„Wie konnte das bloß passieren!?“ „Ich weiß auch nicht, wir haben das so gemacht wie immer.“ „Das ist ja das Problem, verdammt noch mal – Sie sind der Verfassungsschutz!“ „Ich weiß es doch auch nicht.“ „Sie können doch nicht einfach das Geld den Islamisten in die Hand drücken! Noch dazu al-Qaida!“
„Wir haben das halt so gemacht wie immer.“ „Meine Güte, wenn Sie ein paar Terroristen mit finanziellen Mitteln ausstatten, dann…“ „Haben wir ja gar nicht, das waren nette junge Leute, arbeitslos, und die sind montags immer im…“ „Die meine ich doch, Sie Knalltüte! Aber Sie müssen ja gleich mit der Champions League anbandeln, wie? mit al-Qaida, man fasst es nicht!“ „Jetzt schreien Sie nicht gleich so, wir haben doch auch nur auf Anweisung gehandelt.“ „Das sagt sich immer so leicht, zeigen Sie mir doch mal das interne Dienstpapier, wo drinsteht, dass Sie sich an Islamisten ranschmeißen sollen.“ „So genau wurde das ja gar nicht…“ „Aha, plötzlich ist die Anweisung weg oder wurde nicht gegeben oder war ganz anders gemeint. Also Ihre Kreativität in allen Ehren, aber…“ „Ach, Sie schmeicheln mir!“ „Verdammt, haben Sie mal eine Sekunde lang nachgedacht, dass ein Islamist mit Verbindung zu al-Qaida, der hier Spenden sammelt, das Geld an die Gotteskrieger weiterreicht?“ „Das war so nicht zu erwarten. Aus unserer Erfahrung mit den Nachwuchskräften aus der Terrorabteilung wussten wir, dass die ihre Kohle größtenteils sofort versaufen. Außerdem, 500 Euro?“
„Das waren die Deutschen Taliban Mudschaheddin, klingelt da was bei Ihnen?“ „Ja, natürlich. Die fanden wir alle lustig.“ „Sagen Sie mal, sind Sie noch ganz bei Trost? Die nennen sich Deutsche Taliban Mudschaheddin und Sie lachen darüber!?“ „In unserer Abteilung waren wir uns schon einig, dass man die nicht ernst nehmen muss. Das klingt doch schon wie ein halbes Dutzend pubertierender Jungs, die sich bösartige Tarnnamen geben und dann so eine satanistische Musikkapelle…“ „Reden Sie keinen Quark, Mann – wenn einer nachgewiesene Kontakte zu einer islamistischen Terrororganisation hat, dann sind Ihre Geldspenden eine strafrechtlich relevante Unterstützung derselben.“ „Ich habe das Geld ja nicht bewilligt, das kam von oben.“ „Das ist meistens so. Das Geld kommt von oben, von unten kommt der Terror. Und wir sind in der Mitte.“
„Man muss doch auch Kontakt zu den Personen halten.“ „Über Bargeldzahlungen?“ „Eingebettete Ermittlungen. Wir nennen so etwas eingebettete Ermittlungen.“ „Wenn Sie den Leuten Geldscheine in die Hand drücken?“ „Nicht nur das, wir haben uns ja auch mit denen eingehend unterhalten.“ „Über al-Qaida?“ „Das wäre viel zu gefährlich gewesen. Wir haben nur über Pläne für den Raum Berlin gesprochen.“ „Sie wollten also ermitteln, ob es konkrete Anschlagspläne gab? Das ist ja noch halbwegs…“ „Nein, wir haben ihnen ein bisschen logistische Unterstützung versprochen, wenn sie ein Attentat auf dem Alexanderplatz…“ „Sie meinen, falls al-Qaida auf dem…“ „Nein, nicht falls. Wenn sie einen Anschlag auf dem Alexanderplatz durchführen. Wurde dann ja leider nichts.“ „Sie meinen, Sie haben denen allen Ernstes…“ „Naja, war wohl ein bisschen naiv. Mit 500 Euro kommt man halt nicht so weit.“ „Sagen Sie mal, ticken Sie eigentlich noch ganz sauber!?“ „Wieso, wir hatten doch alles im Griff?“ „Sie haben al-Qaida auf die Idee gebracht, einen islamistischen Anschlag auf dem…“ „Das sind eben eingebettete Ermittlungen. Wenn man vorher schon vom Anschlag weiß, kann man die Tat hinterher viel besser aufklären.“
„Nein, jetzt mal ehrlich. Von wem kam diese Schnapsidee?“ „Das war eine Investition in die Zukunft.“ „Sie haben sich islamistische Terroristen herangezüchtet, weil sie sonst keine Zukunft mehr gesehen hätten?“ „Wir mussten doch irgendetwas unternehmen. Schauen Sie, das mit dem Thüringer Heimatschutz hatte seinen Zenit auch langsam überschritten. Die Banküberfälle zum Schluss waren noch nicht so weit in der Mache, und wir hatten uns gegen eine Neubesetzung des NSU entschieden.“ „Sie hatten…“ „Das Casting lief ganz schlecht, die passten alle nicht zusammen. Also mussten wir irgendwie auf Islamismus ausweichen. Wir dachten, wenn wir schon jemanden von al-Qaida haben, dann können wir da ganz langsam eine Terrorzelle aufbauen, vielleicht die eine oder andere Aktion beobachten, Sie verstehen schon.“ „Sie wollten die einfach machen lassen, hatte ich das eben gerade richtig verstanden?“ „Nein, nicht einfach so. Ein bisschen Führung muss schon drin sein, sonst läuft das aus dem Ruder. Wir hatten ja die eine oder andere Fachkraft aus Stasi-Zeiten, die hatten teilweise RAF-Erfahrung.“ „Bitte!?“ „Wenn wir den Leuten ihre Bezüge ganz normal aus unserem Etat zahlen, wissen Sie – da sind doch 500 Euro mehr oder weniger wirklich Peanuts.“ „Sie wollen mir weismachen, dass Sie das als reine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme betrachtet haben, damit wir Ihnen nicht die Abteilung unter dem Hintern zumachen?“ „Jetzt regen Sie sich mal nicht künstlich auf. Wirtschaftsförderung muss nun mal ein wenig Geld in die Hand nehmen, um Jobs zu erhalten. Oder wozu, meinen Sie, ist gerade diese Münchener Sicherheitskonferenz?“
Satzspiegel