„Daran hatten wir hier noch nicht gedacht bei der Planung. Das kommt in der CSU öfter vor, dass die etwas planen und nicht denken, da müssen Sie jetzt nicht überrascht sein, aber die Idee ist gut. Haben Sie denn schon einmal Jodelkurse gegeben?
Weil wir ja das Heimatmuseum… Ministerium, wollte ich sagen, Heimatministerium, das soll die original bayerische Leitkultur und unser Brauchtum pflegen. Der Pflegegrad wächst bekanntlich mit den Aufgaben, und wir haben da viel vor uns. Weil wir eben noch nicht wissen, ob da nicht doch einer an zu denken fängt. Das macht einem dann die ganze Planung kaputt. Was andererseits hier im Freistaat nicht viel zu bedeuten hat, hier wird das dann ganz schnell wieder über den Haufen geworfen. Also das Denken, nicht der Plan.
Und Sie haben auch schon Jodelkurse gegeben? Das hört sich vielversprechend an. Für Planungen in der CSU ist das ein ganz großes Plus. Wenn es sich vielversprechend anhört, dann versprechen wir viel. Größtenteils uns, aber das muss ich Ihnen ja nicht erklären. Das stärkt den Standort und sorgt für gute Kommunikation. Die meisten Besucher sind ja nicht mehr so sicher, warum sie noch nach Bayern kommen sollen, es gibt mittlerweile ein Dutzend Alpendörfer in Japan, die Chinesen machen jede Woche ein neues Angebot für Neuschwanstein, die Koreaner bauen das bald im Maßstab 1:1 nach, man weiß gar nicht, ob man noch in Passau ist oder doch schon in Pjöngjang, aber dann fahren Sie so schön am Chiemsee entlang, und dann sehen Sie die CSU-Plakate, Ausländer raus, oder eben sinngemäß, jede rechte Partei nutzt ihre eigene Formulierung, da sehen Sie dann: hier bin ich richtig.
Ich könnte mir vorstellen, dass wir die ganze Bandbreite unserer Landesleitkultur zum Tragen bringen. Sie müssen als Dozent nicht unbedingt mehr als ein Fachgebiet abdecken – wäre schon angenehm, aber manchmal schließt sich das auch aus – wichtig ist nur, dass wir den Landsleuten ein sehr abwechslungsreiches Angebot machen können. Für Menschen, die sich nicht entscheiden wollen zwischen Laptop und Lederhose. Immer alle ganz extremen Positionen unter einem Markennamen vereint. Wie die CSU halt.
Kombi-Angebote. Für die moderne Frau, den modernen Mann. Ganzheitliche Bildungsangebote für alle. Abschieben und Dirndlschneidern, das ist Integration und Volksverhetzung. Dafür kriegen Sie eine halbe Stunde Applaus im Parteibierzelt. Gut, nüchtern betrachtet ist das schwer durchzuziehen, aber wer betrachtet irgendetwas in der CSU? und dann noch nüchtern? Kombi-Angebote, da geht der Weg hin. Das ist auch viel einfacher zu verkaufen, wenn man als Bildungsträger von den Gemeinden Geld holen will. Je mehr man für die Menschen tun kann, desto besser wird ein Angebot dann auch wahrgenommen. Wenn Sie jetzt noch ein wenig die ländliche Kultur im Freistaat propagieren mögen, mit etwas konservativem Touch, gerne auch so in der ökologischen Richtung gegen ein zu streng gehandhabtes Gentechnikverbot gerichtet, dann haben wir da ein Drittel mehr Interessenten. So als Odeldiplom, beispielsweise. Da könnten Sie sogar Agrarsubventionen aus Brüssel bekommen.
Natürlich bieten wir auch wissenschaftliche Kurse an. Bayern ist als Standort ohne Wissenschaft nicht vorstellbar. Zum Beispiel der ganze Bereich Wirtschaftswissenschaften, da kommt man um die traditionellen praktischen Wertschöpfungsverfahren der bayerischen Gesellschaft gar nicht herum. Den Hoeneß, den könnten wir uns schon als Dozenten für den Bereich Steuern und Finanzen vorstellen. Nein, da sehe ich keine Interessenkonflikte. Wir achten selbstverständlich immer darauf, dass jeder Verdacht gleich im Vorfeld ausgeräumt wird. Die Kurse lassen wir die Hypo Real Estate bezahlen, da gibt’s keine Vetternwirtschaft. Alles bombensicher.
Doch, wir sehen uns schon in der Tradition des Humboldt’schen Bildungsideals. Sehr umfassend, die Geschichte fortschreibend, die eigenen Wurzeln unserer Kultur immer im Gedächtnis wahrend – in diesem Sinne können Sie die Maut eigentlich schon als historisch gewachsenes Leitkulturgut in den Unterricht bringen. Dass die noch in ferner Zukunft ein Gesprächsthema in der Bevölkerung unseres Landes sein dürfte, darüber sollten wenig Zweifel herrschen. Aber wir müssen eben an die einfachen Leute denken, die haben auch einen Anspruch auf Brauchtum. Sie können sich mit der Haderthauerin zusammentun, die macht bestimmt Modellbau für Fortgeschrittene. Und dann gibt’s ein Kombi-Paket mit der Merk in bayerischem Strafprozessrecht für Anfänger. Das schafft ganz schön Lokalkolorit!
Überlegen Sie sich das mit dem Kurs. Noch ist Söder Heimatminister für Bayern, aber wenn wir das in der ganzen Bundesrepublik installiert haben, dann könnte es zu einem Verdrängungswettbewerb kommen. Sie kennen das aus der Geschichte: wenn man mit der Leitkultur ernst macht, bleibt weder das eine noch das andere übrig. Und dann braucht man natürlich auch eine gewisse Planung. Womit wir wieder ganz am Anfang wären. Aber irgendwann wird es sicher so sein, dann werden wir als Bayern unser Brauchtum mit allem, was für eine gute Zukunft im geeinten Europa mit den postiven traditionellen Kräften, die den… Die CSU abschaffen? Ja, das klingt logisch. Das ist wirklich Heimatschutz.“
Satzspiegel