Bitte rechts freundlich

7 06 2018

„Also dann über Mieten. Da schlage ich einen Kardinal vor, im Angebot ist dieser Typ aus Köln, den kriegen Sie im Doppelpack mit Spahn, der redet sowieso über jedes Thema, und wenn ihm die Themen ausgehen, redet er weiter, und dann noch einen von der AfD.

Wollten Sie nichts über Wohnungsnot machen wegen der Zuwanderung? Ach so, Sie machen jetzt problemorientierte Kommunikation. Nicht mal mit einem Ex-Rechten? Frauke Petry? Islamismus-Experte? Meinen Sie denn, dass die Leute dabei einschalten? Sie wollen eine Sendung, die die Zuschauer interessiert? Ja, aber das ist noch nicht gleich die Einschaltquote. Sie können eine gute und vernünftige Diskussion über das Thema Mieten zeigen, aber das wird doch nach fünf Minuten auch langweilig. Da entsteht nichts.

Wir können ja erst mal mit den anderen weitermachen. Für die Montagsschiene haben wir noch Sportler, die sind immer gut bei sozialen Themen, dieser Fußballer da ist Ausländer und kommt aus Berlin, Brennpunkt, wenn Sie wissen, was ich meine, und Sie wollten doch irgendwas über Facharbeitermangel machen? Arbeitsmarkt? Passt doch prima, wir haben Scheuer und diese andere Schauspielerin, wie heißt sie noch, der kann dann den Part über misslungene Integration und schnelle Abschiebung übernehmen. Sie müssen in der Sendung schon herausarbeiten, dass der Mangel an Facharbeitern daran liegt, dass wir ungebremste Zuwanderung und… –

Jetzt verstehen Sie mich aber auch mal. Wir haben so viele große Fernsehtalente, gut, der eine oder andere Rohrkrepierer ist auch dabei, die CSU braucht halt die Kohle, und wir garantieren Ihnen eine einwandfreie Produktion. Die Sendung steht in einem Durchlauf, das kann man im Halbschlaf wegmoderieren, wenn da doch mal der eine oder andere intellektuelle Tiefgang drin sein sollte, das versendet sich, und vor allem mit den Themen machen Sie Quote. Das zählt doch. Zählt nicht? Also für uns zählt das.

Nächsten Mittwoch wollten Sie die Folge über mangelnde Schulbildung machen. Da laden Sie sich einen Imam ein, der das deutsche Schulsystem in den Gebetsteppich einwickeln will, dazu eine Nachwuchsschauspielerin, mittwochs sagt Sahra Wagenknecht auch immer so merkwürdige Sachen, vielleicht können wir Bosbach noch exhumieren, auf jeden Fall eine gute Mischung. Explosiv. Macht mindestens zehn Prozent mehr. Sie müssen dann aber schon noch so einen migrationspolitischen Drall reinkriegen, klar. Sie können da nicht einfach einen vom Finanzausschuss hinsetzen, der sagt: wir haben leider keine Mittel, um die Schulen zu renovieren, das mit den Wasserhähnen ging schon vierzig Jahre lang gut, das muss auch die nächsten siebzig Jahre halten, Sie brauchen da Widerspruch, einen, der das Thema wieder interessant macht. Mit einem Bildungsexperten, der Ihnen erklärt, dass das alles von homöopathischer Handystrahlung kommt, kriegen Sie nichts gerissen.

Ich mache Ihnen mal ein Angebot. Spahn und noch eine Schlagersängerin, dazu einen Bischof, Gauland und… –

Doch, probieren Sie das aus. Machen Sie ein ganz einfaches Thema, ‚Ist Deutschland noch zu retten?‘ oder so, und dann schauen Sie mal zu, in welche Richtung sich das Thema entwickelt. Sie müssen den Zuschauer auch mal da abholen, wo Sie ihn in den letzten zehn Jahren hingebracht haben. Sie haben doch mit Ihrem Programm auch eine inhaltliche Verantwortung. Erst anfixen und dann im Regen stehen lassen, das geht gar nicht. Die sind in der Lage und schalten zu den Privaten um. Und da wartet dann Strunz.

Wollen Sie jetzt, oder wollen Sie nicht? Es ist doch letztlich alles eine Frage des Preises. Und die AfD ist nicht mal billiger als andere, die haben auch Kredite zu bedienen. Manche auch anderes. Jedenfalls liefern wir Ihnen eine Sendung, die Sie bedenkenlos ausstrahlen können. Sie wollen doch an der politischen Meinungsbildung in diesem Land gestaltend teilnehmen, oder? Na sehen Sie, dann ist das doch das beste Mittel dazu.

Dann nehmen Sie eben nicht Spahn, wir haben auch noch Lindner, der ist nicht ganz so billig, kostet aber weniger. Da fällt der Ministerbonus weg, und dann haben wir ihn auch nicht mehr so oft im Einsatz. Dazu Höcke und ein Anschlagsopfer vom Breitscheidplatz, und das Thema können Sie frei wählen. Mir würde spontan etwas einfallen wie ‚Dauerthema Islam – Wie sehr dominiert die linke Mainstreamkultur die schweigende Mehrheit?‘. Oder ‚Messermänner, Ehrenmorde Veggie-Day – Ist Deutschland schon eine salafistische Republik?‘. Das zieht. Davon sprechen die Leute am nächsten Tag. Nicht nur im Rundfunkrat.

Nein, das ist unappetitlich. Da machen wir nicht mit. Ich meine, hier wird Deutschland wirklich gefährdet. Nicht nur in finanzieller Hinsicht, hier geht es auch um ein Stück nationaler Ehre, wenn Sie wissen, was ich meine. Und da werden Sie außer den üblichen Verdächtigen auch keinen finden, der sich äußern will. Das wird für alle Beteiligten unangenehm, und ich wüsste auch nicht, wie wir das Ding nennen sollten. ‚Deutschland am Scheideweg‘ oder ‚Wie lange haben wir uns selbst in die Tasche gelogen?‘ Das muss eine andere Produktionsfirma für Sie übernehmen. Wir machen das nicht. Doping im Fußball – ohne uns!“