Drei Tage tot

31 03 2021

„Irgendwas mit Eiern, aber damit kennen wir uns hier nicht so aus. Überhaupt sind diese christlichen Traditionen in der Partei eher Teil der Folklore, das überlassen wir sonst eigentlich eher der SPD. Wir sind ein Ausschnitt der Gesellschaft, und da gibt es nun mal auch Arschlöcher.

Sie hatten eigentlich angefragt, wen wir denn als Spitzenkandidaten für die Bundestagswahl ins Rennen schicken würden, oder? Da muss ich Sie enttäuschen, so schnell wird da keine Entscheidung fallen. Jedenfalls nicht in dieser Woche. Es ist zwar alles momentan sehr unangenehm, weil gerade die Bundeskanzlerin noch mal zeigt, wie man die Partei durch die Scheiße manövriert, weil daran nämlich der Kanzlerkandidat gemessen wird, vor allem der von uns. Aber Hand aufs Herz, insgeheim hatten Sie doch auch eher damit gerechnet, dass wir das aussitzen, wie wir immer alles ausgesessen haben. Na, da können wir Sie jetzt schlecht hängen lassen. Wir sitzen das gemeinsam aus, zumindest intern, und ob Sie sich an der Gemeinsamkeit beteiligen, das dürfen Sie dann aus lauter Eigenverantwortung frei entscheiden.

Das liegt nicht am Personalmangel. Den gibt es zwar auch in der CDU, aber wir haben uns erstmal entschlossen, ihn nicht zur Kenntnis zu nehmen. Wenn wir ihn nicht sehen, dann ist er auch nicht da, und da wir derzeit auch irgendeine Knalltüte für die vielen Ämter in Partei und Staat gefunden haben, können wir ganz überzeugt sagen: Personalmangel? Welcher Personalmangel?

Wir haben uns jetzt zur radikalen Ehrlichkeit entschlossen, das heißt, wir stehen zu allen unseren Verfehlungen, und was noch wichtiger ist, wir werden nie mehr versprechen, uns zu bessern. Dass wir den Menschen irgendein Theater im Büßerhemd vorspielen, das nehmen die uns einfach nicht mehr ab. Kann man ja auch verstehen, nach der Menge an Korruption und schwarzen Kassen und jüdischen Vermächtnissen, da nimmt man einem die Rolle als Saubermann einfach nicht mehr ab. Deshalb gehen wir jetzt offensiv nach vorne und verkünden, dass alles genau so bleibt, wie es ist. Das passt nicht nur zu unserem politischen Stil, von den Inhalten mal ganz zu schweigen – wir wollen halt an die Macht kommen, und wenn wir an der Macht sind, dann wollen wir da auch bleiben. Das passt vor allem zu unserer Gesinnung. Von uns kann man nichts mehr erwarten, und darauf kann man sich auch verlassen.

Schauen Sie sich mal die katholische Kirche an, die haben doch dasselbe Problem. Die gibt es zwar schon ein paar Jahre länger, aber was heißt das denn schon? Das sind ein paar wirklich üble Arschlöcher, die missbrauchen Kinder, vertuschen das alles und lassen Gutachten in der Schublade verschwinden, die Opfer werden vertröstet und beleidigt und dann noch unter Druck gesetzt, und die miesen Schweine dürfen dann in einer anderen Gemeinde wieder die Hosen runterlassen, weil kein Staatsanwalt dieses degenerierte Scheißpack ins Kittchen bringen kann. Das ist eine hervorragende Konstruktion, und die haben sogar noch den Vorteil, dass sie vom Staat die Kohle hinten und vorne reingesteckt kriegen, auch wenn sie längst entlassen worden sind. Da könnte man glatt überlegen, ob man das mit den christlichen Werten doch mal ernst nimmt.

Genau deshalb gibt es auf den Personalmangel auch nur eine richtige Antwort: Kontinuität. Kurze Unterbrechung, meinetwegen drei Tage tot, aber dann geht’s weiter wie bisher. Dieselben Idioten machen dieselben Fehler, nur ein bisschen besser, weil sie die ja schon vom letzten Mal kennen. Wenn Sie ehrlich sind, und das dürfen Sie jetzt ja, dann ist Kontinuität doch genau das, was die Deutschen am meisten schätzen. Es geht zwar den Bach runter, aber es gibt keine Überraschung.

Das wird Sie auch nicht mehr wundern, wenn wir vorschlagen, die Löcher im Haushalt, die unsere korrupten Kollegen gerissen haben, mit Kürzungen im Sozialbereich wieder zu stopfen. Damit wir die Steuern für ein paar gierige Drecksäcke senken können, die uns dann wieder das eine oder andere lukrative Angebot machen, Löcher in den Haushalt zu reißen. Die Folgen fortgesetzter Korruption sind allen bekannt, aber wir haben begriffen, dass nur Transparenz wirklich hilft. Sie wissen vorher, dass wir auf Recht und Gesetz pfeifen, und so sind Sie dann hinterher auch nicht überrascht, wenn wir Sie bescheißen und für unsere eigene Gier auch noch zur Kasse bitten. Wenn wir Ihnen das schon vorher ankündigen, dann haben Sie tatsächlich Politiker, die ihre Wahlversprechen halten.

So, mehr Pressekonferenz kann ich Ihnen heute leider nicht bieten. Wir hatten zwar ganz fest damit gerechnet, dass Laschet als der tollste Hecht der Partei die Bundeskanzlerin zum Rücktritt drängen und dann als Amtsinhaber in die Wahl stolpern würde, aber er ist ihr mehrmals sehr unglücklich ins Messer gelaufen. Das Kanzleramt ist in Gefahr, an der Amtsinhaberin liegt das nicht.

