Time to Say Goodbye

5 12 2019

„Ja, sehr gut! Und dann kommen Sie gleich von links und… Links, ich habe gesagt: links! Meine Güte, halten Sie sich einmal an die Choreografie, so schwer kann das doch wohl nicht sein, oder ist das Ihr erster Bundesparteitag, Herr Scholz?

Dann bin ich eben laut und dann bin ich eben diktatorisch und das Ergebnis sieht beschissen aus, aber einer muss doch Regie führen in diesem Bums, und das mache nun mal ich. Ja, weil Sie nicht von der Basis engagiert worden sind, und jetzt runter von der Bühne, sonst mache ich Ihnen Luftlöcher in den Anzug. Gib dem Mann mal einer eine Zigarre und dann raus mit ihm! Wundere mich sowieso, wer den auf die Bühne gelassen hat, Müntefering war ja vorhin auch schon da, was wollen die alle hier? Wir haben doch genug Komparsen, oder?

Jetzt mal Licht auf die Esken, bisschen mehr, bisschen noch, bisschen noch, noch, noch – Ihr lasst die immer so farblos aussehen, seid Ihr alle nicht in der Gewerkschaft? Dann mach doch mal Rot, Du Dussel, das muss doch nicht zu diesem lila Zeug im Hintergrund passen! Wer hat das überhaupt da an die Wand genagelt? Fundus? So sehr Ihr aus, das Bühnenbild von der letzten Sommertournee, Väter der Klamotte mit Gabriel als Old Schwätzerhand! Mann Gottes, jetzt mach doch mal ordentlich Licht, das kann man ja nicht mit ansehen! Muss ich da erst selber hochklettern? Na also, geht doch. Und jetzt kommt der Chor langsam rein, Musik! und dann Licht von hinten, und: ‚Putz weg!‘

Heilige Scheiße! Scholz, lernen Sie Ihren Text, da steht nichts von ‚Cum-Ex‘! Außerdem ist das hier nicht Ihr Auftritt, also zurück in die… Rot! Es hat keiner gesagt, dass Sie da oben plötzlich auf Schwarzlicht umschalten sollen, klar!? ‚Fürstin der Finsternis‘ ist drei Türen weiter, wir machen hier einen ordentlichen Parteitag! So, und dann mal alle wieder auf Ausgangsposition. Sie noch etwas nach vorn, ja, und bitte im Takt, immer im Takt bitte, die Arme etwas höher, und im Takt – ja, ich weiß ja auch, dass Ihr das schon tausendmal gehört habt, aber so gehen Parteitage eben. Erst eine Stimme, dann die andere, dann rudern alle wieder zurück, dann kommt der Chor und dann ist Finale. Seien Sie froh, dass wir das nicht als Regionalkonferenz inszenieren. Dann hätten Sie jede Menge Text, aber das Publikum pennt trotzdem weg.

So, und Gasse bitte. Nein, keine Rettungsgasse, Sie sollen nur Platz machen für den alten Mann, der setzt sich dann für sein Solo an die Rampe. Musik, und geben Sie dem Thierse mal ein Handmikrofon. Sie müssen ihm das Ding nicht gleich in den Bart stopfen, der kann das schon selbst halten. Und jetzt der Chor: ‚Wacht auf, Verdammte dieser Erde!‘ Ja, sehr schön! Ich sag’s ja immer wieder, Musical hat nicht besonders viel mit der Wirklichkeit zu tun, die Handlung ist doof, aber die Leute lieben es halt.

Das war sehr schön, gleich den Walter-Borjans dahinter, und Licht! mehr Licht! Wenn Ihr da oben scheiße baut, dann kriegen wir hier unten nie etwas Vernünftiges hin! Der Chor bleibt jetzt hinten, und bitte ruhig zurück, keine Hektik, dann Walter zum Rednerpult, macht dem mal den Schlagschatten weg, das sieht ja schlimm aus. Sie sollen da hinten nicht so einen Lärm machen! Heilige Scheiße, Sie sind in der Szene keine Parteisoldaten mehr, das ist seit dem ersten Akt vorbei! Sie werden auch nicht so lange nach vorne durchgereicht, bis Sie im Vorstand sitzen, klar!? Also noch mal, und bitte!

Herr Scholz, was genau machen Sie da vorne? Ihr Solo? Sie haben kein Solo. Nein. Auch nicht, wenn Sie das zehnmal sagen. Sie haben hier kein Solo, und jetzt gehen Sie bitte von der… – Schmeiß den mal einer raus, oder ich steige gleich persönlich auf die Bühne und hau ihm die Kartoffel vom Hals! Ich habe gesagt, es gibt kein… Abschiedsszene? Wozu brauchen wir denn hier eine Abschiedsszene? Das ist mir völlig wumpe, was Sie da einstudiert haben, das wird nicht gebraucht! Heilige Scheiße, jetzt setzt den endlich vor die Tür!

Jetzt kommen Sie auch noch, was wollen Sie denn schon wieder? Die Abschiedsszene steht so im Buch? Leute, das wüsste ich aber. Und wenn Sie zehnmal der Inspizient sind, es steht nicht im Buch. Wir spielen das nicht. Im Glitzeranzug? auf der Schaukel? Was denkt denn der Mann, wer er ist? Helene Fischer!? Ich schmeiße Euch hier gleich die ganze Probe, wenn Ihr nicht auf der Stelle das… – Mitbestimmungstheater? Ihr habt wohl alle Lack gesoffen! Soll ich jetzt abstimmen lassen, wie das Stück ausgeht? Dann müsst Ihr halt irgendeinen Scheiß von Schirach spielen, aber nicht mit mir!

Musik aus! Wenn Ihr ‚Time to Say Goodbye‘ hören wollt, dann macht das gefälligst in der Pause! Ich will das hier nicht mehr hören! Wir machen die Ensemble-Szene noch mal von vorne, danach den Abgang, beide von links wieder rein, und dann ist das Ballett vorne. Ich sagte: vorne! Und Sie da, was soll das mit der Maske? Wer soll das sein, Greta? Das können Sie bei den Grünen machen, wir haben diesen Mummenschanz jedenfalls nicht nötig.

Scholz! Wenn ich Sie noch einmal auf der Bühne sehe, dann werde ich Ihnen die… – Immer feste drauf, mir ist das jetzt egal. Der Saalschutz ist jedenfalls im Preis inbegriffen, und wenn er danach die Klappe aufreißt, dann können wir mit gutem Gewissen sagen, es hat gar keine Polizeigewalt gegeben. So, und dann machen wir hier oben Licht, dann kommt das Finale, und vor dem letzten Vorhang noch mal mit allen Armen hoch. Tschakka. Also wollen Sie jetzt eine Premiere oder nicht!?“