Stabsstelle A38

31 03 2015

Rechts stapelten sich Akten in bunten Deckeln, rot, grün und braun, knapp kniehoch; links stapelten sich Akten. Es wäre nicht schwierig gewesen, durch diese Reihen von Aktenstapeln voranzuschreiten, hätte es sich nicht ausgerechnet um den Korridor im zweiten Stock der Behörde gehandelt, und selbst das wäre noch zu verkraften gewesen ohne die vielen Beamten. Wo sonst sollten sie auch hocken, um ihre Akten zu sortieren.

„Wir sollten uns nicht beschweren“, keuchte Frauke Severin, Referatsleiterin und sichtlich außer Atem, da sie gerade einen größeren Stapel brauner, besser: gilbfarbener Deckel durchwühlt und neu geordnet hatte. Sie strich sich den Rock zurecht. „Wir haben diese Aktenordnung ja selbst per Dekret eingeführt und müssen uns nun daran halten.“ Drei Akten lagen auf dem Wägelchen, das gerade so schmal war, um durch die Enge zu passen. Wollte sie die Deckel durch ihre Tür tragen, so ergab sich bereits das nächste Problem: sie passte durch die Tür, die Akten auch, doch der Wagen versperrt erst recht den Weg. „Dann muss man kurz in ein Zimmer“, seufzte Severin, „und dann schiebt man den Wagen vorbei und geht wieder raus und – ach, Sie sehen es ja selbst.“ Die Architektur dieser Verwaltung hatte etwas von Puzzlespiel.

„Wir haben die Stabsstelle A38 letztlich erschaffen, um in den anderen Ämtern den Ärger zu vermeiden.“ Severin klatschte die Akten auf den Schreibtisch, knipste ihre Lampe an und setzte sich. Es gab immerhin elektrische Schreibmaschinen, wenn auch nicht in ihrem Referat. Dafür hatte sie einen Bleistiftspitzer mit Kurbel. „Per Dekret.“ Die gesetzliche Vorlage befand sich in einem der unzähligen Ordner, die das Büro vollstellten. Es klopfte an der Tür. „Ich muss nur den Wagen“, krähte der junge Mann, „aber ich bin auch gleich.“ Sie fiel ins Schloss. „Sie sollten ihn mittwochs sehen“, sagte Severin tonlos. „Dann hüpft Kröber auf einem Bein. Strafversetzt, Sie verstehen.“

Oben auf dem linken Stapel lagen die Papiere zu einem wichtigen Verkehrsprojekt. „Ich darf doch“, fragte ich, „oder ist das etwa noch geheim?“ „Der Bundestag hat die Maut inzwischen beschlossen“, bestätigte sie, „da ist nichts mehr geheim. Obwohl man den Mist als Geheimabkommen hätte verhandeln sollen, dann hätten wir nicht immer so viele Presseanfragen bekommen.“ Ich stutzte. „Aber das Verkehrsministerium ist doch dafür zuständig?“ Wieder seufzte sie, und ich hatte Severin nie tiefer seufzen hören. „Das ist ja das Schlimme. Alle denken sie, die Ministerien machen diesen ganzen Unsinn, aber die wirklichen Deppengesetze, die müssen wir ausarbeiten. Was Sie hier sehen, ist meine tägliche Prüfung. Willkommen in dem Amt, das Verrückte macht.“

Eine imposante Reihe von Aktenordnern stapelte sich gute einen Meter hoch quergelegt auf dem Fensterbrett. Mövenpick las ich auf dem einen Rücken, auf dem anderen: Zugangserschwerungsgesetz. „Es ist wohl nicht einfach“, mutmaßte ich, und Severin nickte. „Da haben Sie allerdings ins Schwarze getroffen. Wir müssen hier eine enorme Kompetenz an den Tag legen, sonst können wir die Aufgaben dieser Stabsstelle gar nicht wahrnehmen. Stellen Sie sich doch nur mal einen Gesetzgebungsvorgang vor, in dem ein Beamter von einer Sache überhaupt keine Ahnung hat.“ Ich lächelte süffisant; sie wischte es mit einem kalten Augenaufschlag aus meinem Gesicht. „Ja, Sie und Ihre Vorurteile, weil Sie nicht mit der Ministerialverwaltung vertraut sind. Aber stellen Sie sich doch mal einen wirklich dummen Beamten vor, der nichts mit den Feinheiten des gesetzgeberischen Feldes anfangen kann.“ Ich grübelte. „Sie meinen…“ Severin nickte. „Es kommt allenfalls eine nachbesserungswürdige Gesetzesleiche dabei heraus, aber ein legislativer Akt, der erst in der Praxis total in die Hose geht – haben Sie eine Ahnung, wie viel Detailkompetenz das erfordert, um richtig Mist zu bauen!?“ Ich schwieg betroffen.

Ein neues Irgendwas-mit-Internet-Gesetz, so der Arbeitstitel, stellte fest, dass man an Wochenenden tagsüber keine Straftaten begehen dürfe, die auch im Internet zumindest nicht technisch unmöglich waren. Nach einer gründlich durchzechten Nacht hatte ein Landtagsabgeordneter kurz vor seiner Abwahl noch eine Schutzlücke ausfindig gemacht und über einen Parteifreund die Bundesbehörde damit befasst. „Das ist aber mal eine gute Sache“, sagte sie zu meiner Überraschung. „Es ging von Anfang an nicht um sachliche Auseinandersetzung mit den Rechtsgütern, sondern um reine Hysterie. Wir haben viel Freiraum, ein komplett überflüssiges Gesetz vorzulegen, das nicht nur nichts bringt, sondern sich auch noch selbst widerspricht und die Sache letztlich bloß schlimmer macht.“ Kröber hüpfte wieder hinein und hinaus und hinein, weil gerade ein Stapel Akten umgefallen war, währenddessen Dobrindt und Nahles ins Gespräch vertieft durch den Gang staksten. „Nebenbei arbeiten wir als Inklusionsprojekt“, informiert Severin mich. „Auf dem freien Arbeitsmarkt hätten die ja sonst keine Chance.“

Sie stempelte das erste Blatt jeder Akte und legte diese alle auf einen anderen Stapel. „Ich bewundere Sie“, bekannte ich. „Wirklich, wer würde diese Arbeit auch nur einen Tag lang aushalten?“ Severin lächelte geschmeichelt. „Sagen Sie das nicht“, antwortete sie. „Immerhin sind wir für viele das ideale Karrieresprungbrett.“ Ich verstand es nicht. „Wer für uns zu dumm ist, wird in die EU entsorgt.“





Klinisch tot

30 03 2015

„Und wirklich keine Fälle von Autismus in der Familie? Ich muss das fragen, obwohl: nein, das war ja das alte Formular. Autismus ist out, und solange Sie nicht selbst Autist sind – Sie sind keiner? egal, ich kann Ihnen ja sowieso nicht das Gegenteil beweisen – ist uns das auch total gleich.

