Schützenhilfe

28 08 2017

„Wir wollten eigentlich erstmal nur den Termin verschieben, so aus Servicegesichtspunkten. Sie beobachten uns ja schon ein bisschen länger, da wollten wir nicht, dass Sie das Interesse an uns verdienen, und wir sind auch echt ganz schön dicht dran, aber vorerst wird das wie gesagt nichts mit dem Banküberfall. So aus der organisatorischen Richtung und so.

Was soll man denn machen, wenn der Kumpel den Job verliert – der war nur Produktionskraft bei Schlump & Söhne, aber mit den Schichtzulagen hat das immer gereicht für die Übungsmunition, und irgendwie muss man im Geschäft bleiben. Und da kam uns dann die Idee, dass wir auf eine erprobte deutsche Tradition setzen. Subventionen. Wenn es ohne nicht geht, geht es eben mit. Das ist bei den Banken nicht anders, eine Fluggesellschaft hatten wir auf die Schnelle nicht pleitegehen lassen können, ohne sie vorher zu gründen – man muss ja seit Jahren bis zum Hals in der Scheiße stecken, um für so eine Fusion grünes Licht zu kriegen – und da haben wir uns einen Trick überlegt: nichts tun. Gar nichts. Einfach die Füße still halten, die drohende Insolvenz in eine massive Verschleppung abgleiten lassen, und wenn die Justiz kommt, sind natürlich die anderen schuld. Alle anderen. Wie gesagt, wir haben uns als Familienunternehmen seit 1973 auf Bankraub spezialisiert, wir bilden auch selber aus, um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken, und trotzdem sind wir bei der aktuellen Auftragslage echt machtlos. Da geht gar nichts mehr.

Da kam uns organisatorisch so viel dazwischen. Und finanziell. Und dann musste Hotte wegen der Sache mit dem Typen mit Migrationshintergrund, also eine Prügelei war es nicht direkt, er hatte ja ein Messer dabei, aber er ist jetzt nicht mehr dabei. Das Arbeitsamt schickt einem da nicht die Leute mit den richtigen Qualifikationen, und dann haben wir überlegt, ob wir das privatisieren oder eventuell als öffentlich-rechtliche Partner, oder wie das heißt, und dann könnten wir… – Autobahn? Nee, wir sind doch keine Nazis!

Ach so. Das geht? Also das ist noch nicht ganz klar, ob das rechtlich überhaupt möglich ist? Naja, wenn die Bürger dagegen sind, dann… – Ja, ist bei Bankraub auch so, da haben Sie recht. Im Zweifel handelt es sich beim Kapital zwar um die Kohle der Kapitalisten, aber ohne Parteibuch und Thermomix sind es ja meist auch Bürger. Und wenn wir jetzt eine Aktiengesellschaft, oder reicht das, wenn es mit Maut, ach so. Das geht? Dann machen wir das, und wenn das die Idioten bei der CSU schaffen, ist das für uns sicher kein Problem. Wir haben ja schon etwas länger Erfahrung mit der Wirtschaft und mussten nicht immer jahrlang im Parlament üben.

Klagen können wir, das ist leicht. Wir müssen auf die Freuden des Alltags verzichten, um das Bier und die Schnitzel – ach, das war anders gemeint? Kein Problem, wenn Dobrindt meint, wir klagen, klagen wir eben. Wir haben uns an die Vorgaben des Bundes gehalten, vielleicht haben wir auch ein paar Vollidioten beschäftigt – wenn man Waffen für den Regionaleinsatz kauft oder Aushilfspersonal rekrutiert, kann man nicht immer darauf achten, ob die Leute vorher mal bei einem Bundesministerium eingestellt waren – sonst haben wir immer alles korrekt gemacht. Deshalb können wir heute auch Schützenhilfe verlangen.

Das heißt, wir verlegen jetzt unser Unternehmen in die Branche Straßenraub? Und dann gründen wir eine Partnerschaft und lassen uns finanzieren, um zu beweisen, dass wir viel kostengünstiger sind als die bisher bekannten Finanzierungsmodelle ohne Straßenraub? Verstehe. Und dann drohen wir mit Konkurs, richtig? Aber dafür müsste unsere Firma ja erst mal pleite sein, wie kriegen wir denn das hin? Macht alles Dobrindt? Das klingt gut.

Und unsere Rechtsabteilung schließt dann einen Vertrag? Gut, das bekommen wir vielleicht auch noch hin. Und wir sind vertraglich verpflichtet, uns nicht an den Vertrag zu halten? Also wenn uns der Vertrag nicht mehr passt, weil wir die Einnahmen in der Zwischenzeit alle verjubelt haben, wollen wir mehr Geld haben? rückwirkend? Unter Berufung auf den Vertrag? Ich will ja nicht meckern, aber wir sind ja damals in den Bankraub gegangen, weil das ein sauberes Geschäft ist. Da macht man sich nicht die Finger schmutzig, es ist mit einer gewissen Ehre verbunden, und der Erfolg war verhältnismäßig gut planbar. Meinen Sie, das kriegt man mit so einem Business-Modell auch auf die Reihe?

Wir müssen nur unsere Erwartungen etwas in die Höhe schrauben? Also eine Verdoppelung von jetzt auf gleich? Das hat Ihnen auch der Dobrindt erzählt, ja? Und das unternehmerische Risiko ist gleich null, weil wir immer dann, wenn wir keinen Straßenraub, ich meine: keine Einnahmen, dann wird uns alles vom Staat gezahlt? Das ist clever. Das ist so bescheuert, darauf muss man erst mal kommen. Ich frage am besten gar nicht nach, wer sich das ausgedacht hat. Oder nein – lassen Sie mich raten!“