„Was soll das ewige Gemecker, Sie haben es doch immer gewusst. Oder wer hat hier ständig große Reden geschwungen von wegen Umvolkung? Jetzt haben Sie den Beweis. Wir schmeißen Sie raus. Sie und alle anderen Naziarschlöcher.
Machen Sie keine Sperenzchen, Sie sind mehr als zehnmal bei PEGIDA mitgelaufen, im Betrieb haben Sie den nigerianischen Kollegen angespuckt, und dann haben wir hier Berichte, dass Sie sich als Reichsbürger bezeichnen, also: Nazi. Punkt, aus, Ende. Ja klar, wenn Sie die Macht ergriffen haben, dann räumen Sie mich beiseite. Alles notiert. Sie sind ja auch kein Rassist, Sie können nur die Neger nicht mehr sehen, korrekt?
Ungarn. Wir haben uns da ein vernünftiges Agreement mit denen ausgedacht, einen bilateralen Vertrag. Für jeden deutschen Nazi einen anständigen Kriegsflüchtling, und das wird Sie ganz besonders freuen: wir legen gar nicht so viel Wert darauf, dass es unbedingt so viele Flüchtlinge werden. Die Hauptsache ist, wir kriegen so viel wie möglich Arschlöcher wie Sie aus dem Land raus. Abschiebung geht vor, war das nicht immer Ihre politische Überzeugung? Und Sie können ganz beruhigt sein, wir tun es aus Liebe zu unserer deutschen Heimat. Machen Sie sich vom Acker, unser Vaterland wird davon nachhaltig gestärkt.
Nein, das haben Sie falsch verstanden. Arbeit haben die nicht. Sie sind als Stimmvieh vorgesehen. Wenn dieser Diktator, der Freund vom Seehofer, mal wieder ein Referendum inszeniert, dann braucht er zuverlässige Abnicker. Auf Dauer ist das rhetorisch zu anstrengend, immer eine Abstimmung zu organisieren und danach dem Volk zu erklären, warum man das Gegenteil in die Verfassung rein schreibt. Sie dürfen den Mann intellektuell nicht überschätzen. Der ist ja nicht umsonst mit Seehofer befreundet.
Arbeiten können Sie auch, ja. Das hängt immer davon ab, ob Sie etwas finden. Die Kenntnis der ungarischen Sprache setzen wir bei Ihnen voraus, das tun die ungarischen Behörden nämlich auch. Sie werden sicher Verständnis dafür haben, dass wir eine gelungene Integration ausschließlich als Folge Ihrer eigenen Bemühungen betrachten. Sie müssen also schon ein bisschen Ungarisch lernen, damit Sie die Aufnahmeformulare für den Ungarischkurs verstehen. Das ist ja ganz in Ihrem Sinne, oder?
Man wird Ihnen da entgegenkommen. Die Abstimmung wird beispielsweise recht einfach sein, die Zettel wird man Ihnen einmal erklären, und dann sollten Sie es für Ihre weitere Tätigkeit auch gelernt haben. Im Zweifel kreuzen Sie immer da an, wo Sie zustimmen können. Das entscheidet auch über Ihre persönlichen Verhältnisse, Sie wollen es sich doch bestimmt nicht mit Ihren Gastgebern verderben. Stellen Sie sich mal vor, irgendwann wären Ihre ganzen Integrationsbemühungen nicht mehr gültig, weil Sie sich verwählt haben. Wollen Sie das riskieren?
Die machen das ganz einfach, damit es solche Vollidioten wie Sie hinkriegen. Die Wahlzettel kann man mit Ja oder Nein ankreuzen, und wenn man beides ankreuzt, gilt automatisch Ja. Oder wenn man Nein ankreuzt, und das Kreuz ist zu klein oder zu groß, dann gilt es auch als Ja. Es sei denn, es geht genau bis zum Rand, dann nimmt man an, dass Sie zu blöd waren oder sich absichtlich verwählt haben, in dem Fall: viel Spaß mit den Folgen.
Haben Sie Schmerzen? oder wollen Sie welche? Wohnungen? Sie werden behandelt wie alle anderen Einwanderer auch. Gut, Sie bekommen eine unbegrenzte Aufenthaltserlaubnis, schließlich sind Sie EU-Bürger, aber das war’s dann auch schon. Wenn andere unter der Brücke schlafen, werden Sie das ja wohl auch hinkriegen. Als Berufsdemonstrant haben Sie genügend Erfahrung, wie das ist, sich auf der Straße aufzuhalten. Ganze Tage und Nächte haben Sie geschrien, und da hatten Sie nicht mal eine Brücke überm Kopf. Sie werden das recht schnell zu schätzen wissen.
Hatten Sie nicht auch immer irgendwas mit Gewalt gegen Minderheiten gebrüllt? Mir war doch so. Da ist Ungarn ja nun wirklich ein Geheimtipp für Ihresgleichen. Wenn Sie da als Minderheit in der Öffentlichkeit herumlungern, kriegen Sie sicher schnell Kontakt zu Gleichgesinnten. Da gibt’s dann im Schnitt dreimal am Tag eins auf die Fresse. Polizei? haben die in Ungarn natürlich auch. Wenn die kommt, kriegen Sie insgesamt viermal am Tag eins auf die Fresse. Man ist da sehr kontaktfreudig, müssen Sie wissen.
Es soll dort eine hervorragende Gulaschsuppe geben, habe ich mir sagen lassen. Ob Sie die in der öffentlichen Armenspeisung auch kriegen, entzieht sich allerdings meiner Kenntnis. Es ist ja durchaus im Bereich des Möglichen, dass man Sie irgendwo auf dem Land ansiedelt, da wachsen ab und zu Bäume am Horizont, man langweilt sich also viel schöner als in der Großstadt, die Luft ist gesund – ich fange wirklich langsam an, Sie zu beneiden. Vielleicht kommt Sie der Bachmann mal besuchen, wenn er nicht gerade in Spanien in der Sonne liegt. Es muss jeder etwas tun fürs teure Vaterland, und jeder tut halt, was er am besten kann.
Rückführung? klar, darum geht es uns doch. Ach so, das meinen Sie. Die Art von Rückführung. Nein, das ist nicht vorgesehen. Sie könnten sich den Aufenthalt in Ungarn kaufen durch ein bezahlbares Dauervisum, aber wir sorgen schon dafür, dass Sie kein Geld mehr haben. Die Entwicklungshilfe für Dresden wurde eingestellt. Hier ist Ihre Fahrkarte. Da ist die Tür. – Der Nächste, bitte!“
Satzspiegel