Denn unsere einzige Gefahr ist derzeit die SPD. Sollte die SPD die Koalition platzen lassen, haben wir nicht nur Personalprobleme, dann müssen wir etwas vorlegen, das nach Wahlprogramm aussieht. Und dann gnade uns Gott, oder wer auch immer. Schlimmer könnte nur noch ein Misstrauensvotum sein, das die Bundeskanzlerin selbst auslöst, weil sie keine Lust hat, ihre Ministranten alle einzeln an die Wand zu stellen. Wenn sie geschäftsführend weiter an der Regierung bleibt, können wir den Laden gleich zumachen. Und falls Laschet und Söder beide den Schwanz einkneifen und auf Merkel als Kontinuitätskanzlerin setzen: dann doch lieber gleich tot. Aber kontinuierlich.“





Modellregion

30 03 2021

„… als künftiger Bundeskanzler zur Verfügung stehe. Laschet sehe die Wahl zwar als nicht mehr notwendig, um sich der liebenden Verehrung des deutschen Volkes zu versichern, er werde aber alles tun, um die beste Regierung, die die Deutschen…“

„… jetzt noch nicht auf eine Koalitionsaussage festlegen lassen wolle. Mit ansteigender Temperatur rechne die CDU aber damit, dass sich die absolute Mehrheit wieder erreichen lasse, so dass keine…“

„… werteorientierte Politik weiterhin im Fokus der Union stehe. Generalsekretär Ziemiak habe angekündigt, er werde von allen Parteiämtern zurücktreten, wenn er es nicht verhindern könne, dass die Grünen die Scharia und eine allgemeine Zwangsislamisierung in Deutschland…“

„… mehr Wirtschaftskompetenz als die vom Kommunismus geprägte Merkel-CDU besitze. So habe Laschet vorgeschlagen, statt einer Fortführung des Kurzarbeitergeldes einfach eine Absenkung der Löhne auf das Niveau dieses Betrages zu ermöglichen, der bei Vollzeitjobs gleichzeitig eine erhebliche Steigerung auf den Märkten und im…“

„… bestehe unter den Mitgliedern des aktuellen Bundeskabinetts ein breiter Konsens, für mehr Kontinuität alle unionsgeführten Ressorts einfach mit den bisherigen Amtsinhabern zu besetzen. Die eingesparten Beträge könne man den Ministern direkt als steuerfreie Boni auf…“

„… warne Ziemiak davor, dass der linke Flügel der ohnehin an Moskau orientierten SPD offen für eine Zusammenarbeit mit der Antifa sei. Die Union dürfe aber keine sprunghaften Änderungen in der politischen Ausrichtung des Landes dulden und werde den Antifaschismus immer mit erbitterten…“

„… unbedingt erhalten bleibe. Ein gemeinsames Bekenntnis mit der CSU zur deutschen Bratwurst werde alle Pläne der Grünen, den Zwangskonsum veganer Lebensmittel bereits im Kindesalter zu verordnen, bereits im Keim…“

„… dass die CDU gegen sämtliche Widerstände der linksgerichteten Kräfte Änderungen wie den Mindestlohn und die Ehe für alle eingeführt habe. Laschet werde dieselbe soziale Verantwortung für alle Bürger in einer unionsgeführten…“

„… dass die Ministerpräsidenten der Union den Vorstoß unterstützen würden, ihre Bundesländer sofort nach der Regierungsübernahme in eine Modellregion zu überführen, in der keine vom Bund erlassenen Gesetze mehr Geltung besäßen. Die Zustimmung von bis zu 100 Prozent der Wähler sei theoretisch nicht auszuschließen, was als sicheres Zeichen für einen Sieg des…“

„… müsse der Technologiestandort erheblich verbessert und für die Automobilindustrie als Schlüsselbranche optimiert werden. Laschet sehe in der Abschaffung von Rad- und Fußwegen eine notwendige Abkehr vom Umweltextremismus der letzten Regierungen, die zum Niedergang der…“

„… die Kampagne vorgestellt habe. Zwar sei bei den Christsozialen der Slogan Das Land steckt in der Scheiße – Weiter so! nicht ganz unumstritten, man behalte sich aber vor, für Bayern eine individuelle Lösung zu…“

„… für Transparenz sorge. Der Vorschlag, die arbeitsfähigen Erwerbslosen verpflichtend in der Intensivpflege zu beschäftigen, sei zwar für die von seinem Sohn gegründete Zeitarbeitsfirma sehr lukrativ, außer einer Anschubfinanzierung und einer regelmäßigen Provisionszahlung sehe Laschet keine marktverzerrenden…“

„… alles verhindern werde, dass die Grünen die entschädigungslose Zwangsumwandlung sämtlicher Einfamilienhäuser in Scheinasylantenheime vor dem Bundesverfassungsgericht als notwendige Strafe für den Holocaust durchboxen würden. Dies sei für Ziemiak klar antisemitisch und müsse für Politikerinnen wie Claudia Fatima Roth in ihrem fanatischen Rassismus gegen Weiße sofort eine…“

„… werde im Falle eines Wahlsieges sofort die tägliche Veröffentlichung der Statistiken des RKI eingestellt. Laschet nerve es langsam, dass jeder ehemalige Student das Konsumklima zerstören könne, ohne dass das gesunde Volksempfinden ihn mit einer angemessenen…“

„… habe er in der Talkshow Habeck als ‚linke Intellektuellensau‘ bezeichnet, die ‚angetreten sei, um Deutschen das Schnitzel als Kriegsverbrechen zu verbieten‘. Ziemiak sehe diese Äußerung als von der Meinungsfreiheit gedeckt, da er damit nicht der Ansicht einer Regierung widerspreche, schon gar nicht einer, der er selbst nach der Wahl als…“

„… aber nicht als Zensur verstehe. Laschets Verständnis des Bundeskanzlers sei das eines für alle wichtigen Dinge zuständigen Landesvaters, der aber unabhängig entscheiden könne, was wichtig und was eher nicht ganz so…“

„… keine politischen Gemeinsamkeiten mit der AfD auf Bundesebene sehe. Das heiße allerdings nicht, dass es nicht teilweise zu programmatischen Überschneidungen komme, aus denen sich auf lange Sicht politischen Gemeinsamkeiten für…“

„… den als ARD und ZDF bekannten linken Staatsfunk nicht abschaffen, aber reformieren werde. Die CDU plane eine gründliche ideologische Säuberung der ökoterroristischen Sender, die nur noch der staatlichen Lenkung unterstehen und keine Hetzpropaganda mehr auf ihren…“

„… noch viel Zeit bleibe. Söder werde in einer der folgenden Regierungskoalitionen seine Arbeit als Klimakanzler aufnehmen und wünsche der CDU bis dahin einen möglichst schmerzlosen…“





Klausurtagung

29 03 2021

„Richtig abgebrochen?“ „Richtig abgebrochen. Sie scheint sich dabei sogar ein bisschen weh getan zu haben.“ „Naja, es war immerhin für einen guten Zweck.“ „Und die Frau ist hart im Nehmen.“ „Man müsste sich jetzt natürlich überlegen, wer die dann zum Schluss wieder befreit.“ „Wieso?“ „Naja, das halbe Bundeskabinett und sechzehn Länderchefs im Reichstagskeller hinter einer Stahltür, das ist schon neu.“ „Irgendwann ist immer das erste Mal.“

