Gernulf Olzheimer kommentiert (CDXIX): Framing

22 06 2018
Gernulf Olzheimer

Gernulf Olzheimer

Mein Name ist Gernulf Olzheimer und dies ist das Weblog aus dem Land der Bekloppten und Bescheuerten.

Säbelzahnziege. Säbelzahnziege. Säbelzahnziege. Säbelzahnziege. Säbelzahnziege. Säbelzahnziege. Säbelzahnziege. Säbelzahnziege. Säbelzahnziege. Säbelzahnziege! Säbelzahnziege! Säbelzahnziege! Säbelzahnziege! Säbelzahnziege! Säbelzahnziege! Warum denkt denn keiner an die Kinder, die schweigende Mehrheit der drei Sippen am Fuße der westlichen Felswand werden von den minderwertigen Zehntausend vom anderen Ufer ausgelöscht, und übrigens: Säbelzahnziege!

Dass das Gehirn des Hominiden knirscht, ist kein Zufall, sondern bauartbedingt; keiner hatte bei dem Schnellschuss noch großartig Zeit und Lust, die Qualitätskontrolle abzunehmen. Dinosaurier schleppten immerhin noch zwei Esslöffel Glibber im Steißfortsatz mit sich herum, und die konnten damit Insekten verjagen. Sich auf einen Sachverhalt zu konzentrieren war folglich Ziel der Evolution, und wer weiß es besser als der Mensch: dicht daneben ist auch vorbei. Keilschrift, Fuþark, Buchstabentanz, nach anderthalb Medien weiß die verklumpte Birne nicht mehr, was Phase ist. Wir konzentrieren uns auf die einfachen Aussagen. Neger stinken. Frauen wollen richtig aufs Maul. Deutschland den Deutschen, undeutsche Personen werden einer nicht näher definierten Vernichtung zugeführt, auf die wir stolz sind, weil es sie gar nicht gegeben hat. Säbelzahnziege!

Je öfter der sich aufgeklärt glaubende Mensch – Säbelzahnziege! – den Nagel im Hirn ahnt, und das ist weniger, als der tatsächlich stattfände, desto mehr wird er inne, dass er sich verschaukeln lässt. Dass es keiner mitkriegt, spricht nun nicht gerade für die terrestrische Besiedelung, aber was wissen wir schon. Der Bekloppte schwiemelt sich Anker ins Hirn – Säbelzahnziege! – und popelt jeden noch so absurden Sachverhalt an diesem dürftigen Dingsi fest, bis die Realität, ein schon immer von der den Feindmächten der Schlimmerhaftigkeit gesteuertes Medium der Verdummung von Erleuchteten und Erhabenen, alle über die Brüstung pladdern lässt. Das Viech, der Sippenälteste wird sie ins Gespräch gebracht haben, der Medizinmann, einer hatte schlecht geträumt, egal. Sie war auf einmal da. Und damit begann die Mutter aller Probleme.

Wir verbinden die Informationen des täglichen Lebens mit dem Grunde des umgebenden Wissens – gleichgültig, ob wir das Wissen nun durch reine Anschauung erfahren oder durch den flüchtigen Blick auf die Dinge – und wir tauchen sie in diesen Brei, der jede Sinnhaftigkeit und jeden Erwerb von noch so zweifelhaften Informationen verkleistert. Die Gefahr durch die Säbelzahnziege ist ubiquitär, der Dämon hat sich seine Aussagen zurechtgelegt.

Einfache Aussagen, dass etwa der Bestand an essbaren Gräsern abgenommen hat, kriegt das Management noch geregelt. Das Wetter, jene launische Größe, hält schon weniger den von jenen Vegetationswesen, die wir verehren, geprägten Großangriff für eine Möglichkeit, die klimatischen Beharrlichkeiten zu lösen. Aber Vorsicht! aus Lummerland kommen im Monat drei Maler und ein Elektriker, manchmal auch eine Säbelzahnziege, und man mag die vielen Touristen nicht schrecken. So beschränkt sich die Auseinandersetzung mit dem, was wir für Wirklichkeit halten, immer nur auf das, was am Boden des Informationstrichters herabtropft. Es ist nicht mehr als eine Tütensuppe, gekocht auf dem Extrakt aus Stolz und Vorurteil.

Der Unterscheid zum Schubladendenken ist nicht nur die Größe der Schubladen, es ist auch der erklärte Wille, das Denken zu beenden. Denn ist der Rahmen einmal vorgegeben, kann das Bild beliebig gewechselt werden. Wichtig ist nur, dass es die Komponente Angst behält, immer und überall, weil nur Angst vor dem Objekt sich ins Unterbewusste fräst, und so ist es den Asozialingenieuren in ihrem kommunikativen Stunt auch schon fast egal, mit welcher Waffe sie auf ihr Publikum zielen. Die Hauptsache ist, sie ist geladen, jederzeit verfügbar und als Bedrohung erkennbar. Hätte eines schönen Tages eine Herde Wolleinhörner sich ihren Weg durch die Gärten der Frühmenschen gebahnt, die Säbelzahnziege hätte sich ins Fäustchen gelacht und wäre fein raus.

Im Schlepptau der Aufmerksamkeit schleift die Masse des thematischen Gerölls sich ab und wird zu Treibsand – die Grenze des Scheinbaren verschwimmt allmählich im Hintergrundgetöse, man erkennt nur noch als Figur, was man als Form gelernt hat, und schon sieht die ganze Welt aus wie eine Säbelzahnziege. Und da diese Gesellschaft lieber Täter als Opfer ist, wählt sie ihre Art zu kommunizieren dementsprechend: prätentiös und präzise aus der Sicht der Unterlegenen, da nur so Angst möglich ist, ein Sich-vorweg-Sein in der immerwährenden Sorge, aus der sich menschliche Existenz ergibt. Wir würden sonst aus dem Rahmen fallen, aus der Schublade, aus der Zeit. Gut, dass es die Säbelzahnziege gibt.