Triumph des Wollens

28 02 2016

für Kurt Tucholsky

Das Licht geht aus und nicht mehr an.
Treppab ist schnell koppheister.
Jetzt zeigt der echte deutsche Mann,
er ist ein Handwerksmeister.
Er hat Elektrisch nie gelernt.
Was sind schon ein paar Funken.
Rasch noch ein bisschen Draht entfernt.
Was hat da so gestunken?
Am wenigsten braucht man jetzt Licht.
Das Fenster birst, der Dachstuhl bricht.
Das Feuer fräst sich durch die Nacht.
Das hat Herr Krause gut gemacht!
Der Rauch entquillt in schwarzer Fahne,
weil man den Hauswart nicht befragte.
Das sind so Dinge,
  leicht gesagte,
    leicht gesagte –
      doch getane?

Herr Hopenschauer ist verliebt,
schaut hoch auf die Etage –
wie schön, dass es so etwas gibt!
Allein ihm fehlt Courage.
So steht er zitternd vis-à-vis,
er und sein Sträußlein Rosen.
Er weiß, er fragt die Holde nie,
und macht sich in die Hosen.
Vielleicht ist es ihr angenehm,
er schickte ihr ein Briefpoem,
und mit gar sanft und feinem Reim
führt er sie in die Ehe heim.
Ach, flieht Amor auf leichtem Kahne,
dieweil er noch sein Leid beklagte –
das sind so Dinge,
  leicht gesagte,
    leicht gesagte –
      doch getane?

Der deutsche Bürger, wild besorgt,
er tobt und brüllt und stammelt,
das Hirn benebelt und verkorkt –
schon hat er sich versammelt.
Die Masse fühlt sich mächtig an,
hält sich gar für gefährlich,
und folgt sie schon dem starken Mann –
was aber will er ehrlich?
Bald will er Recht, bald will er Krieg,
vor allem will er: Politik,
denn er weiß alles, ungefähr:
dass er der beste Führer wär.
Das denkt er sich in seinem Wahne,
bevor er, wie auch sonst, versagte…
Das sind so Dinge,
  leicht gesagte,
    leicht gesagte –
      doch getane?