„Oaarrr, das ist ja duster hier! Hallo, macht da mal einer Licht, oder soll ich selbst an die Wand treten!? Du da, ja! glotz nicht so blöd, sonst ist hier gleich wieder Silvester, aber Oho de Cologne, klaro? Hast Du Dreck in den, nein, ich meine, sind Sie, ich wollte, Frau äääh… Mutti!?
Das kann ich doch nicht wissen, wir haben gestern… heute, das muss heute gewesen sein, und wir sind da an der Siegessäule irgendwie vom Weg abgekommen, da hatten wir noch eine Flasche pro Mann, und dann sind wir in den Westen, hat aber auch nichts mehr genützt, und dann muss ich mir den Kopf gestoßen haben, und jetzt bin ich wo? Ja, dass das hier ’ne Tiefgarage ist, das weiß ich selber, oder halten Sie mich für Dobrindt? Ach so, das ist gar nicht Bahnhof Zoo? Bundeskanzleramt!? Ach du liebes Lottchen…
Nee, bleiben Sie mal ruhig stehen, Sie werden ja auch gefeiert haben, wo waren Sie denn? Hier!? das kann ich mir ja gar nicht vorstellen, die von den anderen Parteien haben doch gesagt, die macht auch zwischen den Jahren Deutschland kaputt, da kann die doch nicht – also können Sie doch nicht im Kanzleramt sitzen, da wird doch Deutschland nicht, obwohl, eigentlich doch, aber da ist ja der Dicke auch nicht ganz unbeteiligt, und der Depp da aus Bayern, also der andere, und ich glaube, ich muss mal eben – Rollmops? Wenn Sie welche da haben, dann nehme ich auch einen, danke.
Wo wir jetzt schon mal hier sitzen, wollen Sie das denn noch mal vier Jahre lang machen? so wie bisher? Nee, machen Sie das nicht. Also machen ja, aber nicht so, weil eben anders, und dann – der Dicke? Sie regen sich nicht auf? Das hätte ich mir ja denken können, aber dass Sie sich aufregen, nur weil sich die anderen aufregen, wenn der Dicke wieder Heißluft absondert: nicht machen. Vize hin, Vize her, das ist auch nur so ein Minister, wissen Sie, und Minister sind für ihre Dienststelle wie Hautausschlag. An schlechten Tagen stört es, aber irgendwann ist es garantiert weg. Ja, das kann auch der SPD passieren. Falls sie den Dicken nicht auch irgendwann wegkriegt.
Machen Sie doch mal vier Jahre lang richtig Politik. Das kennen die Leute noch gar nicht. Bloß Probleme wegmoderieren, gemeinsame Lösungen finden und so einen Kram. Machen Sie mal richtig Politik, statt nur auf die Umfragen zu gucken. Die paar Wadenpinkler aus der Jungen Union, die sind doch schnell wieder weg. Schmeißen Sie ein paar von diesen fossilen Resten raus, Schäuble oder die Truppenursel, und wenn die nicht spuren, sehen Sie mal im Kompromatköfferchen nach. Oder glauben Sie, nur Schäuble hätte etwas in der Schublade?
Wagen Sie mal etwas, und wenn’s nur mehr Demokratie ist. Wenn Sie jetzt wieder nur – heilige Scheiße, jetzt gucken Sie mich nicht so dämlich an! Kriegen Sie endlich mal die Finger auseinander, immer dies Machtorigami, kann ich gar nicht mehr sehen! Schon besser, Faust auch mal richtig ballen, und jetzt nach rechts – überhaupt, mal nach rechts die Fäuste ballen, da hockt doch der ganze Sott in der Union. Von der Wichtigkeit nationaler Kultur blubbern, aber allen anderen Menschen unterstellen, nur wegen der Kohle ihre Heimat im Stich zu lassen und nach Deutschland zu kommen. Lächerlich!
Ja, ich nehme noch einen. Haben Sie eventuell ein Gürkchen im Glas?
Dann müssen Sie eben mal ein paar Luschen vors Knie treten. Digitalisierung, bedingungsloses Grundeinkommen, den Investmentbanken und den Energiekonzernen mit Anlauf eine reinhauen, wieso soll das alles nicht gehen? Weil die anderen das schon machen, richtig? Dann geht’s denen ja sicher bald gut, und in spätestens zwanzig Jahren werden wir das alles als alternativlos betrachten und uns an Sie als Kanzlerin erinnern, die bis zuletzt jede Art von Bewegung verhindert hat, vor allem nach vorn. Weil Sie das den Luschen nicht zutrauen? Vielleicht trauen die es bloß Ihnen nicht zu? und wollen jetzt auch nur noch mal vier Jahre lang zugucken, wie Sie die allgemeine Lethargie dirigieren?
Dann tun Sie mal was gegen Korruption, hauen Sie TTIP und CETA in die Tonne, die Maut und die Autobahnprivatisierung gleich hinterher, nehmen Sie Geld in die Hand für Schulen und Brücken und Deutschkurse, zeigen Sie den Rüstungskonzernen die Wirksamkeit des Insolvenzrechts, reformieren Sie die Rente, und bitte sorgen Sie endlich dafür, dass Steuerhinterziehung nicht mehr als Mogelei bezeichnet wird und die Straftäter vor dem Prozess öffentlich am Pranger stehen, drei Tage lang. Und wenn es einem nicht passt, dann drücken Sie ihn eine Karte in die Hand: ICH KANZLERIN, DU NIX!
Rücksichtnahme, du liebe Güte… wenn auf mich immer jeder Rücksicht nehmen würde, das hier wäre ein Paradies auf Erden. Hat denn außer Bertelsmann und Springer irgendjemand schon mal auf Sie Rücksicht genommen? eben, nicht mal die. So viel braucht’s doch gar nicht. Und wenn Sie sich einmal Mühe geben würden, ordentliche Gesetze vorzulegen, die nicht für jeden Kleinscheiß nach Karlsruhe müssen, dann könnte das sogar hinhauen. Also geben Sie sich einen Ruck, und dann schaffen wir das auch. Ich bin mir scher, wir schaffen das. Und das nächste Mal fragen Sie die Deutschen einfach, ob sie alle solche Waschlappen sind, dass sie sich nicht mal eine Aufgabe zutrauen, gegen die die Einheit ein Kindergeburtstag war. So macht man das. So und nicht anders.
Klar, das bleibt unter uns. Hier ist es auch schön warm. Schauen wir mal. Hauptsache, Sie teilen sich den Fisch gut ein. Man kann nie wissen!“
Satzspiegel