„Kriegen die noch Luft?“ „Die Tür hat einen Schlitz, damit sie das Maßnahmenpapier darunter durchschieben können.“ „Sichtverbindung?“ „Nein, darauf hat die Bundeskanzlerin keinen gesteigerten Wert gelegt.“ „Hätte ich nach dem ganzen Theater wohl auch nicht.“ „Was ich nicht verstehe, wie sind die alle nur so bereitwillig mitgekommen.“ „Frau Merkel hat ihnen erzählt, sie bekämen Geld.“ „Ah, das ist gut. Die weiß, wie man solche Leute bei der Stange hält.“ „Sie haben sogar eine Extrazahlung in Aussicht gestellt bekommen, wenn sie ihre Telefone abgeben.“ „Und sie haben…“ „Ja, alle.“ „Warum wundert mich das nicht?“ „Weil es keinen mehr wundert.“ „Da ist was dran.“ „Sie hat den Termin als Klausurtagung einberufen.“ „Das ist geschickt, da fühlen sich alle Teilnehmer wichtig.“

„Haben die Teilnehmer eine Sprechverbindung nach draußen?“ „Nein, aber sie haben als erstes nach einer gesucht.“ „Wollten Sie verhandeln?“ „Spahn und Laschet wollten ihre vorbereiteten Statements vorlesen und ein paar von diesen Ossis mussten unbedingt eine Pressekonferenz abhalten.“ „Es war doch sonst keiner da?“ „Es ist auch sonst keiner da, der das Gewäsch ernst nimmt.“ „Gut, dann warten wir jetzt also auf die erste schriftliche Botschaft.“ „Auf die Botschaft, ja.“ „Sie gehen doch nicht davon aus, dass die sich beim ersten Mal auf einen Beschluss einigen, den die Kanzlerin ohne Änderungen durchgehen lässt.“ „Es wird ihnen nichts anderes übrig bleiben, sie haben ein Blatt Papier.“ „Mehr nicht?“ „Mehr nicht.“ „Das wird kompliziert, vor allem ohne die Möglichkeit, sich die zur Entscheidung notwendigen Fakten zu besorgen und sie in einen Plan einfließen zu lassen, der nun auch wirklich…“ „Sie hatten ein ganzes Jahr Zeit, ein paar hundert Wissenschafterinnen und Wissenschaftlern zuzuhören. Wenn jetzt kein Blatt Papier für den Plan ausreicht, dann haben sie sich halt für eine andere Lösung entschieden.“

„Da wummert irgendwas.“ „Vermutlich haut einer gegen die Tür.“ „Das hört sich eher an, als ob die einen gegen die Tür hauen.“ „Damit habe ich kein Problem.“ „Aber…“ „Die Tür ist stabil.“

„Hat die Bundeskanzlerin denn Sanktionen im Falle der Arbeitsverweigerung angekündigt?“ „Bis jetzt wissen nur ein paar Mitarbeiter, wo sich die Bande aufhält.“ „Das heißt, keiner holt sie da aus dem Keller?“ „Gegenfrage: fällt Ihnen zu jedem Kabinettsmitglied jemand ein, der ihn vermissen würde.“ „Das eine gute Frage.“ „Ich weiß.“ „Und Sie sollten sich überlegen, wer sich diese Frage ein paar Tage, vielleicht auch Wochen vor der Aktion gestellt haben könnte.“ „Ja.“ „Gut. Einer von ihnen hat einen Schokoladenriegel in der Anzugtasche, aber er weiß nicht, dass das nicht nur er weiß.“ „Wäre es für eine Klausurtagung nicht wesentlich klüger gewesen, wenn nur er es wüsste?“ „Stellen Sie doch mal die guten Fragen.“ „Ja, woher wissen es denn die anderen?“ „Interessiert Sie also nicht, wer es denen gesagt haben könnte?“ „Und warum wissen es alle?“ „Wissen es alle?“ „Sie meinen, der mit dem Schokoladenriegel in der Anzugtasche…“ „Richtig.“ „Warum?“ „Haben Sie die Anatomie dieser Partei jemals durchschaut?“

„Da läuft auch irgendwas unter der Tür durch.“ „Bestimmt der, den sie gegen die Tür gehauen haben.“

„Ich würde trotzdem gerne mal wissen, was passiert, wenn die weiter da drin sitzen bleiben.“ „Schlimmer als bisher kann’s ja nicht werden.“ „Aber besser.“ „Das hängt davon ab, ob irgendwer sie wieder rauslässt.“ „Warum das denn? Belgien hatte anderthalb Jahre lang keine Regierung, und im Rückblick war daran nur schlecht, dass sich die korrupten Arschlöcher ohne offiziellen Haushalt nicht mehr gegenseitig die Schmiergelder auszahlen konnten.“ „Nun hat Deutschland ein föderales System.“ „Das war jetzt aber nicht als Vorteil für Deutschland gemeint?“ „Das heißt, wenn diese Pappnasen nicht da sind, fällt das nicht auf?“ „Zumindest nicht unbedingt negativ.“

„Was ist eigentlich, wenn einer von denen rein zufällig infiziert sein sollte?“ „Einer von ihnen hat ja schon die richtige Marschrichtung vorgegeben: wenn es Frühling wird, verschwinden die Kranken wie durch Zauberhand.“ „Ich frage mich gerade, ob man wirklich unbedingt Mitleid mit ihnen haben muss.“ „Wir sollten da auf Eigenverantwortung setzen. Die Lösung sieht nicht immer so aus, wie man das erwartet hat, aber das Problem ist weg.“ „Das klingt nach einem pragmatischen Lösung.“ „Schwierig könnte es nur werden, wenn ein Teil der Bevölkerung das jetzt konsequent zu Ende denkt und die Regierung für abgesetzt erklärt.“ „Da muss man in Deutschland nichts befürchten. Wer sich als Reichsbürger zu erkennen gibt, wird ja auch von der Polizei beschützt oder in Ruhe gelassen.“ „Dann sollte das ja einigermaßen friedlich über die Bühne gehen.“ „Ohne Anführer kriegt dieses Volk keinen Generalstreik hin.“ „Sehen Sie mal!“ „Das ist das Papier?“ „Hat den Anschein.“ „Wir sollten sofort nachschauen.“ „Ach, das hatte ich erwartet.“ „Was steht drauf?“ „Bis Merkel zurücktritt, werden sie die Luft anhalten.“





Der Gutenabend

28 03 2021

für Wilhelm Busch

Es war vor langer Zeit… zu später Stunde
lehnt an der Brücke stumm ein blasser Mann,
und ging im Mondschein eins noch seine Runde,
so sprach er einen jeden leise an,

indem er artig „Gutenabend“ sagte –
so mancher stand voll Angst und wie gebannt.
Der Alte blickt, als ob ihn etwas plagte.
Man hat „den Gutenabend“ ihn genannt.

