„Das können Sie doch mit uns nicht machen! Wir haben das alle die Jahre so schön geglaubt, und dann sind wir auch immer zur Beichte gegangen, eigentlich jeden Tag, und dann wollen Sie uns jetzt sagen, dass das alles nicht… Heiligkeit?
Wir verstehen das natürlich, Herr äääh… also verwaltungstechnisch ist das unser Grundprinzip. Einer hat den Oberbefehl, und wenn die anderen sich nicht daran halten, dann wird gnadenlos bestraft. Man muss ja irgendwie den Überblick behalten. Nur, Herr äääh… Sie bestehen auf diese Anrede? Echt? Der letzte war so ein Bazi aus unserem… das ist natürlich bei Eurer Heiligkeit nicht dasselbe.
Es ist ja gar nicht der Gedanke, dass unsere Brüder, diese Wirtschaftsschmarotzer aus… Flüchtlinge, wollte ich sagen, Flüchtlinge natürlich, und dass die ungläubig sind, also andersgläubig, aber das ist so gut wie dasselbe, weil… Ist es nicht? Na gut, Sie müssen es ja wissen, Sie sind der Theologe, Heiligkeit, aber im praktischen Leben macht das halt einen Unterschied. Wenn Sie hier nicht regelmäßig in die Kirche gehen, sind Sie nicht Teil der Gesellschaft, dann werden Sie irgendwann auch regelrecht unintegrierbar. Wir holen uns doch diese vier bis fünf Milliarden, Millionen wollte ich sagen, die holen wir uns doch nicht rein, wenn wir nicht auch den Wunsch hätten, sie zu integrieren in Deutschland.
Mit den Zigeunern ist das ganz etwas anderes, Heiligkeit. Das müssen Sie verstehen, das ist unsere Leitkultur, die wir hier pflegen. Da kommt der Zigeuner, der Sinti, wollte ich sagen, der hat nun mal seine eigene Leitkultur, die wohnen da ja in Wagen, wo sie herkommen, und in Deutschland geht das höchstens in der Kinderstunde, und darum darf man dem Sinti seine Leitkultur auch nicht wegnehmen. Wir sind da schon sehr kultursensibel eingestellt, Heiligkeit, das haben wir aus der deutschen Geschichte gelernt: wenn einer anders ist, dann sollte man nie versuchen, ihn völlig anzupassen. Deshalb finden wir es viel schöner, wenn der Zigeuner, also der Sinti, wenn der seine Leitkultur auch ausleben kann. Am besten da, wo er halt herkommt.
Ich hätte Zeit, aber so eine Vollversammlung, wissen Sie, Heiligkeit, wir sind ja doch eine sehr große Partei. Unsere Wurzeln reichen sogar bis tief in die Wirtschaft hinein, ab und zu auch in die Bevölkerung, das stimmt schon, aber so eine ganze Partei zusammen, wie stellen Sie sich das vor? Dafür reicht so eine Kirche nicht aus, das schaffen Sie nicht mal im Petersdom. Man könnte natürlich eine Freiluftveranstaltung daraus machen, wenn Ihnen das lieber ist. So eine Art Katholikentag light, nicht wahr? Und dann schicken Sie Ihre Herren von der Kongregation vorbei, die können dann ein paar Fragen stellen und sich mit uns unterhalten, dann gibt’s eine Weißwurst und Schweinshaxen und eine Maß dazu, und dann sieht die Welt gleich wieder ganz anders aus, nicht wahr? Na, sehen Sie!
Wieso Exorzismus? Sie wollen die ganze Partei exorzieren, Heiligkeit? Haben Sie noch alle Tassen im äääh… Sie wissen schon. Wollen Sie da mit Ihren Herren herumlaufen und Weihwasser spritzen und beten und Scheiterhaufen anzünden und was weiß ich noch alles? Das ist doch vorsintflutlich – hören Sie mal, wenn sich jemand merkwürdig verhält, dann ist es nicht irgendeine Besessenheit, das ist eine psychische Erkrankung, mit der geht man zum Psychiater, wir haben hier auch einige sehr gute Landeskrankenhäuser, da kommen Sie sogar ohne psychische Auffälligkeiten rein, und das reicht dann meist auch aus, also was wollen Sie da mit Ihrer komischen Kongregation anstellen? Wird das hier wieder so ein therapeutischer Stuhlkreis?
Teufelsaustreibung!? Jetzt entschuldigen Sie mal, Heiligkeit, das ist langsam nicht mehr witzig. Sie wollen uns den Teufel austreiben, der ganzen Partei? Ich hätte es ja verstanden, Sie wollen dem Land unsere Partei austreiben, das versuchen die Kollegen in Berlin schon seit Jahren vergeblich, aber der CSU den Teufel austreiben, da hört für mich der Spaß auf! Ich muss mich doch sehr wundern über Ihre merkwürdigen theologischen Methoden, das ist so für uns nicht tolerierbar. Sie schlagen hier einen Kurs ein, der mir überhaupt nicht gefällt, das ist ja fast protestantisch!
Hören Sie mal, Heiligkeit, mangelnde christliche Gesinnung ist kein Kündigungsgrund, oder ist das bei Ihnen anders? Ach, bei Ihnen ist das anders? Dann könnten wir diese ganzen Flüchtlinge ja auch gleich an der Grenze wieder rausschmeißen, weil sie meistens aus mangelnder Christlichkeit die falsche Gesinnung mitbringen? Wie, die ist nicht an die Mitgliedschaft in der Kirche gebunden? Man kann eine Gesinnung haben, die den christlichen Werten entspricht, und muss dazu nicht in Ihrem Verein Steuern zahlen? Ach so, das Geld kriegen Sie trotzdem, naja, das macht die CSU allerdings auch so in Bayern. Und wenn man jetzt umgekehrt Mitglied ist bei Ihnen und sich nicht an die Werte hält, was ist man dann? Heiligkeit? Wie bitte!?
Scheuer, machen Sie mir mal einen Termin mit dem Ratzinger Sepp. Ob er noch mal ein paar Jahre den Gegenpapst macht. Jetzt machen Sie’s halt, Scheuer – der echte hat uns alle gerade exkommuniziert.“
Satzspiegel