Go East

26 11 2015

„Sie sind sich also ganz sicher, dass das die Probleme mit einem Schlag lösen wird?“ „Nicht mit einem Schlag, aber langfristig. Und darauf kommt es doch heute an.“ „Ich kann mich irren, aber Ihre Lösung…“ „… ist vielen vielleicht zu pragmatisch, ich weiß, aber wir müssen endlich mal einen Schlussstrich ziehen. Wir können es uns nicht leisten, Millionen unintegrierbarer Parasiten bis in alle Ewigkeit durchzufüttern.“ „Und Sie wollen nun tatsächlich…“ „Ja. Wir schieben diese verdammten Nazis alle ab.“

„Ich will jetzt nicht altklug erscheinen, aber Sie wollen das ehemalige Beitrittsgebiet wieder von der BRD lösen?“ „Wir sind keine Unmenschen, und irgendwo müssen diese Leute ja auch leben.“ „Das heißt, die DDR wird wieder ein totalitärer Staat?“ „Wenn Sie sich die Bewohner ansehen, die haben zum größten Teil das Ende der letzten Diktatur gar nicht zur Kenntnis genommen, und wenn, dann mit Bedauern.“ „Also die Nazis nach Osten, die Mauer wieder hoch?“ „Definitiv?“ „Was macht Sie so sicher, dass ausgerechnet die Nazis eine neue Mauer bauen?“ „Was macht Sie so sicher, dass ausgerechnet wir im Westen das nicht täten?“

„Gut, es heißt ja schon ‚Antifaschistischer Schutzwall‘.“ „Einmal das, und dann müssen Sie bedenken, dass es der Bauwirtschaft einen großen Boom verschaffen könnte.“ „Das klingt gut, aber Sie werden sicherlich viele Saisonarbeiter einsetzen müssen, die äääh…“ „… Ausländer sind? Die sind natürlich im Westen. Wir verkaufen denen eine ausländerbefreite Zone als neues Deutschland, und dann können sie sehen, wie sie zurechtkommen.“ „Also die sind dann unter sich? Keine Bürger mehr mit Migrationshintergrund?“ „Eben, keiner wird bei der Müllabfuhr arbeiten.“ „Und der Radikalismus?“ „Um den würde ich mir keine Sorgen machen. Auch da, wo die Leute nie einen Ausländer gesehen haben, werden die Dümmsten davor warnen, dass die bald in der Mehrheit sind. Das läuft.“

„Also geht das mit den PEGIDA-Demonstrationen auch so weiter?“ „Sicher, wir können doch einem Staat nicht gleich nach seiner Gründung seinen Gründungsmythos nehmen. Oder seine Leitkultur.“ „Wie definieren Sie die denn?“ „Wir würden die nächtlichen Brandanschläge auf jeden Fall zum kulturellen Weltkulturerbe erklären. Das dürfen die gerne für sich alleine beanspruchen, wir vernichten damit ja kein Volksvermögen.“ „Und Sie meinen, dass…“ „Ja. Auch wenn in ganz Ostland noch nie jemand einen Marsmenschen gesehen hätte, ein Gerücht reicht aus.“

„Aber es sind nicht alle Sachsen automatisch Ausländerfeinde.“ „Stimmt. Die Deutschen werden einfach bei uns integriert, wir haben schon mal eine Wiedervereinigung geschafft.“ „Und das wird eine homogene Gesellschaft?“ „Hoffentlich nicht.“

„Das wird zu einem ökonomisch katastrophalen Ergebnis führen.“ „Hoffentlich!“ „Ach so, Sie meinten den Osten.“ „Da ist es ja nicht so schlimm, die Leute kennen das. Aber das wird sie natürlich nicht von ihrer Neigung zu Verschwörungstheorien abhalten, und schwupps! sind dann die Weisen von Zion wieder schuld, dass es in Gera keine Bananen mehr gibt.“ „Fürchten Sie denn überhaupt keine internationalen Schwierigkeiten?“ „Ach was. Ein traditioneller Blut-und-Boden-Staat wird sich schon irgendwie behaupten. Wahrscheinlich wird Österreich ihn früher oder später diplomatisch anerkennen.“ „Dann stehen die Chancen ja auch gar nicht so schlecht für einen Anschluss, oder?“ „Entschuldigung, aber waren Sie mal in Thüringen? Da schluckt doch jeder Deutschkursleiter am dritten Tag Zyankali. Was wollen Sie da groß integrieren?“

„Und diese Werbekampagne…“ „Go East? Machen wir natürlich. Mit Xavier Naidoo und Björn Höcke.“ „Sie wollen echt, dass die systemkritischen Bürger uns verlassen? Führt das nicht zu einem Ausbluten unseres Staates?“ „Sie meinen: Aderlass.“ „Egal, es werden viele gehen.“ „Umso leichter finden Sie hinterher eine bezahlbare Wohnung im demokratischen Sektor.“ „Und die Stabilität?“ „Unsere?“ „Nein, ich meine… also…“ „Ach so. Da mache ich mir keine großen Sorgen. Früher oder später gucken die sich auch mal Westfernsehen an und beschimpfen dann ihre heimischen Erzeugnisse als Lügenpresse.“

„Und wir selbst?“ „Was ist mit uns?“ „Wie kommen wir denn selbst mit den Nazis zurecht?“ „Bestens. Nicht nur, weil dann ein paar Hardliner sagen können, wir haben keine Schuld mehr an der Geschichte, die Verantwortlichen sitzen jetzt alle wieder hinter der Mauer.“ „Wir haben da ein neues Nationalsymbol, wie ich fürchte.“ „Wir sind der alleinige Betreiber der innerdeutschen Grenze, und als solcher sind wir Natürlich auch der politische Nutznießer der Entwicklung. Allein Seehofer wird ja schon ein Erfolg sein – der reagiert sich ständig an seinem kleinen Stückchen Mauer ab und fordert wieder Belastungsobergrenzen und darf dann völlig hysterisch den einzigen Ostflüchtling pro Monat nach Oberammergau abschieben.“ „Sie meinen, es gibt hier wieder eine richtige Demokratie?“ „Auf jeden Fall. Die Sicherheitspolitiker sind mit dem Grenzstreifen so beschäftigt, dass sie ihren ganzen Überwachungsmist glatt vergessen.“ „Jetzt haben Sie mich überzeugt. Das ist ein Land, in dem ein richtiger Rechtsstaat, eine demokratische und freiheitliche Ordnung die ganze…“ „Moment, so einfach ist das nun auch wieder nicht. Glauben Sie nicht, dass es auch hier eine Fundamentalopposition geben wird?“ „Das ist mir doch wurst – wenn’s denen hier nicht passt, dann sollen sie halt nach drüben!“


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