„Sie, das mag ich mir jetzt nicht vorstellen!“ „Dann halten Sie das Original für erträglicher?“ „Das ja nun nicht, aber wenn ich mir denke, dass die Leute in ihre eigenen Wohnzimmer… igitt!“
„Sie brauchen nur einmal mit der Stadtreinigung mitzulaufen, wenn Sie das sehen wollen.“ „Hören Sie auf, ich muss gleich…“ „Oder mit den Kollegen von der Münchener Polizei.“ „Ich sagte, Sie sollen jetzt aufhören!“ „Eine einzige Pfütze, ich sage es Ihnen, die reicht von…“ „Aufhören!“ „Brezn und jede Menge Hendl, nach Tageszeit haben Sie noch Weißwurst drin und natürlich genug Bier. “ „Jetzt hören Sie auf, ich muss gleich, also mich erbrechen, verstehen Sie!?“ „Genau davon rede ich ja. Das ist das im Freistaat so beliebte Kulturgut, dass unser Landesherr, der Söder Markus, in Gestalt des für uns so wichtigen Festes auf der Theresienwiese zu retten versucht, obwohl die Preußen es uns bereits jetzt schon madig machen.“ „Nein, das kann nicht sein. Das kann nicht sein!“ „Wenn ich es Ihnen doch sage!“ „Ich lebe jetzt seit sechzig Jahren in Bayern, davon fünfzig in München, und ich habe noch nie einen Landsmann getroffen, der freiwillig auf der Wiesn sich, also…“ „Ja?“ „Ich meine, der hat da noch nie das Bier und die Hendl, die hat er doch vorher, also Herrschaftszeiten!“ „Doch, das ist nur den meisten nicht bewusst.“ „Nicht?“ „Das ist sehr altes Kulturgut, das geht auf tiefere Schichten der bayerischen Historie zurück.“ „Und da haben die Bayern…“ „Allerdings.“
„Warum fressen denn die Leute so eine Menge Brezn und Würstl in sich rein?“ „Irgendwas muss ja dann wieder raus.“ „Und das Bier?“ „Weil es sonst vermutlich drin bleibt.“ „Nehmen Sie mir das nicht übel…“ „Gutes Stichwort, genau da setzt der Plan vom Herrn Ministerpräsidenten auch an.“ „Welcher Plan denn?“ „Es muss ja raus.“ „Aha?“ „Er wollte ursprünglich alle zwei Meter ein Bild vom Stoiber annageln, aber die Leute sind halt nicht mehr auf der Strasse unterwegs, da hat er’s gelassen.“ „Da hat er wohl kein Kruzifix mehr bei der Hand gehabt, haha!“ „Ursprünglich sollte es ja das Foto vom Seehofer werden, aber da ist dann gleich das Heimatmuseum, Ministerium meine ich! das ist da eingeschritten.“ „Igitt!“ „Und dann hat sich die CSU allerhand einfallen lassen. Brechmittel ging nicht, das wird gegen ausländische Delinquenten eingesetzt und sonst nicht.“ „Also nur gegen die Preußen?“ „Die braucht man sowieso nicht beim Oktoberfest, also haben wir überall bei den Bierflaschen aufs Etikett einen Dobrindt gedruckt.“ „Das ist Folter!“ „Ja, aber aus regionalem Anbau.“
„Und das Bier wird jetzt verkauft?“ „Erstens wird das nicht verkauft, das wird geliefert, und zwar frei Haus.“ „Und wenn ich kein Bier mag?“ „Wollen Sie das kulturelle Erbe unseres Landes mit Absicht verraten?“ „Nein, aber…“ „Dann werden Sie das Zeug trinken, wenn es geliefert wird. Keine Widerrede!“ „Igitt!“ „Sehen Sie, das ist die richtige Einstellung!“
„Und Sie wollen dann, dass ich dazu Würstl brate oder Brezn kaufe?“ „Hören Sie doch mal hin: das wird alles geliefert.“ „Gratis?“ „Wenn wir die Leitkultur stützen müssen, dann ist uns das ein bisschen Steuergeld wert.“ „Weil das Oktoberfest sonst wegen des Lockdown ins Wasser fällt? Der soll doch nur bis Ende August gehen?“ „Aber bis dahin muss doch die ganze Planung auch stehen, und versuchen Sie mal, in ein paar Wochen die Zelte zu organisieren, Verpflegung, die Bedienung, die ganzen Tüten.“ „Welche… ach so.“ „Jedenfalls werden wir als gesamtbayerische Anstrengung unter der Führung des Söder Markus dieses Projekt durchziehen, nicht wahr?“ „Das Oktoberfest?“ „Das Projekt F.K.K.“ „Föderalismus, und hier, Dings… Corona?“ „Freistaatlich kontrolliertes Kotzen.“
„Sagen Sie mir, dass das nicht wahr ist.“ „Sie wissen so gut wie ich, dass es genau darauf ankommt, sonst würden nicht seit über zweihundert Jahren die Münchener sich regelmäßig die Birne dicht ziehen und dann alle Körperflüssigkeiten in der Öffentlichkeit ablassen.“ „Das ist ekelhaft!“ „Die deutsche Leitkultur ist nun mal nicht so besonders angenehm, das stellen Sie vor allem dann fest, wenn Sie sie als Ausländer kennen lernen.“ „Und dafür gibt sich Söder her!?“ „In Bayern wird man nun mal nur dann gewählt, wenn es einem vor keiner Sau graust. Sagen Sie jetzt nicht, das hätten Sie nicht gewusst?“
„Also die Bayern kriegen dann das Bier in die Wohnung geliefert und einen Leberkas und Brezn, und dann…“ „Auf die Couch, oder vom Balkon, wenn Sie einen haben. Sonst halt ganz normal ins Klo, wie alle anderen.“ „Und das ist Kulturgut?“ „Es ist zumindest ein angemessener Ersatz, wenn man das nur daheim praktizieren kann, aber in der Krise zeigt unser Landesherr, dass er auf alle Bedürfnisse der Bayern Rücksicht nimmt und sie gegen die Bundesregierung verteidigt.“ „Hat denn die Bundeskanzlerin das verboten?“ „Nein, aber das muss man den Bayern doch nicht auf die Nase binden.“ „Verstehe. So gewinnt man also Wahlen im Freistaat.“ „Selbstverständlich, und wissen Sie, was das Schöne ist? Wenn die Deutschen nicht aufpassen, dann machen sie immer das, was die Bayern wollen.“ „Und wissen Sie, wie ich das finde?“ „Nämlich wie?“ „Zum Kotzen.“
Satzspiegel