Aber Sie fühlen sich schon manchmal schlecht, oder? jetzt nicht so wie ein grippaler Infekt, wo man morgens aufsteht und niedergeschlagen ist, ein bisschen mies drauf, trockener Hals, Kopfschmerz und all die Sachen, das meine ich nicht. So richtig schlecht, dass man nicht weiß, was das eigentlich ist. Nein, kein Krebs. Das wäre ja behandelbar, außerdem stirbt man daran ja nicht, und wenn doch, dann ist das wenigstens nicht ansteckend. Sagen die meisten wenigstens.

Und Schizophrenie hatten Sie auch keine in der Verwandtschaft? Nein, das meine ich nicht. Ich hatte auch so einen Onkel, der war erfolgreicher Tapetenfabrikant und war im Widerstand, und bei der Hundertjahrfeier der Fabrik kam dann raus, dass er selbst den Vorbesitzer nach Auschwitz geliefert hatte, aber das ist völlig normal. Medizinisch auch. So ein wenig Gedächtnisschwund ist eine typische Begleiterscheinung von gesellschaftlichem Erfolg, während die psychischen Erkrankungen eher darauf schließen lassen, dass man irgendwann sozial völlig isoliert sein wird. Und die Folgen sind schlimm, das sollten Sie nicht vergessen.

Wir machen eine ganzheitliche Untersuchung. Wir verlassen uns dabei ganz auf Ihre Aussagen, und im Gegenzug überlassen Sie uns die Interpretation der erhobenen Fakten. Bislang ist uns zwar noch kein Patient untergekommen, der dann plötzlich klinisch tot gewesen wäre, aber selbst das sollte kein Problem darstellen. Wenn er sich wehrt, messen wir einfach so lange Fieber, bis er seine Meinung ändert. Wir sind da schmerzfrei.

Tics haben Sie auch keine? Ich frage das nur, weil Sie sich gerade an der Nase gekratzt haben. Das kann krankhaft sein, aber – nein, anders: das muss nicht krankhaft sein, kann es aber durchaus. Wir können es dann nur nicht beweisen, und dann ist man natürlich wieder sehr auf die persönliche Einschätzung angewiesen, auf den Gesamteindruck, den so ein Patient hinterlässt. Weil Sie sich gerade wieder an der Nase gekratzt haben, weil ich mich an der Nase gekratzt habe.

Deshalb kann ich bei Ihnen auch kein Aufmerksamkeitsdefizit diagnostizieren. Doch, könnte ich schon, aber ich weiß auch nicht, wozu das gut sein sollte. Vielleicht ist es auch gut zu irgendwas, aber ich es macht die Sache nur unnötig kompliziert, und dann lassen wir die Diagnose lieber weg. Vielleicht haben Sie tatsächlich ein Aufmerksamkeitsdefizit, und dann hätten wir es diagnostizieren können, aber das werden wir jetzt nicht erfahren. Erst hinterher. Weil man das auch aus den Folgen wesentlich besser diagnostiziert.

Nein, wir haben kein Problem mit Ihnen. Wir haben ein Problem mit den diagnostischen Möglichkeiten. Zum Beispiel damit, dass es sie nicht gibt. Wir sind immer noch darauf angewiesen, dass Sie zu uns kommen und uns möglich genau die Symptome einer mutmaßlichen Erkrankung schildern, auf die Gefahr hin, dass wir sie völlig falsch einschätzen, da es sich um Ihre subjektive Empfindung handelt und nicht um messbare Dinge wie Ihren Blutzuckerspiegel oder blaue Flecke.

Außerdem ist unsere Diagnose sowieso nicht viel wert, weil sie wegen der Notwendigkeit gesicherter Erkenntnisse erst dann stattfinden kann, wenn diese vorliegen. Für Verantwortungsträger ist das selbstverständlich zu spät. Wenn Sie politische Entscheidungen treffen müssen, dann wollen Sie die Entscheidungen am liebsten schon treffen können, bevor es etwas zu entscheiden gibt. Um das handhabbarer zu machen, haben sich die politischen Entscheider darauf geeinigt, genau dann zu entscheiden, wenn sie von einer Sache keine Ahnung haben. Behelfsmäßig werden sie ihre Entscheidung aus den Folgen irgendeines Sachverhalts herleiten; die Voraussetzungen sind ja meist nicht greifbar, aber sie verstehen: irgendwas muss man tun. Warum auch immer.

Weil die Entscheider mit uns auch ein Problem haben, und es ist dasselbe Problem, das wir mit ihnen haben: einer muss Entscheidungen treffen, für die der andere dann verantwortlich sein wird. Das ist schon schwierig genug, deshalb blenden wir die Unmöglichkeit aus, überhaupt eine vernünftige Grundlage für unsere Entscheidungen zu besitzen. Und damit wären wir dann bei Ihnen.

Unsere Diagnose steht keinesfalls fest, wie gesagt: wir können Ihr Telefon abhören und Ihre Briefe öffnen – gehen Sie zur Beruhigung davon aus, dass wir es tun, und machen Sie sich keine Sorgen, wenn wir etwas gefunden hätten, wüssten wir es vor Ihnen – und Ihr Verhalten analysieren, aber wir müssen immer davon ausgehen, dass Sie nicht alles immerzu und jedem sagen. Nicht einmal ein Mikrofon in Ihrem Schlafzimmer würde etwas helfen, aber erzählen Sie das den Entscheidern. Sie wissen es hinterher nicht besser, aber auch das wissen sie nicht.

