Fonethische Verstöße

10 02 2016

Aschermittwoch. Der Tag, um die großen und die kleinen Sünden zu benennen, die wir in nachgerade karnevalistisch ausschweifender Fülle… nein, das ist nicht gut, ich gehe noch mal raus und komme noch mal rein. Der letzte Freitagstexter war ja in Wirklichkeit ein Dokument schlimmster Verfehlungen. Fon-ethische Verstöße. Das erste bekannte Dokument von Massentelefonhaltung. Erst jetzt können wir öffentlich darüber reden. Beispielsweise am mobilen Endgerät.

Tag für Tag, zuletzt Stunde für Stunde habe ich mit wilden Drohanrufen gerechnet für dieses Bild. Fernsprecher, angekabelt, ein Geräteguantanamo ohne Durchwahl – kein Anschluss unter keiner Nummer! Verbunden, ja, aber falsch!

Aber wir wollten ja über einen Preis sprechen. Einen Texterpokal mit Tradition, der hier und heute ein neues Zuhause findet. Und da sind wir auch schon mitten im Geschehen, im wahrsten Sinne des Wortes übrigens, wie uns das handelnde Subjekt sogleich zeigt. Und zwar bei bewitchedmind in einem Szenario, das uns achtlose Telefonverbraucher in einer stummen Anklage zurücklässt. Fassungslos, dies ist der Bronze-Platz.

Die Telefonschutzorganisation PETF hat erneut erschütternde Bilder von der Haltung ausgedienter Telefonmodelle veröffentlicht.

Wo wir gerade beim Stichwort „Artgerechte Haltung“ waren: politisch ein hochaktuelles Thema, wie der Beitrag des Wortmischers unterstreicht. (Abgesehen von den fehlenden Steckdosen für mitgebrachte Apparate.) Für ein klares, tele-kommunikatives Statement der Silber-Rang.

Frau Merkel und Herr Altmaier fanden die Ausstattung der Flüchtlingsunterkunft eigentlich ganz kuschelig.

Jetzt und hier wurde die Wahl schwer. Sehr schwer. In die engere Auswahl kamen all die Anklagen gegen die furchtbaren Auswüchse der globalisierten Gesellschaft – merkwürdig, keinem fiel auf, dass diese Apparate in einem von Kunstlicht erhellten Raum ohne Fenster eingesperrt sind und gar nicht mehr bemerken, wann Schlafenszeit ist – und ein Beitrag, einer schließlich wurde doch mit Gold belohnt für die Tapferkeit, ein Grundübel der Gegenwart in schonungsloser Offenheit zu benennen. Ja, das tut weh. Aber g2 nennt unerschrocken den finstersten Ort der Welt.

Am anderen Ende der Baumarkthotline.

Herzlichen Glückwunsch! Wir haben es tatsächlich wieder einmal geschafft, den Wettstreit über die Texttrophäe zu einem außerordentlich kreativen und kurzweiligen Blogevent zu machen. Den nächsten Durchgang am 12. Februar erleben wir bei g2. Moment mal, das Telefon…





Sächsappeal

10 02 2016

„Aber wir schießen doch schon nicht mehr auf die Kinder!“ „Vielleicht ist ja das der Fehler?“ „Kann ich mir nicht vorstellen.“ „Frauen wollen doch immer, dass die eigenen Kinder zuerst…“ „Jetzt hören Sie doch mit Ihrer Küchenpsychologie auf, Frauen denken doch gar nicht so weit! Die können gar nicht denken, das sind bloß emotionsgeladene äääh…“ „Und deshalb brauchen wir viel mehr von denen in der AfD?“

„Meine Herren, Fakt ist ja doch, wir haben zu wenig Frauen in unseren Reihen.“ „Dafür gibt es bestimmt triftige Gründe.“ „Frauen interessieren sich halt generell nicht so für Politik.“ „Stimmt, für die ist das nicht attraktiv genug?“ „Attraktiv?“ „Wie Schuhe beispielsweise. Oder Kochen.“ „Dann hätten wir ja eine Möglichkeit, indem wir Politik attraktiver gestalten.“ „Wie wollen Sie das denn machen, Kochkurse auf dem Parteitag?“ „Oder einfach schönere Männer in der Politik.“ „Nein, das ist doch Unsinn!“ „Wie kommen Sie darauf?“ „Das würde mich jetzt auch mal interessieren.“ „Wir haben doch schon alles gesellschaftlich Mögliche getan, um Frauen für Führungspositionen in der Wirtschaft zu interessieren. Das finden die wohl auch nicht attraktiv.“

„Vielleicht sind wir nicht frauenspezifisch an das Problem herangegangen?“ „Ich sage doch, wenn wir mehr über Schuhe oder…“ „Das hatten wir schon, kommen Sie mir lieber mit konstruktiven Vorschlägen.“ „Wenn ich was mit konstruktiven Vorschlägen am Hut hätte, wäre ich ganz sicher nicht in unsere Partei eingetreten.“ „Aber wir müssen doch irgendwas machen, das…“ „Das ist doch ganz ganze Problem, wir müssen eben nicht irgendwas machen – wir sollten etwas ändern!“ „Wenn ich irgendwas ändern wollte, dann… ach, ist ja auch egal.“

