Berufungsberatung

23 10 2019

„Und wie genau äußert sich diese demokratische Gesinnung? er hat sich jetzt ein Grundgesetz in den Bücherschrank gestellt? Das muss noch nicht viel heißen, das hat man normalerweise da stehen, aber es dient nur zur Dekoration. Schwierig wird es erst, wenn er darin liest. Tut er schon? Dann haben Sie wirklich ein Problem mit Ihrem Sohn.

Es stehen ja fürchterliche Sachen in dem Ding drin. Wir müssen das zu Studienzwecken auch hin und wieder lesen, aber wir wissen, dass es nur eine Art utopische Beschreibung ist, die keinesfalls zur Nachahmung anregen soll. Wenn man jetzt in diesem sensiblen Alter mit diesen extremistischen Forderungen konfrontiert wird, Menschenwürde, Gleichheit, das kann eine Persönlichkeit nachhaltig schädigen. Da wäre ich genauso besorgt wie Sie. Der Junge benutzt das als Einstiegsdroge, er informiert sich dann auch aus anderen Quellen, am Ende radikalisiert er sich im Internet, und schon ist es passiert: er tritt in irgendeine linke Partei ein. Oder in die SPD.

Liberalismus? Also so richtigen Liberalismus, nicht das, was die Liberalen heute als Liberalismus verkaufen? Das ist auch ganz furchtbar. Wenn man sich in dem Alter mit Bürgerrechten beschäftigt, dann ist man doch im Grunde genommen für den Rest seines Lebens verloren fürs System. Die haben alle ein total verqueres Bild von Bürgerrechten, die halten das für Abwehrrechte gegen den Staat. Und versuchen Sie das so einem Wirrkopf auszureden, das schaffen Sie nicht mehr. Wenn man irgendwie versuchen könnte, ihnen Meinungsfreiheit so zu erklären, dass sie davon ausgehen können, nur ihre Meinung sei richtig, dann wäre man ja schon ein Stück weiter. Aber mir ist noch kein Fall bekannt, wo das tatsächlich funktioniert hat.

Glücklicherweise haben wir eine Entwicklung, in der demokratiefördernde Institutionen vom Staat heruntergefahren werden. Noch besser wäre es natürlich, wir würden Projekte, die offen gegen die Demokratie arbeiten, mit frei werdenden Mitteln aus diesem linkslinken Spektrum finanzieren. Bis jetzt werden Polizisten oder Soldaten ausreichend bezahlt, auch wenn sie sich offen gegen die Demokratie stellen. Vielleicht greifen die uns noch ein bisschen mehr unter die Arme, aber derzeit sieht es leider nicht danach aus. Wir müssen abwarten, ob sich da etwas tut.

Nein, geben Sie deswegen nicht auf! Noch ist Junior nicht verloren, da kann noch viel passieren – wie auch immer Sie das jetzt verstehen wollen. Lassen Sie das System für sich arbeiten. Das hat noch immer eine vernünftige Zukunft, und man muss ja nicht unbedingt als gewalttätiger Schläger zur Polizei gehen, um seine rassistische Neigung auszuleben. Zumal es da auch immer wieder solche gibt, die sich plötzlich gegen die Kameradschaft stellen, und dann kommt einem irgendwas beim Waffenreinigen dazwischen. Will man ja auch nicht. Und ehe man da irgendwo unter dem Radar fliegt und aus Angst die anderen deckt und auf diese Art menschenverachtenden Korpsgeist stabilisiert – nein, das ist nicht für jeden geeignet.

Eine Verwaltungsausbildung wäre doch etwas. Lassen Sie ihn ruhig eine Verwaltungsausbildung machen, er hat ja bis jetzt anständige Noten. Da ist er jeden Tag mit vielen Einzelfällen konfrontiert, und mit etwas Nachhelfen landet er vielleicht in einem Bereich, in dem er wirkliche Schicksale zu Gesicht bekommt. Wenn Sie mit Migranten zu tun haben oder mit Flüchtlingen – so ein Posten in der Ausländerbehörde verlangt selbstverständlich eine gewisse kulturelle Kompetenz, aber wenn Sie einer Person Schwierigkeiten machen wollen, dann schaffen Sie das normalerweise. Die Vorschriften sind ja auf Ihrer Seite. Sie können oft gar nicht anders, als menschenverachtend zu sein. Das System will es so. Das System ist so.

Oder nehmen Sie den Sozialbereich, da stumpft man so schön schnell ab. Und dann kommt dieses verlockende Gefühl, auf jemandem herumregieren zu können. Ohne, dass der sich wehren könnte. Zeigen Sie mir den, der sich da bei geeigneter Veranlagung nicht hinter seinen Vorschriften verschanzt. Das höhlt demokratische Dekoration und diesen ganzen Grundgesetzfirlefanz schneller aus, als Sie ‚Karlsruhe‘ sagen können. Erwerbslose sind auch ein lohnendes Feld. Was Sie da alles im Rahmen von Vorschriften und Ermessen machen können, wofür Sie als Handwerker vom Meister jeden Tag die Fresse poliert bekämen, und zwar zurecht – sagenhaft. Dieses System saugt solche Typen auf, überformt sie, wer noch Zweifel hat, wird angepasst, ruhiggestellt, kleingefaltet. Und das Angenehme ist ja, an der ganzen Schweinerei ist keiner schuld. Das muss so sein.

Wie gesagt, lassen Sie die Zeit für sich arbeiten. Es ist nie zu spät, und selbst bei einer zunächst sehr schwierig erscheinenden Wahl – nehmen wir an, der Junge studiert tatsächlich mal Rechtswissenschaft – kann immer noch der Kontakt zum richtigen Milieu den weiteren Lebensweg wieder so korrigieren, dass er dem System nicht verloren geht. Nicht aufgeben, es gibt für jeden einen Weg, sich in dieser schwierigen Lage zu bewähren, man muss nur an das Gute glauben. Es gibt so viele Möglichkeiten, wenn man nur ein bisschen Verstand mitbringt, den notwendigen Leistungswillen, etwas Idealismus, eine gefestigte Persönlichkeit und das klare Ziel vor Augen, dass man es im Leben zu etwas bringen will. Und wenn nicht, meine Güte! es gibt ja schließlich auch noch den Verfassungsschutz.“


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