Selbstgeworfen

31 01 2018

Der Sport, so befand einst Peter Bamm, ist ein sehr vernünftiger Versuch des modernen Zivilisationsmenschen, sich die Strapaze künstlich zu verschaffen. Sahen wir doch im jüngsten Freitagstexter die Selbstgeworfenheit des Homo ludens in ausgiebiger Selbstbespiegelung, Mensch und Ding in Bewegung, einander Sinn verschaffend. Und vermutlich hätte das Bild auch ohne eines der beiden Bestandteile wenig hergegeben.

Ballspiele gehörten seit je zum Inventar der Menschheit, bei manchen ging es um Leben und Tod – bei etlichen heute geht es eher nur noch ums Geld – oder um die Ehre. Oder, Muggel-Quidditch nicht zu vergessen, um die Möglichkeit, mit einer Socke in der Hose und einem Besen zwischen den Beinen über einen Acker zu stolpern und dabei wie ein entlaufener Knalldepp auszusehen.

Etwas leichter verständlich ist da die Neigung der Basken, sonntags die Kirche aufzusuchen. War man schon einmal da, konnte man auch gleich ein paar Gummibälle gegen die Wand schmettern. Ohne dieses neumodische Zeug, das angeblich gegen Glas- und Knochenbrüche helfen sollte. Ein Sport mit Gottvertrauen. Und daher, obwohl leider linklos, geht das bronzene Bällchen an hubbie.

So, ihr Cesta Punta Weicheier, ein echter Baske spielt Pelota a mano!

Wo wir, Kirchenwand hin oder her, auch wieder dicht an der Metaphysik sind. Um die es im Sport ja eigentlich immer geht. Transzendenz. Rausch. Die Frage nach der Existenz eines Fußballgottes. (An dieser Stelle hätte ich ein mittleres fünfstelliges Honorar einstreichen können für eine Abhandlung, warum Lothar Matthäus Bundestrainer werden muss. Geschenkt.) Wen sonst könnte man fragen als einen der großen amerikanischen Philosophen, der eher als Regisseur bekannt wurde. Die silberne Kugel – leider auch hier ohne Bloglink – für den Beitrag von schlabonski:

Ja, okay, Chaplin hatte die Erde, aber ich habe immerhin den Mond.

Die alten Fragen lassen sich nicht länger ausblenden, sie zeigen sich aktueller als je in der sportlichen Betätigung. Woher kommen wir? Wer sind wir? Wohin gehen wir? Gibt’s da wenigstens Bier und ausreichend Sitzplätze? Die Vorstellungen werden ja auch hier immer individueller, der Fantasie sind keinerlei Grenzen mehr gesetzt, und husch! befindet man hinter dem Spiegel.

Wie schnell sich dann alles wandelt. Eben noch Objekt der höchsten Begierde, ist die Holde nun lediglich störendes Beiwerk. Ihr Spielzeug wollte das alte Lurchgesicht. Vielleicht noch mal von ihrem Tellerchen essen. Aber keine Intimitäten. Gut, dann so. Das goldene Spielgerät, wie passend, gebührt diesmal dem Wortmischer.

Nachdem der Froschkönig als schöner Prinz von der Wand gefallen war, durfte er für den Rest seiner Tage mit der jüngsten Königstochter und ihrer güldenen Kugel spielen.

Herzlichen Glückwunsch! Am Freitag, den 2. Februar trifft sich die Freitagstexter-Tafelrunde wieder beim Wortmischer. Bitte tragen Sie nichts Grünes. Nur zur Vorsicht.





Einsatzwirtschaft

31 01 2018

„Das verstehen Sie also unter ‚Fluchtursachen bekämpfen‘?“ „Es hat etwas mit Bekämpfen zu tun, das stimmt.“ „Aber nicht mit den Fluchtursachen.“ „Mittelbar.“ „Wenn, dann überhaupt nur unmittelbar.“ „Das verstehen Sie falsch. Syrien kriegt doch gar keine Waffen von uns.“

„Deutschland liefert Waffen an die Türkei.“ „Das ist unter Bündnispartnern doch nicht weiter verwerflich, oder?“ „Es ist aber sicher nicht gerade zielführend, wenn die deutschen Panzer in Syrien eingesetzt werden.“ „Es handelt sich dabei um einen inneren Konflikt, da sollten wir uns nicht einmischen.“ „Einen grenzüberschreitenden inneren Konflikt.“ „So gesehen ist das eine Fluchtursache, ja. Aber die wird natürlich von der Türkei zu verantworten sein, deshalb sollten wir sie als Bündnispartner möglichst stabilisieren.“

„Das ist doch eindeutig völkerrechtswidrig, da darf Deutschland auf keinen Fall mitmachen.“ „Wir können doch den Kurden jetzt keine Panzer liefern, das wäre eine Einmischung in einen bewaffneten Konflikt.“ „Und was ist das jetzt?“ „Wir haben die Waffen an die türkische Regierung geliefert.“ „Wo ist denn da der Unterschied?“ „Gibt es etwa eine kurdische Regierung?“

„Hatte nicht Außenminister Gabriel eindeutig gesagt, dass es keine Waffenlieferungen an die Türkei geben dürfe?“ „Vielleicht hatte er sich gerade erinnert, dass er mal Wirtschaftsminister gewesen war.“ „Das entschuldigt nichts.“ „Das ist richtig.“ „Das führt uns auch nicht weiter.“ „Das ist auch richtig. Aber sehen Sie mal, dass wir den Türken Waffen liefern, liegt nur daran, dass wir zu ihnen wieder so ein entspanntes Verhältnis haben. Das war ja nicht immer so.“

