Gernulf Olzheimer kommentiert (CCCXLIII): Der rechte Vergewaltigungswunsch

2 09 2016
Gernulf Olzheimer

Gernulf Olzheimer

Mein Name ist Gernulf Olzheimer und dies ist das Weblog aus dem Land der Bekloppten und Bescheuerten.

Es ist nicht neu und nicht originell, es suppt aus dem Schaumstoff, den die rechten Stumpfklumpen zwischen den Ohren kleben haben. Wann immer irgendeine Frau erkennbar nicht seiner Meinung ist, gehört sie sexuell missbraucht. Zwar schwallt das Heer der Realitätsallergiker in einem fort über die potenten Invasoren, vor denen der Blut-und-Hoden-Aktivist das weiße Weib zu schützen in die letzte Schlacht zieht, andererseits wünscht, ja fordert er als ultimative Erniedrigungsstrafe, dass sie von den verhassten Anderen notgezüchtigt wird. Es ist, als hätte die gemeine Männlichkeit, jenes weinerliche Gepopel, nur um zu überprüfen, ob die Klöten noch nicht abgefallen sind, sich tapfer das letzte Bisschen Grütze weggebembelt, damit die Frau oben feucht durchwischen kann. Was bleibt, ist der egoistische Vergewaltigungswunsch der Rechten.

Es ist weder originell noch neu, denn kollektive Hysterie hat das Patriarchat schon am Ausgang des geordneten Mittelalters in die Psychose getrieben. Furchtbare Angst, klebrig-religiös verschwiemelt mit Missgunst und banaler Habgier, auf dem Grund gedieh der Hexenwahn, jene den weiblichen Körper als Auslöser von Vernichtungsfurcht verfolgende Unschuld vom Lande, aus dem die Reformation kam. Nicht die Randständigen, Mägde oder billige Mädchen, die zentralen Figuren der Zeitenwende, der sozialen Veränderung und des wirtschaftlichen Umschwungs wurden in der Raumkrümmung des erwachenden Kapitalismus mit Hilfe von Märchen, die sich geistig dünn angerührte Männerchen im Angstschweiß ausgedacht hatten, so lange bekriegt, bis die Sache in sich selbst zusammenfiel. Heute ist dem unter der Kalotte rasierten Brüllmüll der Satan als Erklärung zu wenig einsehbar – die meisten Abendlandser sind ja schon früh von der Bildung entwöhnt worden, die sie von anderen einfordern – aber mehr Modernität ist nicht.

Nichts hat sich indes verändert, außer dass der große Andere das Gebäude verlassen hat. Die faschistische Ideologie begreift gesellschaftliche Mechanismen stets populationsgenetisch und mit der panischen Kastrationsangst, die der Name des Vaters den Mehlmützen hinterlassen hat. Ohne die volle Hose als Primäraffekt wird kein Rechter tätig, ergo zelebrieren sie die unmittelbar bevorstehende Vernichtung der jeweiligen Nation durch den übermächtigen Aggressor so gründlich, bis sie zu der Überzeugung gekommen sind, als stärkstes und edelstes Volk dieses übel beleumundeten Klumpens im Sonnensystem jede Rotte von Untermenschen rausschmeißen zu können. Nicht zufällig kulminiert die Charakterzeichnung des Jud Süß in der Schändung der Reichswasserleiche, liebevoll geschlachtet vom eigenen Gatten. Die politische Pornografie braucht die Schmach des unterlegenen Maskulinums, um sich nicht argumentativ zur Wehr setzen zu müssen.

Nicht zufällig greinen ebenjene effeminierte Klemmschwestern, die die Zukunft des prosperierenden Abendlandes in männlicher Härte sehen, aus flamboyant schlecht verborgenem Selbsthass nach dem Verbot der weiblichen Verschleierung. Es ist aber nicht das Problem, die fremde Frau unter der Peitsche des Mannes zu sehen, es ist das Problem, dass sie nicht vom arischen Helden selbst erniedrigt werden kann, so wie man in der Gesellschaft generell nicht will, dass es einem besser geht, wenn es denn die reale Chance gäbe, dass es einem anderen noch viel schlechter gehen könnte. Das von Phantomschmerz getriebene Gehirn der Braunalgen rülpst sich dazu die passenden Vorlagen hoch – hunderttausend voll verschleierte Frauen, täglich Angriffe ominöser Südländer in nationalen Freibädern, der geldgeile Wirtschaftsflüchtling in der sozialen Hängematte, der simultan dem völkischen Arbeitsmann seinen Job wegnimmt – und muss sogar den Obdachlosen, den seine Gesinnungsgenossen zur Reinerhaltung der deutschen Ehre oft und gerne zusammentreten, abstechen und anzünden, zum Sorgenkind unseres gefährdeten Zusammenhalts machen.

Gleichzeitig lässt der Contrat social nicht zu, dass die volkstreuen Schranzen sich nach Belieben danebenbenehmen. Sie sind nicht in der Mehrheit, auch wenn ihre Eifersucht auf alles andere sich gut verkauft. Geht es nach seinem beschränkten Weltbild, der gemeine Nationalkasper spuckt auch die eigenen Frauen an. Er will einfach zurück in die Epoche, in der er selbst noch zitternd vor Angst und Ekel die Frau als das unkontrollierbar Böse mit sexistischen Gewaltandrohungen abwerten konnte, ohne die Stützen der Gesellschaft zu verärgern. Der symbolische Phallus, der als Repräsentation des Besitzens der Frau so verdammt schnell schrumpft, er nützt auch nichts mehr. Die von Soziopathen gepflegte Störung der Impulskontrolle wird zum politischen Programm auftoupiert, das von einer nachgerade mediävalen Dämonologie flankiert die verrohte Mitte aufhetzt. Sie werden alle sterben, aber erst werden sie die unbesiegbaren Gespenster besiegen. So wie damals die Hexen. Mammi hätte ihnen damals öfter mal eine reinhauen sollen. So grundsätzlich.


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