Wenn man ihm aber spottete und zischte,
so wurde die Verbeugung drauf recht fein.
Als ob er in die Nacht noch Tinte mischte,
stand man auf kahlem Feld und war allein.

So einige, die fand man fast verdorben,
zerrissen und verhungert, bleich und dumm,
und manche, sagt man, sind am Schreck gestorben.
Er aber stand am Graben, still und stumm.

Da war der Meier. Er ritt ohne Knechte
und ließ dort zum Beschlagen auch sein Pferd.
Wie er sich dann am Abend gut bezechte,
kam’s, dass er sich um keine Stunde kehrt.

So schlich er, wankte, schwankte an die Brücke.
Da stand der Gutenabend frohen Muts.
Er maß ihn wohl mit einem klaren Blicke
und fasste an die Krempe seines Huts,

und sagte „Gutenabend“, mit Verbeugung –
der Meier schaukelt noch ein kleines Stück.
Dann aber gab er diese Ehrbezeugung
mit ebensolcher Freundlichkeit zurück.

„Bedankt“, sprach er. „und außerdem uns beiden
ein ewiges Gedenken, guter Mann!“
Der Alte aber strahlt in hellen Freuden.
„Darauf wart ich, seit dieser Spuk begann!“

Und fort war dies Gespinst, wie es gekommen.
Nun schreitet man des Nachts ohne Gefahr.
Seitdem hat keiner je den Laut vernommen,
der „Gutenabend“ wünscht, wie es einst war.





In fünf Zeilen um die Welt. Limericks (DXXXVI)

27 03 2021

Es kultiviert Ambrose in Eitzen
seit Jahren schon den besten Weizen,
jedoch nicht zum Backen.
Um kein Holz zu hacken,
pflegt er mit Getreide zu heizen.

Trainierte Cornelis in Lemmer,
benutzte er Zangen und Hämmer,
bei sich in der Werkstatt,
damit er sich stärk, statt
am Rohr wie ein Gewichtestemmer.

Es knobelte Torby in Dunn,
wobei er auch meistens gewann.
Das machte die meisten
recht stutzig, die Dreisten
verdächtigten gar diesen Mann.

Jans Flieger hat in Hantumhuizen
sowohl links als rechts je zwei Düsen.
Die nutzte er feste
zum Wohle der Gäste
zum Wärmen für beide Kombüsen.

Es radelt Roberta in Ihlen
am Tag an die zweihundert Meilen,
um kurz vor dem Ende
auf kahlen Gelände
ein Viertelstündchen zu verweilen.

Es nagelte Tessa in Sneek
am Fluss Bretter zu einem Steg.
„Es ist deren Länge,
dass ich mich anstrenge.
Dann geh ich ins Wasser und säg.“

Man sah Joe und Jim, die in Kinston
am Fenster der Nachbarin linsten.
Keiner will gestehen,
da gab’s nichts zu sehen,
obwohl beide dennoch breit grinsten.





Gernulf Olzheimer kommentiert (DLVII): Not invented here

26 03 2021
Gernulf Olzheimer

Gernulf Olzheimer

Mein Name ist Gernulf Olzheimer und dies ist das Weblog aus dem Land der Bekloppten und Bescheuerten.

Rrts drittältester überlebender Sohn hatte seinen mehrwöchigen Aufenthalt in der Sippenhöhle beim Schwager absolviert und kam mit mannigfaltigen Eindrücken wieder nach Hause. Vor allem kleine Knochensägen, von denen er eine Auswahl als Technologietransfer mitgebracht hatte, weckten das rege Interesse der Gleichaltrigen, nach mehr oder weniger unfallfreien Versuchen, Holz in kleinere Brenneinheiten zu zerlegen, die Fertigung dieser Werkzeuge aufzunehmen. Die Projektgruppe gab ihr Bestes und feilte alsbald einen Satz grober Raspeln, die durch Versuch und Irrtum sukzessiv die paläolithischen Qualitätsstandards jenseits der großen Steppe erreichten. Das Rad war nur noch wenige Jahrtausende entfernt, aber schon jetzt wehte der Geist der Innovation durch die Gefilde am Felshang am großen Tümpel. Nur die Ältesten ließ das kalt. Störrisch und gereizt knickten und knackten sie jeden Tag ihre Äste und rieben sich Schwielen an die Finger, weil sie das neumodische Zeug von den Fremden nicht leiden konnten. Es hatte ja bisher auch ohne geklappt. Sie hatten nichts gegen fremde Erfindungen, nein – aber diese fremden Erfindungen stammten von woanders.

Not invented here, das Markenzeichen der kleinen Klotzköpfe mit dem Schlagbaum vor der Birne – das mag auf einem anderen Kontinent ja gerne funktionieren, aber hier haben wir das immer schon anders als anders gemacht, da geh das gar nicht. Leitplanken aus Sperrholz, die den normalen Beanspruchungen standhalten, beim Aufprall mit hoher Geschwindigkeit jedoch wesentlich weniger schwere Verletzungen verursachen, die kann man vielleicht in Osteuropa bauen, aber sicher nicht in Deutschland. Eine beschichtete Kunststoffmembran zur Aufbereitung von Trinkwasser ohne weiteren Energieeinsatz kann man in Skandinavien sicher vermarkten, aber warum hier? Dass andererseits ein Volk wie die Japaner nichts dabei findet, Autos zu bauen – geschenkt, schließlich handelt es sich um eine technische Entwicklung, ohne die die Welt nicht überlebensfähig wäre. Wen kümmert es da, dass die Einwohner der Region Tokio-Yokohama neue Fahrzeuge nur zulassen, wenn gleichzeitig ein freie Stellplatz nachgewiesen werden kann. Das sollen die Jungs doch gefälligst auf dem eigenen Archipel abkaspern.

Solange die Archäologen noch nicht aus den Kratzern am Säbelzahnziegenschädel nachweisen konnten, ob das Feuer zuerst in der EU, anderen politisch verbündeten Territorien oder im Land der Erzfeinde einer friedlichen Nutzung zugeführt wurde, müssen wir uns eigentlich Geschichte aus Überresten zurechtschwiemeln: Bier, Gartenzwerg und Bratwurst haben einen Migrationshintergrund, doch dass Riemenantrieb und Zahnbürste aus China stammen sollen, ist für den Hohlrabi kaum noch zu ertragen. Üblicherweise ist diese Aversion ein Ausdruck des Gruppendenkens, bei dem ansonsten zurechnungsfähige Personen sich unter dem Druck, als personeller Block einheitlich agieren und das Ergebnis verteidigen zu müssen, frei in der Landschaft herumdelirieren und die von ihnen erzeugte intellektuelle Nulllösung auch noch für einen Talentausbruch sonder gleichen halten – jeder von ihnen weiß, dass jeder von ihnen gerade hirnfreien Rotz rauskübelt, und jeder von ihnen weiß auch, dass es jeder von ihnen weiß. Aber sie sind dazu verdammt, es als Gruppe zu verkünden, und jeder weiß, wie schnell sich in einem Team die geistige Leistung in Feinstaub verwandelt.