„Ihnen ist schon klar, dass wir damit den Kampf gegen islamistische Terroristen nachhaltig schwächen?“ „Das ist eine innere Angelegenheit der Türkei, die wir damit gleichzeitig stärken.“ „Damit sie die Kurden bombardieren, die die Nato als Verbündete betrachtet?“ „Sie müssen dabei natürlich beachten, dass die Türkei außerhalb der Bündnisgrenzen operiert. Da gelten dann andere Maßstäbe.“ „Man muss deutsche Waffen also nur außerhalb der Nato einsetzen, dann sind sie nicht mehr völkerrechtswidrig?“ „Das ist so nicht richtig, aber für die deutschen Waffenexporteure ist das sowieso nicht relevant.“ „Weil die sich nicht ans Völkerrecht halten müssen?“ „Wir sind Exporteure, da achten wir natürlich in erster Linie auf grenzüberschreitende Einsatzgebiete.“

„Was machen wir denn jetzt, wenn die Lage eskaliert?“ „Das könnte uns tatsächlich vor eine schwer zu beurteilende Situation stellen.“ „Ach was!“ „Sehen Sie, die deutsche Rüstungsindustrie ist eine der leistungsfähigsten der Welt, aber auch wir stoßen irgendwann an unsere Grenzen. Und wir wollen den Waffenbrüdern nicht freiwillig den Weg zu anderen Anbietern ebnen, wenn Sie verstehen, was ich meine.“ „Sie interessiert lediglich der Absatz, nicht der Einsatz.“ „Naja, es heißt ja auch Absatz- und nicht Einsatzwirtschaft.“

„Haben Sie sich mal Gedanken gemacht über die Folgen im internationalen Kontext?“ „Wir müssten notfalls eine Kooperation mit Russland eingehen, wenn sich die USA nicht zur Verfügung stellen.“ „Unsinn, der UN-Sicherheitsrat berät schon über diese Offensive.“ „Das ist gut, die wollen meistens nur spielen. Die tun nichts, außer einer Resolution hier und da, aber Blauhelme wird da keiner schicken. Immerhin ist die Türkei ein zuverlässiger Bündnispartner.“ „Die EU-Außenbeauftragte geht die Wände hoch.“ „Da können Sie mal sehen, was eine vorausschauende Europapolitik für positive Effekte haben kann. Die Türkei ist immer noch nicht in der EU, also müssen wir uns über etwaige Sanktionen nicht den Kopf zerbrechen.“ „Und die Folgen der Militäroffensive fallen einfach so unter den Tisch?“ „Das wollen wir mal nicht hoffen. Mit etwas Glück hält der Konflikt noch ein bisschen an.“

„Ihr Zynismus kotzt mich an.“ „Schauen Sie, die Steuern…“ „Die Sie hinterziehen.“ „… muss Deutschland erstmal verdienen. Und dann geht es natürlich auch noch um Arbeitsplätze und um die internationale Stabilität.“ „Wo sehen Sie die denn?“ „Wenn Sie sich die Türkei ansehen, einen stabileren Krisenherd werden Sie in Europa oder in der Nato nicht finden.“ „Dass es sich dabei um einen Stellvertreterkrieg handelt, in dem die westlichen Mächte langsam wieder in eine Konfrontation mit Russland driften, dürfte Ihnen sicher entgangen sein.“ „Keinesfalls. Aber so weit wollen wir noch nicht vorgreifen – Sie wissen, die Rohstoffpreise sind volatil, wir können jetzt noch keine Angebote schreiben für die nächste Phase.“

„Sie werden sehen, das fällt uns allen auf die Füße.“ „Wir arbeiten zur Friedenssicherung, haben Sie das vergessen?“ „Wohl eher im Auftrag der Rüstungsindustrie.“ „Aber nein, Sie müssen doch an die Folgen der internationalen Konflikte denken, das haben Sie selbst gesagt.“ „Die Folge wird sein, dass wir mehr islamistischen Terror in Europa haben, weil wir die Feinde des IS beseitigen. Wenn demnächst in Deutschland die Sprengsätze detonieren, sind Sie schuld daran.“ „Eben. Und was meinen Sie, wo genau trainieren wir denn die Bundeswehreinsätze im Inneren?“





Ausschussverwertung

30 01 2018

„… die deutsche Kultur entideologisiert werden müsse. Die AfD werde durch den Vorsitz im Bundestagsausschuss erreichen, dass die deutsche Kulturproduktion keine politisch schädlichen Inhalte mehr…“

„… das Demokratieverständnis der Rechten nicht ausschließe, dass sie als Vorsitzende auch bestimmen dürften, was Demokratie sei und was nicht. Es müsse klar sein, dass die Partei durch ihre Mehrheit im Gremium auch bestimmen könne, was deutsch und was…“

„… der stalinistische Mainstream bereits geschafft habe, allgemein etablierte Begriffe wie völkisch in ein ideologisch falsches Licht zu rücken. Dies sei für den Bestand der reinblütig deutschen und…“

„… müsse die Kulturförderung abgeschafft werden. Deutsche Kultur sei in Zukunft nur noch, was aus der deutschen Rasse und ihrem in tausend Jahren bezeugten Willen, die Vorherrschaft über alle minderwertigen…“

„… die Beschäftigung mit großer deutscher Kunst schon im Schulunterricht anfangen müsse. Meuthen könne nicht entdecken, dass das Werk Hitlers nicht ebenbürtig mit den Bildern eines…“

