„Nee, den haben Sie selbst kaputt gemacht. Man schmeißt einen Küchenmixer nicht in den Abwasch, das ist richtig gefährlich! Hatten Sie wenigstens vorher den Stecker gezogen? Auch nicht? Hm, so langsam würde ich sagen, dass wir vielleicht doch dahinterstecken. Ja, wir waren’s. Stimmt.
Man hat es ja auch nicht leicht, so als junge und aufstrebende Terrororganisation. Wir haben hier schon drei studentische Hilfskräfte, die hören rund um die Uhr Radio, schauen Fernsehen, und dann gucken sie zwei Tage später in die Printmedien, ob die auch dasselbe schreiben. Wir müssen immer gut informiert sein. Ganz umfassend. Und wir müssen die Reaktionen der Bevölkerung beachten, damit wir immer sofort Stellung beziehen können.
Hier, Auffahrunfall in Schwedt. Ist zwar nur ein Blechschaden, aber es handelt sich um einen älteren Mitbürger biodeutscher Herkunft, Zonenrandgebiet, da muss man dann ganz klar sagen: wir waren’s. Das ist eindeutig ein Werk unseres islamistischen Terrornetzwerks. Jetzt gucken Sie natürlich, aber haben Sie schon mal bedacht, was so ein Auto für einen ostdeutschen Wutbürger für einen Stellenwert besitzt? Der flippt aber aus, wenn dem ein Neger in den Kofferraum rauscht, und wenn Sie dann noch ein Bekenntnis einer internationalen islamistischen Terrororganisation aus… ja, wir sitzen in Kassel, aber das sagt ja nichts. Wir haben erheblich mehr Einwohner als der Vatikan. Das sitzen wir aus.
Man muss einfach nur die vielen Ereignisse in unserem Land auf dem Schirm haben, und dann hauen wir sofort ein Bekennerschreiben raus. Brand im deutschen Wohnhaus? Wir waren’s. Bankenkrise in Europa? Wir waren’s. La Mannschaft ist nicht mehr national und verliert die EM? Wir waren’s! Sie sehen, gute PR ist einfach, immer im Gespräch zu bleiben. Das braucht man. Wirklich! Wissen Sie, VW und die Deutsche Bahn haben angeklopft und sich erkundigt, ob wir nicht mal den Kopf für sie hinhalten. Wie finden Sie das?
Also nee, manche sind ja auch so unsicher, die wissen gar nicht, wie sie sich in der komplizierten Situation noch verhalten sollen. Die haben einfach die Schnauze voll, und dann würden die sich am liebsten selbst radikalisieren, aber wie geht das? Muss man da Parteimitglied werden, und wenn ja, reicht CSU-Ortsverein noch aus? und was macht man, wenn man gar nicht in Bayern wohnt? Muss ich aus der Kirche austreten, und wenn ich schon ausgetreten bin, kann das gegen mich verwendet werden? Von wem? Und warum? Sie sehen ja, das gesellschaftliche Potenzial ist durchaus vorhanden, man muss es nur nutzen, und dazu muss man die Meute, Leute wollte ich sagen, die Leute, die muss man in die richtige Richtung lenken.
Natürlich muss man da vorsichtig sein, es wird halt nicht alles gleich geglaubt. Aber wir wissen um unsere Notwendigkeit. Die Menschen schlafen viel ruhiger, wenn sie ein klares Weltbild haben, in dem es die Bösen gibt, eine islamistische Bedrohung, die an den vielen Krankenhauskeimen schuld ist und an Florian Silbereisen und an den Strompreisen. Da können Sie ganz fröhlich durch Leben gehen und sich sagen, dieser verdammte Islam, Ihr wollt wohl, dass ich meinen Kühlschrank ausmache, aber da habt Ihr Euch gewaltig getäuscht! Widerstand! Wir legen solange unser Zeugs ins Eisfach, wie es uns passt! Das wirkt, sage ich Ihnen, die Leute sind nicht mehr so eingeschüchtert wie vorher. Sie haben gelernt, in einer Dämonokratie zu überleben. Die Zukunft wird auf jeden Fall erfolgreich.
Also unsere Kommunikationskanäle sind gut, da gibt es nichts zu rütteln. Da kommen gerade die neuen Meldungen rein. Sie haben schon wieder so einen Hühnerknast ausgehoben – sehr schwierige Sache, auf der einen Seite natürlich eine widerliche Tierquälerei, aber auf der anderen Seite wollen die Deutschen ja billiges Discounterfleisch. Wenn wir uns jetzt bekennen, wird es eng. Eine Brandstiftung wäre ganz hilfreich gewesen, aber man kann nicht alles haben. Hier haben wir noch einen schweren Wasserrohrbruch, das ist sehr gut. Das waren wir. Angriff auf eine Ausländerin in Thüringen, ja, nehmen wir auch auf unsere Kappe. Ist uns doch egal, Hauptsache ordentlich Gewalt im öffentlichen Raum, oder?
Man muss die Bürger halt so weit bringen, dass sie bei etwaigen Straftaten sofort an eine mögliche Verstrickung unserer Organisation denkt. Wir konditionieren sie quasi, um unsere Marke so breit wie möglich aufzustellen. Schauen Sie mal, eines Tages wird es so weit sein, dann explodiert ein Bus vor dem Reichstag, oder ein Giftgasanschlag tötet gleichzeitig Schalke, die Bayern und ein Stadion voller Deutscher. Man muss sich auch mal Utopien bewahren. Und dann ist endlich der Tag gekommen, die Medien schalten auf Leerlauf, im Fernsehen werden sie gar nicht erst recherchieren, da werden sie nur bei den Geheimdiensten und bei der Polizei anrufen und fragen, ob sie eine bessere Idee auf Lager haben, dann wird niemand einen Plan haben oder auch nur Ahnung von dem, was er sagen soll, und dann verkünden sie: wir waren’s.
Veränderung der Gesellschaft? Also das können Sie so gar nicht sagen, wir sind hier alle sehr qualifizierte… – Was die Rechtspopulisten dazu sagen? Hören Sie mal, was glauben Sie eigentlich für wen wir dieses Theater hier machen!?“
Satzspiegel