Bis jetzt konnten wir nichts Auffälliges feststellen. Das heißt natürlich nicht, dass es nicht doch etwas Auffälliges geben könnte, wir sind nur nicht in der Lage, es nachzuweisen. Es ist kompliziert, wissen Sie, aber machen Sie sich deswegen keine Angst.

Wir übernehmen das für Sie.“





Frühling. Unklassisch

29 03 2015

Lenz, ach holder! sänge Dir nur Schiller,
Dich mit Marmorworten schön zu preisen,
Deine lauen Lüfte zu enteisen
wie mit Nachtigallenfrohgetriller.

Unsereiner stolpert über Wiesen
im Versuch, mit anmutsvollen Weisen
Dir zu schmeicheln. Weh! es wird entgleisen,
und was bleibt, ist saisonales Niesen.





In fünf Zeilen um die Welt. Limericks (CCXXXV)

28 03 2015

Es fürchtet Noëlle in Lametz
ein neues, gar hartes Gesetz:
im täglichen Leben
soll’s allerhand geben,
doch kein entbehrliches Geschwätz.

Tafsir sieht, der Zug in Kaffrine
steht abfahrbereit auf de Schiene,
doch wartet der Fahrer,
bis unmittelbarer
Verzug ist, und rührt keine Miene.

Alphonse zaubert gerne in Haybes
und hält eine Frau in der Schwebe.
Zuerst ist das prächtig,
doch dann wird’s verdächtig;
am Ende versagt dann die Klebe.

LaMonte, der spielte in Belt
einst Baseball. Er war auch kein Held,
denn um dort zu siegen,
war’s ratsam, zu kriegen
’nen Homerun, bei dem keiner fällt.

Marcel reibt voll Wut in Ruffec
an einem verblichenen Fleck.
Der ist ausgeblichen
und wird ausgeglichen
vom Rand, denn das ist dessen Zweck.

Yassine faltet schnell in M’saken
an fünfzig rein linnene Laken.
Er faltet sie rege,
doch oft auch recht schräge;
das ist trotz des Fleißes der Haken.

Maurice, der trug gern in Morlac
ins Kino den mattgrauen Frack.
Das sorgt für Gerede,
man fand es auch blöde,
alleine es zeugt von Geschmack.





Gernulf Olzheimer kommentiert (CCLXXX): Bessermenschen

27 03 2015
Gernulf Olzheimer

Gernulf Olzheimer

Mein Name ist Gernulf Olzheimer und dies ist das Weblog aus dem Land der Bekloppten und Bescheuerten.

Kaum hat sich der durchschnittliche Teilnehmer an den internationalen Zivilisationsfestspielen in seiner Leistungsklasse knapp in die B-Mannschaft herangearbeitet, da droht auch schon wieder die Disqualifikation wegen klinischer Doofheit. Wieder und wieder schafft er sich ein ethisches Grundbewusstsein drauf, ratzt dreimal ab im Volkshochschulkursus Altruismus für Dummies, versagt bei der praktischen Prüfung, weil ihm noch die BILD aus der Manteltasche ragt, hangelt sich mühsam wieder auf den Boden der Tatsachen und stellt schließlich fest: Ngongo aus dem zweiten Stock ist ja gar kein Neger, der Transferleistungen schmarotzt, sondern verdient als Kommunalbeamter genau die Kohle, die einem das Amt an jedem Ersten kommentarlos rüberschiebt. Plötzlich scheint das mit der Bildung gar nicht mehr so kompliziert, einmal in der Woche, dann einmal am Tag hält der Bürger kurz inne und fragt sich, was er da eigentlich tut, und warum. Und schon, noch ist das frisch gepinselte Transparent zur Rettung des Regenwaldes nicht richtig trocken, nölt ein Kalkhirn aus der dritten Reihe dazwischen. Die Schafe im Brömkenröder Forst, der Kaffeeanbau auf den Bergen von Nuki-Nuki, hinter den sieben Zwergen, weiß der Fuchs, auf jeden Fall drückt uns der plärrende Prolet im Hühnerbrustton der eigenen Überzeugung noch eine deutliche Warnung rein. Seine Sicht der Dinge ist wichtig, allein zur ethisch fundierten Diskussion geeignet und ansonsten der Nabel der Welt. Er ist nicht allwissend, das heißt: nicht nur allwissend, er ist auch moralisch immer und überall überlegen. Er ist der Bessermensch.

Was immer beim Zelten auf dem intellektuellen Standstreifen etwas zu viel Teile ins Kreuz kriegt, jodelt schmerzbefreit das Gutmenschentum an, jene von ihrem großen Vorbild hervorgegoebbelte Kaste der faktisch Überlegenen, die man von unten anspeien konnte, solange die Reichskanzlei noch nicht unterirdischer als unterirdisch war. Was als Koordinatensystem eines halben Volkes prima funktioniert, da es sich jenseits bewährter Ideologie und ohne behelfsmäßigen Drogenkonsum auch für die andere Hälfte der Besiedelung eignet, wird von den selbst ernannten Bedenkenträgern in Grund und Boden gepöbelt, weil sie ihre eigenen verquasten Ideologeme über die wehrlose Mitwelt klötern lassen, eigentümlich frei von Schmerz und jenem Bewusstsein, das höhere Arten vom Schmadder der billigen Nachzucht unterscheidet.

Natürlich guckt der übliche Dumpfdepp nur bis zum Rand seines Ursuppentellers, in dem er Schwimmen gelernt hat, und ahnt nicht einmal, warum er den anderen Kram ausblendet. Die Hauptsache ist, er kann seine Aggregatzustände von Beklopptheit frei in der Gegend entsorgen. Gegen die Bürgerinitiative Buschwindröschen? In Afrika verhungern Kinder! Für sauberes Trinkwasser in den Anden? Links hinterm Knörzelbachtal fehlt ein halber Krötentunnel! Jeder geistig noch nicht zum Pflegefall gewordene Mensch, der sich mit Absicht einen Staubsauger kauft, wird feierlich zum Kapitalistenschwein erklärt, denn unterdessen dümpelt irgendwo auf den Weltmeeren noch ein Teppich von Plastiktüten herum und wartet auf die unerschrockenen Aktivisten, die das Zeugs mit bloßen Händen in ihre Jutetaschen aus fairem Anbau und veganem Design stopfen. Kaum schippert der Tross auf den Pazifik, wird eben diese Meute vom Wachturm herunterblöken, dass der Analphabetismus in Sierra Leone die Stabilität der nordhessischen Rübenzüchter gefährdet. Und so weiter.