„… den Tanz von der Bevormundung durch die angloamerikanischen Choreografen befreien wolle. Es habe Deutschland nicht geschadet, dass ein aus Blut und Boden erstandenes Ballett auch in den Jahren der wirtschaftlichen Schwierigkeit vor dem Ende des Krieges eine eigene und autonome…“

„… Fördergelder nur noch da verteilen wolle, wo sich die Preisträger inhaltlich zum Deutschtum als ideologiefreiem künstlerischem Programm bekannten. Damit werde die erinnerungspolitische Wende der…“

„… auch Museen und Bibliotheken betreffe. Es müsse nicht jede Art von Literatur oder bildender Kunst aufbewahrt werden, nur weil sie von Personen, denen man die deutsche Staatsbürgerschaft nicht habe aberkennen können, so dass sie fälschlicherweise zum Erbe des…“

„… was von der AfD weiterhin als deutsche Kultur betrachtet werde, lediglich als eine Form von Ausschussverwertung zu…“

„… beispielsweise Kunstwerke muslimischer Schöpfer von der linksgrünen Bundestagsmehrheit nur genutzt werde, um die deutsche Nation gezielt zu vernichten. Die AfD wolle schon durch das Verbot arabischer Beschriftungen im öffentlichen Raum eine schädliche Wirkung auf das…“

„… Schweinebraten und Alkohol als deutsche Kulturleistungen mehr gewürdigt werden müssten. Eine praxisorientierte Definition von Kultur sei daher unabdingbar und brauche für eine…“

„… entgegen einer Beschlussvorlage nicht Aufgabe eines Bundestagsausschusses sei, durch ein Gesetz zu erklären, was in Deutschland als Kultur gelte und was dagegen keine…“

„… jährlich einen Leni-Riefenstahl-Preis für ideologiefreies Deutschtum verleihen wolle. Die Mitgliedschaft in der AfD sei dafür nicht zwingend, könne sich aber entscheidend auf die…“

„… überhaupt noch nicht darüber beraten habe, ob jüdische Kultur zum Deutschtum zuzurechnen und damit förderungswürdig sei. Der Ausschuss werde daher die historischen Fachkräfte Höcke und Gedeon für ein Rechtsgutachten zum…“

„… sei der natürliche Stolz auf die Zugehörigkeit zur deutschen Rasse genetisch bedingt und löse nur in entarteten Personen einen Widerwillen gegen ideologische Überzeugung aus, was sich einfach durch eine Trennung in echte Volksgenossen und minderwertiges…“

„… die künstlerische Darstellung des Deutschen sich schon immer durch eine Erhabenheit gezeigt habe, die anderen Völkern fehle. Allenfalls die aus der Ostmark stammenden Schöpfer seien jemals in der Lage gewesen, die Sendung des Deutschtums zur Rettung vor dem Kulturbolschewismus…“

„… schon daran sehe, dass die Mehrheit des Volkes undeutsch-verderbte Kulturerzeugnisse konsumiere, während die echte nationale Kultur nur von einer Elite verstanden werde. Es sei folglich die demokratisch legitimierte Aufgabe der Alternative, diese Mehrheit in ihrem eigenen Interesse zur…“

„… die russische Kultur nicht automatisch als Feindbild sehen dürfe. Man müsse diese behutsam zu einer Synthese mit dem deutschen Bildungsgut führen, wie sie beispielsweise im nationalen und sozialistischen Realismus der 1940-er Jahre und…“

„… dass Antirassismus zwingend zum deutschen Kulturgut zähle, wenngleich vor allem die Ablehnung der deutschen Rasse bekämpft werden müsse, die mit allen möglichen Mitteln der legalen oder…“

„… dürfe nicht mehr die Reinerhaltung der deutschen Kultur im Bundestag fordern. Die AfD wehre sich vehement gegen diese Zensur, die sich nicht mit der verfassungsmäßig garantierten…“

„… aber zunächst eine Bundeskulturkammer einrichten wolle, die die Zulassung der einzelnen Kulturschaffenden in Deutschland kritisch…“

„… eine vollkommen absurde Vorstellung sei. Jeder Nationalsozialist wisse, dass man die Kultur nur durch langsames Infiltrieren rechtsradikaler Inhalte verändern könne, nicht aber durch unzusammenhängendes Geschrei ohne Sachkenntnis. Der Vorwurf, die AfD wolle eine Umwälzung der deutschen Kultur, ist demnach eine nicht zu…“





Rotz

29 01 2018

„Alexander! Dieses Drecksbalg macht mich noch porös, ich möchte dem Jungen nur einmal ordentlich eins auf die… –

Ja, Sie finden das witzig, aber wir wollen das mit normalen sozialpädagogischen Mitteln machen, und dann kriegen Sie mal einen Jungen aus einem Nazihaushalt wieder hingebogen. Der zieht hier von Tür zu Tür und pinkelt den Leuten in die Eingänge und schmiert denen an die Fassade: Ihr gehört nicht in die Nachbarschaft. Alexander, kommst Du weg von dem Bernd! Kommst Du weg von dem, der ist ja noch viel rechter als Du!

Da sagen Sie alle, Kinder sind unsere Zukunft, dann will keiner Verantwortung für sie übernehmen, und irgendwann liegen sie alle im Brunnen. Und vergiften ihn wahrscheinlich auch noch. Komm da weg! Dieser Junge malt unpolitische Hakenkreuze, das muss man sich mal vorstellen, das kann doch nicht nur an den Eltern liegen. Aber wie das so ist, das findet ja auch immer noch Spielkameraden. Die Wiebke von gegenüber, dreimal von der Schule geflogen, sie war natürlich nie schuld, auf der Entschuldigung für den Schwimmunterricht die Unterschrift vom Vater gefälscht, ist dann auch gleich aufgekippt, aber sie hat gesagt, es sei nationale Notwehr gewesen. In Wahrheit ist sie in der Zeit durch die Supermärkte gezogen und hat deutsches Obst geklaut. Das soll unsere Zukunft sein? dieser Rotz!?

