„Es gibt keinen süßen Senf! Und wir dekorieren auch das Kanzleramt nicht in Weiß-Blau! Sagen Sie dem Herrn Bundeskanzler, wir machen das hier schon ein paar Bundeskanzler länger, und wenn ihm das nicht passt, soll er wieder nach München!
Heiliges Kanonenrohr, der Mann kosten uns vielleicht Nerven! Und ich sag noch zu meinem Kumpel, Kalle, sag ich, wenn der die Wahl gewinnt und Kanzler wird, dann ist das hier die Zentrale vom Irrenhaus. Hat er dann ja gewonnen, weil mit den anderen kriegt man nicht mal zusammen einen Blumenpott. Ich hör das noch wie heute, wie die Merkel am Wahltag hier durch die Flure gehüpft ist. Also wenn die Frau Honeckers Rache war, dann ist Söder jedenfalls ihre.
Das muss man sich mal vorstellen. Die haben den Mann zum Kanzlerkandidaten gemacht, weil er nicht in einer Tour Scheiße gelabert hat. Das ist so, als wenn jemand Olympia-Gold im Schwimmen kriegt, weil er als einziger nicht sofort absäuft. Und dann war ja Wahl, und dann hatten wir den Salat. Also einesteils, weil jetzt muss er auch die Klappe halten und kann nicht einfach so rumposaunen, wie das ein Bayer halt tut, und zum anderen, wie soll er denn jetzt die Merkel nachmachen, wo sie weg ist? Wenn man Ministerpräsident in Bayern ist, das ist wie Opposition. Da darf man alles machen und alles sagen und nie Verantwortung übernehmen, weil erstens ist die Wiederwahl eine Frage der Zeit – falls nicht der Staatsanwalt dazwischenkommt oder der Leberschaden – und zweitens ist immer die Bundesregierung schuld, wenn man zum Beispiel die Schwerkraft aufheben will oder die Neun-Tage-Woche einführen. Oder so Sachen halt. Jetzt hockt der Söder am anderen Ende der Fahnenstange.
Wo ist der Mann eigentlich? macht der wieder den Ludewich? Das ist so eine Zwangshandlung, der hat extra einen Kahn aus Traunstein kommen lassen und schippert zwanzig Mal am Tag den Spreebogen runter, als wär’s der Chiemsee. Und wir, das heißt ich, weil mein Kumpel, Kalle, der ist ja sofort seekrank, ich darf dann das Ding wieder an Land ziehen, weil der Herr Bundeskanzler sich sonst die Schuhe nass macht. In der CSU zieht das vielleicht, aber hier in Berlin? Hier sind ja zum Teil Menschen, wenn ich das mal so sagen darf, die überlegen regelrecht, wen sie wählen. Und dann auch noch, warum. Die kann er mit Symbolpolitik zukleistern, das stört die nicht, das kennen die gar nicht anders. Aber so’n Kasperkram, das kann der Berliner gar nicht ab. Deshalb war die Merkel auch gar nicht so verkehrt, wie das, was sie gemacht hat.
Und dann die Bierkutsche, das ist doch alles ein Beschiss. Jeden Donnerstag kommt hier ein das Fuhrwerk angeklappert, dann laden die zehn Fässer aus und an die fünfzig Kisten Weißbier. Ich hab da mal ganz versehentlich eine Pulle fallen lassen. Nur Leitungswasser drin. Braucht er vermutlich für die Fotos vom Kabinettstisch, wenn er wieder ein Fass aufmachen will. Mein Kumpel, Kalle, der hat mir gesagt, dass die hinterher immer das Wasser in den Ausguss kippen, damit sie genug Leergut haben für den medienwirksamen Abtransport. Ich sag ja, der Söder kann halt nur Paulanergarten.
Wir warten hier ja nur auf den Tag, an dem er im Krönungsornat in den Bundestag einzieht. Den Umbau des Plenarsaals zur Spiegelgalerie hat er ja schon in Auftrag gegeben, leider ist der Bayerische Landesrechnungshof für solchen Firlefanz nicht mehr zuständig. Die ganzen Umgehungsstraßen im Allgäu, weil irgendein Kuhdorf noch mal eine halbe Milliarde brauchte und der Verkehrsminister aus dem CSU-Kindergarten kam, das kann er sich jetzt gepflegt in die Haare schmieren.
Seine Quittung heißt Dobrindt. Ich hab ja keine Ahnung, aber mein Kumpel, Kalle, der sagt, die haben die Kandidaten nach IQ sortiert und dann am falschen Ende vom Stapel angefangen. Gut, die zwanzig Jahre kriegt man auch irgendwie herum. Noch schlimmer als Dobrindt und Scheuer und Seehofer, der findet wieder mal nicht den Ausgang aus der Politik, noch schlimmer ist aber, dass sein Bayern nicht mehr sein Bayern ist. Also seins im Sinne von CSU-Besitz, das wäre für ihn schon echt eklig. Aber der behandelt jetzt die Bayern wie ganz normale Menschen, wie alle anderen Bürger auch. Weil er es muss. Der kann denen nicht mehr die Extrawurst versprechen, weil er weiß, dass er der große Zampano ist, und noch viel schlimmer: die haben den eingestellt, damit er mit den Flitzpiepen aus München mal ordentlich Schlitten fährt. Da ist seine Stellenbeschreibung. Aus der Nummer kommt er nicht mehr raus.
Ist möglich, dass der Söder jetzt seinen Alterssitz nicht mehr unbedingt in Bayern haben will. Der ist wahrscheinlich schneller weg vom Fenster, als die in Bayern sich wieder halbwegs normal benehmen können. Und ich wette, dass er denen todpeinlich wäre, wenn der sich da unten noch mal blicken lassen würde.
Momentan haben wir hier sowieso ganz andere Sorgen, aus Bayern kommen ja momentan ständig Demonstranten, die die Autonomie des Freistaates fordern. Sie dürfen gerne mal mitraten, was der Söder als staatstragender Regierungschef dazu gesagt hat. Aber wie sagt mein Kumpel, Kalle, wie sagt der immer? Augen auf bei der Berufswahl! So, und jetzt können Sie mich mal, und zwar freundlich wie auch sonst entschuldigen, der komische Vogel da muss heute noch weg. Da hängt dann ab nächste Woche der Löwe.“
Satzspiegel