Aber für die Heulbojen der Endzeit reicht auch das nicht aus. Heiligkeit scheint das Gebot, denn nur so kann der willfährige Diener jener moralisch überlegenen Kreaturen an drei Orten gleichzeitig hungernde Kinder mit schadstofffreiem Dünger versorgen, genfreien Mais in linksdrehenden Ölteppichen züchten und simultan pro Tag einen Marathon laufen, um auf die Unterdrückung des westpolnischen Klappschenkelwalrosses aufmerksam zu machen. Doch schon ist der verdammte Bessermensch da, knuspert sein aus Recycling hergestelltes und glaubhaft glutenfreies Müesli, knirscht dazwischen getrockneten Verbaltofu hervor und wundert sich, wenn die Nase plötzlich blutet. Sie rechnen nicht damit, dass ihnen einer zuhört, ihr dümmliches Geschwalle mit einer sinnvollen Lautäußerung verwechselt und die Spitzhacke locker sitzt. Anfänger zücken wohl ihre Dalai-Lama-Plakette, schwenken die durch Greenpeace akkreditierten Eier von glücklichen Kühen und beweisen mit Fotos aus dem Westjordanland, dass sie bereits sanften Tourismus in Krisenregionen praktizieren. Fotos auf einem in chinesischen Sweatshops hergestellten Telefon von und für Turbokapitalistendreckschweine.

Wozu diese ganze Kasperade? Bevor man als verzweifelter Billigtextilienträger nach Gründen sucht, packt man eine dieser Nervensägen am Kragen und fragt, wann sie das letzte Mal gegen den Krieg war. Die Antwort ist logischerweise immer falsch. Und ja, da darf man dann reinhauen. Wir tun es ja für die gute Sache.





Reformationstag

26 03 2015

„Oder irgendwas mit Umweltschutz.“ „Nee, lieber Interwebdingsi.“ „Das gibt’s noch?“ „Müssten wir bei den Jusos fragen, da haben einige diese modernen Telefone, mit denen man auch Fotos machen kann.“ „Cool!“ „Aber auch irgendwie voll sozial engagiert und so.“ „Wenn Sie sich an die Wähler ranwanzen wollen, gehen Sie gefälligst zu den Grünen!“ „Aber wir sind…“ „Wir sind die SPD, hier wird reformiert! Merken Sie sich das!“

„Also Umweltschutz.“ „Dieses Ding mit dem Genmais…“ „Ich hatte Ihnen eben gesagt, gehen Sie zu den Grünen!“ „… ist inzwischen in der Mittelschicht angekommen…“ „Oh, toll!“ „Haben Sie da eine Untersuchung?“ „… und die meisten wollen das halt nicht.“ „Das liefe dann ja auf eine Verständigung mit politischen Gremien hinaus.“ „Und die Verbände nicht zu vergessen.“ „Wir könnten den Wählern mal wieder zeigen, dass sie für uns die Hauptrolle spielen.“ „Können Sie bitte Ihre sozialistischen Fieberfantasien draußen ausleben? Das ist ja nicht zum Aushalten!“ „Aber Sie haben doch gerade…“ „Zum letzten Mal, diese Partei weiß sehr viel besser als der Wähler, was für ihn gut ist. Wir reformieren seit Jahrzehnten mit großem Erfolg an der…“ „Ach ja, und wie oft waren daran bisher sozialdemokratische Regierungen beteiligt?“

„Irgendwo kann ich diese Kritik ja auch ein Stück weit nachvollziehen.“ „Mich macht das auch irgendwie voll betroffen.“ „Dann sollten wir mal sehen, ob wir vielleicht die notwendigen Reformen jetzt anstoßen, damit die ersten Ergebnisse bis 2017 sichtbar sind und wir einen erfolgreichen Wahlkampf gegen Merkel führen können.“ „Träumen Sie weiter.“ „Wieso, was ist daran falsch?“ „Es ist doch egal, was wir machen, die Alte sackt doch sowieso die Erfolge ein.“ „Und wenn es schief geht, wie beim letzten Mal?“ „Dann erklärt sie das zum Erfolg, und um den Rest kümmert sich keine Sau.“

„Nein, lassen Sie uns lieber mit den unverfänglichen Dingen anfangen.“ „Frauenquote wäre doch mal sehr gut, oder das mit der Bezahlung nach…“ „Ich sagte: unverfänglich.“ „Er hört nicht zu, seine Frau ist berufstätig.“ „Igitt!“ „Wir haben es ja gleich gewusst, das geht nicht gut.“ „Was haben denn die Wähler gegen Equal-Pay-Politik?“ „In erster Linie sind das Unternehmer, und denen muss man nicht erst erklären, dass mehr Geld auszugeben heißt, dass weniger Geld übrigbleibt.“ „Und was hat das mit den Leuten zu tun, die…“ „Können wir den Mann nicht mal rauswerfen? Er nervt langsam.“ „Ja, finde ich auch.“ „Gut, dass er nicht den Holocaust verharmlost wie Schily. Dann müssten wir ihn als Verfechter der Meinungsfreiheit sogar noch zum Bleiben überreden.“

„Im Prinzip ist es doch egal, womit wir die ganze Sache anschieben, oder?“ „Hauptsache, wir können das in drei Stufen machen.“ „Hä?“ „Hat Schröder auch immer so getan.“ „Weil der Wähler das sonst nicht merkt.“ „Und weil das über einen längeren Zeitraum hinweg politisch motivierte Tätigkeiten vortäuscht.“ „Ah, interessant.“ „Dann sollten wir mit der Autobahnmaut starten.“ „Der Quatsch kam doch nicht von uns.“ „Aber als gute Regierungsopposition machen wir alles mit, was die Kanzlerin befiehlt.“ „In drei Stufen?“ „Hören Sie doch mal auf mit den drei…“ „Von mir aus können wir das auch in einem Zehn-Punkte-Plan abarbeiten.“ „Sie kommen aus Bayern?“ „J-ja, woran hat man das gemerkt?“

