„Klatschen reicht doch?“ „Eben, das sind nicht mal Ärzte.“ „Und keine von denen wählt uns.“ „Wieso nicht?“ „Seit wann sind denn Krankenschwestern Beamte?“
„Jedenfalls müssen wir jetzt etwas gegen das Personal…“ „Sie haben die Vorlage nicht gelesen.“ „Wieso, hier steht doch…“ „Personalmangel. Wir sollen etwas gegen den Personalmangel tun.“ „Ist das nicht der Job vom Gesundheitsminister?“ „Wir sind für Arbeit zuständig.“ „Und für Soziales.“ „In dieser Angelegenheit nur für Arbeit.“ „Das trifft sich gut, Soziales kann der Heil ja erst recht nicht.“
„Wir können nicht warten, bis Spahn Pfleger aus Ostasien geholt hat.“ „Außerdem kriegt man die momentan eh nicht über die Grenze.“ „Weil die aus Asien kommen?“ „Ich glaube, Spargel geht erst mal vor.“ „Ach so.“ „Ausbilden ist ja auch nichts.“ „Das dauert ewig.“ „Die Krise aber möglicherweise auch.“ „Und dann ist Corona irgendwann plötzlich vorbei, und wir wissen nicht, was wir mit dem ganzen Pflegepersonal anfangen sollen.“ „Die beantragen dann doch bloß Sozialleistungen.“ „Das kommt uns teuer zu stehen!“ „Sie sehen, das ist der vollkommen falsche Ansatz.“ „Allerdings!“ „Also woher nehmen und nicht stehlen?“ „Wie es die Vorlage vorsieht: längere Arbeitszeiten.“
„Und das hilft jetzt gegen höhere Ausfallquoten wegen der Infektionen?“ „Weil wir dann ja auch proportional mehr Schutzvorrichtungen haben.“ „Wieso mehr Schutz, ich dachte…“ „Proportional, meine ich. Normalerweise muss so ein Mundschutz acht Stunden halten.“ „Vorgesehen war er aber für zwei Stunden.“ „Und dann auch nur, wenn keine neuen Patienten kommen.“ „Wir haben aber keinen neuen.“ „Spahn hatte aber doch welchen bestellt?“ „Darum gibt es ja auch keinen.“ „Verstehe.“ „Und jetzt verlängern wir die Schicht auf zwölf Stunden, dann haben wir proportional mehr Arbeitszeit.“ „Das ist ja deshalb schon betriebswirtschaftlich ratsam, weil die Pfleger dann nicht mehr so oft putzen müssen.“ „Wieso das denn nicht?“ „Bisher haben wir die Pfleger einmal nach der Schicht die Station säubern lassen.“ „Macht das nicht das Reinigungspersonal?“ „Dafür gibt man doch heute kein Geld mehr aus.“ „Und so ein Pfleger kennt die Ecken.“ „Wenn schon putzen, dann doch bitte auch kompetent.“ „Wir reden hier von einer Klinik und nicht von einem Ministerbüro!“ „Ja, ich habe es kapiert!“ „Und das geht ja jetzt alles nicht mehr so von der Arbeitszeit ab.“ „Das heißt aber auch, es wird ein Drittel der Raumpflege nicht mehr…“ „Ja, wir sparen ein Drittel ein.“ „Wir werden ja sehen, ob wir dann auch ein Drittel mehr Tote haben.“ „Und wenn nicht, können wir das den Aktionären als Sparmaßnahme verkaufen.“ „Mehr Netto vom Brutto!“ „Super!“
„Gut, das heißt jetzt allerdings auch, dass wir mehr Infektionen beim Pflegepersonal riskieren.“ „Es wurde doch gerade gesagt, die Sterblichkeit sei geringer als angenommen?“ „Außerdem muss auch nicht jeder gleich tot umfallen.“ „Aber dann haben wir wieder mehr Ausfallquoten.“ „Wenn wir gerade die Arbeitnehmerrechte etwas updaten, wir könnten auch gleich für mehr offene Stellen in der Branche sorgen.“ „Das ist attraktiv für Neueinsteiger.“ „Und es werden mehr eingestellt.“ „Wie das denn?“ „Die Lockerung des Kündigungsschutzes ist nun mal ein hervorragendes Instrument für Arbeitgeber, neue Jobs zu schaffen.“ „Sehr richtig!“ „Wer würde denn die vielen neuen Pfleger in der Krise einstellen, wenn er sie nicht hinterher sofort wieder vor die Tür setzen könnte?“ „Man muss ja auch langfristig denken.“ „Und Personalkosten sind schließlich der entscheidende Faktor für eine vernünftige Rendite im Gesundheitssektor.“
„Wobei auch die geringere Ruhezeit eine sehr schädliche Wirkung auf das Immunsystem ausübt.“ „Also wieder mehr Infektionen.“ „Das ist gut, da es die Empathie mit den Erkrankten fördert.“ „Ich sehe da gewisse Synergieeffekte.“ „Aber es bleibt letztlich die Frage, ob eine verlängerte Schicht nicht zu mehr Fehlern in der Behandlung führt.“ „Das hatte ich auch schon erwogen.“ „Bitte!?“ „Je mehr Patienten versterben, desto schneller werden die beatmeten Plätze auf der Intensivstation wieder frei.“ „Das bedeutet mehr freie Betten.“ „Also alles, was der Gesundheitsminister wollte.“ „Und nicht wusste, wie er das nach dem Bettenabbau wieder auf die Reihe kriegen soll.“ „Und natürlich durch mehr Patienten mehr Fallpauschalen.“ „Also mehr Geld für die Aktionäre.“ „Hervorragend!“ „Damit dürfte unsere Wiederwahl gesichert sein!“ „So weit würde ich noch nicht gehen.“ „Aber auf jeden Fall die Rendite.“ „Da dürften Sie eher recht haben.“
„Das heißt virologisch, dass wir damit auch früher den gewünschten Durchseuchungsgrad für die Herdenimmunität erreicht haben.“ „Ja, das ist ein angenehmer Nebeneffekt.“ „Und wir haben die größten Schwierigkeiten auf dem Arbeits- und auf dem Wohnungsmarkt behoben.“ „Sehr gut!“ „Da wäre jetzt allerdings noch das Problem, dass sich die Pfleger krankschreiben lassen, wenn sie krank sind.“ „Daher der gelockerte Kündigungsschutz als flankierende Maßnahme.“ „Damit die Pfleger…“ „… nicht versehentlich Patienten anstecken.“ „Aber dann bräuchten wir ihnen doch nicht zu kündigen?“ „Es geht um die Fahrlässigkeit.“ „Wenn das mit Absicht okay ist, dann sind wir ja wieder in der Gewinnzone.“ „Großartig!“ „Ich hoffe, dass das Pflegepersonal das auch mitmacht.“ „Aber sicher.“ „Als Helden der Krise!“ „Die werden sich darum reißen, für das Volk da zu sein.“ „Bis zuletzt!“ „Na, etwas gruselig hört sich das ja schon an. Fast so wie die Liquidatoren, die man damals in Tschernobyl in die verstrahlte Scheiße geschickt hat, damit sie die Gefahr beseitigen und dann dabei draufgehen.“ „Das ist die richtige Einstellung!“ „Hurra!“ „Ich wusste es, die brauchen wir!“ „Ja, für später.“ „Wie meinen Sie das denn?“ „Die können doch mit der SPD gleich weitermachen, oder?“
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