Reißleine

23 10 2018

„Ja doch! Er tritt ja zurück, Sie dürfen Ihn nur nicht in seiner Absicht bestätigen. Dann würde er nämlich denken, dass er etwas richtig macht, und das kann dann sogar dazu führen, dass er gar nichts mehr tut. Also auch nicht zurücktreten. Oder im Amt bleiben. Oder irgendwas halt.

Sie dürfen es jetzt nur nicht als Zeichen von Verzagtheit sehen, wenn er seinen Rücktritt nur andeuten mag, das macht er eben so, weil er ja im Moment eben nichts macht. Da lässt er sich jede Option offen, damit er hinterher sagen kann, er habe das ja schon immer gesagt. Oder halt, dass er dann das Gegenteil macht. Man muss immer mehrere Möglichkeiten haben, wenn man sich für keine entscheiden will.

Und das liegt auch ganz klar an denen, die er mit seinem respektlosen Verhalten dazu gebracht hat, ihm respektloses Verhalten vorzuwerfen. Denen wirft er jetzt verständlicherweise respektloses Verhalten vor. Aber sehen Sie mal den Unterschied, er verlangt von denen nicht den Rücktritt, das macht eben den großen Politiker aus, und nur weil er eine ganze Partei samt diesem Wurmfortsatz, na! sag schon: Bundesland, samt Bundesland, und fast auch noch die gesamte Regierung in die Scheiße reitet, deshalb beansprucht er das Ergebnis nicht nur für sich, sondern teilt seine Verantwortung. Das muss man erst mal schaffen, und da fragen Sie sich doch bitte mal, ob man da nicht auch die anderen an einem Rücktritt beteiligen müsste, schon aus Solidarität. Und damit die anderen mal eine Gelegenheit haben, ihr respektloses Verhalten zu überdenken.

Allerdings wäre das ja auch noch kein Grund für einen Rückritt. Wenn sich die anderen genauso respektlos verhalten, dann muss man ja selbst nicht auch noch zurücktreten, oder? Im Gegenteil, die andern können doch auch zurücktreten, weil man ja selbst sich nicht respektloser verhalten hat als die anderen, die sich respektlos verhalten haben. Wenn man das in eine Relation setzt, also in ein Verhalten, nein: Verhältnis, dann muss man doch sehen, dass der Mann sich gar nicht anders mit Verhältnissen, nein: Verhalten, Verhältnisse hatte er ja nur, also dass das Verhalten im Grunde immer schon scheiße war, weil er sonst nicht der geworden wurde, gewesen haben hätte sein können, der er dann auch gewesen sein wird. So was müssen Sie erst mal begreifen, und dann können Sie sich überlegen, ob Sie da einen Rücktritt fordern!

Zum jetzigen Zeitpunkt kann ich jedenfalls noch keine genaueren Auskünfte geben, weil wir uns erst in einer Sondierungsphase befinden, und wir müssen erst abwarten. Wir wissen zwar noch nicht, was, aber das wird sich ja innerhalb der nächsten Tage bis Monate entscheiden, wenn uns nicht ein überraschend angekündigter Rücktritt dazwischen kommt. Das kann ja auch ganz plötzlich sein, er ist noch im Amt, und plötzlich kriegt man aus der Staatskanzlei den Anruf, dass in ein paar Jahren alles vorbei sein kann. Der umgekehrte Fall soll auch schon vorgekommen sein, dass der Staat die Partei als Propagandakanal nutzt, auf ihre Kosten wirtschaftet und dann langjährige Spitzenbeamte mit einem Parteivorsitz in einem Hundert-Seelen-Dorf belohnt. Aber das ist eher selten, an der Ostsee soll das eher mal passieren.

Wir dürfen vor allem keine Eskalation mehr in Kauf nehmen. Alles muss geordnet ablaufen, dann beruhigt er sich vielleicht wieder. Vielleicht auch nicht, aber das sehen wir dann. Er befindet sich in einer Zwangslage, das heißt, es ist ein Dilemma. Er hat sich in diese Situation begeben, in der er alles machen kann, was er will, er hat nur nicht bedacht: es wird alles falsch sein. Das ist so, als schneiden Sie die Reißleine am Fallschirm ein, damit Sie nicht auf dumme Gedanken kommen, und hüpfen mit dem Ding vom Wolkenkratzer. Natürlich können Sie immer in jedem Stockwerk erzählen, dass Sie ja einen Fallschirm haben. Sie können sogar die Reißleine ziehen. Keiner wird Ihnen das verbieten.

Sie müssen in dem Fall aber einkalkulieren, dass die Reißleine eine Reißleine hat, also den Rücktritt vom Rücktritt. Das ist in vielen anderen Positionen nicht so üblich, aber das muss man hier berücksichtigen. Schon deshalb, weil er ja danach sagen könnte, er habe gar nicht zurücktreten wollen, sei dann aber zurückgetreten, weil er nicht habe zurücktreten wollen. Das ist halt ein einfaches Geschäft, wenn man auf einen anderen zeigen kann, muss man sich nicht mit sich selbst beschäftigen. Das hat er so gesagt. Und das war, wenn ich jetzt richtig informiert bin, nicht auf seine respektvolle Haltung gegenüber Flüchtlingen bezogen, oder ich muss da irgendwas mit dem Gegenteil verwechselt haben. Oder er. Oder ich. Oder alle, nur er nicht.

Wie es weitergeht? Schauen Sie, dem FC Bayern München fehlt ja auch gerade die gerade Linie, da bietet sich ein Wechsel ins Präsidium an. Leistungsunabhängige Präsenz in Öffentlichkeit und Medien, Sie können alles äußern, was Sie für eine Meinung halten, und es gibt nichts, was Sie zu einem Rücktritt zwingen könnte. Sie lassen einfach zurücktreten, wenn Ihr Geld keine Tore schießt. Finden Sie nicht auch, dafür lohnt sich so ein Absprung?“