„Die erste Stufe der Maut lassen wir erst mal so, und dann warten wir auf die zweite.“ „Und dann?“ „Könnte man die Maut ja reformieren.“ „In welcher Hinsicht?“ „Man müsste das sozial gerechter machen.“ „Aber so, dass höchstens drei bis maximal vier Prozent von der Reform ausgenommen werden.“ „Oder von ihr profitieren.“ „Oder beides.“ „Oder nur zwei Prozent.“ „Aber in drei bis vier Stufen?“ „Vielleicht kann man die Maut bis dahin auch verdoppeln, damit man den gewünschten Effekt nicht mehr merkt.“ „Und welcher ist das?“ „Dass wir die Reform in drei Stufen durchgesetzt haben.“ „Und das dient dann dem Umweltschutz?“ „Nein, aber mit etwas Glück ist das nach der dritten Stufe kostenneutral.“

„Auf die Gefahr hin, mich unbeliebt zu machen, aber ich finde…“ „Schon passiert.“ „… dass wir die Pflegereform aufschnüren sollten.“ „Wieso?“ „Weil wir daran beteiligt waren, und da kommt dann eh nur Mist raus.“

„Noch irgendwelche Mindermeinungen?“ „Rente?“ „Wir haben doch gerade erst die Rente mit 63 eingeführt.“ „Und durchgesetzt!“ „Außerdem hat die SPD die beschlossen.“ „Cool!“ „Dann sollten wir sie jetzt reformieren.“ „Weil sie zu wenig bekommen?“ „Mir doch wumpe, von mir aus auch, weil sie zu oft beantragt wird.“ „Aber ich bin mir nicht sicher, ob…“ „Wir auch nicht, also gut jetzt.“ „Nein, halt – als Bundespartei können wir doch nicht einfach so…“ „Doch.“ „Können wir, und gut jetzt.“ „… irgendwas reformieren, als ob das alles…“ „Sie wollen wohl zu den Linken, wie?“ „Aber warum wollen wir irgendwas reformieren.“ „Bitte!?“ „Warum, verstehen Sie!? Warum!“ „Sie sind noch nicht lange in der Partei, oder?“





Eine Art Déco

25 03 2015

Raum ist bekanntlich in der kleinsten Hütte. Und so stapelt der New Yorker, seine Architektur stets im Auge, gerne ein bisschen hoch. Und feiert. Wie der jüngste Freitagstexter mehr oder weniger bewegt zeigte.

Wir vermuten, dass es sich um eine Einweihungsparty handelt. Mehr als diese formschöne Regalkombination konnte sich das junge Paar allerdings nicht leisten. Wobei das integrierte Hochbett in unmittelbarer Nähe zum Esszimmer schon für vieles entschädigt. Und so setzt die Raumausstattung ihrerseits starke Akzente für die Weiterentwicklung für den modernen Wohnungsbau.

Hier im Arbeitszimmer ist es geräumiger. Unter eine der Dachschrägen passt jenes klappbare Siegertreppchen, das auch in diesem Wettbewerb wieder einen glanzvollen Einsatz erlebt. Noch etwas Art-Déco-Folie drüberziehen, die Grünpflanze (Zimmerlorbeer wäre gut gewesen) einen halben Meter nach links, und dann wären wir auch schon bereit für die Siegerehrung.

Wie man sich bloß verhält, wenn man beobachtet wird, wie man als Teilnehmer etwas beobachtet. Bronze geht in dieser Runde an die testsiegerin und ein schönes Beispiel von Selbstreferenz, die sich selbst als Selbstreferenz versteht:

Scharf sind wir selber!

Andererseits bieten sich wirr in der Gegend bewegende Objekte frei nach Heisenberg eine derartige Unschärfe heraus, dass deologische Interpretationen quasi auf der Hand liegen. Man muss halt dran glauben, wenn man nichts wissen kann. Silber für das Abendmahl, das g2 uns kredenzt:

Kaum hatte Hans-Werner den Arm in die Höhe gerissen, wurde seinen Homies von der Polyestergang schummrig vor Augen.

Damit liegt natürlich die Vermutung nahe, dass es sich ohnehin um eine bewusstseinserweiternde Veranstaltung handelt, die nicht das Ende aller Dinge bedeutet. Wir müssen nur die Perspektive wechseln, dann sehen wir klarer. Der goldene Freitagstexter-Pokal geht in dieser Runde an den Wortmischer, der die Dame auf dem west-östlich ausgerichteten Diwan erkannt hat:

Im Anschluss an den traditionellen Totentanz würde Rajid die Witwe mit Alkohol übergießen und karmawirksam verbrennen.

Was zugleich ein schönes Bild für diese heitere Blogrunde ist: das Rad der Inkarnationen dreht sich fröhlich weiter, und während die einen noch als Grashalm die beschauliche Stille des erleuchtungsnahen Nichtbewusstseins genießen dürfen, müssen andere Affenarten wie ich Pötte aus Edelmetall in Sperrholzkisten mit Luftpolsterfolie hieven. Zu nachtschlafenden Zeiten. Herzlichen Glückwunsch! Weiter geht’s am Freitag, den 27. März beim Wortmischer. Ich wisch nu den Raum wieder auf.





format d:

25 03 2015

„Und damit Sie es wissen, keine Großbuchstaben. Keine Großbuchstaben! Wenn der Herr Präsident das lesen, dann drehen der Herr Präsident aber auch so was von durch, mein lieber Scholli – dann lernen Sie den Verfassungsschutz aber mal kennen!

Ja, wir kennen den beide. Aber der Herr Präsident sind nun mal der Herr Präsident. Und da er jetzt nun mal Präsident sind – ich habe mir das nicht ausgesucht, der Herr Präsident waren das. Cyberdings und so. Unser Baby ist schimmerlos, und das wundert ja auch keinen. Er lesen von Computerkrieg, von Computern haben er keine Ahnung, aber Krieg ist immer gut, und zack! der Herr Präsident wissen Bescheid. Sagen er.

