
Gernulf Olzheimer
Mein Name ist Gernulf Olzheimer und dies ist das Weblog aus dem Land der Bekloppten und Bescheuerten.
Wie langweilig ist es unter der Schädeldecke. Alles geht seinen Gang, strebt nach Gleichgewicht und Frieden und schafft sich eine wunderbare Wirklichkeit außerhalb der Kalotte, in der die Dinge an sich gar nicht einmal so unangenehm sind, wie sie auf den ersten Blick erscheinen. Es ist ja schließlich die Aufgabe dieser kleinen grauen Zellen, sich über die gefühlte Schwerkraft zu erheben und allen Erdenrest fröhlich zu verdrängen – vor allem da, wo einem dieser ganze verdammte Schmodder täglich derart auf die Plomben geht, dass es schon an ein wunder grenzt, wenn wir uns nicht alle selbst oder gegenseitig die Rübe vom Rumpf marmeln in dieser beklopptesten aller möglichen Welten. Der Hominide sucht sich seinen Ausweg und fängt beispielsweise mit dem Rauchen an. Womit wir bereits beim Aushalten der kognitiven Dissonanz wären.
Jeder weiß, dass es schädlich ist und stinkt, aber es wird als letztes Zeichen von Freiheit gesehen, sich die Lunge mit Karzinogenen zuzukleistern. Mit der Fluppe im Maul zelebriert sich die Unterschicht inzwischen wieder als rebellische Rotte, die auf die gesellschaftlichen Konventionen des vernünftigen Handelns pfeift und sich für ihre Unabhängigkeit feiert, wohl wissend, dass Kamerad Nikotin eins der übelsten Nervengifte ist, mit dem sich die Synapsen wegschmirgeln lassen. Es ist auch nicht die reine Entspannung, die der Zug an der Zichte zeitigt, es ist lediglich das Nachlassen der akuten Entzugssymptome. Konsequenterweise müsste man Heroin legalisieren, da jeder Schuss eine nie geahnte Erlösung von einem psychischen Zustand der kompletten Ausnahme ist, die sich der neuronale Karneval zusammenschwiemelt. Doch wir halten diese Dissonanz aus und machen sie zu einem durchaus verträglichen Denkmuster, das zwar nicht mehr so akzeptiert wird wie ehedem, als das öffentliche Quarzen noch der Normalzustand einer verdübelten Welt war, aber immer noch als halbwegs normativ gilt. Schließlich hängen ja auch die Arbeitsplätze der Zigarettenindustrie samt einer nicht ganz unhübschen Steuer an der Sache.
Nicht weniger rationalisiert hockt der Raser mit dem Bleifuß auf dem Pedal, denn so schlimm ist sein kontrollierter Kamikazetrip nun auch wieder nicht, wenn alles es tun. Am Stau sind immer die anderen schuld, zu einem Unfall gehören immer noch zwei – auch wenn einer der Tatbeteiligten eine Leitplanke sein sollte – und letztlich sind die vielen Autos ja nicht deshalb so dufte motorisiert, damit man damit schneller am Straßenrand steht. Natürlich fahren sich alle anderen einen Stiefel zusammen, weil sie mit zweihundert Kilometern in der Stunde nichts anfangen können, sie sind bewegliche Ziele, die man in einem Ego-Shooter von der Bahn bolzt und also Täter, die keine andere Handlungsalternative zulassen als gesteigerte Aggressivität. Bisweilen kippt die Dissonanz ins scheinbar Vernünftige, wo sich der Trend verkehrt zum stylishen Innenstadtpanzer, mit dem man die Blagen sicher in die Kita karren kann. Das ist so super konstruiert, in der Mühle kriegt man den Klimawandel nur ganz am Rande mit.
Warum der gemeine Rassismus nicht auch als Anzeichen einer lebendigen Vollmeise und damit für die Krankenkassen behandlungsbedürftiger Hirnriss angesehen wird, erschließt sich sicher auch irgendwo im Raum-Zeit-Kontinuum, nur eben nicht hier und jetzt. Gerade da, wo kein irgendwie anders aussehender Zeitgenosse wohnt, wittern wirre Deppen Umvolkung und riechen Volkstod – nicht auszuschließen, dass das mürrischen Düftchen aus der eigenen Birne sickert, wenn man den Kopf zu selten zumacht. Gerade da, wo angelernte Kräfte in der Fabrik sauber Schichten schieben, sind es die arbeitsscheuen Zugewanderten, die dem in Blut und Bodenlosigkeit verwurzelten Volksgenossen seinen sauer erkämpften Job wegnehmen. Was nun den Fabrikanten dazu treibt, einen frisch ins Land migrierten Helfer ans Fließband zu stellen, statt des Führers letztes Aufgebot in Kampf und Sieg der nationalen Sache zu stützen, wird wohl das letzte Geheimnis bleiben, aber daran ist sicher auch der böse Ausländer schuld. Und so richtet es sich die Knalltüte ein in ihrer einfachen Welt, in der alles so lustig eindimensional ist, dass man beim Aufstehen nicht versehentlich auf die Fresse kippt, und führt eine geradezu vorbildliche Existenz außer Rand und Tand, in der sie sich die eigene Scheiße schönraucht, zurechtrast, geradedenkt, damit alles schick im Lack ist und keine Erklärung vonnöten.
Wir verdrängen, was nicht ins Bild passt, leugnen taktisch, was uns zum Argumentieren zwingen könnte, und werten alle ab, die sich als Gegner wahrnehmen lassen, Nichtraucher oder Demokraten, Verkehrs- und Klimaexperten, die das bisschen Heißluft der plärrenden Popeletten mit einer akademischen Karriere kontern. Noch ist kein Kraut gewachsen gegen Dummheit, das nicht zugleich mit seinen immensen Nebenwirkungen die Heilerfolge der vereinfachten Weltsicht aus der Rinde fräsen würde. Noch führen nicht alle Wege automatisch ins Friedensparadies, das einen Weltkrieg rechtfertigen würde. Noch nicht. Probieren wir es doch einstweilen mit Globuli.
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