Auch unsere Lernfähigkeit leidet. Kontakte in der Pandemie verfolgen? geht sicher nur auf diesen Inseln, deshalb sind die ja das Virus los, was aber an der völlig anderen Kultur der Inselbewohner lag – der gemeine Asiate hält sich ja geradezu eklig genau an Vorschriften, das kann man in der BRD gar nicht machen. Deutschland, die Nation der großen Industriebetriebe, konnte nicht mal eben eine Fabrik für Filtermasken oder Impfstoffe aus dem Boden stampfen. Wir können das nur kaufen, und wer weiß, was man beim Kauf von Masken als Verantwortlicher noch alles kann, der weiß auch, warum man ein Großunternehmen unter staatlicher Aufsicht nur für die zweitbeste Lösung hält.

Die saturierten Industrienationen beharren auf ihren Überzeugungen, und eine von ihnen ist, dass sie alles besser können als die anderen. Diese tumbe Arroganz hat nicht nur einigen Schwellenländern die wirtschaftliche Entwicklung erleichtert, sie gibt ihnen auch das sichere Gefühl, dass die großen Gegner dauerhaft mit Stammesfehden und einem weinerlichen Überlegenheitsgefühl zu tun haben, das jeden Augenblick in die Angst vor dem Verlust der eigenen Bedeutung umkippen könnte. Und so brechen die politischen und ökonomischen Führer Kleinkriege vom Zaun, statt rational zu entscheiden und Know-how zu kaufen. Ein guter Plan für die Knalltüten, deren neoliberale Turbodenke ja dazu geführt hat, Entwicklungs- und Produktionskräfte im eigenen Land einzustampfen. Sicher ist es auch eine Art Entwicklungshilfe, dass der Fernseher jetzt aus Kambodscha kommt. Der deutsche Fernseher.





Intelligente Lösung

25 03 2021

„Die Frisöre sind aber nicht so stark betroffen.“ „Deshalb muss man sie ja zumachen.“ „Am besten macht man die gar nicht mehr auf.“ „Das wird den Frisören aber die Läden kaputt machen.“ „Um so besser, dann muss man die nicht mehr schließen.“

„Jedenfalls brauchen wir diese beiden…“ „Es sind ja eigentlich nur anderthalb.“ „Das bezieht sich nicht auf den Lebensmittelhandel.“ „Das heißt, wer am Donnerstag nicht einkaufen kann, der geht am Samstag einkaufen?“ „Die Läden haben zu.“ „Das bezieht sich nicht auf den Lebensmittelhandel.“ „Es sind ja nicht mehr Kunden, es…“ „Das bezieht sich aber nicht auf den Lebensmittelhandel!“ „Da sind es doch auch nicht mehr Kunden.“ „Dann könnte man ausnahmsweise längere Ladenöffnungszeiten für die verbliebenen Tage…“ „Warum denn?“ „Wir dürfen die psychische Gesundheit der Kunden nicht gefährden.“ „Wie kommen Sie denn jetzt bitte auf psychische Gesundheit!?“ „Irgendwer labert doch immer irgendwas von psychischer Gesundheit, damit wir hinterher sagen können, wir haben auch an die psychische Gesundheit der Mitarbeiter…“ „Hä?“ „Wohl verrückt geblieben, der Kollege.“ „Also der Wirtschaft, meine ich.“ „So!“ „Gut, dann haben wir den Rotz auch abgehakt.“

„Und die Feiertagsregelung?“ „Naja, ist doch nur ein Ruhetag.“ „Gibt es nicht.“ „Dann erfindet die Bundesregierung den eben.“ „Das ist dann die intelligente Lösung?“ „Schätze, ja.“ „Das muss aber dann aber auch mit den entsprechenden Zulagen für Feiertagsarbeit…“ „Wieso?“ „Das steht doch so im Arbeitszeitgesetz.“ „Wir müssen doch nicht jede gesetzliche…“ „Doch, wir sind hier in Deutschland, da müssen die Menschen, die hart arbeiten, mehr haben als Menschen, die…“ „Sonst ist aber alles klar bei Ihnen, oder?“ „Wir können die Arbeit aber auch gleich ausfallen lassen.“ „Das geht aber ganz klar zu Lasten der Wirtschaft.“ „Und warum macht man dann den Lockdown?“ „Damit die Wirtschaft nicht gestört wird, sonst müsste man ja mehrere Wochen lang auf Arbeit verzichten.“ „Das ist dann nicht gut für die psychische…“ „Hatten wir schon.“

„Haben wir das mit den Rentnern besprochen?“ „Nein.“ „Gut, dann ist das Thema also auch vom Tisch.“ „Welches Thema?“ „Dass die Rentner am ersten Tag im Monat nicht einkaufen gehen können.“ „Sie meinen den ersten Einkaufstag.“ „Nein, ich meine…“ „Was machen Sie, wenn der erste Tag auf einen Sonntag fällt?“ „Dann kann man am Tag vorher schon einkaufen.“ „Und wenn das ein Feiertag, beispielsweise Ostermontag?“ „Dann haben die Rentner ihre Bezüge schon am letzten Werktag vorher bekommen.“ „Da sehen Sie mal, wie wichtig eine kapitalgedeckte Altersvorsorge sein kann.“ „Aber…“ „Gute Idee, ich schaue gleich mal, ob wir das in der MPK ansprechen können.“

„Im Prinzip verlagern wir jetzt ja die Einkäufe auf den Samstag.“ „Stimmt, das ist aber vor Ostern schon fast Brauchtum.“ „Das heißt, wir machen das Einkaufserlebnis noch kundenfreundlicher.“ „Und die Wirtschaft hat einen richtig umsatzstarken Tag.“ „Aber die Läden sind doch geschlossen.“ „Dann stärken wir damit den Lebensmittelhandel, der von uns bisher nur Applaus bekommen hat.“ „Im Grunde ist das doch auch eine gute Gelegenheit für die Pflege.“ „Stimmt, die Kliniken machen ein enormes Umsatzplus, daran habe ich noch gar nicht gedacht.“ „Wenn sich wieder einmal Pflegepersonal verabschiedet: sie verlassen eine der lukrativsten Branchen des Landes.“ „Naja, da muss man dann kein Mitleid haben.“ „Ist da nicht irgendwann wegen Überfüllung geschlossen?“ „Dann wartet man eben, bis ein paar Leutchen vor der Tür den Löffel abgegeben haben, und dann geht’s heiter weiter.“ „Ich meinte jetzt nicht die Schlange vor dem Supermarkt.“ „Kollege, ich auch nicht.“