Der Junge räumt ja nicht mal sein Zimmer auf, und dabei sagen die vom Jugendamt immer, sie legen großen Wert auf autoritäre Erziehung. Das ist doch lächerlich! Alexander, Du sollst nicht immer diese Reichskriegsflagge aus dem Fenster hängen, das ist nicht unpolitisch, und wenn Du Ärger mit der Polizei hast, dann ist auch nicht die Polizei daran schuld. Die Geschichtsklassenarbeit hat er auch geschwänzt. Und dann hat er dem Lehrer erzählt, es gibt doch wohl ein deutsches Reich, und wenn er das nicht schreiben darf, dann sei das eine Einschränkung seiner Meinungsfreiheit und werde Konsequenzen haben für das Beamtenverhältnis der Lehrkraft. Er hat sich vor den hingestellt und gesagt, er wird ihn von der Schule jagen. Das müssen Sie sich mal vorstellen.

Dabei wollten die Nazis selbst Vormundschaften für Flüchtlinge haben. Ich frage mich: warum? Wenn Sie bei denen aufwachsen, ist es ja kein Wunder, wenn Sie ganz automatisch ein krimineller Ausländer werden. Oder denken Sie, die backen sich jetzt ihre Quotenneger für die AfD?

Im Gegenteil, wir müssen uns ja anhören, wir würden das ausschließlich des Geldes wegen machen. Wenn ich etwas nur wegen des Geldes wegen machen würde, kann ich ja gleich in die Partei eintreten. Dabei haben wir den ganzen Ärger, weil wir verantwortlich sind für diese Kinder. Alexander, das ist Schmutz, schmeiß das weg! Muss ich Dir immer hinterherputzen? Die nehmen jeden Scheiß mit, den sie auf der Straße finden. Gucken Sie sich den Knaben an. Von oben bis unten braun. Es ist zum Kotzen.

Er kann ja nicht mal Radfahren, kein Wunder, der ist auf dem rechten Auge sehgeschädigt. Hat einem vorher auch keiner gesagt. Das Problem ist ja, es ist nicht das Auge. Er hat was am Kopf. Dass das Kind sonderpädagogische Maßnahmen braucht, sagt einem auch keiner. Aber damit ist es auch nicht getan. Manchmal braucht dieses Kind ganz einfach einmal richtig aufs… –

Man kann jeden Tag irgendwas Neues finden, KZ-Brettspiele, Teddybär mit Hitlerbart, das ganze Programm. Irgendwann ist dann die Geduld am Ende bei einem, dann rutscht einem die Hand aus, und wissen Sie, was dann passiert? Nichts. Die kennen das. Die finden das auch nocht gut.

Alexander, lass das! Du bist nicht hart wie Kruppstahl, Du bist ein Weichei, und ich will das jetzt nicht mehr sehen! Meine Güte, dieses verfluchte Scheißbalg, warum haben die damals nur das Kind weggeschmissen und die Nachgeburt aufgezogen? Wobei, es geht immer noch schlimmer. Die von nebenan haben sich die kleine Beatrix ins Haus geholt, ein Satansbraten. Uglaublich, was das Gör für ein Menschenbild eingetrichtert bekommen hat. Dass sie immer mit Gretelzöpfen herumläuft und ständig ‚Deutschland, Deutschland‘ kräht – geschenkt. Das haben Sie ja inzwischen in jedem sozialistischen Haushalt, der gerade auf die Bundestagswahl zusteuert. Aber wie dieses Mädel die Klassenkameraden anguckt! Die ist eben erst in die Pubertät gekommen, und schon poussiert sie mit dem dümmsten Arschloch der Schule herum. Zuchtwahl, sagt sie. Man kann mit dem rassereinen Nachwuchs nicht früh genug anfangen, sagt sie. Die genetische Disposition ist bei der Knalltüte am besten, weil er eine untherapierbare Störung der Impulskontrolle hat. Wegsperren mussten sie das Kind. Die wäre sonst mit dem Luftgewehr auf die eigenen Eltern losgegangen – weiß der Henker, wie sie an das Ding gekommen ist, aber das sage ich Ihnen: die hätte geschossen. Sofort.

Was hat er denn jetzt schon wieder angestellt? Mit dem Roller den Bahndamm hinunter? Und Sie haben ihn im letzten Augenblick aus dem Gleisbett gezogen? Warum denn? Als Mutprobe? Weil sich ein deutscher Junge nicht fürchtet, wenn der Zug kommt? Warum bloß? Nein, Sie haben das nicht richtig verstanden – warum haben Sie das kleine Arschloch da rausgeholt?“





Heimwerken. Ein Sonett

28 01 2018

für Robert Gernhardt

Man sollte viel mehr sägen, dübeln, bohren.
Das ist ein Beitrag, alles zu verbessern,
was sich mit Winkelschleifern und mit Messern
nicht lösen lässt, denn es ist bald verloren.

Uns kommt voll Wehmut je um je zu Ohren,
das Werken ist ein Werk schon von Vergessern,
die sich mit Wissen an dem Ding professern,
statt heiter murksen wie die reinen Toren.

Hier wird der Span genagelt an die Wände,
hier ist mit holder Anmut bald ein Ende.
Doch hält es für und für und bleibt ein Graus,

beleidigt die ästhetischen Gemüter,
Beständigkeit der allerersten Güter,
Hauptsache ist: es sieht recht scheiße aus.





