„Wir wollen die aber nicht!“ „Jetzt seien Sie doch vernünftig, es sind maximal zweihundert, vielleicht auch nur zweihundertfünfzig…“ „Verdammt, wir wollen die nicht! Die Leute sollen gerne irgendwo leben, aber nicht in unserer Nachbarschaft! Wir haben dieses Dreckspack…“ „Jetzt wahren wir mal bitte die Form ja?“ „… gründlich satt! Die gehören nicht zu uns, und die werden nie zu uns gehören! Schmeißen Sie diese Leute raus!“ „Und wohin?“ „Wo sie herkommen, nach Deutschland!“
„Sie wissen genau, wir leben momentan in einer Art Rechtsstaat, der letzte Präsident ist noch nicht rechtskräftig verurteilt, der jetzige ist noch nicht sicher im Amt, und der nächste könnte schon wieder der vorige sein. Das heißt, wir müssen an unsere staatlichen Handlungen gewisse Maßstäbe anlegen.“ „Mit anderen Worten, hier herrscht genau dasselbe Affentheater wie in Europa.“ „So weit würde ich nicht gehen.“ „Trotzdem wollen wir diese Asylanten nicht bei uns. Das sind Deutsche, die haben hier nichts zu suchen.“ „Es hat da eine Atomkatastrophe gegeben, deshalb…“ „Haben die uns je aufgenommen, wenn sie mit ihrem scheiß Kapitalismus unsere Natur und die Landwirtschaft zerstört haben? Außerdem könnten wir auch nicht alle so mir nichts, dir nichts nach Europa abhauen – wer bestellt denn dann unsere Felder? wer sorgt für die Kinder und die Tiere?“ „Aber bei denen…“ „Meine Güte, das ist doch nicht unser Problem! Wir jagen diese verdammten Deutschen einfach alle zurück nach Deutschland. Andere können ihr Land nach Katastrophen und Kriegen auch wieder aufbauen. Und die Deutschen haben sogar jede Menge Erfahrung darin.“
„Ich verstehe ja Ihre Besorgnis.“ „Nein, das tun Sie eben nicht.“ „Doch, wir nehmen Ihre Sorgen durchaus ernst, deshalb siedeln wir auch nur drei bis vier Familien am Dorfrand an.“ „Drei bis vier? Europäer vermehren sich doch wie die Karnickel, das weiß man doch, dass die aus einer absolut übersexualisierten Kultur kommen – haben Sie mal deutsches Fernsehen gesehen? deutsche Werbung? Was für ein jämmerlicher Abschaum!“ „Also bitte, das sind ja alles nur Vorurteile. Sie müssen diese Leute erst einmal kennenlernen, dann werden Sie schon sehen, dass…“ „So weit kommt’s noch – diese Bleichgesichter sollen schön da bleiben, wo sie sind!“ „Das wird ihnen ganz bestimmt nicht helfen, sich in unsere Gesellschaft zu integrieren.“ „Machen Sie sich doch nicht lächerlich! Was gibt’s denn bei diesen Leuten groß zu integrieren? Die treten hier auf, als ob sie der liebe Gott persönlich wären, sie haben alles erfunden, sie wissen alles und können alles, und sie bauen die besten Autos und spielen am besten Fußball, und vor allem haben sie eins.“ „Nämlich?“ „Recht! sie haben immer und überall recht!“ „Also mit Klischees kommen wir ja nun auch nicht weiter, das sehen Sie hoffentlich selbst ein.“ „Schauen Sie sich das doch bitte in unseren dörflichen Strukturen an – die sind definitiv integrationsunfähig!“ „Wie gesagt, Klischees.“ „Schauen Sie sich das doch bitte an! Die essen Schweine!“ „Das soll’s in manchen Ländern geben, ja. Das müssen wir respektieren. Es nennt sich interkulturelle Kompetenz.“ „Schweine zu fressen nennen Sie Kultur!? Geistig zurechnungsfähige Bürgerinnen und Bürger ernähren sich von Maniok und Termitenlarven, aber doch nicht von diesem Dreck!“ „Man kann doch über alles…“ „Und diese verdammte Arroganz! Wir leben hier seit ungefähr zehntausend Jahren, und jetzt kommen diese scheiß Deutschen und erklären uns, dass wir unseren Müll ordentlich trennen müssen!“ „Ja, das ist natürlich ein bisschen kompliziert mit denen, das gebe ich ja gerne zu.“ „Mülltrennung! Haben die eigentlich noch alle Tassen in Schrank!?“
„Lassen Sie es uns doch mit einer friedlichen Koexistenz versuchen, in der beide Kulturen einander begegnen.“ „Sie wollen diesen Unsinn doch wohl nicht ernsthaft als Kultur bezeichnen?“ „Sie diskriminieren die Deutschen, obwohl sie sich mit ihnen noch nie ernsthaft auseinandergesetzt haben.“ „Wozu denn auch? Wenn das, was sie am besten können, Bombenattentate sind, wozu sollen wir dann eine deutsche Leitkultur anerkennen?“ „Die Menschen sind nicht weniger wert als…“ „Das ist mir völlig egal, oder würden Sie etwa zulassen, dass sich eine ihrer Töchter mit diesen Typen einlässt?“ „Ich habe gar keine Tochter.“ „Jetzt lenken Sie nicht ab, das sind Ihre typischen Argumente, um sich dies Multikulti schönzureden. Aber damit kommen Sie nicht mehr durch, das sage ich Ihnen! Demnächst lassen wir die auch noch in die Disco rein, damit sie da mit ihrem Stock im Arsch die Stimmung kaputt machen!?“ „Ihnen ist ja wirklich nicht mehr zu helfen.“ „Haben Sie eigentlich auf dem Schirm, dass nicht einmal alle, die zu uns kommen, auch echte Deutsche sind?“ „Was soll denn das jetzt wieder heißen?“ „Da kommt irgendeiner an, weist sich mit Papieren aus dem Freistaat Bayern aus, und dann stellt sich plötzlich heraus: der ist Österreicher.“ „Wo ist denn da das Problem?“ „Haben Sie eine Ahnung, was Österreicher anrichten können? Dann fragen Sie die Deutschen mal in einer stillen Stunde.“
„Gut, dann müssen wir diese Deutschen alle in eine Sammelunterkunft stecken, im Nachbardorf soll es noch einen ehemaligen Ziegenstall geben und eine alte Lagerhalle.“ „Gute Idee.“ „Das stört sie nicht? ein halbes Dutzend Familien auf einem Haufen, eine Art Ghetto am Ortsrand, und im Nachbardorf fließt der Bach, der fast tausend Haushalte mit Wasser versorgt?“ „Nö, ist ja das Nachbardorf. Sagen Sie mal, Sie halten mich doch nicht etwa für einen Nationalisten?“
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