„Nicht der Sturm, das ist doch in ein paar Tagen vorbei, dann zieht die Feuerwehr ab, man kann sich jahrelang mit den Versicherungen herumschlagen, weil die plötzlich merken, dass sie Kunden haben, aber da geht’s doch wenigstens mal voran! Also beim Sturm. Aber in der SPD?
Ja, hier ist auch alles kaputt. Die meisten hatten sich den Klimawandel ganz anders vorgestellt – den gesellschaftlichen, aber das ist dasselbe. Es wird eben nicht leichter, wenn man jederzeit damit rechnen muss, dass da eine Flut über uns schwappt, die alles mit sich reißt. Ein richtiger Kanzler hätte ja Gummistiefel getragen, aber Schulz zieht sich höchstens die Jacke aus. Überhaupt frage ich Sie, was wollen wir denn mit so einem Vorsitzenden anfangen, der einem vorher erzählt, warum man die Wahl auf alle Fälle gewinnt, und der hinterher genau weiß, warum wir sie verloren haben?
Kommunikationspolitik. Die SPD braucht jetzt mehr Kommunikationspolitik, das heißt doch: noch einen Festredner, der Lila vom Himmel verspricht, oder nicht!? Man kann doch nicht immer die anderen dafür verantwortlich machen, wenn man auf die Schnauze fliegt – stellen Sie sich mal vor, das wäre als Grundsatz der Hartz-Gesetze durchgekommen, dann hätten wir heute aber ein Grundeinkommen, dass dem Schröder die Augen tränen! Überhaupt Kommunikation, das kann doch nicht das Ende der Sozialdemokratie sein, dass sie jetzt erst bemerken, dass sie mit ihren Wählern seit zwanzig Jahren nicht mehr geredet haben? Ach so, das Ende war schon. Dann habe ich nichts gesagt.
Die machen da oben so weiter wie bisher, da wird ein konservativer Ausleger aus dem Wirtschaftsflügel durch einen konservativen Ausleger des Wirtschaftsflügels ersetzt – es gibt ja manchmal Überraschungen, zum Beispiel, dass die sich das überhaupt trauen – und dann hat sich auf einmal alles geändert. Hat es sich auch, weil ja von der Weiter-so-Strategie seit dem Wahlabend nie die Rede gewesen war. Dass diese Partei wie kaum eine andere für inhaltliche Konsistenz steht, das wird ja gemeinhin stark unterschätzt, und dann auch noch von den Falschen. Schade eigentlich.
Haben Sie sich eigentlich mal gefragt, warum die SPD gerade flächendeckend in die Knie geht? Die reden über die Veränderung, die das Land so dringend braucht, und werden trotzdem nicht Kanzler? Eben, die reden darüber, aber das wär’s dann auch gewesen. Die versprechen einen tief greifenden Prozess der Erneuerung, aber alles, was sich erneuern wird, greift tief in die… nee, lassen wir das mal.
Wir können doch nicht auf den Wiederaufbau West warten, bis die SPD mal wieder in einer Regierung vertreten sind, und zwar so, dass es den Namen auch verdient? Schauen Sie, das hier sind ja offiziell noch keine richtigen Orkane, das sind ein paar kräftig ausfallende Herbstwinde – der eine knickt ein, den anderen muss man umsägen, weil er es alleine nicht schafft, die Schäden sind alles andere als angenehm, aber zum Glück recht schnell beziffert – aber dann überlegt man sich doch auch mal, woher das alles kommt und was man beim nächsten Mal dagegen tun wird? Das mit den Gummistiefeln hatten wir schon, lassen Sie mich mit dem Kram gefälligst in Ruhe!
Kapitalismuskritik! das haben Sie doch auch gehört? Kapitalismuskritik, da hätte es mir fast die Schuhe ausgezogen! Kapitalismuskritik, das hört sich aus dem Munde eines Sozialdemokraten an, als ob der Metzger die Fleischwurst unter Naturschutz stellen will! Kapitalismuskritik! Haben Sie dem erzählt, dass das Geld nachwächst, wenn man es nur gründlich genug abschafft? Sie hätten es ihm vor zwei Jahren erzählen sollen, mit etwas Glück hätte er es nach einem Jahr verstanden. Erklären Sie dem Mann bloß nicht die soziale Marktwirtschaft, der ist imstande und will sie mit Neuwahlen durchsetzen!
Das ist eben das Problem mit der Gründung einer neuen Existenz – Sie finden ein einigermaßen preiswertes Grundstückchen, das liegt vielleicht am Fluss, vielleicht auch direkt am Wasser, das ist deshalb so preiswert, weil es diverse Nachteile hat, die verkauft man Ihnen aber gleich als Vorteile, mit Ausnahme der Versicherung, die müssen Sie abschließen, die Prämien sind hoch, und dann wird Ihnen irgendwann klar: im Vertrag steht drin, dass die nie auch nur einen Cent werden zahlen müssen, weil sie sich dagegen abgeschottet haben. Und dann warten Sie, ob als erstes der Fluss über die Ufer tritt oder der Sturm kommt. Erdrutsch geht auch, aber das interessiert wieder die Versicherung nicht. Die wollen nur wissen, ob die Ihnen wegen eines nicht verschuldeten Schadens die Beiträge verdoppeln können. Und dann sitzen Sie da und denken sich: was hätte man anders machen können? Hätten wir vielleicht der Versicherung gegenüber klarer kommunizieren können, dass wir den Vertrag nicht aus Spaß geschlossen haben? oder dass wir uns auf das geltende Recht beziehen?
So, und jetzt machen Sie hier bitte man in den Ecken sauber. Der Fraktionsvorsitzende hat sich neulich schon beschwert, man kann hier ja gar nicht die Hosen herunterlassen. Arbeiterpartei hin oder her – solange wir hier Ihr Gehalt zahlen, kann man vom Fußboden essen, war das klar?“
Satzspiegel