In fünf Zeilen um die Welt. Limericks (CCCLXXVII)

27 01 2018

Wenn Stefi, Frisörin in Baar,
den Kundinnen schneidet das Haar,
mit Kämmen und Scheren,
bleibt’s nicht beim Beschweren –
so manche ist hinterher bar.

Steht Gwyn sonntags auf in Haasts Bluff,
fühlt sie sich bis mittags noch schlaff.
„Es reicht“, spricht die Gute,
„wie ich es vermute,
dass ich aus dem Fenster raus gaff.“

Es nimmt Csaba sich oft in Jink
am Morgen schon den ersten Drink.
„Man muss dann bemerken,
die ersten, die stärken,
weil ich danach viel schneller trink.“

Ljudmila, die schätzt in Progress
nach Metern. „Denn nämlich: ich mess,
und schon nach Minuten
passiert’s, dass die guten
Ergebnisse ich schon vergess.“

Es fühlte sich Donát in Bohl
beim Essen noch ausnehmend wohl,
dann kam er ins Schwitzen
und konnte kaum sitzen.
Es waren auch drei Gänge Kohl.

Dass Yamina sich in Bougous
die Stiefel beschmierte mit Ruß,
war sowohl ästhetisch
verkehrt als kosmetisch –
sie schwärzt en passant auch den Fuß.

Wer Eszter kennt, jene aus Koppen,
der weiß, sie wird jeden mal foppen.
Sie ist ungebührlich,
doch foppt sie ausführlich
und ist dabei fast nicht zu stoppen.





4T4

26 01 2018

Freitagstexter

Haben wir es wieder einmal geschafft. Der Freitagstexter gibt sich die Ehre, unsere Veranstaltung des gepflegten Denksports an der Schwelle zum Wochenende, gerne mit putzigen Bildern historischer Menschen, Tiere und ähnlicher Objekte des täglichen Bedarfs. Herzlich willkommen!

Fast wären wir angesichts von nehalennias Gartenbau ins Hintertreffen geraten. Obwohl das Bild, desgleichen das Motiv, von hinten heraus einiges an Spannung besaß. Durchaus Gründe genug, sich der körperbetonten Betätigung in angemessen akzentuiertem Textil auch weiterhin zu widmen, immer dessen eingedenk, dass sich der Sinn, von der Schönheit einmal zu schweigen, meist erst im Auge des Betrachters manifestiert.

Müßig zu sagen, dass diese vollkommen freie Interpretation zum Ausgleich natürlich ein strenges, ja ehernes Regelwerk erfordert, das nur in einem Punkt den Teilnehmenden eine gewisse Freiheit zubilligt: man kann es auch ignorieren. Nichts aber würde dies schmälern, was sich in des Wortmischers Formulierungen niederschlägt, die Aufforderung, selbst zu denken. Was ja ab und an auch schon durch Seltenheitswert auffällt.

Bis am Dienstag, den 30. Januar 2018 um 23:59 Uhr jene nach stundenlanger Analyse und einem Kolloquium mit der Teekanne gewählte Abbildung wieder mit einem unten gerafften Samttuch (zwei Troddeln, schwere Qualität, niederländisches Erzeugnis) verhängt wird, ist einiges an Zeit. Ich erwarte zwischendurch keinerei Besuch und werde solchen auch nicht empfangen, unter der Türklinke klemmt passgenau eine Stuhllehne (Nussbaum, spätes Empire, aber inzwischen mehrmals lackiert). Ich lasse mich da nicht hetzen.

Und hier nun ist das Bild, eine in der New York Public Library zu entdeckende Fotografie aus der Kamera eines heute gänzlich unbekannten Künstlers. Wer klickt, macht’s groß.





Volksgesundheit

25 01 2018

„Jedenfalls haben Sie das gute Gefühl, durch Ihr Engagement noch einmal dem deutschen… also dem Volk, das heißt: den Personen, die Ihre Mitmenschen, so rein theoretisch jedenfalls, die könnten ja Ihre Nächsten sein, und denen tun Sie nun etwas Gutes. Immer vorausgesetzt, Sie sind vorher abgekratzt.

Ja, man muss das anscheinend heute extra erwähnen. Organspende ist ein schwieriges Thema, das kriegt man auch durch tolle TV-Spots nicht so wirklich hip, wir haben jedenfalls unsere Probleme damit, und die Zahlen werden jedes… also die Zahl der Organe, die Menge, wenn Sie so wollen, das ist die Zahl der Spender, die sich zur Verfügung gestellt haben, die ist natürlich entscheidend. Und da sehen wir einen Rückgang. Das kann auch sehr gut gesellschaftlich interpretiert werden, wir leben in einer Spaßgesellschaft, mit einer Organspende verbinden die meisten halt keinen Spaß. Jedenfalls nicht für sich selbst.

Wir haben da klar auf den Solidargedanken gesetzt, wie wir das als Gesellschaft häufiger schon versucht haben, beim Arbeitslosengeld, bei der Pkw-Maut – ist jetzt nicht so gut gelaufen, ich tippe mal, dass wir da kommunikative Defizite hatten, weil die meisten Betroffenen da gar nicht so mitgegangen sind. Wobei, als Betroffener für eine Organspende ist man natürlich immer solidarisch, jedenfalls passiv… also wenn Sie ein Spenderorgan bekommen, dann sind Sie aktiv solidarisch, und das ist auch ganz gut so, weil Sie dann etwas für die Volksgesundheit tun können. Aber ansonsten lösen wir unser Problem natürlich auf deutsche Art. Es gibt erstmal eine Datensammlung, und dann sehen wir mal, was man damit anfangen kann.