„Man könnte über die Ostertage die Restaurants öffnen.“ „Das Infektionsrisiko ist viel höher als in einem Supermarkt.“ „Aber niedriger als in einem Büro.“ „Deshalb haben am Ostersonntag und am Ostermontag ja auch die Büros geschlossen.“ „Man könnte dann ja die Gastronomie ersatzweise…“ „Sie meinen, wegen der psychischen Gesundheit?“

„Trotzdem brauchen wir eine Notbremse, wenn es irgendwie schiefgeht.“ „Das heißt, wenn es zu hohen Inzidenzzahlen kommt?“ „Wenn die gefühlte Unzufriedenheit der Bürger plötzlich sehr klar über ein erträgliches Maß ansteigt, dann brauchen wir schnelle Öffnungen.“ „Wollen Sie über Ostern die Restaurants und die Kinos wieder aufmachen?“ „Eher die Büros.“ „Unsinn, man kann sich dann wieder im privaten Rahmen treffen.“ „Also nur ein Haushalt, aber mit einem weiteren, und die Kinder zählen nicht mit?“ „Natürlich zählen die nicht mit.“ „Weil das Virus meist in der Schule weitergegeben wird.“ „Das heißt, man kann Ostern wenigstens im eigenen Haushalt feiern?“ „Überlegen Sie mal, wenn wir die Durchseuchung in den Büros starten, dann kriegen wir das über die Supermärkte direkt in die Familien hinein.“ „Und da ist dann der Punkt erreicht, an dem wir eine Marktsättigung mit dem Virus erreichen können?“ „Das wäre der Punkt, an dem wir nicht weiter für die Impfungen bezahlen müssen.“ „Nein, das kommt am Dienstag.“ „Was ist denn Dienstag?“ „Überlegen Sie mal. Da machen die Schulen wieder auf.“





Die schrille Gille

24 03 2021

Sie sah auf dem Foto ganz manierlich aus, wobei es sich allerdings um eine Schwarzweißaufnahme handelte und dieses Bild schon vor ziemlich langer Zeit entstanden war. „Trotzdem“, stöhnte Breschke, „mit ihr ist nicht zu spaßen. Immerhin hat sie Onkel Ewald unter die Erde gebracht, womit auch immer.“ Ich legte das Porträt auf den Küchentisch, wo der Umschlag mit dem Telegramm lag. Wer weiß, was das noch werden sollte.

Was den Stammbaum meines pensionierten Finanzbeamten betraf, so war dieser auch nicht viel komplizierter als andere, nur gab es hier und dort Seitenlinien, zu denen nur noch wenig bis gar kein Kontakt mehr bestand – in anderen Familien soll dies ja selten bis nie vorkommen – wegen diverser Erbschaftsangelegenheiten, gelöster Verlöbnisse oder einer Mark Flaschenpfand, die ein Vetter nach zwanzig Jahren in Arizona nicht mehr zurückzahlen wollte. Gisela, so hieß diese damals junge Dame, hatte sich gleich nach der erfolgreichen Ausbildung zur Stenotypistin in der Süßwarenfabrik des Onkels an den Chef des Ganzen herangeschmissen, obwohl dieser gründlich verheiratet war, und zwar mit Edelgard, Namensgeberin eines seinerzeit beliebten Bonbons mit Veilchenaroma und, was erschwerend hinzukam und für den Krach sorgte, Schwester des zweiten Inhabers. Es scheint ihr feuerrotes Haar gewesen zu sein, das Ewald in die Scheidung und damit ins gesellschaftliche Abseits trieb – wie zum Hohn ließ Doktor Prückler aus dem Doppelbildnis an der Deckelinnenseite der Dosen das Konterfei des untreuen Schwagers stanzen und zehntausende von Veilchenzuckerl an die Geschäftswelt senden. Der Drops war gelutscht.

„Ich habe keine Ahnung“, bekannte Horst Breschke. „Nach Ewalds Tod hat sie die Villa in der Eifel geerbt und ein Segelboot, oder vielleicht war’s auch ein Sportwagen. Aber ich weiß nicht, was sie von mir will.“ Ich stellte die Teetasse auf dem Tisch ab. „Nun“, beruhigte ich den Hausherrn, „das werden wir in Kürze herausfinden, denn sie will ja noch heute kommen.“ Bismarck schien ein wenig die Stirn zu runzeln; wahrscheinlich war es diesem Gefährten in gesetztem Dackelalter recht egal, wer oder was die schrille Gille war, denn so nannte man sie familienintern wegen ihres unangemessen lauten Auftretens. „Ich kann sie ja schlecht vor die Tür setzen“, seufzte der Hausherr. „Es sei denn, sie spricht schlecht über Onkel Ewald, das lasse ich nämlich nicht zu!“

In diesem Moment aber hupte es schon auf der Straße; Gisela war nicht gewohnt, ohne ausreichend Publikum aus einem Taxi auszusteigen, jedenfalls musste Herr Breschke über den Gehweg bis zum Bordstein laufen, ihr die Tür zu öffnen, den Fahrer zu entlohnen – was mich nicht gewundert hatte – und ihr für ein bisschen eingebildeten Nieselregen den Schirm zu halten, damit sie auf hohen Absätzen über den Plattenweg bis ins Haus stöckeln konnte, um sich gebührend empfangen zu lassen. „Schön“, sagte sie mit kratziger Stimme, „schön. Aber das wollen wir mal sehen.“ Und sie lief gleich bis in die Wohnstube durch, die sie mit eicherner Schwere in den Nachmittagsstunden empfing.

