Widerstand

4 09 2019

„Wie ich da reingeraten bin? Das war, also heute würde ich sagen, ich habe da nicht ganz, nicht so ganz, also als Versehen würde ich das jetzt schon bezeichnen wollen. Ja, versehentlich. Ohne Absicht.

Weil, am Anfang konnte ich die gar nicht leiden, immer Sprüche am klopfen, wir hatten da so einen auf der Etage, immer gegen alle anderen, und den Krieg haben wir auch nicht verloren, dabei war der damals noch gar nicht geboren, aber egal. Wenn er fristlos gekündigt wird wegen Diebstahl im Betrieb, und dann ist das nur so ein Kännchen Öl, da ist der Russe dran schuld, weil die uns den Krieg erklärt haben. Und dann habe ich mir so gedacht, da muss man doch, als ordentlicher Staatsbürger ist es ja unsere Aufgabe, dass man sich das mal anguckt und vielleicht Schlimmeres verhindert.

Die haben da unten an der Ladenzeile so eine Kneipe, da treffen die sich immer, dachte ich mir, da gehe ich mal hin, vielleicht sind die ja noch zu retten. War aber nix, ich bin eben rein, da fängt auch schon einer an, dass die ganzen, wie sagt man, also er hat Neger gesagt, aber ich würde das ja nie aussprechen. Also die sind ja schuld, dass es keine Braunkohle mehr gibt, und die Windräder hat sich diese Kanzlerin ausgedacht, und Frauen gehören sowieso ins Arbeitslager. Pils war anständig, kann man trinken, und wie ich da so sitze, ich denke mir, die sind ja vielleicht ein bisschen doof auf einer Backe, die nehme ich mal hoch, und dann erzähle ich denen, dass die Merkel die Kohle nach Afrika verschifft, wegen Wirtschaftshilfe, und wir zahlen dafür auch noch die Mehrwertsteuer. Das war denen natürlich gar nicht so klar, aber plötzlich stand da ein neuer Bier vor mir auf dem Tresen, und der neben mir wusste ganz genau, dass der nächste Weltkrieg von Islamien ausgeht. Muss man wissen.

So nach zwei, drei Tagen spricht mich da der eine an, ich sollte mal mitkommen zum Stammtisch und er würde mich da mitnehmen, ich war da noch nicht so überzeugt, aber er wollte das. Ich dachte mir jedenfalls, guter Plan, wenn man bei denen in der Eckkneipe schon so gute Karten hat, was macht man dann erst bei denen im Hinterzimmer? Mein Plan war ja ursprünglich gewesen, erzähl denen die größte Scheiße auf Erden, und wenn sie das bei sich zu Hause weitererzählen oder auf Arbeit oder im Verein, dann gibt es aber zügig aufs Maul, weil so dämlich kann ja keiner alleine sein. War aber dann doch ganz anders. Wie wir da reinkommen, sagt er, soundso, neulich bei den Kumpels, und der hat den Durchblick, der denkt noch selbst. Also wer von denen irgendwann die Schule vorzeitig verlassen hat und auf Werkeinstellung weiterläuft, bei dem heißt das, der denkt noch selbst. Aber egal, und dann hatten die da ihren Saalabend, und ich hatte wieder ein Bier vor mit stehen und Schnaps, und dann habe ich denen gesagt, was Sache ist.

Dass die Ausländer schon auf dem Mittelmeer schwimmende Sprachkurse kriegen, damit sie uns hier die Jobs wegnehmen können, und dass die Flüchtlingsunterkünfte immer so weit draußen sind, damit man die Parkplätze für die ganzen Ferraris von der Straße aus nicht sieht, und dass denen das Sozialamt nur ihre zehntausend Euro pro Monat auszahlt, wenn sie sich verpflichten, länger als fünf Jahre jeden Job abzulehnen, damit sie uns auf der Tasche liegen können. Und dass das natürlich alles mit jüdischem Kapital finanziert wird, um sich für den Holocaust zu rächen, den es zwar gar nicht gab, aber zur Sicherheit werden wir den beim nächsten Mal noch besser organisieren. Das kam so weit schon ganz gut an, dass die Reichskriegsflagge das einzige legitime Hoheitsabzeichen der von den Alliierten geduldeten BRD GmbH ist und dass die Kanzlerin das für eine Zahlung auf ihr Privatkonto bis heute unterdrückt, das war wohl der Eisbrecher. Da kam da die zweite Flasche Schnaps. Naja, und dann habe ich ausgepackt, das kam ganz gut an, jedenfalls war ich doch erstaunt, weil, die meisten wussten wohl schon, dass die Merkel in Wahrheit so ein Reptiloid ist und sich nachts in der Hohlerde unter der vom IS inszenierten Berlin-Replikation schlafen legt, während die Chemtrails den Himmel über Deutschland künstlich verdunkeln, damit die Atomstromlobby mehr Geld für die deutsche Straßenbeleuchtung abzocken kann.

Dieser Typ, den sie für ein Ölkännchen rausgeschmissen haben, der war auch dabei, und hat mich gefragt, ob ich irgendwie Probleme haben würde. Hatte ich natürlich, mir geht seit Monaten ein Nachbar auf die Plomben, und er sagt, das machen die natürlich nicht selbst, dafür hat man dann die Kameraden, von denen kennt man zwar keinen, aber jeder kennt einen, der einen von den Kameraden kennt, und notfalls ist das auch selbst ein Kamerad, wenn es mal schnell gehen muss.

Eine Woche später waren wir dann auf dem Parteitag, da war auch schon der Nachbar weg, aber das ist ein anderes Thema. Jedenfalls habe ich da noch mal klargestellt, dass der Pole an sich ja für einen neuen Krieg schon geeignet wäre, schon weil, den letzten hat er ja auch angefangen, und diesmal sind dann eben wir dran. Fanden sie wirklich gut, und ich würde sagen, das hat Zukunft. Ich glaube, so mache ich weiter. Wenn denen jetzt noch einer ein einziges Wort glaubt, dann weiß ich es auch nicht mehr. Übrigens, demnächst ist wieder Wahl.“