Also keine Großbuchstaben, das hatten der Herr Präsident schon mal in einem Memorandum so geschrieben – schreiben lassen, klar, aber er haben es vermutlich auch gelesen. Der Maaßen, genervt, ist ja auch keine Lösung. Wie gesagt, das Amt verlangt jetzt eine Landkriegsordnung, eher eine Neulandkriegsordnung, weil der Cyberwar in Zukunft die zufällig unbewaffneten Konflikte ohne Austeritätsmaßnahmen dominieren soll. Kann man ja mal machen.

Eigentlich wäre die Truppenulla zuständig gewesen, stimmt. Aber die hatte nachweislich schon mal ein Foto von einem Tablet gesehen und war damit leider überqualifiziert. Ging nicht anders.

Aber der Herr Präsident hatten ein paar wichtige Anregungen für internationale Elektrokriegsführung und Cyberbedrohung. Weil das vermutlich bei denen so ist, die sich für mächtig halten. Die müssen immer die protokollarischen Entwürfe machen. Wer wann wo und warum zuerst auf den Boden spucken darf. Die Mächtigen, die Bänker und die Rüstungskonzerne, die wollen ja vorher nur wissen, wann so ein Krieg stattfindet und wer ihn gewinnen soll. Aber das lernen der Herr Präsident nicht mehr. Deshalb sind der Herr Präsident ja auch beim Verfassungsschutz.

Also keine Großbuchstaben, zwischen den Absätzen jeweils eine Leerezeile, damit die Referenten keine Konzentrationsschwierigkeiten bekommen, und keine Spammails aus Nigeria. Dann brechen wir den bewaffneten Konflikt sofort ab. Das wollen der Herr Präsident absolut gar nicht. Keine Widerrede. Wir antworten sofort mit dem Erstschlag. format d:, haben der Herr Präsident so verfügt. Fragen Sie mich nicht.

Es ist ganz wichtig, dass sich die Angreifer an ein international ratifiziertes Regelwerk halten, sagen der Herr Präsident. Seine Befürchtung ist ja, dass sonst Kriege ausarten könnten. Am Ende würden sich die Kriegsparteien hinterher gar nicht mehr konfliktfrei unterhalten können. Und der Herr Präsident wissen ja schließlich, das geht gar nicht.

Dateianhänge müssen auch geregelt werden, sonst haben wir bestimmt bald schlimme Konsequenzen. Keine ungewöhnlichen Formate, und wenn der Herr Präsident Anhänge von über zehn Megabyte bekommen, dann rasten er aber aus! Schüren Sie keine Konflikte, die Ihnen noch leidtun könnten, das ist ein ernsthafter Krieg! Hier halten sich alle Parteien an die Abmachungen!

Wo wir gerade dabei sind: keine unflätigen Ausdrücke. Wenn Sie UTF-8 oder so einsetzen, dann brechen der Herr Präsident sofort den Kontakt zu Ihnen ab. Dann können Sie den Cyberwar seinetwegen gerne zu Hause veranstalten, aber nicht mit deutscher Beteiligung, klar? Wir machen da nicht mehr mit. Können Sie vergessen.

Und damit Sie es wissen, wir löschen nicht täglich den Posteingang. Wenn Sie also eine Emser Depesche nach der anderen schicken, wir bewahren das alles auf. Irgendwann ist hier nämlich mal der Punkt erreicht, da haben unsere Referatsleiter keinen Bock mehr, und dann geht das aber rund! da werden Sie knallhart eine Antwort bekommen, damit das klar ist!? Das wird, der Herr Präsident hatte da auch mal einen Referentenentwurf hinterlassen, handschriftlich sogar, und danach werden wir mit einer asymmetrischen Kriegführung antworten. Sie benutzen Spam-Anhänge, wir setzen sofort Twitter ein. Und Katzenbilder. Und dann lasten wir Ihren Arbeitsspeicher aus, 641 Kilobyte auf einmal! Das werden Sie bereuen!

Glaube ich jedenfalls. Der Herr Präsident haben das ja erstmal nur theoretisch konzipiert. Weil man ja vorher schon mal wissen muss, wie schlimm das alles kommen könnte, und wenn Sie mich fragen: was der Herr Präsident da schreiben, ist ziemlich schlimm.

Der Herr Präsident sind der Ansicht, dass die Realwelt durch das Internet in Teilen auf den Kopf gestellt wird. Ob es sich um seinen Kopf handeln, das war bisher noch nicht zur Sprache gekommen, aber ansonsten haben er ja schon mal recht. Wir haben zwar die maßgebliche Infrastruktur, sind aber für Staaten wie Nordkorea trotzdem angreifbar. Und wenn Sie mich fragen: er wissen immer noch nicht, warum das so ist.

Also halten Sie sich dran, ja? Sonst schicken wir den Herrn Präsidenten zu Ihnen, und er übernehmen dann eine leitende Funktion in Ihrem Land. Und das kann ich Ihnen schon mal versprechen: das wird unschön.“





Stadtmusikanten

24 03 2015

„… nicht mehr nachvollziehen könne. Die Vollsperrung der Bremer Innenstadt wegen angeblicher Terrorgefahr sei zwar ohne konkreten Anlass erfolgt, es habe sich jedoch um eine vollkommen korrekte Maßnahme zur…“

„… und man den Hauptbeschuldigten vor allem deshalb festgenommen habe, da die richterlich angeordnete Telefonüberwachung zu keinem verwertbaren Ergebnis geführt habe. Die Gefahr, die Innensenator Mäurer (SPD) habe beweisen wollen, sei jedoch so schwerwiegend gewesen, dass sich Polizeipräsident Müller für eine sofortige Inhaftierung des…“

„… habe es sich um sehr konkrete und kriminalistisch nachvollziehbare Hinweise aus mehreren voneinander unabhängigen Quellen gehandelt. So habe die angetrunkene Informantin den Terroranschlag innerhalb von vier Stunden telefonisch den Polizeibeamten Siffelmann, Beizmenge, Ubberloh, Kienbaum, Schmidt-Ziefge, Ehlert, Grinzinger…“