Sie trug etwas fürchterlich Rotes, das zu ihrem inzwischen fuchsfarbenen Haar nicht passte, eher Oll- als Schmollmund, und blickte sich um. „Ihr seid ja rustikal eingerichtet“, stellte sie fest. „Wie mein Zweiter, der hatte auch keinen Geschmack.“ Dazu drehte sie sich herum und äugte in die Winkel des Wohnraums. „Hund?“ Irgendetwas ließ mich an der Stimme aufhorchen, aber ich musste mich wohl getäuscht haben. „Was willst Du hier?“ Breschke stand mit einem Küchenhandtuch in der Faust auf der Türschwelle. „Das ist mein Haus.“ Sie lächelte. „Das soll ja auch so bleiben, Horsti.“ Dass ihm die Zornesröte so langsam ins Gesicht stieg, war schon ein wenig verwunderlich, aber sie fuhr fort. „Mein Vierter ist vor drei Monaten verblichen, ein guter Patentanwalt, und ich würde gerne die restlichen Jahre hier verbringen. Ich will das Haus.“ Ich traute meinen Ohren nicht. „Du könntest es mir schon leichter machen, schließlich ist Deine Frau bestens versorgt nach einer Scheidung – ich nehme Dich als Gärtner mit, dann haben wir es beide leichter. Das wirst Du als Finanzbeamter doch sicher…“

Er wollte gerade zu einem längeren Schrei anheben, das wusste ich genau, doch da bemerkte sie mich. Spitznäsig musterte sie meinen Aufzug. „Wenigstens einen attraktiven Schwiegersohn hat sich Deine Tochter geangelt“, bemerkte sie. Herr Breschke stand wie versteinert, und so viel hatte ich auch nicht parat. „Bedaure“, gab ich zurück. „Ich habe gespart und mich auf hoffnungslose Fälle spezialisiert. Wenn man die Neunzig hinter sich gebracht hat und trotzdem die…“ „Was für eine Unverschämtheit!“ Wutentbrannt schwenkte sie die Handtasche durchs Wohnzimmer. „Ich werde im nächsten Frühjahr erst…“ Weiter kam sie nicht, da Bismarck, der zugegebenermaßen dümmste Dackel im weiten Umkreis plötzlich vor ihr stand und der schlechten Laune durch knurrende Laute ein Gefühl von Unmittelbarkeit gab. „Horst“, kreischte sie, „das wird ein Nachspiel haben!“

„Eins aber“, fragte ich beim Rühren in der Teetasse, „müssen Sie mir verraten: das Grundstück war das Erbe Ihrer Frau, und das Haus war ein Lottogewinn?“ Herr Breschke druckste. „Wenn Sie es schon wissen“, gnatzte er, „dann hätten Sie sie ja gleich rausschmeißen können.“ „Naja“, meinte er, „ich war an der Reihe: Ewald, Wilhelm, Paul, und nun ich. Einer musste sie ja loswerden.“ Und er warf Bismarck einen liebevollen Blick zu.





Defensives Handeln

23 03 2021

„Wir wussten nicht genau, ob es sich um eine strafbare Handlung handeln würde, deshalb haben wir erstmal nicht gehandelt. Der Banküberfall war ja vorher nicht beim Gericht angemeldet worden, deshalb mussten wir erstmal davon ausgehen, dass er auch nicht erlaubt gewesen sein kann, und dann haben wir uns natürlich rausgehalten, bevor wir da irgendwas falsch machen. Also als Polizei.

Offiziell haben wir von dem Überfall erst etwas erfahren, als wir eine Einsatzmeldung erhalten haben. Einige Kameraden hatten aber vorher schon das Radio an auf der Wache, also konnten wir uns bereits eine Meinung bilden, wie wir das spätere Lagebild beurteilen können. Da war zum Beispiel auch schon von Schusswaffen die Rede, was zur Folge hatte, dass wir alle total aufgeregt waren, weil so ein Fall eine besonders umsichtige und genaue Vorbereitung braucht und wir das seit der Polizeiausbildung nicht mehr hatten. Also einen Banküberfall. Wobei der da auch nur theoretisch durchgenommen wurde.

Die Einsatzleitung hat uns dahin gehend in Kenntnis gesetzt, dass wir Kenntnis erhielten von einem Banküberfall, bei dem eine Bank überfallen wurde in der Innenstadt mit mehreren Geiseln. Also die Geiseln beim Banküberfall, nicht in der Stadt, das macht ja sonst auch gar keinen Sinn. Bis zu dem Augenblick wussten wir aber gar nicht, worum es sich handelt, deshalb sind wird dann präventiv in die Stadt gefahren, haben den Einsatz begonnen und abgewartet, bis die Einsatzleitung in Kenntnis gesetzt worden ist, worum es sich handelt. Wir konnten das ja leider nicht tun, wir waren schon vor Ort und mussten den Banküberfall verhindern, auch wenn die Geiselnahme sich bereits in Stattfindung befand. Die haben mit der Straftat, als solche muss das ja gewertet werden, schon vor uns angefangen, was uns sofort sagte: das muss eine Straftat sein, denn die Polizei war ja vorher nicht informiert. Das nennt man kriminalisierte Erfahrung, nein, anders: kriminelle, kriminalistische Erfahrung nennt man das. Wir haben da sehr viel Erfahrung in unseren Reihen, insbesondere in Bezug auf Straftaten.

Vermutlich hätte ein Gericht diesen Überfall, auch wenn es ohne die Geiselnahme gewesen wäre, weil das ja zu der Zeit gar nicht feststand, ob es sich um eine Geiselnahme handelte, vermutlich wäre das von einem Gericht sogar untersagt worden. Wir haben während des Einsatzes keine Anträge auf Geiselnahme oder bewaffneten Raubüberfall von der Einsatzleitung gezeigt bekommen, und ich weiß jetzt nicht, ob die Einsatzleitung jemals diese Anträge gesehen hat, deshalb konnten wir da als Polizei gar nichts machen. Allerdings hatten wir eine unklare Rechtslage, deshalb durften wir als Polizei zwar einschreiten, es gar aber gewisse Komplikationen. Einer der Bankräuber, also der mutmaßlichen Bankräuber trug zu dem Zeitpunkt eine ganz ordentliche Hose – um diese Jahreszeit muss man auch eine Hose tragen, es wird sonst schnell empfindlich kühl, vor allem untenrum – und machte auf uns keinen gewalttätigen Eindruck. Wir gewannen nach kurzer Beobachtung des Täters auch den Eindruck, dass er logisch und überlegt an die Sache herangeht. So diente die Hose etwa auch dazu, eine weitere Schusswaffe mitzuführen. Da wussten wir, dass nur defensives Handeln zum Erfolg führen würde.