„Wir haben doch schon den Parteivorstand viel weiblicher gemacht.“ „Als ob Höcke da die beste Wahl war, darüber ließe sich ja nun doch streiten.“ „Sie finden sich wohl witzig?“ „Nee, aber Höcke noch viel weniger.“ „Konzentrieren Sie sich bitte, wir haben hier ein enormes Problem.“ „Darum geht es ja gerade.“ „Können Sie endlich mal mit Ihrem gottverdammten Höcke aufhören!?“ „Wie ist der überhaupt so weit nach oben gekommen?“ „Hat die Partei am Ende schon heimlich eine Frauenquote eingeführt?“ „Ich möchte jetzt endlich…“ „Wenn der endlich zugeben würde, dass er heimlich in Damenunterwäsche in der Parteizentrale…“ „Meine Herren, jetzt ist aber bald mal…“ „Und mit einer Transe kriegen wir dann junge, konservative Frauen in die Landesverbände, oder wie haben Sie sich das vorgestellt?“ „Verdammt noch mal, ich will dieses dumme Gelaber hier nicht mehr hören! Wir haben ein Imageproblem, und ich erwarte von Ihnen, dass Sie es lösen!“

„Ich würde ja sagen, wir sollten eher unsere politische Arbeit ein bisschen überdenken.“ „So im Sinne von Betreuungsgeld?“ „Hören Sie mal, wir können doch nicht die CSU kopieren – das läuft doch andersherum!“ „Das Betreuungsgeld ist doch sowieso verfassungswidrig.“ „Wenn mich Sachen interessieren würden, die nicht verfassungswidrig sind, glauben Sie dann, ich wäre in die…“ „Ja, wir haben es jetzt kapiert!“ „Aber an der Idee ist was dran, das müsste man irgendwie weiterentwickeln.“ „Darf nur nichts kosten.“ „Mütterorden?“ „Aber nur für rassereine Mütter, die in der dritten Generation mehr als sechsmal…“ „Quatsch, dann müssten wir der von der Leyen ja das Mutterkreuz verleihen.“ „Hat die nicht eh schon eins?“ „Meine Herren, jetzt kommen wir doch bitte mal wieder zum Thema zurück.“ „Innere Sicherheit!“ „Was interessieren sich denn die Schlampen für innere Sicherheit? denen geht die Sicherheit doch komplett am…“ „Vielleicht muss man es etwas weniger aggressiv kommunizieren.“ „Aber gerne doch: die Damen sind nicht so geneigt, sich für diese Thematik hinreichend zu…“ „Mann, stellen Sie sich doch nicht blöder an, als Sie ohnehin sind! Wir müssen das Thema ohne diese ganze Kriegsrhetorik und die Angstmache und das rechtsnationale Geschrei in die Diskussion bringen.“ „Wohl plemplem?“ „Echt, dem haben sie doch ins Gehirn…“ „Wissen Sie eigentlich, was das heißt?“ „Wir könnten Frauen vermitteln, dass sie bei uns…“ „Und uns laufen die Männer in Scharen weg, weil sie auf einmal über Themen reden müssen. Reden! über Themen! Haben Sie sich was vom Kanaken an der Ecke weggeholt!?“

„Ich versteh’s nicht, auf Facebook geht das doch auch?“ „Ha, das ist es!“ „Wollen wir die Männer nicht mehr auf Facebook lassen?“ „Ach was, viel besser. Wie rekrutiert denn der Feind seinen Nachwuchs?“ „Auf Facebook?“ „Hä, wie jetzt!?“ „Was glauben Sie, woher die ganzen Mädels kommen, die zum Islam konvertieren und in den Dschihad ziehen.“ „Wir können doch die Frauen nicht nach Syrien schicken, wie stellen Sie sich das denn vor?“ „Quatsch, nicht nach Syrien – nationaler Einsatz in Dresden!“ „Oha, Sie chatten da die jungen Weiber an?“ „Mutig, mutig.“ „Fragen Sie mal den Bachmann, der hat doch bestimmt den richtigen Sächsappeal.“ „Der weiß, was Frauen wünschen.“ „Der ist doch gar kein Parteigenosse.“ „Na, schicken wir denen Fotos von unseren Jungs, dann beißen die schon an.“ „Sie wissen aber schon, was die in Syrien mit den Mädchen machen.“ „Da besteht bei uns keinerlei Gefahr, das haben wir alles komplett im Griff. Verbinden Sie mich mal eben?“ „Leitung steht.“ „Hallo? Herr Gauland, Sie sind doch auch in diesem Internet drin? Wir hätten da mal eine kleine Bitte an Sie.“