„… es sich um 60 Maschinenpistolen vom Typ Uzi und Automatikpistolen Kaliber 38 gehandelt habe, die in einem Kleinwagen…“

„… sich eine Zeugin erinnert haben wolle, dass vier Männer in die Moschee gegangen seien. Da 60 durch vier teilbar ist, habe es beim Innensenator keine Zweifel an der Version der…“

„… habe es in der Videoüberwachung des Islamischen Kulturzentrums eine technisch bedingte Lücke von fünf Stunden gegeben. Da es theoretisch möglich gewesen sei, in diesem Zeitraum Massenvernichtungswaffen, Spähpanzer sowie ein atomar angetriebenes U-Boot in die religiöse Institution zu verfrachten, könne man nicht davon ausgehen, dass zu keiner Zeit eine erhebliche Bedrohung für den…“

„…immerhin sehr konkrete und kriminalistisch nachvollziehbare Hinweise gewesen seien. Der Terrorverdacht habe sich von Anfang an auf die Stadt Bremen bezogen, was zweifelsfrei eine Terrorgefahr nur für Bremen…“

„… habe sich der Hauptverdächtige klar erkennbar konspirativ verhalten, da er auf keinem der überwachten Kommunikationswege verdächtige oder erkennbar zweideutige…“

„… dass nach Abbildungen der Zeugin die Maschinenpistolen sich als Gewehre vom Typ AK herausgestellt hätten. Nach Aussage des Polizeipräsidenten sei dies typisch, da im Gegensatz zu den Waffenlieferungen der Bundesrepublik an muslimische Stabilitätsanker die Lieferungen islamischer Extremisten selten den vertraglich vereinbarten…“

„… als Gefahr im Verzuge gewertet worden sei, dass auch eine erhebliche Menge an Munition mit den Maschinenpistolen…“

„… habe die Bremer Polizei eine syrisch-christliche Familie festgenommen, da diese offenbar nichts mit dem nicht auszuschließenden islamistischen Anschlag zu tun gehabt habe, also als konspiratives Element in der…“

„… sei man sich durchaus dessen bewusst, dass die Überwachung der islamischen Einrichtung nicht rechtens gewesen sein könnte. Da in diesem rechtsfreien Raum jedoch eine fünfstündige Unterbrechung stattgefunden habe, die damit als rechtmäßige Nichtüberwachung gelte, müsse man jede in dieser Pause mögliche Straftat als überwachungswürdige, also terrorverdächtige…“

„… man den zufällig anwesenden Bruder des Hauptverdächtigen ohne Vorliegen eines Haftgrundes verhaftet habe, da dieser sich nicht nur durch erkennbar unverdächtiges Verhalten als mindestens konspirativer Mittäter verdächtig gemacht habe, sondern als Bruder eines bisher nicht strafrechtlich in Erscheinung getreten Verdächtigen, der verdächtigt werde, Hauptverdächtiger zu sein, auch verdächtigt werden müsse, konspirativ zu…“

„… der Transport der Maschinenpistolen auch in einer acht Wochen zuvor dokumentierten Nachricht eines der Verdächtigen…“

„… man eine Überwachung der konspirativen Islamisten nicht zielführend hätte durchführen können, wenn diese möglicherweise trotz richterlicher Genehmigung als geheime Maßnahme erfolgt wäre. Nur eine vorher angekündigte anlasslose Vorratsdatenspeicherung, die auch im Volk als Terrorabwehr bekannt sei, so SPD-Chef Gabriel, könne zuverlässig Ermittlungsergebnisse gegen die terroristischen…“

„… es vermutlich ohne Wissen der zuständigen Ermittlungsbeamten zu einer Hausdurchsuchung gekommen sei, bei der weder die Maschinenpistolen noch die dafür vorgehaltene Munition, geschweige denn eine terroristische…“

„… die Terrorgefahr von einer bisher nicht bekannten Informantin geäußert worden sei, die sich in der Polizeibehörde…“

„… dass 60 Maschinenpistolen sowie Automatikpistolen, abgesehen von der genannten Menge an Munition, nicht nur nicht in einen Kleinwagen passen würden, sondern dessen Eigengewicht um ein Erhebliches…“

„… nicht mehr mit Sicherheit zu sagen, um welche Informantin es sich gehandelt haben könnte. Fest stehe nur, dass eine nicht namentlich bekannte Person, die in der Polizeibehörde möglicherweise angestellt sei, eine andere nicht namentlich bekannte Person…“

„… falls es sich um 60 Maschinengewehre vom Typ Kalaschnikow gehandelt haben solle. Die Ladung sei genug gewesen, um einen ganzen Sattelschlepper…“

„… habe es konkrete Hinweise auf eine drohende Staatsgefährdung gegeben. Man habe wegen der drohenden Gefahr jedoch nicht ermitteln können, ob diese drohende Gefährdung durch islamistische Konspiration oder einen sozialdemokratischen…“

„… als Rechtfertigung der polizeilichen Maßnahmen bezeichnet habe. Innerhalb der fünf Stunden ohne Sicherung von Videobeweisen wäre es möglich gewesen, zehn weitere Sattelschlepper mit Maschinengewehren vom Typ Kalaschnikow sowie ein atomar angetriebenes U-Boot in die…“

„… habe die Polizei versäumt, das Kraftfahrzeug eines verdächtigen Libanesen zu untersuchen. Von diesem gehe noch heute eine erhebliche Gefahr aus, da nicht nachgewiesen werden könne, dass sich im Kofferraum des Wagens nicht die zehn Sattelschlepper mit…“

„… bisher noch keine islamistischen Anschläge in Bremen vorgekommen seien. Mäurer plane vorerst eine Vollsperrung der Innenstadt nur an Wochenenden, zeige sich aber für eine Ausweitung der Überwachungszone durchaus…“





Dabei sein ist alles

23 03 2015

„Und dann müsste man natürlich personalisierte Fahrausweise für alle Verkehrsmittel einführen.“ „Gut, dann haben wir immer noch das Problem, dass einige Personen unbedingt mit dem Rad fahren wollen.“ „Ohne Smartphone?“ „Ach ja, stimmt.“ „Guter Plan. Guter Plan!“

