„Sä habän räsärväert!?“ Das Zahnbürstenbärtchen passte nicht eben schlecht zu dem vor Erregung bibbernden Männchen, das da am viel zu großen Stehpult den Eingang verteidigte. Fast hatte man den Eindruck, in Deutschlands großer Zeit einen Pausenclown gefunden zu haben, da regte er sich auch schon ab. „’tschulligung, Sie hatten ja wirklich durchgerufen. Tisch neun, wenn ich bitten darf?“
Das Haus war selbstverständlich in Eiche rustikal eingerichtet, ein begehbarer Sarg mit Sitzmobiliar. Auf weißer Tischwäsche standen Römer und dergleichen folkloristische Trinkware, einen Kronleuchter auszuschmeißen. Besteck, poliert bis zur Erschöpfung, harrte des Einsatzes. Dies Haus also bot im Gegensatz zur guten, bürgerlichen Küche eine deutschnationale. „Wir legen größten Wert auf die Herkunft unserer regionalen Produkte“, tönte Justin Szczukinsky, Küchenchef und kreativer Kopf des Gastbetriebes. Ich war sofort gewillt, es ihm zu glauben.
Das Wiener Schnitzel auf der Speisenkarte war noch zu verschmerzen; dass der Anschluss nicht geklappt hatte, musste noch Haider verwundet haben. Ansonsten bot die Auswahl viel Vertrautes. „Sie verwenden viel Schwein“, bemerkte ich. „Das Schwein“, dozierte der Chef, „ist schließlich die zweite Natur des Deutschen.“ Ich hatte meine Zweifel, schließlich ist das Borstenvieh von reinlicher Natur und durchaus sozial eingestellt, aber ich wollte keine unnötige Diskussion beginnen. Die Zigeunervariante hatte sicher genug Diskussionsbedarf in sich, und das nicht nur, weil die Rezeptur bestimmt keine Paprika aus der Nordheide vorsah.
Die Küchenhilfen schoben Würstchen hin und her. „Zum deutschen Sauerkraut“, kündete der Führer, „gibt es ja nichts Besseres als die deutsche Wurst. Wer will da anderer Meinung sein?“ „Meiner Erinnerung nach“, erinnerte ich mich, „hat ja der gute Homer schon den Darm beschrieben, in den man Blut und Fleisch stopft. Keine neue Erfindung also.“ Der Schnauzbart stutzte nur wenig. „Dann waren es also die Griechen. Auch ein rassereines Volk, und Wurst wird ja überall gemacht.“ „Genauer“, fügte ich an, „waren es die heutigen Türken, von denen wir auch die Mützen der deutschen Gartenzwerge kennen. Aber egal, es handelt sich in letzter Konsequenz um den Pfälzer Saumagen, bis auf die Kartoffeln. Die sind ja aus Lateinamerika.“ Die Küche werkelte. Das Interesse an den Bratkartoffeln hatte nicht nachgelassen, aber die Geräusche wurden merklich leiser. Vielleicht zweifelte einer der Beiköche gerade die nationale Identität des Kümmels an. Tirol stand zwar außer Frage, aber das Land, wo der Pfeffer wächst, war schon rhetorisch sehr gebraucht.
„Das deutsche Sauerkraut“, und damit öffnete der Chef eine deutsche Dose, in der es wohl aus Südwest oder ähnlichen Kolonien deportiert worden war, „das deutsche Sauerkraut ist eine deutsche Erfindung.“ Ich widersprach ihm da nicht; das französische Sauerkraut war zweifelsohne eine französische, aber das tat ja nichts zur Sache. „Das deutsche Sauerkraut wird von uns angeboten als deutsches Nationalgericht.“ „Ein Deutschnationalgericht sozusagen“, merkte ich an. „Interessant daran ist ja, dass die Milchsäuregärung eine Erfindung der slawischen Völker war und sich mit der jüdischen Besiedelung Europas ausbreitete.“ Wie gut, dass ich die Küche sofort verlassen konnte. Der Chef kochte.
„Gerne wählen unsere Gäste ja das Rahmgulasch“, informierte der Oberkellner. Eine braune, undefinierbare Pampe auf dem Teller überzeugte mich, hier wurde national gekocht. „Ich gehe davon aus, dass Sie ausschließlich deutsche Zitronenschale verwenden“, fragte ich, „Sie wussten doch, dass es sich um eine germanische Züchtung aus der Völkerwanderung handelt?“ Er wusste es nicht. Immerhin bekam man in diesem Laden einen Nachtisch mit Banane. „Deutsche Ware hoffentlich“, hakte ich nach. Ich hätte es nicht tun sollen.
Die Kinder am Tisch quengelten und bekamen Spaghetti serviert. „Migrantenkost“, lobte ich den Kellner, „sehr gut! Wenn Deutschland schon untergehen muss, dann muss das gut vorbereitet sein. Setzen Sie am besten noch eine anständige Pizza auf die Karte, damit locken Sie die unsicheren Kantonisten. Und Döner. Und vielleicht etwas Asiatisches wie Nazi Goreng.“
Die Bratwurst schmeckte ausgezeichnet. „Hausgemacht“, schwor Ali, „kommen nur die besten Zutaten rein.“ Dafür stand der Imbisswagen auch ausgesprochen günstig.
Hab mir beim Durchlesen vorgestellt, wie das von Stermann & Grissemann nachgespielt wird… außerdem hab ich Hunger bekommen
Man kann ja immer noch einen Altdeutschen Apfel-Kuchen aus NPD-Restbeständen kommen lassen. Für Geld tun die inzwischen alles.
Aber nur, wenn die Äpfel auch schon braun angelaufen sind…
Du hast noch das gute deutsche Bier vergessen…der urdeutsche Stoff aus Mesopotamien.
Also ich trinke ja lieber urdeutschen Kaffee. Oder Tee, ja, Tee ist auch gut.
Bananen. Liebe Landsleute, kauft bitte deutsche Bananen.