„Gut, es ist nachhaltiger als Fliegen, man macht nicht so viel Kohlendioxid in die Atmosphäre, und es schon auch den Haushalt. Das ist die Ministerin alles bereit hinzunehmen, notfalls würde sie sogar darauf verzichten, dass die Soldaten zwangsweise zwei Pfund Schweineschnitzel verzehren auf der Heimreise. Hauptsache, der Bürger in Uniform kann endlich in vollen Zügen… nee, streichen Sie das mal bitte wieder.
Wir haben wirklich alles schon gehört. Die Deutsche Bahn gibt ja inzwischen schon zu, dass ihre eigenen Züge ihnen viel zu unpünktlich sind, und dass das zu einem schweren Imageschaden für die Truppe würde, wenn man die am Wochenende auf die Schiene bringen würde. Als der Vorstand dann irgendwann witzig wurde und von ‚auf die schiefe Bahn bringen‘ anfing, sind wir einfach rausgegangen. Das ist nun mal ein Staatskonzern, deshalb funktioniert da auch nichts richtig, aber wir sind als Bundesregierung immer noch mehrheitlich daran beteiligt. Deshalb sollte sich die Deutsche Bahn mal mit dem Gedanken anfreunden, dass der deutsche Soldat in Zukunft wieder vermehrt zum Zug kommt, wenn Sie wissen, was ich meine.
In Uniform natürlich, immer in Uniform. Darauf legt die Ministerin sehr großen Wert, schließlich muss man die Truppe doch erkennen. Das hat ja auch seine Vorteile. Stellen Sie sich mal vor, es gibt wieder irgendwelche Auseinandersetzungen auf dem Bahnsteig, irgendein Kulturbereicherer fühlt sich psychisch unwohl und hat aus reinem Zufall ein Küchenmesser in der Jackentasche – wollen wir da erst lange verfassungsrechtliche Bedenken ausdiskutieren oder den Bundeswehrwehreinsatz im Innern einfach mal machen? Sie können ja noch ein paar Tode abwarten, wenn da plötzlich wieder ein Kind ins Gleis geschubst wird, aber das sage ich Ihnen, wir sind effektiver als Seehofer. Das ist die ordnende Kraft des uniformierten Auftretens. Wenn Sie nämlich Mitfahrgelegenheiten für die Soldaten organisieren würden, damit die auch am Heimatort ankommen und nicht irgendwo zehn Kilometer entfernt oder einen Tag später, dann hätten Sie nicht diesen Sicherheitseffekt, den wir heute brauchen. In Vierreihe zum nächsten Hauptbahnhof, dann hätte sich auch so manches Problem mit unerwünschter Zuwanderung schnell erledigt. Oder was, meinen Sie, hätte das für eine Wirkung, wenn man sich übers Mittelmeer schleppen lässt, und dann wird man hier statt von Bahnhofsklatschern erst mal von einem ganzen Bataillon in Flecktarn empfangen?
Sie meinen doch nicht ernsthaft, dass sich die Bundeswehrangehörigen von der Deutschen Bahn abschrecken lassen? Das haben die ernsthaft ins Feld geführt, man muss sich das mal vorstellen! Wir haben Truppenteile, die waren in Afghanistan und auf der Gorch Fock, denen können Sie weder mit einer defekten Klimaanlage noch beschissenen sanitären Einrichtungen Angst machen. Wenn Sie meinen, dass unsere Soldaten vor dem Bordbistro wegrennen, weil sie keinen Quinoasalat mehr sehen können, dann haben Sie sich aber geschnitten. Die kennen den Feind, oder was meinen Sie, warum wir jahrelang den Laden heruntergewirtschaftet haben? Wenn der Laden jetzt denkt, weil ab und zu ein paar Triebköpfe nicht funktionsfähig sind, weil die Türen entweder nicht schließen, nicht rechtzeitig aufgehen oder sowieso komplett blockiert sind, dann haben die sich geschnitten. Wir überhaupt nichts, was auch nur halbwegs funktionsfähig fliegt oder fährt oder schwimmt, klar!?
Früher hat man ja noch ganze Kompanien ins Theater geschickt, wenn das Haus nicht ausverkauft war. Wenn Sie sich heute ansehen, wie die Züge ausgelastet sind, dann ist es doch viel vernünftiger, dass man sie auch bis zum letzten Stehplatz mit Fahrgästen belegt – so ein Zug, der mit 140 Prozent Belegung auf der Strecke bleibt, ist immer noch viel umweltfreundlicher als hundert Mofas, mit denen man sowieso nicht auf die Autobahn darf.
Wenn wir nämlich jetzt diese ganzen Kosten, die durch die Truppentransport entstehen, auf das Militärbudget anrechnen lassen, dann kommen wir auf die zwei Prozent des Bruttoinlandsproduktes und die NATO ist zufrieden – wobei wir dabei ja genau genommen auch das Bruttoinlandsprodukt steigern, so dass wir mehr Zug fahren müssen, um die zwei Prozent zu erreichen, und immer so weiter. Aber das ist ein logisches Problem, damit dürfen Sie der Ministerin nicht kommen. Und wenn Sie jetzt noch berücksichtigen, dass die Truppe ja auch irgendwie an die Front kommen sollte, dann haben wir schon mal eine Einnahmequelle für die Bahn gefunden, die einem Einfaltspinsel wie Scheuer nie in den Sinn käme. Mit dem ICE bis an die Front – Räder müssen rollen, na ja, wie auch immer. Und wenn die Bundeswehr bisher immer dazu gedient hat, um der Wirtschaft das Geschäft aufrecht zu erhalten, dann wird man das doch von der Politik auch mal für die Bundeswehr erwarten dürfen, nicht wahr? Da kann die Ministerin in ihrer Eigenschaft als Vorsitzende der größten Regierungspartei gerne mal die Weichen stellen. Wir müssen rauskriegen, wie man in der Berufsarmee kostenlose Fahrten als geldwerte Leistung versteuert – das kann uns nun wieder der Scheuer verraten, irgendwas muss da bei der Ausländermaut auch gewesen sein in die Richtung – und welche Uniform man da tragen muss, damit die als Fahrkarte gilt. Und ob es da Sitzplätze gibt. Aber so weit sind wir noch nicht. Die Ministerin weiß nicht, was das soll und wie es geht, aber sie weiß wenigstens, dass Deutschland untergeht, wenn wir das nicht schaffen. Wenn das nicht Fortschritt ist, ich frage Sie: was denn dann?“
Satzspiegel