„Die Verkehrsleitsysteme sind jedenfalls auf die neuen Erfordernisse perfekt vorbereitet.“ „Der Fahrtweg ist jeweils einprogrammiert?“ „Fehlzeiten werden abgeglichen, Staus sind immer berechnet und die Verkehrsdichte ist in Echtzeit in den Behörden zu verifizieren.“ „Wobei dann ja immer noch einer plötzlich krank werden und nicht zur Arbeit fahren kann.“ „Das übernimmt dann der Arbeitgeber.“ „Führt das nicht ein bisschen zu weit?“ „Jedenfalls haben wir damit das Prinzip der völlig unsichtbaren Kontrolle nicht aufgegeben.“ „Und die Bürger werden das nicht bemerken?“ „Der Bürger sieht vor allem die Vorteile: keine öffentlichen Diskussionen über die EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung.“ „Der Wähler wird es zu schätzen wissen.“ „Klar, so eine kleinteilige Überwachung zahlt sich eben aus.“

„Diese RFID-Chips sind diskussionswürdig.“ „Blaue gab’s aber nicht mehr.“ „Ja, aber mussten es unbedingt gelbe Sterne sein!?“ „Das war jetzt auch irgendwie nur so als Idee angedacht.“ „Unpolitisch natürlich, total unpolitisch.“ „Aber wozu brauchen wir dann diese personalisierten Fahrausweise?“ „Denken Sie doch mal nach: was dürfen wir nicht?“ „Daten sammeln?“ „Doch, dürfen wir.“ „Habe ich neulich gerade erst wieder irgendwo gelesen.“ „Daten verbinden?“ „Deshalb muss man ja auch verschiedene Erhebungsmethoden haben für die Daten. Dann interessiert sich irgendwann keine Sau mehr dafür, wo die herkommen.“ „Und die Chips sind…“ „… vielseitig verwendbar. Man muss ja nicht den Kontostand beim Betreten eines Ladens mit der Persona abgleichen, das wäre nur optional.“ „Wegen der Datenverknüpfung?“ „Auch.“ „Also nur, damit man sehen kann, ob jemand auch genug Geld zur Verfügung hat, und dann kann man ihm auch ein besseres Angebot…“ „Guter Plan. Guter Plan!“ „Eher für die, die kein Geld haben. Man möchte doch in bestimmten Geschäften unter sich bleiben.“

„Auf der anderen Seite sehe ich hier auch noch Nachholbedarf in Bezug auf Erwerbslose.“ „Man könnte beispielsweise Schwarzarbeit eindämmen, wenn man in Erfahrung bringt, dass sich Leistungsempfänger zu lange an Orten mit großem Arbeitsaufkommen aufhalten.“ „Dann sind sie ja im JobCenter sicher.“

„Im Prinzip sollte die Kontrolle nach dem neuen Quadrantenmodell doch erstmal genügen.“ „Das heißt, die Personen dürfen sich nur in den für sie vorgesehenen Bezirken bewegen?“ „Um eine Angleichung an die real existierende Verfassung zu gewährleisten, kann sich natürlich jeder punktuelle Ausnahmegenehmigungen einholen.“ „Und wenn Sie jetzt heute Abend in der Bar einen jungen Mann kennen lernen und ihn gerne noch…“ „Er braucht doch keine Ausnahmegenehmigung.“ „Aber die anderen.“ „Dann sollen die halt ins Bars innerhalb ihrer eigenen sozialen Genehmigungsbereiche gehen. Die nationale Sicherheit erfordert nun mal Abstriche im Privatleben der Unterprivilegierten.“

„Wobei wir immer noch ein Problem mit denen haben, die nicht als Bürger akkreditiert sind.“ „Ausländer?“ „Migranten am Ende!?“ „Nee, wenn man einfach in einem fremden Meldebezirk lebt.“ „Ich wusste, dieses verdammte Grundgesetz macht uns noch alles kaputt. Freizügigkeit!“ „Wer konnte denn auch daran denken, dass wir die noch mal würden brauchen können.“ „Wenn Sie Ausländer sind oder über ein überdurchschnittlich hohes Jahreseinkommen verfügen, sollte das kein Problem sein.“ „Kann man das freischalten?“ „Der Chip kann so gut wie alles.“ „Und er darf das können?“ „Der kann das sogar dürfen.“ „Guter Plan. Guter Plan!“

„Allerdings fragt sich, was das alles kostet.“ „Das ist gut angelegtes Geld, glauben Sie mir.“ „Ich habe da eine Studie von der Industrie, allein die bombensicheren Mülleimer könnten fünfzig Arbeitsplätze sichern.“ „Wieso sichern?“ „Weil es befristete Arbeitsplätze sind.“ „Wieso befristet?“ „Weil irgendwann an jeder Straßenecke ein Mülleimer steht.“ „Aber warum dann…“ „Meine Güte, weil die Dinger halt bombensicher sind! die kriegen Sie nicht mal eben mit etwas Witterung weg!“ „Es sei denn, wir rüsten auf in der Abteilung, die diese Mülleimer mit…“ „Jaja, aber darum kümmert sich das Innenministerium dann direkt.“ „Verstehe.“ „Nur mal als Frage, brauchen wir diese bombensicheren Mülleimer überhaupt?“ „Logisch, sonst würden sie ja nicht hergestellt.“ „Das ist keine Antwort. Ich wollte wissen, ob wir die brauchen.“ „Ja doch. Wir brauchen die.“ „Sagt wer? der Innenminister? Oder das Bundeskriminalamt?“ „Der Hersteller, und jetzt seien Sie ruhig.“

„Die Giftsensoren müsste man gegebenenfalls etwas nachjustieren.“ „Oder nicht in der Nähe von Schnellrestaurants aufstellen.“ „Hähähä!“ „Guter Plan. Guter Plan!“ „Und wenn das alles jetzt nichts wird?“ „Jetzt stellen Sie sich locker. Wir arbeiten doch nachhaltig.“ „Was verstehen Sie unter nachhaltig?“ „Blicken Sie mal entspannt in die Zukunft. Was da an Messen und Kirchentagen und Gipfeltreffen nach Hamburg kommt – das rechnet sich schon. Auch ohne das ganze Olympiazeugs.“