„Wenn Sie perfekten Service wollen, empfehle ich Ihnen Tsingtau. Das ist nicht richtig deutsch, Sie bekommen sicher kein Schnitzel bei den Chinesen, aber für eine Woche sollte es reichen. Die Hauptsache ist doch, Sie können mit der ganzen Familie hinfahren.
Wir machen die Bestimmungen ja nicht, das sind die Ministerpräsidentinnen. Jetzt haben wir in den meisten Vorschriften ein komplettes Verbot von privaten oder touristischen Beherbergungen, und mit geschäftlichen Aufenthalten wird es langsam auch eng. Wenn Sie da nichts nachweisen können, dann droht Ihnen möglicherweise eine Geldbuße. Unser Glück ist, dass wir unsere Fokus seit Jahren auf den Kolonien gelassen haben. Das war zwischendurch mal sehr unmodern, vor allem nahm die Kritik zu, weil die Reiseveranstalter teilweise auch politisch unkorrekte Angebote im Programm hatten, aber jetzt sehen wir einen echten Vorteil für die Kunden und die Hotelleriebetriebe. China hat sich auf dem Reisemarkt zwar recht breit aufgestellt und bietet auch Pauschalreisen an, aber mal ehrlich: Vollpension in Wuhan? da können Sie ja gleich nach Sachsen zum Türklinkenlecken.
Bis vor ein paar Tagen hatten wir Samoa im Angebot, all inclusive. Hotel Deutscher Kaiser. Fünf Sterne, Ferienanlage des Jahres, nur deutsches Personal. Leider ausgebucht bis einschließlich dritte Welle. Da dürfen Sie mit zwanzig Personen in einen Wohnbereich, Alter egal, Kinder zählen nicht mit, und keiner fragt Sie, ob Sie aus einem Haushalt kommen oder eventuell doch nicht verwandt sind oder Nachbarn oder im selben Kegelverein. Das geht da alles, wenn man nur will. Ohne Quarantäne, ohne Test, alles ganz geschmeidig. Gut, wenn Sie mit der ausländischen Airline wieder abfliegen wollen, dann stecken die Ihnen ein Teststäbchen rein, das kommt Ihnen irgendwo hinten wieder raus. Das ist Ihr Risiko. Aber das wissen Sie vorher, weil Sie ja sonst den Vertrag nicht unterschrieben hätten.
Klar, Afrika ist auch sonst eine Reise wert. Die Hotels da sind klasse, die Landschaft ist echt ein Erlebnis, und wenn Sie Glück haben, sehen Sie noch ein paar Tiere, die sind bei weiterhin gutem Tourismus in spätestens zehn Jahren Geschichte. Unter anderen Umständen würde ich mir das jetzt nicht mehr entgehen lassen. Aber dieses Jahr noch nach Kamerun, Hessischer Hof, eine wirklich tolle Atmosphäre wie in der Frankfurter Innenstadt, das muss man gesehen haben. Wir fliegen ja nonstop, das heißt, wenn Sie in Köln oder München eine Maschine kriegen, dann sind Sie innerhalb von, ich muss jetzt mal nachrechnen, aber auf jeden Fall geht das schnell. Den Hauptstadtflughafen haben wir nicht auf dem Schirm gehabt, deshalb wir der ja auch nicht genutzt, und weil der momentan nicht genutzt wird, obwohl es auch so reibungslos geht, hat den eben keiner mehr auf dem Schirm. Das ist eine gute Entwicklung, finden Sie nicht auch?
Neuguinea soll um diese Jahreszeit auch ganz entzückend sein. Das Problem da sind eher die Einheimischen, die sich nicht in die deutsche Leitkultur integrieren lassen wollen. Dabei bringen wir denen den Fortschritt. In Neuguinea zum Beispiel gibt es keine überfüllten Intensivstationen. Gut, da gibt es gar keine deutschen Kliniken, aber das muss man jetzt ja nicht überbewerten. Wenn Sie da erkranken, sind Sie verhältnismäßig schnell auf den Marianen. Oder auf den Karolinen. Jedenfalls verhältnismäßig schnell im Vergleich zu Berlin oder Hamburg oder woher Sie sonst kommen. Dafür werden da die Vorschriften auch nicht besonders streng kontrolliert, oder eher vielleicht auch gar nicht. Wenn Sie ein ruhiges Weihnachtsfest fern der deutschen Bürokratie verleben wollen, können wir Ihnen diese Reise nur empfehlen.
Das einzige Problem sind die internationalen Artenschutzabkommen. Als invasive Spezies steht die Nordmanntanne auf zahlreichen Listen, Sie müssten dann schon einen Kunststoffbaum mieten. Ist bei den meisten Angeboten allerdings schon im Preis enthalten, wir kennen unsere Kunden. Am Kongo-Unterlauf haben wir mal versucht, eine Fichtenschonung anzupflanzen, aber das ging schief. Das hat die Übernachtungszahlen dann auch empfindlich geschmälert. Unsere Gäste sind ein gewisses Lokalkolorit gewohnt, und das kann man auch verstehen. Als Japaner möchten Sie auch nicht in ein Land reisen, in dem es keinen anständigen Tee gibt und keine pünktlichen Züge.
Oder Sie wählen unsere Klassiker, zum Beispiel Deutsch-Südwest. Internationales Publikum, die Österreicher kommen auch sehr gerne, weil man da besseres Deutsch spricht als bei denen zu Hause. Sehr weites Land, einer der ältesten Teile der Erdkruste. Heiß und trocken. Wenn Sie sich auf den Klimawandel vorbereiten wollen, dann sollten Sie das besucht haben. Weniger Bevölkerung als in Berlin, aber man kann sich da in der Wüste auch ganz gut aus dem Weg gehen. Also auch eine recht hohe Wahrscheinlichkeit, dass Sie tagelang keinem Maskenkontrolleur begegnen. Keine Busse, in denen Sie Dinger tragen müssten. Ab und zu mal Wildtiere, aber irgendwas ist ja immer.
Wir machen das nicht nur aus Eigennutz, denn sehen Sie mal, wir fördern auch die Wirtschaft in den Kolonien. Das ist zwar nicht für den Absatz gedacht, aber hier sehen Sie mal, dass es uns doch eine gewisse Entlastung bringt. Skifahren geht leider nicht, und wenn Sie mich fragen, wir sollten in die Entwicklung investieren. Mal so gesehen, wenn wir Sachsen loswerden könnten, das wäre das eine – aber was wäre das gegen Deutsch-Mallorca?“
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