Schadensbegrenzung

17 12 2019

„Glüh… Glühwas? Glühwein? Da sind wir nicht zuständig. Weihnachtsmärkte macht eigentlich das Wirtschaftsministerium, und die drogenbedingten Ausfälle sind beim Kollegen Scheuer. Ach so, Sie meinten Glyphosat? Ja, wir wissen ganz genau nicht, was das ist.

Das war hier ein Mehrgenerationenproblem. Klöckner vertritt noch immer das klassische Bild, dass man als Frau wartet, bis der Vorgesetze des Vorgesetzen des Vorgesetzen des Vorgesetzen des… wenn ich jetzt weitermache, sitzen wir in zwei Jahren noch hier, und nichts hat sich geändert. Wenn ich es lasse, ändert sich nichts, aber sie hat in zwei Jahren wenigstens noch ihren Job und muss nicht Generalsekretärin werden wie die anderen Bildungsversager in ihrem Laden. Wir müssen die beschäftigen, damit sie die Fresse hält. Wenn Sie mal richtiges Fachpersonal sehen wollen, dann kann ich Ihnen einen Besuch in unserem Bereich für Schadensbegrenzung empfehlen.

Der hier zum Beispiel, der hat zehn Jahre lang in der SPD gearbeitet. Dann wurde er plötzlich abgelöst, und auf einmal kam in der Presse auf, dass die für Hartz IV verantwortlich waren. Das hatte ja vorher keinen interessiert, auch wenn es genug Beweismaterial gegeben haben soll – wir interessieren uns ja nicht so dafür, wir interpretieren immer nur die Wahlergebnisse, also für uns passt es irgendwie immer. Dann wollte Klöckner neulich mal eine Pressekonferenz abhalten, es ging da um Knusperflockenmüsli und die regierungsseitige Bestätigung, dass der Hersteller freiwillig darauf verzichtet hat, keine illegalen Bestandteile in sein Zeug zu mischen. Das sind so Sachen, die man in der Bundespressekonferenz einfach nicht macht.

Wir hatten kürzlich mal eine Nachfrage zur Lebensmittelampel, das war jetzt etwas peinlich. Klöckner hätte das zwar beantworten müssen, aber sie wusste nicht mehr, von welchem Hersteller sie die Produktproben bekommen hatte. Aus Gründen der Wettbewerbsneutralität sind die Verpackungen immer neutral gehalten, da weiß man dann vorher nie, ob Marmelade drin ist oder Champagner. Für den Verbraucherschutz muss man halt auch mal das eine oder andere Opfer bringen, das bringt die Position so mit sich.

Wir sind ja inzwischen froh, wenn Greta sich im Zug den Arsch platt sitzt, das erspart uns elendige Diskussionen mit Bürgern, die mehr von ihrem Handwerk verstehen als Klöckner. Wenn hier einmal ein Diplomphysiker auf der Matte stünde, ich sage es Ihnen – unsere Türsteher hätten am nächsten Tag einen Hausmeisterjob bei der AfD! Das lassen wir einfach nicht zu, und damit sind wir als Regierungspartei bis auf weiteres alternativlos die erste Wahl, weil wir anderen bis auf gewisse Kompetenzgebiete überlegen sind.

Das Bewerbungsschreiben für diesen Konzern ist noch nicht fertig, wir brauchen noch ein paar Arbeitsproben. Deshalb mussten wir neulich diesen Werbespot mit der Schokomilch durchgehen lassen, auch wenn das grenzwertig war. Der Hersteller wollte unbedingt, dass sie bar bezahlt wird, damit das nicht durch die Parteienfinanzierung läuft – wenn das durch die Schweiz geht, kriegt man da auch Ärger, das wissen wir inzwischen – und wir konnten es ja schlecht privat abrechnen, also haben wir uns auf Aktien geeinigt. Jetzt kann sie ja schlecht mit Absicht den Aktienkurs abschmieren lassen, das würde ja Millionenwerte vernichten, vor allem bei den wirtschaftlich wichtigen Leuten, die unsere Partei sonst finanzieren, aber sie darf auch nicht zu schnell Gesetze, die im Auftrag dieses Konzerns… –

Dann hatten wir hier natürlich noch ein Problem mit dem Glyphodings, Glyphosat, ich weiß nicht mehr, wie das hieß. Wir wollten das verbieten, aber die rechtlichen Vorgaben waren so eindeutig nur für die EU bestimmt, dass das nur andere Länder einschränken konnten, und davon auch nur die Franzosen, weil sie von uns wussten, dass die Genehmigung in Deutschland auch ausläuft. Da kann man mit Blut und Boden argumentieren, aber das würde ja heißen, dass hier einer nur an die EU denkt und nicht an die deutsche Wirtschaft. So kurz vor Weihnachten, wollen Sie da den nationalen Sonderweg austesten?

Wenn wir jetzt die Erzeuger einschränken, die die Rohstoffe für unsere Produkte, mit denen wir auf dem Aktienmarkt – oder andersherum, wir können ja nicht die Kontinuität der Agrarpolitik, die mit der Parteienfinanzierung der, ich möchte mal sagen, wichtigen und… – Jedenfalls profitieren wir von der stabilen Landwirtschaft, die keine großen Verluste hat, die sie an die Verbraucher weitergeben kann, und die wird im Gegensatz die Unterstützung aus der Politik, die auch gleichzeitig im Sinne einer stabilen… –

Jedenfalls hat man ihr bisher nichts nachweisen können, das wollen wir mal festhalten. Gut, so viel hat sie bisher nicht gemacht, aber wir sind ja auch noch nicht fertig. Und unsere Schadensbegrenzung arbeitet wirklich gut, denn sonst hätten Sie es schon gemerkt. Glauben Sie es mir. Das kommt von oben. Von ganz oben. Wenn die nicht ihre Finger im Spiel hätten, was meinen Sie, dann würden die alle irgendwann als Kanzlerkandidaten drohen. Klöckner, Spahn, alle. Und jetzt fragen Sie uns noch mal, ob wir den Laden hier im Griff haben.“