Gernulf Olzheimer kommentiert (CDLXXI): Geschlechtsspezifischer Sport

5 07 2019
Gernulf Olzheimer

Gernulf Olzheimer

Mein Name ist Gernulf Olzheimer und dies ist das Weblog aus dem Land der Bekloppten und Bescheuerten.

Die Sache ist historisch einigermaßen jung und brachte doch ihre Geschichte mit. Turnte der Mann, so zur Erhaltung der Wehrfähigkeit, und schwang das Weib Brust und Keule ausnahmsweise nicht in der Küche, dann aus Kraft durch Gebärfreude. Hier und da wurde die Leibesertüchtigung beiden zum geschätzten Lebensinhalt, Ersatzreligion, endlich zum Wirtschaftsfaktor. Man kann sich nicht einmal in Ruhe den Körper stählen, um bis ins hohe Alter noch reproduktionsfähig bei simultan strauchelnder Hirntätigkeit zu erscheinen, schon kommt der Hammer, der die Mode streng geteilt: kein Herr ist im Synchronschwimmen gerne gesehen, eine Dame im Bodybuilding allenfalls geduldet, und auch das nur unter olympischem Augenringen. Sport ist und bleibt geschlechtsspezifisch, weil er in einer binären Welt seine gesellschaftlichen Funktionen bekam.

Schon beim Turnen selbst zeigt sich in der Auswahl der Geräte, was Mann kann und was Frau darf. Die Gelenkigkeitsübung am Stufenbarren und noch mehr der Flohzirkus auf dem Schwebebalken drücken dem Sport das Gepräge einer ästhetisch anzuschauenden Geschicklichkeitsveranstaltung auf, während die rohe Fliehkraft an Ringen und Reck ganz im Sinne des Turnvaters nationale Kraft- und Achselschweißentfaltung zeitigen zur Abwehr der Feinde des Reiches. Was muss sich nur der durchschnittliche Faschist denken, wenn er mehr männliche Härte für die Völkerschlacht fordert und dann nichts als Frauen findet beim Reiten, Schießen und beim Biathlon, der deutschesten Sportart: Ballern und Wegrennen.

Seit längerer Zeit spielen Frauen ohne fremde Hilfe Fußball, auch wenn es ihnen an sozialer Anerkennung mangelt und sie statistisch gesehen eher selten nach einem Millionentransfer von einem Club zum nächsten geschachert werden, moderne Söldnerinnen im Dienste der Zastertanke, neben welcher ein Weltverband seine Zelte aufschlägt. Sie brauchen keine Sponsorendeals, da man ihnen offenbar in grundlegender Verkennung zugesteht, noch ganz im idealistischen Sinne den Sport um seiner selbst willen auszuüben und nicht um ihr Selbst zu finanzieren. Hin und wieder gelingt das im Tennis, eine Rodlerin im Sportcabrio sieht man allerdings selten. Da bleibt nur die Alimentierung durch die Armee, noch ein feministisches Projekt, das den Heimatschützern erfolgreichen Druckpuls beschert.

Immerhin bleibt der Frauensport eine der letzten Bastionen des Sexismus, wenn Kommentatoren sich in verschwiemelter Undeutlichkeit ihren Hormonstau aus dem Zäpfchen leiern, während sie im Fernsehen zunächst nur Bilder kommentieren, wo sie ohnehin nicht mehr sehen als Bilder. Gleichzeitig korreliert auch das nur mit der Welt als Wille und Wunschvorstellung, wie sie in den feuchten Träumen alter weißer Grützbirnen vorkommt. Der Beachvolleyball-Weltverband legt großen Wert darauf, dass die Bikiniunterteile der Damen an der Seite maximal sieben Zentimeter in der Breite messen dürfen; die Breite der männlichen Vorstandsmitglieder stand wenigstens öffentlich bisher nicht zur Debatte. Die Herren sind aber in ihrer optischen Erscheinung auch nicht geeignet, die Aufmerksamkeit für eine Sportart zu steigern.

Ist Sport aufgrund physiologischer Differenzen weniger athletisch, so bemüht sich die Berichterstattung kraftvoll und dynamisch, dies als Mangel zu kommunizieren: weniger Action, langwieriges Passspiel, keine markigen Fouls, bei denen die Spielerinnen mit Schmackes auf den Rasen klatschen und dann gut koordiniert über den Boden rollen. All das muss man monieren, der Zuschauer wüsste es sonst nicht. Wie soll so eine Frau den Funktionärsthron warmsitzen, wenn sie nicht einmal auf dem Platz auffällig werden kann? Die beste Maßnahme wäre es doch, bei den Buben anzusetzen und sie endlich einmal in ihrer idealen Rolle zu zeigen: als Spielerinnenmann. Lassen wir die heteronormativen Überlegungen kurz einmal beiseite, hier fände jeder Sender Potenzial für eine Vielzahl von frischen Formaten an der Seitenlinie. Schwenkt die Kamera lustvoll ins Publikum, wie sie mit Dosenbier und Fanschal johlend auf der Tribüne schunkeln, zeigt sie in der Anmoderation der Frauschaft als bürgerliche Mitte, bisschen doof und vielleicht minimal spießig, da sie als Erzieher, Anlagenmechaniker oder Kreditsachverständiger ausgerechnet eine international bekannte Torfrau, Mittelstürmerin oder Linksaußen heiraten mussten. Schöne Bilder von ihnen, wo sie die Dame vom Training abholen, mit den Jungs noch schnell eine Runde gezockt haben und dann für die Familie Spaghetti kochen – durchaus anspruchsvoll, aber man soll nichts unversucht lassen. Notfalls helfen Bilder von der Skatrunde, da traut sich keine Frau rein, das ist geschütztes Terrain. Und wenn doch, dann hauen wir den Letztschlag raus. Männer bei der rhythmischen Sportgymnastik. Sie haben es ja nicht anders gewollt.