Oh Tannebaum

4 10 2016

„Und Schweinshaxn mit Kraut und eine anständige Maß Bier!“ „Kruzitürken!“ „Vor allem die Maß!“ „Das müssen diese Ausländer mal lernen, wie sich das gehört!“ „Es war…“ „Diese Scheißneger!“ „Alle raus hier!“ „Raus, raus bis zur letzten Patrone aus unserem Land!“ „… Ihnen nicht entgangen, dass es sich um die Schulverpflegung handelt, oder sollte ich mich getäuscht haben?“

„Wenn einer einen bayerischen Schweinsbraten nicht will, dann soll er Deutschland verlassen!“ „Und Sie sind sich wirklich sicher, dass Sie Ihre Aufgabe verstanden haben?“ „Was für Bayern gut ist, das kann nicht schlecht sein für Deutschland!“ „Kruzitürken!“ „Sie verwechseln das, hier geht es erst mal nur um die Schulverpflegung.“ „Ich habe damals auch mit zehn mein erstes Bier gekriegt!“ „Ach, daran liegt das.“ „Uns hat das damals nicht geschadet!“ „Wir reden hier von Grundschulen und Sie haben nichts anderes im Kopf als Bier?“ „Wir sind halt Bayern, da setzt man Prioritäten!“ „Das ist Leitkultur, verstehen Sie das? wenn’s d’Leit tuan, dann is Kultur!“ „Und im Bayernland dulden wir keine Einmischung in unsere Angelegenheiten!“ „Das müssen Sie gerade sagen, Sie sind Franke!“ „Ich verbitte mir diese…“ „Franke!“ „Könnten wir vielleicht wieder zum Thema kommen?“ „Franke!“ „Jetzt regen Sie sich nicht auf, in Bayern gibt es doch so etwas wie friedliche Koexistenz. Wir haben einen Schweinsbraten, er ist halt nur ein Franke, aber sie machen ja Würstel.“ „Trotzdem ist er eine ethnische Minderheit und hat sich in die Ordnung des Freistaates zu integrieren!“ „Was machen Sie eigentlich mit Vegetariern?“ „Hören Sie doch zu, die kriegen halt Würstel!“ „Dazu ist der Franke gut, Schweinsbraten kann er keinen, aber zugewanderte Rassen assimilieren sich untereinander bekanntlich doppelt so schnell!“ „Kruzitürken!“

„Die Vorschriften sehen jedenfalls so aus, dass Kinder täglich vitamin- und mineralstoffreiche Kost brauchen. Das geht nur mit Obst und Gemüse.“ „Sollen jetzt alle bayerischen Knaben und Mädel homosexuell werden, damit ein paar Grüne den Nachwuchs an linksradikalen Berufsdemonstranten decken können?“ „Was hat denn Gemüse mit…“ „Heute kauen die einen Lauch, morgen tanzen sie nackert durch die Kirchen!“ „Das würde mit einem gescheiten Schweinsbraten nicht passieren!“ „Ich kann ja nicht für die Franken sprechen, aber das würden die nie machen. Schon aus intellektuellen Fähigkeiten.“ „Sie halten Gemüse nicht ernsthaft für…“ „Die bayerische Leitkultur ist nun mal ganz eindeutig, wir lassen uns die historischen Wurzeln nicht einfach von irgendwelchen zugewanderten Chaoten abschneiden!“ „Kruzitürken!“ „Sie halten Vegetarier für eine fremde Nationalität?“ „Die, wo immer Tofu essen, die kommen doch aus Berlin!“ „Das ist doch quasi schon feindliches Ausland!“

„Wie kommen Sie eigentlich auf die Idee, dass sämtliche Deutschen sich an Bayern orientieren sollen?“ „Sie, jetzt kommen Sie mir nicht wieder mit der Rassismuskeule!“ „Das können wir nicht mehr hören!“ „Aber ich…“ „Wir akzeptieren die Franken als minderwertige… Minderheit, wollte ich sagen, und ansonsten lassen wir uns nichts Braunes anhängen!“ „Das hat mit der Schulverpflegung gar nichts zu tun, warum erzählen Sie mir das denn die ganze Zeit?“ „Weil man das ja in einem größeren Zusammenhang sehen muss!“ „Das ist doch Teil der kulturellen Entfremdung!“ „Von den Franken?“ „Sie – keine Nazikeule hier, sonst können Sie gleich wieder zurück nach Berlin!“ „Ich komme aus dem Kultusministerium in…“ „Noch schlimmer!“ „Kruzitürken!“ „Jetzt braucht’s ein Ministerium, um aus unseren Kindern asoziale Dreckschweine zu machen!“ „Das haben bei uns die Lehrer alleine geschafft!“ „Und der Herr Pfarrer!“ „Kruzitürken!“

„Sie wissen ja wohl gar nicht, dass bei uns in der Kinderkrippe kein Christbaum mehr aufgestellt wird!“ „Das kommt jetzt auch ein paar Monate zu früh, würde ich sagen.“ „Das ist die Entwertung der Gesellschaft!“ „Den Kindern wird die Gottesfurcht nicht mehr gelernt!“ „Aber…“ „Die Verwaltung sagt dazu jetzt Tannebaum!“ „Das ist ein Kniefall vor den Fremdrassen!“ „Diese Scheißneger!“ „Alle raus hier!“ „Moment mal, da sind Sie gewaltig auf dem Holzweg.“ „Kein Mensch sagt Tannebaum, das ist eine islamistische…“ „Der Tannenbaum als Weihnachtsschmuck wurde um die Mitte des 16. Jahrhunderts aus dem Elsass importiert.“ „Das ist nicht wahr!“ „Es gab auch Bäume in Osteuropa, aber die wurden am Ende der Weihnachtstage auf dem Marktplatz angezündet.“ „Anzünden ist immer gut!“ „Sie wollen uns erzählen, dass das ein… ein ausländisches…“ „Ja.“ „Und dieses Lied, das seit dem Krieg hier gesungen wird, ist das auch aus dem Islam?“ „Das kommt aus Schlesien.“ „Dann ist das aber nicht…“ „Möglicherweise von Flüchtlingen, die sich vor der Reformation abgesetzt haben.“ „Dann ist das ja…“ „Bayern ist aber ein modernes Land, wir können auf mittelalterliches Brauchtum keine Rücksicht nehmen!“

„Also Gemüsebeilage?“ „Kann man das als besondere Belastung steuerlich geltend machen?“ „Nein, aber es ist gesetzliche Vorschrift.“ „Gut, das ist okay.“ „Und einmal die Woche Nudeln.“ „Das ist undeutsches…“ „Kruzitürken, gut jetzt!“ „Ja, das geht auch.“ „Und wenn man alkoholfreies…“ „Natürlich könnten wir die CDU auch in Bayern antreten lassen.“ „Malzbier!“ „Ja, das wollte ich auch gesagt haben!“ „Wir alle lieben Malzbier hier im Bayernland!“ „Sogar die Franken!“ „Ja mei!“ „Fein, dann gehen wir zum nächsten Punkt über. Es soll hier vereinzelt Befürworter einer Obergrenze geben?“


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