Spenderdatenbank, das war uns persönlich dann zu schwierig. Sie kennen ja die Einwände, die von Datenschützern erhoben werden. Die sehen dann dreitausend Datensätze mit potenziellen Lebern, so war das ja auch mal… also jedenfalls nicht als Einkaufszettel, wenn Sie das so verstehen, aber das ist auch zu gefährlich. Da stehe ich dann drauf als Nierenspender, und schon habe ich einen Unfall. Gut, nicht ich, ich bin privat versichert, da werde ich eher Empfänger, aber rein theoretisch ist das natürlich möglich. Wir haben uns daher für eine andere Möglichkeit entschieden. Das Opt-out-Verfahren. Da werden Sie gefragt, und wenn Sie sich nicht ausdrücklich gegen eine Spende entschieden haben, sind Sie automatisch solidarisch mit denen, die sich aktiv an der Verbesserung der Volksgesundheit beteiligen. Wir haben nur noch ein Austrittsregister. Immer vorausgesetzt, dass Ihre Austrittserklärung uns auch erreicht hat. Und nicht zwischendurch irgendwie verloren geht.

Das machen wir aus Gründen der Solidarität, weil Sie als Nichtspender natürlich auch nicht aktiv an der Förderung der Volksgesundheit durch den Empfang eines Spenderorgans beteiligt sind. Das sind Sie als Spender natürlich auch nicht… also jetzt nicht automatisch, da müssen schon ganz bestimmte Voraussetzungen vorliegen, Sie sind ja als Spender ein kerngesunder Mitmensch, der sich solidarisch zeigt, und wenn Sie als kerngesunder Mensch der Volksgesundheit durch aktives Spenden helfen, dann haben Sie Ihre Solidarität schon genug gezeigt. Da müssen Sie nicht auch noch durch Ihre aktive Inempfangnahme von Spenderorganen die Gesundheit des Volkes steigern. Außerdem sind Sie ja als Spender kerngesund – was wollen Sie da mit einem Spenderorgan?

Na sicher, alles mit Quittung. Es handelt sich ja schließlich um eine Spende, da bekommen Sie dann jährlich Ihren Datenbankauszug, das steht dann drin: Sie stehen uns als solidarischer Mitmensch nicht zur Verfügung, herzlichen Dank für Ihre Mithilfe, die Volksgesundheit langfristig und gezielt in die Scheiße zu… also sinngemäß, noch ist das ja nur in Planung, das letzte Wort haben dann sicher die Krankenkassen. Die privaten vermutlich.

Das dürfen Sie jetzt nicht als moralischen Druck verstehen, wir sind auch nur Datenverwalter, die ihr Material den interessierten Stellen überlassen. Falls Sie beispielsweise mal Ihre Krankenversicherung wechseln oder auch wechseln müssen, dann kann man solche Daten auch automatisiert abfragen, um in Erfahrung zu bringen, ob Sie sich an den in Zukunft geltenden Richtlinien orientieren. So eine Bürgerversicherung ist eine hübsche Sache, aber eben nicht zum Nulltarif… also jedenfalls nicht für Sie als Versicherten.

Ja, da sehen Sie mal, wie so ein moralisches Dilemma von innen aussieht, dem müssen Sie sich sonst auch nicht stellen: Daten schützen oder doch zielgerichtet zum Wohl des Versicherungsträgers… also für die Versicherten, sonst bräuchten wir auch keine Solidarität, und wenn Sie mal an die Ärzte denken, Sankt Moritz oder ein neues Segelboot, Sportwagen kaufen oder leasen oder doch eine neue Frau, ist ja auch manchmal mit Spenden verbunden, wenn Sie wissen, was ich meine, und wenn Sie dann noch die Leistungsverdichtung dazurechnen, die die Mediziner aushalten müssen, dann fragen Sie sich: wer soll denn dann noch ordentlich transplantieren? Ist nicht jeder Empfänger, der sich zur solidarischen Verbesserung der Volksgesundheit verpflichtet sieht, damit zum Scheitern verurteilt? Ist das nicht schrecklich? Privatisieren, da sagen Sie was… also wir sind in der Lage, unser Schicksal in die eigene Hand zu nehmen. Entlastung der Krankenkassen, bessere Leistungen für Leistungsträger, muss sich ja auch lohnen, und wenn Sie mittelfristig denken: meinen Sie nicht, damit kriegen wir die Zuwanderung in den Griff?“





-ismus oder Tod

24 01 2018

„… in den Sondierungen zur Jamaika-Koalition gar keine Rede von Steuerentlastungen für die Besserverdiener gewesen sei. Lindner habe diese Position schon von Beginn an nicht im…“

„… bestätigen könne, dass es keine Versuche der FDP gegeben habe, das Thema für eine Koalition mit den Grünen produktiv zu verhandeln. Özdemir sei der Ansicht gewesen, die Liberalen hätten damit eine besondere Nähe zu den liberalen Kräften in der Koalition herstellen wollen, um sie in die FDP einzubinden und so langfristig eine…“

„… so interpretiert worden sei, dass Lindner auch eine Ausweitung der Sozialleistungen für Erwerbslose mitgetragen und gegen die Kanzlerin verteidigt hätte. Die Freidemokraten seien dabei von einer möglichen Besetzung der Ministerien mit ihren…“

