Vernichtungslager

28 05 2020

„Wozu brauche ich denn Beweise, dass der Mann je einen Hund hatte? Erstens kann man einen Hund auch quälen, wenn er einem nicht selbst gehört, und zweitens will das keiner wissen. Wozu auch.

Ich schreibe das nicht selbst, ich lasse schreiben. Oder ich habe einen Chefredakteur, der schreiben lässt. Der gibt ihnen dann vor, was sie zu schreiben haben, und trägt keine Verantwortung dafür, weil er ja nicht selbst geschrieben hat. Und wir haben für die Schlagzeile dann ja auch keine Verantwortung, weil sie der Leser so will. Ist dieser Mann ein Tierquäler? ist erst mal nur eine Frage, wir lassen abweichende Ansichten selbstverständlich zu und verlangen nur, dass sich unsere Leser dazu in anderen Medien informieren.

Es gibt so viele Nachrichten auf der Welt, die nur schwer zu verstehen sind, das heißt: sie sind leicht zu verstehen, aber dazu man muss sie einordnen. Da machen wir doch lieber Nachrichten, die leicht verständlich sind. In einer ganz einfachen Welt, in der es das Böse gibt, das wir für die Leser stellvertretend bekämpfen. Was das Böse ist, das überlassen Sie besser uns. Die Pressefreiheit ist für uns ein hohes Gut. Wo sie uns nützt.

Sie haben das schon ganz richtig verstanden, wir machen nicht die Schlagzeilen, wir machen Nachrichten. Die Nachrichten, für die sich die Leser interessieren, die in unserer Gesellschaft leben. Und wenn sie sich dafür interessieren, haben wir auch irgendwann die Gesellschaft, die wir uns vorstellen. Nämlich nur noch mit denen, die sich für unsere Nachrichten interessieren. Und das wird eine gute Gesellschaft sein, stellen Sie sich vor. Alle sind gegen Tierquäler, weil wir ihnen sagen, wer Tiere quält. Und wenn wir unser Produkt mit Reklame für billige Bratwurst subventionieren müssen, dann ist das eben eine wirtschaftliche Notwendigkeit. Kein Grund, sich darüber aufzuregen. Worüber Sie sich aufregen sollen, das erfahren Sie schon von uns.

Das ist harte Arbeit, verstehen Sie das nicht falsch. Wir müssen immer genau wissen, auf wen wir die Meute hetzen. Da hat man einmal ein Herz für Kinder, und schon denken alle, damit seien auch die ganzen Neger mitgemeint, die sich hier bei uns einnisten. Die sollen gefälligst in Afrika bleiben und unsere Bodenschätze abbauen. Das muss man alles wieder mühsam mit schlecht verklausulierten Morddrohungen gegen Klimaaktivisten reinholen, sonst bricht der Umsatz weg. Manchmal verfängt das. Angst ist eine mächtige Triebfeder. Man muss nur mit ihr umgehen können, wie mit den anderen Werkzeugen, Hass oder Gier. Menschen sind sehr einfach, und sie ändern sich nicht. Das macht sie als Rohstoff so ergiebig.

Wir gehen strategisch vor. Dazu muss man der Öffentlichkeit immer mal wieder ein Stück Beute hinwerfen, abgehalfterte Imbissfuzzis, salafistische Pseudojournalisten, welke Blondchen, die an die Flacherde glauben. Jetzt war mal einer von unseren Lautsprechern dran. Dass er sich hat erwischen lassen, ist unerheblich. Er hat es nur übertrieben. Das sitzen wir aus. Wir sind ja nicht verantwortlich, wenn sich diese Gesellschaft radikalisiert. Unsere Gewinne sind sicher, und wenn sich eines unserer Opfer beschwert, steht es schnell in Opposition zur Gesellschaft. Und wenn sich die Gesellschaft eben radikalisiert, dann werden Sie als Radikaler nicht lange auffallen, weil der Rest der Gesellschaft Sie einholt. Praktisch, nicht wahr?

Es ist übrigens auch ganz ohne Krisen machbar, nur erleichtern sie uns das Geschäft erheblich. Sie brauchen auch keine insolvente Küchenhilfe oder diesen schizoiden Jammerlappen, der Aliens in der hohlen Erde gesehen hat. Uns reicht es, wenn wir diesen Abschaum in den Parlamenten installieren, weil sie von dort aus unser Geschäft betreiben: jede Krise abwarten und dann die Gesellschaft gegen die Vernunft aufhetzen. Das ist viel angenehmer, als erst Vernichtungslager zu bauen. Wir warten in Ruhe ab, bis sich das von selbst erledigt.

Es ist ja an sich nichts einzuwenden gegen den sogenannten mündigen Bürger, aber die politische Wirklichkeit zeigt oft, dass er die Zusammenhänge nicht versteht. Wenn man sich permanent in einer Art Krisenmodus befindet und die Gesellschaft von Demagogen destabilisiert wird, dann braucht es ein ordnendes Gegengewicht. Wir nehmen in diesem Zusammenhang unsere Rolle auch ernst. Natürlich können wir nichts für öffentliche Ausbrüche von Gewalt gegen Personen. Wir lehnen das auch grundsätzlich ab, wobei wir andererseits das gesunde Volksempfinden nicht als Ausdruck einer gesellschaftlich relevanten Meinung ablehnen. Was gesund ist, können wir fallweise den Lesern kommunizieren. Das beugt Missverständnissen nicht immer vor, aber damit muss man rechnen. Die Hauptsache ist, dass wir den Diskurs bestimmen. Die Leute regen sich eher über brennende Autos auf als über brennende Asylanten, auch dann, wenn sie sich wegen der Leute, deren Autos da brennen, selbst nie ein Auto werden leisten können. Dann muss man ihnen beibringen, dass die Asylanten kein Interesse haben, diesen linksextremistischen Terror zu stoppen. Womit sie sich natürlich ganz klar schuldig machen. Für alles weitere setzen wir auf die Tatkraft der Deutschen, die ihr politisches Schicksal gerne selbst in die Hand nehmen, statt es sich von einer selbstsüchtigen, korrupten Elite vorschreiben zu lassen.

Ja, stellen Sie durch. Den Chefredakteur? Drei Prozent? An einem Tag? Das ist mir scheißegal, womit er das rechtfertigt. Lassen Sie es wie einen Unfall aussehen.“