die immer teurer werden. Aber Sie müssen sich das in der juristischen Vorbereitung der Geheimdienstarbeit immer so vorstellen, dass wir sehr wenig Personal, sehr wenig Zeit und ganz, ganz wenig Geld haben. Wir können doch nicht bei jedem Einzelfall so tun, als würde es sich um einen Einzelfall handeln! Das muss man doch präventiv legalisieren!

Vorwiegend geht es ums Datensammeln. Dem Verfassungsschutz. Der sammelt ja unsere Daten. Vielleicht könnte man da mal nachsehen, ob wir die ganzen Sachen, die im Nachhinein als illegal verurteilt wurden, nicht schon vorher legal machen können. Man wäscht sich seine Hände in Schuldunfähigkeit, das müsste doch irgendwie klappen. Und wenn es nicht hinhaut, könnte man sich hinterher einen automatischen Freispruch vom Gericht einholen, weil man ja vorher der Meinung gewesen ist, dass das legal wäre. Hier, also gerade bei der Kommunikation heutzutage, und was die Leite alle für Daten verschicken, wenn man sie abhört, meinen Sie nicht, man könnte da so etwas installieren? eine Art Freisprechanlage?

Wir hatten das doch immer so schön beim Verfassungsschutz: die durften Straftaten begehen, das Bundeskriminalamt hat immer einen Täter gefasst, manchmal hätte der auch rein theoretisch etwas mit der Tat zu tun haben können, das Gericht hat ihn verurteilt, und die Polizeistatistik war dufte. Ich meine jetzt nicht, dass wir generell – nein, ich fange noch mal an. Also wenn der Innenminister bei jeder Gelegenheit meint, wir würden bald einen richtig großen Terroranschlag bekommen, und es seien schon zigtausende verhindert worden, obwohl die Ermittlungsbehörden davon so gar nichts mitkriegen, also wenn der Innenminister das nun durchaus so haben will, können wir das nicht auch selbst machen?

Auf der anderen Seite könnte man natürlich alles direkt legalisieren. Das hätte dann den Effekt, dass die Kriminalitätsstatistik direkt sinkt, und das ist im Wahlkampf der Hammer. Gut, wir hätten dann auch nicht mehr das Totschlagargument für die Totalüberwachung, aber ich meine, aus dem Schwachsinn, den de Maizière absondert, sollte sich nach spätestens drei Tagen etwas zusammenbacken lassen.

Vom rechtssoziologischen Standpunkt müssten wir auch bedenken, dass eine Strafverfolgung nicht viel bringt. Früher oder später müssten wir eine Strafverschärfung fordern, und da die so gut wie nie etwas bringt, können wir eigentlich nur auf eine komplette Legalisierung setzen. Man kann doch nicht immer alles kriminalisieren, nur weil es immer so war! So kommt man doch nicht weiter!

Wir überlegen noch, wie wir das als Kanzleramt an der SPD vorbeischmuggeln. Vielleicht den Gesetzesentwurf erstmal an Edathy ausprobieren, der darf dann legal das Gericht belügen, und dann winkt es das Justizministerium durch? Nein, wir vergleichen die SPD keinesfalls mit dem Verfassungsschutz. Die kippen in jede beliebige Richtung, sind inkompetent, kennen Arbeit nur vom Hörensagen und pfeifen auf die Verfassung, wenn die Kohle winkt, aber die sind kein Staat im Staat. Das möchte ich mir strengstens verbitten, das sagen Sie dem Verfassungsschutz nicht nach!

Aber irgendwo muss man ja anfangen, und da wir jetzt beispielsweise noch keine Polizei haben, die sich offen rassistisch zeigt – das ist auch eine Rassenfrage, wir haben halt nicht so viele Neger wie Amerika – brauchen wir eben einen anderen Ansatz. Möglicherweise wäre die Polizei auch viel zu offensichtlich, dass wir damit einen Immer-ganz-rechts-Staat schaffen, in dem es per Definition kein Unrecht mehr gibt. Übrigens eine tolle Sache, wenn Sie mal in eine Diskussion verwickelt werden sollten, wegen der DDR und so, die war ein Unrechtsstaat. Aus Gründen. Und wenn wir jetzt die vielen Nazis, die es ja in Deutschland angeblich gibt, aber die sich außerhalb der Kriminalstatistik nirgends wiederfinden – fragen Sie mal einen Polizisten, alles ganz nette Nachbarn, die meisten von denen haben noch nie eine Synagoge angezündet – wenn wir die jetzt entkriminalisieren, was meinen Sie, wie dann die Bundesrepublik dasteht. Das hat noch kein CDU-Kanzler geschafft.

Ach, wo wir gerade so nett am Plaudern sind: was halten Sie eigentlich von so einem präventiven Gesetz bei Abgeordnetenbestechung?“


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