„Also entschuldigen Sie mal, das geht ja gar nicht!“ „Absurde Idee!“ „Sie haben doch nicht alle Tassen im Schrank!“ „Aber es ist ein gesellschaftlich sehr polarisierendes Thema, wir als Journalisten dürfen das nicht einfach ausklammern.“ „Deshalb lädt man aber trotzdem nicht die RAF ins Fernsehen ein!“
„Politische Bildung kann nur so funktionieren, dass wir die Betroffenen zu Wort kommen lassen.“ „Wenn ich das schon höre…“ „Wer sind denn die Betroffenen?“ „Das sind ja wohl die, die bei den Attentaten zu Schaden gekommen sind.“ „Vielmehr die Hinterbliebenen, die Opfer können ja nicht mehr reden.“ „Ich bin auch gegen Terrorismus, aber deshalb muss man doch der Gegenseite trotzdem eine…“ „Um diesen ganzen radikalen Mist in Ihrer Sendung zu zeigen?“ „Diese Leute wollen doch gar nicht reden!“ „Das zeigt doch schon dieses ganze verquaste Ideologiegelaber!“ „Genau da haben die Medien die Aufgabe, eine gemeinsame Sprache zu finden und dem Zuschauer eine…“ „Also falls ich es nicht schon gesagt haben sollte, noch mal fürs Protokoll: Sie haben nicht alle Tassen im Schrank.“
„Wir müssen hier doch auch mal eingestehen, dass, nur, weil wir recht haben, der andere nicht unbedingt unrecht haben muss.“ „Nehmen Sie mir bitte jetzt alle harten Gegenstände weg.“ „Das Schlimmste sind Typen, die auch noch glauben, was sie da für einen Bullshit erzählen.“ „Streitkultur ist doch für uns Demokraten ganz wichtig, weil wir…“ „Streitkultur!?“ „Diese Mörder…“ „Es sind nicht alle Mörder, das wissen Sie ganz genau.“ „Wer Mord oder Terror rhetorisch vorbereitet oder die Taten organisatorisch unterstützt und sie hinterher ideologisch als Notwendigkeit rechtfertigt, hängt mit drin.“ „Sehe ich auch so.“ „Aber Streitkultur ist wichtig, weil wir die…“ „Was wir von dieser Bande vorgesetzt bekommen, sind bestenfalls Hassphrasen mit freundlichem Zuckerguss.“ „Die wollen sich nicht streiten, die wollen Ihre Meinung ausradieren, weil sie für die ein überkommenes System repräsentiert.“ „Und dann können Sie sich noch so viel ins Fernsehen stellen und Differenzierung fordern, das verfängt nicht bei denen.“ „Es soll aber bei den Zuschauern ankommen, dass wir uns um Mäßigung bemühen.“ „Bemühen!“ „Na großartig, und was kommt von denen zurück?“ „Warten wir noch zehn Sekunden ab, dann kommt hier die Leier mit der schweren Kindheit.“ „Gottchen, die armen Terroristen!“ „Die leiden sicher am schwersten unter ihren Bombenattentaten.“ „Ist aber auch echt gefährlich, wenn man im Untergrund lebt und den ganzen Tag auf der Hut sein muss, dass man nicht ertappt wird.“ „Schlimm, schlimm, schlimm!“
„Für klar denkende Menschen gehören diese Terroristen ja auch nicht zur Normalität.“ „Also nicht zu der Normalität, die Sie ihnen medial als billige Eintrittskarte in die bürgerliche Gesellschaft zur Verfügung stellen?“ „Jetzt differenzieren Sie doch mal: wer nicht differenziert, hört in dem lauten Geschrei dieser Terroristen oder ihrer Sympathisanten nicht die Stimmen, die man hören sollte, als Politiker, um sie ernst zu nehmen, als Journalist, um sie zu beleuchten.“ „Das mit der schweren Kindheit haben wir verpasst?“ „Sieht so aus.“ „Also die Zwischentöne, wenn wir uns so rein emotional darauf einlassen sollen, was der Terror mit uns macht?“ „Das klingt jetzt echt deep.“ „Ich fühle mich auch schon echt voll betroffen, Du.“ „War Lack schon wieder im Sonderangebot?“ „Wir brauchen einen respektvollen, anständigen Diskurs und eine…“ „Damit wir uns von diesen Terroristen ans Handlanger eines Schweinesystems anpöbeln lassen dürfen, das notfalls durch brutale Gewalt gegen Unschuldige zerstört werden soll?“ „Sie hatten möglicherweise nicht ganz so viel Zeit, sich in die theoretischen Grundlagen dieser Ideologie einzuarbeiten.“ „Wenn man keine Ahnung hat, was ‚Diskurs‘ heißt, hat sich die Diskussion er erledigt.“
„Der Mainstream setzt sich aber auseinander mit diesen Themen, und deshalb dürfen wir das nicht ausgrenzen.“ „Die Mehrheit der Bevölkerung kann diesen Scheißdreck aber nicht hören!“ „Und die anderen Sender machen das auch, und auch auf dem eigenen Sender gibt es genug Sendungen, die sich mit dem…“ „Und deshalb müssen Sie denen auf den Leim gehen, jedes Mal deren Hassparolen übernehmen und weitertransportieren?“ „Meine Güte, die sagen halt ‚Bullenschweine‘, wenn einer denen nicht passt, aber…“ „Und das müssen Sie dann auch nachplappern?“ „Wir können doch einen Diskurs nur auf Augenhöhe führen, wenn wir klar differenzieren, was wir als…“ „Klar, Sie sagen immer ‚Zwinki-Zwonki‘, damit auch jeder Ihre differenzierende Distanz diskursiv einordnen kann, oder?“ „Uh, das ist Medienkompetenz!“ „Sehen Sie, einmal mit Profis arbeiten.“
„So, und damit hier jetzt mal Ruhe im Karton ist, haben wir Ihre Studiogäste für morgen früh wieder ausgeladen.“ „Aber…“ „Das reicht jetzt, und Sie können gerne Ihre politischen Ambitionen überdenken, nur nicht bei uns als Arbeitgeber.“ „Aber Meinungsfreiheit…“ „… heißt nicht, dass wir Ihnen unwidersprochen zuhören müssen.“ „So, und jetzt würde ich diese Diskussion gerne beenden.“ „Sie können sich ja gerne privat mit der RAF treffen und ein bisschen über den Umbau des Rechtsstaates plaudern.“ „Falls Sie da als Gast auch so willkommen sind und kein kostenloses PR-Material für die basteln können.“ „Ganz fair und ausgewogen und kritisch.“ „Und unparteiisch.“ „Und natürlich differenziert.“ „Und unabhängig.“ „Guten Abend.“
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