Restrukturierung

21 10 2019

„Und das hilft?“ „Aber hundert Prozent!“ „Ich weiß ja nicht.“ „Jetzt einmal ordentlich reinhängen, die Sache von langer Hand planen, und dann sind wir durch.“ „Echt?“ „Wenn ich’s Ihnen doch sage!“ „Und wir sind dann auch wirklich richtig weg vom Fenster?“ „Versprochen. Die SPD ist Geschichte.“

„Aber wenn es nun doch nicht klappt?“ „Warum sollte es denn nicht klappen?“ „Noch mal große Koalition, das machen meine Nerven nicht mit!“ „Meine Güte, warum sollte es denn nicht klappen? Geben Sie mir einen vernünftigen Grund, warum wir das nicht hinkriegen sollten!“ „Beim letzten Mal hat’s ja auch nicht geklappt.“ „Weil wir im allerletzten Moment wieder regieren wollten.“ „Obwohl wir uns das so fest vorgenommen hatten!“ „Gute Vorsätze sind eben nicht alles.“ „Ich weiß.“ „Wenn man Schluss machen will, dann braucht man auch eine gewisse Konsequenz.“ „Ja, schon klar. Obwohl…“ „Obwohl was?“ „So richtig Schluss machen ist es ja doch nicht.“ „Wieso denn nicht?“ „Ich meine, Schluss machen schon, aber wohl eher mit der Partei.“ „Jetzt machen Sie sich mal nicht ins Hemd, das hört sich bei Ihnen ja echt an wie Selbstmord aus Angst vor dem Tod.“ „Irgendwie trifft es das ja auch.“ „Jetzt machen Sie aber mal einen Punkt, Genosse!“

„Hier, ich habe ein paar Ideen aufgeschrieben, wie Sie das haben wollten.“ „Na, dann lassen Sie mal sehen.“ „Ist das gut?“ „Kann man sicherlich was draus machen. Das mit dem Tempolimit war Ihr Einfall?“ „Nicht alleine, da haben wir schon sehr kontrovers diskutiert.“ „Ob Sie es so machen?“ „Nein, ob wir das eventuell erst im Wahlkampf bringen.“ „Hätte natürlich noch besser gewirkt.“ „Vor allem, wenn wir den Grünen die Schuld in die Schuhe schieben, dann wäre Rot-Grün noch eine Spur unwahrscheinlicher geworden.“ „Was genau halten Sie denn davon noch für realistisch?“ „Wenn Sie so fragen…“ „Ist ja egal. Jedenfalls merken Sie sich mal, Chancen muss man strategisch nutzen. Sonst geht so etwas im allgemeinen politischen Scharmützel unter und die SPD erholt sich. Das kann doch keiner wollen!“

„Das hier wären jedenfalls die Steuerpläne.“ „Sie gehen also auch schon davon aus, dass Scholz die SPD führt?“ „Wir rechnen immer mit dem Schlimmsten, sonst schaffen wir es ja nie.“ „Das ist vernünftig. Und diese enormen Senkungen bei den Spitzenverdienern…“ „Wir hatten auch vereinzelte Gegenstimmen. Wenn die FDP das ungelesen als stalinistische Enteignungsorgie bezeichnet und zu spät bemerkt, dass wieder nur Heißluft rauskommt, dann halten alle die für behämmerte Halbaffen.“ „Niemand ist vollkommen. Aber dann müsste noch die Mehrheit der Wähler mitkriegen, dass sie gar kein Haushaltsnettoeinkommen von über hundert Millionen Euro haben.“ „Wir setzen auf die Straße.“ „Das ist gar nicht so unklug.“ „Fridays for Finance, das könnten die Jusos irgendwie hochziehen.“ „Und Scholz lässt dann in die Menge schießen. Gar nicht mal so übel.“

„Sehr viel versprechen wir uns auch von der Erneuerung des Sozialstaates.“ „Zeigen Sie mal her – Regelsätze einfrieren, noch mehr Geld in die Verwaltung, schärfere Sanktionsmöglichkeiten, gar keine Mittel mehr für Fortbildungsmaßnahmen. Was ist denn daran Erneuerung?“ „Ja nichts halt.“ „Es wurde zwar viel versprochen, aber dass Sie jetzt das Gegenteil umsetzen, das wird Ihnen schon Diskussionen einbringen.“ „So war das ja auch gedacht.“ „Ich will mich nicht zu weit aus dem Fenster hängen, aber seit wann wird denn über eine Restrukturierung, Neufassung, Anpassung, also: seit wann wird denn versprochen, dass mit dem Hartz-Scheiß endlich Schluss ist?“ „Schon länger.“ „Was ist bisher passiert?“ „Nichts.“ „Was wird sich der Wähler dabei denken?“ „Ich… sagen Sie’s mir.“ „Ja, was? genau so haben die es erwartet!“ „Und das bedeutet?“ „Merken Sie noch was, Genosse? Eine SPD, die absolut den Erwartungen ihrer Wähler entspricht – wollen Sie gleich noch den Kanzler stellen!?“ „So hatte ich das noch gar nicht gesehen.“ „Meine Güte, einmal mit Profis!“

„Also Rente kommt dann auch weg.“ „Dieses komische Konstrukt, dass Sie erst neulich vehement gegen die CDU verteidigt haben?“ „Genau das.“ „Okay, das klingt jetzt auch irgendwie gut. Das kann man machen.“ „Pflege wird auch mehr oder weniger gecancelt.“ „Wie stellen Sie denn das an?“ „Wir übernehmen so gut wie alles, was Spahn sich da in den letzten Jahren aus der Rübe gerattert hat.“ „Ach du grüne Neune! Na, das wird ein Spaß.“ „Jedenfalls hält uns hinterher keiner mehr auch nur im Ansatz für kompetent, irgendwas über Pflege zu sagen.“ „Sie könnten ja auch noch einen eigenen Akzent reinbringen, verkünden Sie einfach, Sie hätten sich alles noch mal gründlich durchgerechnet und rausgefunden, dass der Rentenbeitrag jetzt doch erheblich steigt, die Renten auf höchstens dreißig Prozent sinken und Pflege so gut wie nicht mehr stattfindet.“ „Bei mehr Versicherungsbeitrag.“ „Was denn sonst?“ „Okay, das machen wir. Und beim Klimapaket müssen wir dringend noch mal ran.“ „Auch wegen der Finanzierung?“ „Ach was, die CO2-Steuer kommt raus, Bahnreisen werden bis zum Anschlag teurer, Sprit gibt’s quasi umsonst, die Feinstaubkontrollen werden gesetzlich verboten…“ „Das klingt jetzt ja doch langsam vernünftig.“ „Es gibt nur ein großes Problem.“ „Nämlich?“ „Wir müssen das den Wählern auch irgendwie verkaufen, wir brauchen den richtigen Slogan dafür.“ „Ach, wenn’s denn weiter nichts ist, da hätte ich was: ‚Damit alles besser wird – weiter so!‘ Noch Fragen, Genosse?“


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