„Da legen wir freilich einen großen Wert darauf, dass der Bundespräsident christlicher Deutscher ist. Wobei, Deutscher reicht eigentlich aus. Und das mit der Religion, da geben wir uns mit öffentlichen Bekenntnissen zufrieden.
Nein, nicht mit einem Bekenntnis. Das wollen Sie wieder falsch verstehen. Wir hatten jetzt einen Pastor, der hat das schon ganz gut gemacht, auch wenn er bedauerlicherweise der falschen Konfession angehört, aber er hat wenigstens das mit dem Glauben nicht ernst genommen. Man darf sich ruhig zu etwas bekennen, es darf nur nicht gleich in ein Bekenntnis ausarten, verstehen Sie? Wir haben nämlich eine Trennung von Staat und Kirche, und deshalb zählt für uns auch als erstes das Bekenntnis zum Staat. Da sollte sich die Kirche dran halten.
Verstehen Sie mich nicht falsch, ich habe gar nichts gegen die Kirche als solche, aber wenn die jetzt auch noch anfängt, Politik zu machen, dann haben wir bald ein Chaos hier in unserem Land, das kriegen Sie mit dieser Asylantenkanzlerin alleine gar nicht hin! Das können wir uns nicht bieten lassen, wir als Bundesregierung, dass die Kirchen sich mit ihrer Meinung einmischen! Das ist ja auch eine völlig weltfremde Interpretation von Glaube, verstehen Sie – diese Leute berufen sich teilweise auf die Bibel, das ist doch nicht zu fassen! Die fordern Nächstenliebe, Jessasmariaundjosef, was soll ich mit Nächstenliebe? in einem Augenblick wollen die Barmherzigkeit für die Asylanten, als hätte hier jeder eine Kathedrale im Hinterhof, wo man eine Million Sozialfälle unterbringen kann, und dann wollen sie im nächsten Moment schon, dass wir die Fluchtursachen bekämpfen und in den Regionen für Frieden sorgen. Kreuzbombenelement noch mal, wenn wir keine Waffen in Krisengebiete verkaufen, woher nehmen wir denn dann das Geld für eine Million Asylanten? Sie dürfen diese Kirchenleute wirklich nicht fragen, da kommt nur Unsinn raus. Alles völlig weltfremder Unsinn.
Das deutsche Volk ist ja inzwischen regelrecht verängstigt, was diese kirchlichen Moralpredigten angeht. Was glauben Sie wohl, ist der Grund, dass die Deutschen immer mehr die Kirche verlassen? Die Kirche schafft sich ab, und das ist auf der einen Seite natürlich auch gut so, dass sie dann nicht ihren schädlichen Einfluss auf unsere politische Hoheit ausdehnen kann, aber auf der anderen Seite müssen wir als Christsoziale das freilich auch sehr bedauern. Merken Sie, in was für einem schlimmen moralischen Dilemma man sich als Christ befindet, wenn man dieser vollkommen unlogischen und, ich möchte sagen, bösartigen Zerstörungskampagne der christlichen Kirche ausgesetzt ist? Die können froh sein, dass sie in einem Rechtsstaat leben, in dem es noch Meinungsfreiheit gibt, sonst würden wir hier ganz andere Saiten aufziehen!
Überhaupt, die Kirche – die haben zur Spaltung unserer Gesellschaft doch jede Menge beigetragen! Es ist doch kein Zufall, dass wir als Christsoziale in relativem Wohlstand leben könnten, wenn es diese protestantischen Preußen da in Berlin nicht gäbe! Diese Neiddebatte, dieser Hass, das kommt doch nicht von ungefähr! Ich sag’s Ihnen, die Kirche hat auf das deutsche Volk nie Rücksicht genommen, vor allem in politischer Hinsicht. Früher vielleicht, da haben die Pfarrer noch mal ein offenes Wort mit ihren Schäfchen geredet, gerade vor der Wahl. Ich kenne das ja noch so, erst in die Frühmesse, und dann ins Wahllokal, und wenn man in der Messe eine vernünftige politische Instruktion bekommen hat, dann wusste man auch, wozu man danach ins Wahllokal ging. Aber diese Beliebigkeit, dieser Relativismus, so kann man doch heute keinen Staat mehr machen. Und ihn erst recht nicht moralisch legitimieren!
Schauen Sie sich mal unsere Kollegen von der AfD an, die machen das schon richtig. Die sagen von sich, sie fordern eine christliche Moral, die zwar weder christlich ist noch moralisch, und darum lehnen sie die Kirche ab, weil die ihnen zu viel Moral hat und zu christlich ist. Das ist doch wenigstens mal konsequent, warum können wir das nicht auch bei den Christsozialen versuchen? Wenn wir mit der Einstellung auf Flüchtlinge an der Grenze schießen müssten, das würde uns freilich sehr weh tun, aber wenigstens nicht moralisch. Wenn es Deutsche wären, so wie damals an der Mauer, das sähe gleich ganz anders aus!
Schauen Sie, von unseren stalinistischen Kritikern wird uns ja unter anderem vorgeworfen, dass die Leitkultur, die wir fordern, ausschließlich mit der Verfassung zu tun hat und gar nichts mit dem Christentum. Da würde ich sagen, den Gedanken, den greifen wir jetzt mal produktiv auf, und dann sage wir der Kirche, wir als Staat haben eine staatliche Definition von Leitkultur, und die Kirche soll sich da raushalten. Also aus dem Staat, nicht wahr, weil der ja die Leitkultur bestimmen soll, und aus dem Christentum am besten auch. Das wäre ja sowieso für alle die beste Lösung, wenn man das so konsequent zu Ende denken könnte, dass die Kirche sich da raushält: die CSU als Staat bestimmt, was Christentum ist, und ersetzt es mit ihrer Leitkultur. Dann können wir meinetwegen auch die Kirche im Dorf lassen.“
Satzspiegel