„… auch von der CSU keine Rückmeldung erhalten habe. Lindner sei nicht direkt aufgefordert worden, die Verhandlungen abzubrechen, die Christsozialen seien aber massiv verärgert gewesen, dass sie ohne die üblichen Steuersenkungen kein todsicheres Konfliktpotenzial für eine spätere…“

„… in den Gesprächspausen Informationen angefordert habe, wie sich die Luftqualität nach dem Dieselskandal auf Kosten der Industrie nachhaltig verbessern lasse. Dafür habe die FDP die Führung des Bundesumweltministeriums und ein Förderprogramm zur Elektromobilität…“

„… Steuersenkungen nur dann durchführen wolle, wenn gleichzeitig der Mindestlohn um ein Drittel angehoben werde. Die Freidemokraten hätten sich darauf verständigt, die Staatseinnahmen streng nach einem Kostenschlüssel, der an den…“

„… nicht alles schlecht gewesen sei. Lindners Vorschlag, die östlichen Bundesländer durch eine vermehrte Integration sozialistischer Inhalte ins Parteiprogramm als Rückhalt der liberalen Politik zu gewinnen, sei vor allem von der Linken und den Jusos mit entschiedener…“

„… auch die Nachfolge des jetzigen Bundespräsidenten mit der Liberalen Leutheusser-Schnarrenberger in verantwortungsvolle Hände legen wolle. Sie habe als Vertreterin eines bürgerrechtsbewegten Flügels gegen die Vormacht der Wirtschaft die entscheidenden…“

„… nicht nachweisen könne. Dennoch halte es Stegner für möglich, dass die FDP nach dem Scheitern einer erneuten großen Koalition sich für ein Zusammengehen mit den Sozialdemokraten…“

„… dem Grundgesetz widerspreche. Lindner habe seine politische Karriere davon abhängig gemacht, dass die Migration in die Bundesrepublik nicht nur das jetzige Asylrecht achte, sondern im Sinne einer menschenrechtsorientierten Vision auch die für Deutschland einzigartige…“

„… dass die Spitzenverdiener durch eine Reichensteuer nicht stärker belastet, sondern vielmehr stärker in das Solidarsystem eingebunden würden. Die FDP verspreche sich davon eine langfristig viel bessere gesellschaftliche…“

„… beobachtet habe, wie Lindner im Aufgang des Willy-Brandt-Hauses einen Kniefall geprobt habe. Dies solle laut interessierten Kreisen als Arbeitsprobe für die erneute Amtsführung als Bundesaußenminister eine sehr gute…“

„… neue Impulse für eine Investitionspolitik der deutschen Wirtschaft gefordert habe. Die Konzerne müssten dazu ihre Rücklagen antasten, so Lindner, andernfalls komme es zu einer gefährlichen Konzentration von Kapital und…“

„… der Deutsche Gewerkschaftsbund die Kehrtwende der FDP mit Befriedigung sehe. Der Vorsitzende werde als Gast auf dem nächsten Dreikönigstreffen gerne einen Beitrag zur…“

„… Koalitionen mit der Linken nicht mehr ausschließe, aber sehr deutlich verlange, dass die Partei sich ohne jede populistischen Inhalte im kommenden Wahlkampf auf die Sachthemen konzentriere und eine deutliche Koalitionsaussage in Richtung der…“

„… in Teilen fast kommunistisch geklungen habe. Die Grünen seien sich nicht sicher gewesen, ob sich Lindners Forderung nach einem bedingungslosen Grundeinkommen, einer kostenlosen Bürgerversicherung und flächendeckendem Personennahverkehr zum Nulltarif wirklich mit den Positionen des…“

„… davon jedoch nichts gewusst habe. Merkel habe erst nach dem überraschenden Platzen der Sondierungsgespräche erfahren, dass die FDP mit der Einrichtung von Produktionsgenossenschaften die Landwirtschaft in Deutschland einem ganz neuen Modell zur nachhaltigen…“

„… dementiert habe. Gemeint sei damit die Senkung des Mehrwertsteuersatzes, der die unteren Einkommensgruppen ungleich stärker belaste und so zu einem nicht tolerierbaren…“

„… Bildung nicht mehr in der Verantwortung einzelner Familien zu belassen gedenke. Die Liberalen seien nicht bereit, Studiengebühren als Teil eines gescheiterten Ausbildungssystems in der bisher bekannten…“

„… den Versicherungssektor in Volkseigentum umwandeln wolle. Lindner wolle dies als unbedingte Voraussetzung zur Stärkung der finanziellen Basis der Branche durchsetzen und werde notfalls einen gesetzlichen…“

„… einer sozialliberalen Bundesregierung nichts mehr im Weg stehe. Angesichts der schwindenden Umfragewerte der SPD lege Lindner jedoch Wert darauf, dass er selbst die…“





Palastrevolte

23 01 2018

„Kommt nicht mehr aus der Küche raus, sagen Sie? Das Gerät fährt auch immer wieder in die Küche zurück? Haben Sie schon einmal versucht, den Staubsauger in ein anderes Stockwerk zu tragen? Ah, verstehe. Das ist ein bisschen sehr bedenklich.

Möglicherweise ist das Gerät nicht korrekt in Ihre Datenumgebung integriert worden. Es gibt da Staubsaugroboter, bei denen man über eine App einstellen kann, wann sie saugen, zum Beispiel in der Zeit, in der Sie nicht zu Hause sind. Wie, das installiert sich von alleine? Ist das so ein lernfähiger Sauger? Zentrale Steuerung? Kann ich mir nicht gar nicht vorstellen, die Hersteller haben meist ganz unterschiedliche… Gut, das ist ein Argument. Wenn Sie nur ein Passwort für beide Geräte brauchen, ist das schon ein guter Hinweis.

