„Wir bräuchten dann erst mal zwölf Mann für die Montage, plus einen Servicetechniker, der in die Bedienung der Geräte einweist. Die Fahrzeuge sollten nach Möglichkeit innerhalb von zwei Wochen komplett umgerüstet werden, dann können wir die Technik zentral einschalten, und dann sehen wir mal, was passiert.
Man ist ja als Verkehrsunternehmen immer etwas vorsichtig, vor allem auf der Kostenseite. Alles, was wir an Technik einbauen, muss sich auf der anderen Seite auch wieder rentieren, und hier ist es ganz besonders schwierig, weil man Sicherheit nicht unbedingt sofort merkt an den Einnahmen. Aber wir haben schon oft die Erfahrung gemacht, dass wir der Politik einen Gefallen tun und dann mittelfristig von Subventionen profitieren, also muss man das irgendwie in die wirtschaftlichen Überlegungen mit aufnehmen. Es kann ja nicht verkehrt sein, nur weil es sich nicht sofort rechnet.
Wir hatte die Auswahl zwischen einer mobilen Gesichtserkennung, die ist nicht sicher, weil die Daten natürlich gehackt werden können, und einem transportablen Körperscanner im Eingangsbereich. Der ist wegen seiner Fehleranfälligkeit eigentlich überhaupt nicht tauglich für den Masseneinsatz, im Grunde nicht einmal unter Laborbedingungen. Wir haben uns kurz mit dem Innenministerium beraten, die haben uns gesagt, was sie unter ökonomischen Gesichtspunkten davon halten, und wir haben uns dann für beides entschieden. Das klingt jetzt erst einmal sehr radikal, aber das ist es ja letztlich auch. Unter wirtschaftlicher Perspektive werden Sie jetzt einwenden, das zahlt alles wieder der Steuerzahler, aber das ist so nicht ganz richtig. Zunächst einmal geben wir die Kosten natürlich an die Fahrgäste weiter, das ist einfach sicherer. So langfristig kann man ja im Sicherheitsbereich gar nicht planen. Die Innenminister haben da immer mal wieder viel Bedarf zur Nachrüstung, man weiß ja nie, was noch so alles kommt, und dann brauchen wir auch unsere Reserven. Wir müssen die Busse mit den Scannern und der Gesichtserkennung auch irgendwie fahren lassen, obwohl das für die Politik hier nicht primär ausschlaggebend war. Die Hauptsache ist, das Zeug ist erst mal irgendwo eingebaut.
Ich würde es auch nicht unbedingt nur negativ sehen, mit der Neuanschaffung von Komponenten dieser Art entstehen in der Fertigung auch viele Jobs, das muss man anerkennen. In diesem Fall zwar ausschließlich in China, aber immerhin bauen Sie die ja ein. Das sichert auch Ihre Arbeitsplätze, zwar jetzt nur für zwei Wochen, aber auch das ist ja schon mal etwas. Man muss auch mal kleinschrittig denken, schließlich ist das ein gesellschaftlicher Prozess, der gerade erst in vollem Gange ist. Regen Sie sich doch nicht so auf, in Amerika ist es ja viel schlimmer. Wenn da irgendein Ausländer – und die Amerikaner sind ja größtenteils Ausländer und meisten sogar Zuwanderer, sie haben es halt besser verdrängt als wir Europäer – mit der Waffe durch den Supermarkt ballert, dann plärrt am nächsten Tag dieser demente Kasper im Fernsehen, dass die Waffenindustrie noch viel mehr Umsätze machen muss, weil sonst Amerika nicht sicher ist. Wir kommen da bestimmt auch irgendwann mal hin, aber das dauert noch.
Nächstes Wochenende zum Beispiel, hat uns der Verfassungsschutz gesagt, könnte es zu einem Anschlag in einem Linienbus kommen. Der Täter ist aus Afrika, da muss man noch gar nicht mal viel machen, um als gefährlicher Krimineller in die Springerpresse zu kommen, die Hautfarbe reicht im Grunde schon aus, und sie haben ihm auch eine Schusswaffe besorgt. Und Drogen. Ich kann das schon verstehen, wenn man eigentlich überhaupt keine Neigungen hat, in einem Bus herumzuballern, dann muss man sich wenigstens mit Drogen helfen können, sonst klappt das ja nie. Und wir können die Sachen hier letztlich nicht einbauen, das heißt, wir könnten das schon, aber wir haben dann ja nicht den Innenminister, der sofort radikale Maßnahmen fordert. Und dann können wir auch keine radikalen Maßnahmen durchführen.
Sie können das als die letzte Freiheit verstehen, die uns noch bleibt, wenn wir uns die Gesetzgebung und die Sicherheitsmaßnahmen nicht von der Terror GmbH & Co. KG vorschreiben lassen wollen. Das müssen wir schon alleine hinbekommen. Deshalb bleiben wir hier auch selbstbestimmt. Wir könnten ja auch einfach Grenzkontrollen fordern oder die Ausweisung sämtlicher dunkelhäutiger Fahrgäste, aber das würde nichts bringen. An Grenzkontrollen verdient keiner, und wenn wir alle Afrikaner rauswerfen, haben wir bald niemanden mehr, der bei uns Bus fährt. So ein Afrikaner kann sich ja statistisch gesehen gar kein Auto leisten und wohnt sehr weit außerhalb, wir würden uns auf Dauer die Geschäftsgrundlage damit entziehen.
Also erst mal zwölf Mann für die Montage, und Sie bekommen eine Extraprämie, wenn Sie mit dem Auftrag schneller fertig werden. Was das aktuelle politische Klima betrifft, man kann ja nie wissen, ob man es nicht schon eher braucht.“
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