„Und dann könnte man natürlich die Waffengesetze verschärfen.“ „Wie denn?“ „Irgendwie verschärfen halt, ich weiß auch nicht.“ „Gute Idee.“ „Aber wenn wir zu fünfundneunzig Prozent sowieso illegale Schusswaffen in Privatbesitz haben, was soll dann eine Gesetzesverschärfung.“ „Dann haben wir noch mehr illegale Schusswaffen.“ „Und das verbessert dann genau was?“ „Dann brauchen wir eben mehr Überwachung.“
„Unser Auftrag war doch jetzt eindeutig, oder?“ „Klar, wir sollen eine Reaktion auf die aktuelle Terrorlage…“ „Haben wir schon wieder eine?“ „Nein, aber es kann jederzeit wieder eine kommen.“ „… erarbeiten, die den Sicherheitsbedürfnissen der Bevölkerung Rechnung trägt.“ „Sehen Sie, das ist doch mal eine Ansage.“ „Wer hat denn bitte das Bedürfnis nach mehr Sicherheit?“ „Der Bürger.“ „Sagt wer?“ „Das muss man als Politiker eben auch mal antizipieren, dass so eine Forderung, wenn man die den Wählern vorlegt, dass sie die eventuell auch befürworten. Oder zumindest nicht ablehnen.“
„Also ganz wichtig sind jetzt für mich diese Gewaltdarstellungen.“ „Verbieten!“ „Gute Idee.“ „Und zwar sofort und mit aller Konsequenz!“ „Das heißt, wir haben keine Fernsehnachrichten mehr?“ „Was hat das denn damit zu tun?“ „Die Medien zeigen Bombenattentate in epischer Breite.“ „Also das halte ich ja für übertrieben.“ „Jetzt neulich in Bagdad, das waren keine dreißig Sekunden, man hat kaum Leichen gesehen.“ „Sie kriegen diese Aufnahmen an jeder Ecke im Internet, und Sie müssen nur einmal eine…“ „Da haben wir’s doch schon, wir müssen das Internet mal genauer unter die Lupe nehmen!“ „Für die Verbreitung von Nachrichten?“ „Nachrichten, Nachrichten – das ist doch schlimm genug, dass das passiert, das muss man sich nicht auch noch im Internet ansehen.“ „Sie wollen also ein ganzes Medium zensieren, nur weil die Inhalte…“ „Wer sagt Ihnen denn, dass die Täter nicht genau das bezwecken wollen?“ „Die Zensur westlicher Medien?“ „Gute Idee.“ „Quatsch, dass Sie ins Internet gehen und da durch Ihren Medienkonsum sittlich verrohen. Da geht man doch gleich gegen den vor, der diesen Schweinkram in Umlauf bringt.“ „Der Täter hatte entsprechende Bücher bei sich zu Hause.“ „Sehen Sie, wohin das führt? erst radikalisiert man sich im Internet, und dann fangen die Leute auch noch an zu lesen!“
„Halten wir mal fest, wir gehen jetzt einerseits multimedial vor, und dann haben wir juristische Maßnahmen geplant.“ „Und das Internet wollen Sie unjuristisch verbieten, oder wie jetzt?“ „Gute Idee.“ „Machen Sie doch nicht so ein Theater, wir sind erst im Überlegungsstadium.“ „Vielleicht sollte man sich mit dem konkreten Einzeltäter befassen, das könnte hier ganz zielführend sein.“ „Einzelfälle sind normalerweise nicht so gut.“ „Wir haben es auch mit so vielen Sachen zu tun, da können wir nicht für jeden Einzelfall ein Gesetz machen.“ „Es gibt halt nicht für jeden einen Therapieplatz, das ist traurig.“ „Sie werden das nicht ändern können.“ „Lassen Sie uns lieber nach den Gemeinsamkeiten von diesem Täter und den…“ „Dieser Täter hat jedenfalls Sympathien für die AfD gehabt.“ „Gott, ist halt eine demokratische Partei.“ „Wir wollen jetzt keinen Wahlkampf, verstehen Sie?“ „Das war außerdem ein Ausländer, also halbausländisch, ein quasi halbausländischer Halbdeutscher.“ „Ein depressiver Jugendlicher mit eindeutig rassistischen Gewaltfantasien.“ „Meine Güte, wir können doch Integration nicht auch noch negativ sanktionieren!“ „Ein rassistischer Ausländer, da sehen Sie es doch: typisch verwirrter Einzelfall!“
„Wir könnten jetzt auch mal gucken, ob wir die Meldepflicht bei gewissen psychischen Krankheiten einführen.“ „Gute Idee.“ „Dieser Kinomörder aus Amerika, der war doch auch schizophren?“ „Nein, der hatte Autismus.“ „Ach so.“ „Dann kriminalisiert man jetzt schon Krankheiten?“ „Der war halt ein bisschen abartig, seelisch gesehen.“ „Sie müssen mal sehen, was der für Killerspiele gespielt hat!“ „Die werden sowieso jetzt als erstes verboten!“ „Gute Idee!“ „Und dass Ego-Shooter auch nur ein Symptom sozialer Dysfunktionalität sind, ist Ihnen noch nicht in den Sinn gekommen?“ „Das muss man eben verbieten.“ „Die Sicherheitsbedürfnisse der Bevölkerung, Sie verstehen.“ „Jetzt machen Sie nicht so einen Lärm, das ist wie bei einer Erkältung. Da bekämpfen Sie auch zuerst den Husten, damit sich da keiner ansteckt.“
„Also Killerspiele…“ „Sind durch, da müssen wir nicht wieder ein Fass aufmachen.“ „Und ich kümmere mich mal um dieses Internet.“ „Der Täter war doch Schiit.“ „Ist das jetzt so wichtig?“ „Wir müssten eruieren, ob sich das mit einem generellen Islamverbot verträgt oder ob wir Sonderregelungen brauchen.“ „Vielleicht widerspricht ja ein Teil des schiitischen Korans gegen das Grundgesetz.“ „Dann sollten wir den ganzen Koran verbieten.“ „Gute Idee.“ „Dass der Täter nicht religiös war und andere Muslime umgebracht hat, war schon bis zu Ihnen durchgesickert?“ „Wir wollen das ja auch nicht direkt verbieten, sondern nur einschränken.“ „Wie das Internet.“ „Oder Smartphones.“ „Dieses Monsterspiel, das jetzt alle spielen.“ „Da soll man ja Leichen finden.“ „Empörend!“ „Sie reden hier über einen nicht vorbestraften deutschen Staatsbürger mit…“ „Der hatte einen deutschen Pass?“ „So richtig deutsch?“ „Ja, warum?“ „Menschenskinder, warum sagen Sie das nicht gleich? Hallo? Stellen Sie mal durch – hallo? Herr de Maizière wir haben da einen sehr interessanten Durchbruch erzielt für Ihr Sicherheitskonzept.“
Satzspiegel