Wo haben Sie den Staubsauger denn gekauft? Gar nicht? Der war einfach so da? Nein, das können Sie mir nicht erzählen. So ein Staubsaugroboter fällt ja nicht einfach vom Himmel oder durch den Schornstein oder kommt mit der Post. Doch, mit der Post schon. Aber egal. Der ist nicht einfach so in der… Im Internet bestellt? Gut, dann müssen Sie schon ein Auge darauf haben, wer bei Ihnen an den Computer darf, eine Kindersicherung würde da schon hilfreich sein oder eine zusätzliche Abfrage, sonst bestellt Ihr Nachwuchs sich demnächst im Süßwarenhandel eine Tonne… –

Also jetzt noch mal langsam. Der Backofen hat sich den Staubsaugroboter bestellt? Und ein Irrtum ist absolut ausgeschlossen? Haben Sie sonst keinen bei sich, der das getan haben könnte? Kinder, Hund, eventuell sind Sie verheiratet und wissen das noch nicht? oder nicht mehr? Dass das auf dem Display vom Herd stand, muss nichts heißen. Da schreibt so ein Backofen viel, wenn der Tag lang ist. Ich habe auch so einen, wie heißt der, Rührfix, irgendwie so, da steht auch drauf, gleich kommt eine Portion Schmorbraten raus, und dann ist es doch wieder nur so ein zerkochter Matsch, also darauf würde ich jetzt nicht viel geben. Sie haben den Beleg? Und der Backofen hat ihn liefern lassen, als Sie gerade nicht zu Hause waren? Das ist natürlich bedenklich.

Wurde bereits ausgetauscht? Das würde dann ja heißen, dass der Backofen den Staubsauger kontrolliert hat. In der Zeit waren Sie auch nicht im Haus? Das ist jetzt allerdings bedenklich. Aber es spricht andererseits für den Backofen, wenn er den Mängelbericht unterschreibt. Die vollautomatischen Geräte nehmen einem doch viel lästige Routine ab.

Sie haben jetzt das Problem, dass Sie nicht mehr sicher sind vor dem Staubsauger, verstehe. Und der Backofen steckt letztlich hinter der ganzen Sache. Ich nehme das mal so auf, damit wir einen klaren Sachverhalt haben. Das kann ja noch mal wichtig werden, wenn Sie verstehen, was ich meine. Nein, so war das nicht gedacht, ich glaube Ihnen ja. Man erlebt mit technischen Geräten auch immer wieder sehr unangenehme Überraschungen. Bei meinem letzten Rasierer beispielsweise, da gab es einen Kurzschluss, einen Tag, nach dem die Garantie abgelaufen war. Das finde ich gruselig, dass man so ein perfektes Timing hinkriegt!

Wieso der Kühlschrank? Sie meinen, dass der Kühlschrank sich mit dem Backofen gegen Sie verbündet hat? Wie soll das denn funktionieren? Der bestellt automatisch nach? Das ist doch mal ein vernünftiges Teil, das würde ich mir auch zulegen. Was meinen Sie, wie häufig ich fluche, wenn ich mir morgens Milch in meinen Kaffee gießen will, und dann hat meine Frau keine gekauft. Also sie nimmt auch Milch, aber Einkaufen ist dann eher so meine Baustelle. Egal, jedenfalls sind diese Dinger doch sehr praktisch. Backzutaten werden gleich aussortiert? Das weiß der Kühlschrank, weil Sie dann hinterher backen, und der Staubsauger muss wieder den ganzen Dreck wegmachen? Sie sollen nicht so viel Zucker? Hat sich denn Ihre elektrische Zahnbürste… –

Das wäre der erste Fall einer Körperfettwaage, die in der Cloud andere Geräte sucht und dann den Kühlschrank mit dem Backofen verbindet. Ich verstehe das, aber ich weiß jetzt nicht, wo wir da ansetzen können. Der Kühlschrank hat eine eigene E-Mail-Adresse, richtig? Können Sie eventuell kontrollieren, ob die Zahnbürste über die mit dem Backofen Kontakt aufnimmt? Spamfilter? Also der Staubsauger hat das WLAN-Passwort geändert? Aha, das heißt dann, dass er sich selbstständig gemacht hat und nicht mehr auf die Anweisungen vom Ofen hört. Ganz gefährlich. Möglich, dass es sich um eine Palastrevolte handelt. Lassen Sie auf keinen Fall Kreditkarten offen herumliegen oder den Personalausweis. Am besten sofort mit Alufolie umwickeln und über eine Induktionskochplatte ziehen – nur eben nicht zu Hause, das wird am Ende von den Einstellungen der Kücheneinrichtung nur vorgetäuscht, dann gibt sich Ihre Zahnbürste als Sie aus und sendet die Daten Ihrer Digitalkamera – Sie haben doch eine? – aus der Gesichtserkennung an die zentrale Datenbank, und dann vernetzen sich alle Staubsauger, tauschen untereinander ihre Zugangscodes und haben überall Zugriff und dann ist es auch schon passiert. Gehen Sie am besten nach Hause, schnurstracks in den Keller, und drehen die Sicherungen raus. Alle! Ja, das muss sein. Oder wollen Sie etwa, dass uns allen hier eine Katastrophe droht? Eben, dann machen Sie das so.

Sagen Sie mal, woher kommen eigentlich Ihre ganzen Sachen? Aha, hätte ich mir denken können. Na, da sind Sie auch ein bisschen selbst schuld. Das kann Ihnen bei deutschen Geräten nicht passieren. Die geben Ihre Daten nur weiter ans Bundesinnenministerium.“