Natürlich waren die Passanten sehr störend, weshalb wir sie auch schnell in die Durchführung des Einsatzes einbezogen uns verprügelt werden mussten. Da wir davon ausgehen durften, dass die Passanten, teilweise unmittelbare Anwohner der überfallenen Bank oder gerade zufällig auf der Straße, sich auf keinen Fall mit dieser mutmaßlich gesetzeswidrigen Straftat einverstanden erklären würden, hatten wir eine Problematik. Es war nicht hinreichend klar, dass der Banküberfall gerichtlich verboten war, die Passanten waren in der Wertung der Tat eindeutig auf der Gegenseite. Wir mussten uns für unmittelbare Zwangsmaßnahmen gegen die Personen aussprechen, die im Falle des Hessischen Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung zum Glück auch die Handgranate als polizeiliche Dienstbewaffnung zulassen. Da darf man als Polizei sich nicht mal eben auf der Nase herumtanzen lassen, was meinen Sie denn, wenn einem da ein Passant plötzlich in die Quere kommt, das kostet ja auch alles Zeit. Und wenn Sie dann noch die Kameraden in die Nebenstraßen schicken müssen, damit die einen Passanten finden, dann dauert so ein Einsatz ja ewig.

Das lag natürlich auch an der personellen Unterbesetzung, wir waren achtzig Beamte, aber wir wussten bis zum Schluss gar nicht, worum es ging, deshalb mussten wir einfach handeln. Am Ende hat sich dann allerdings herausgestellt, dass die Einsatzleitung den Einsatz gar nicht richtig geleitet hat, weshalb wir jetzt nicht genau wissen, woran es eigentlich lag. Wir konnten uns nicht einmal vorschriftsgemäß gegen die Vorschriften hinwegsetzen, weil wir den Eindruck hatten, dass die Täter die Vorschriften auch nicht eingehalten haben. Das hat uns leider keiner gesagt, deshalb ist das hier nicht erwartungsgemäß abgelaufen. Wir als Polizei fühlen uns auch ein bisschen allein gelassen, schließlich müssen wir doch dafür sorgen, dass die Bürger nicht mehr in Gefahr kommen, als wir es für nötig halten. Dafür wird man schließlich Polizist. Wir können den Bürgern ja kein Recht fertigen, da sehe ich uns auch nicht unter Rechtfertigungsdruck. Und wenn die Gerichte sich so widersprüchlich mit uns beschäftigen – müssen wir denn jetzt für alles gerade stehen?“





Stabile Ergebnisse

22 03 2021

„… nach der Auszählung von etwa einem Zehntel der Stimmen nur knapp über zwölf Prozent liege. Damit sei die Union nach aktuellem Stand nicht mehr in der Lage, die Bundesregierung zu…“

„… dass es sich um eine statistische Verzerrung handle, die Laschet lange vor dem Wahlsonntag prognostiziert und mathematisch erklärt habe. Da die Mehrheit der Wählerinnen und Wähler sich per Briefwahl entschlossen habe, ihn als Retter der deutschen Nation in der tiefsten Krise seit Karl dem Großen an die Spitze des Volkes zu setzen, würden durch die restlichen Stimmen eine überwältigende Mehrheit für die…“

„… in mehreren großen Städten sogar zu SPD-Ergebnissen wie zu Brandts Zeiten gereicht habe. Es sei aus einer Vielzahl an Wahlkreisen berichtet worden, dass seit 1949 konstant unionsdominierte Bezirke vollständig an den…“

„… dass der Bürger nach einen langen, harten Lockdown mit bis zu dreitausend Corona-Toten am Tag nun wieder frohgemut die Chance auf ein schönes Sonntagserlebnis genutzt hätten, das Laschet in der Ministerpräsidentenkonferenz mit größter Entschiedenheit habe durchsetzen können. Ein Briefwahlanteil von neunzig Prozent sei sicher nur eine von bolschewistischen Sendern wie ARD oder ZDF ausgedachter Grund, um von der wie zu erwarten schlechten Rechercheleistung der…“

„… und weiterhin falle. Während die sich stabilisierenden Trends die Grünen als eindeutigen Sieger der Bundestagswahl sähen, sacke die Union auf derzeit 10,6% ab, womit sie nach SPD, FDP und Linken nur noch ganz knapp vor der…“

„… werde die Mehrheit die guten Taten des künftigen Kanzlers sicher nur aus Angst vor einer Fortsetzung des Merkel-Regimes missverstanden haben, so dass sich die Stimmabgabe im Wahllokal auf etwa acht bis neun…“

„… stabile Ergebnisse in den meisten Kreisen hervorgebracht habe. Söder bedauere den Verlust der absoluten Mehrheit in manchen langjährigen Hochburgen der Christsozialen, sehe sich aber auch als Regierungsschef gestärkt, seinen Kurs mit den politischen Partnern im Freistaat weiterhin zu…“

„… die Stimmabgabe per Briefwahl von den linksgrünen Staatsmedien nur deshalb so aggressiv propagiert worden sei, um die politische Agenda der sowjethörigen Parteien für eine Neuauflage der DDR vorzubereiten. Laschet werde aber weiterhin für Freiheit und Wirtschaft auf dem Boden des…“

„… nicht mehr zu halten seien. Ein einstelliges Ergebnis für die Union könne daher schon aus arithmetischen Gründen gar nicht mehr…“

„… aus denen die Stimme des Wählers spreche. Die Deutschen hätten der CDU den klaren Auftrag zur Regierungsbildung gegeben, auch wenn die aktuellen Zahlen nur für eine Minderheitsregierung unter Duldung aller staatsfeindlicher Kräfte des ökostalinistischen…“

„… noch zu überraschenden Stimmzuwächsen komme. So könne eine komfortable Mehrheit für Grün-Rot bereits zum jetzigen Zeitpunkt als sicher gelten, ohne dass die vereinzelten Einbrüche der SPD auf Werte unter 30% in den süddeutschen…“

„… eine Reform des Wahlrechts angekündigt habe. Gleich nach der Wahl zum Kanzler werde Laschet die Bundestagswahlen so umorganisieren, dass die Bevorzugung großer Parteien, die nicht dem Volke dienen würden, ausgeschlossen werden müsse, um die wahren Interessen des…“

„… sich bei etwa sieben Prozent festige. Da noch etwa ein Drittel der Stimmen ausgezählt werden müssten, könne allerdings noch keine verbindliche Aussage über den Verbleib der Union im…“

„… nicht dem Volkswillen entsprechen könnten, wenn diese bereits mehrere Wochen vor der Wahl abgesandt worden seien. Laschet sehe nun das Recht auf seiner Seite, die Bundestagswahl als staatsfeindliche Boykotthetze gegen die einzige legitime Rettungs- und Regierungspartei für ungültig erklären und sich selbst als Sieger zu…“

„… laut Analyse der Forschungsgruppe Wahlen nicht allein zu einer politisch motivierten Willensbildung geführt habe. Eine deutliche Abneigung der Wähler gegen den CDU-Kandidaten habe sich frühzeitig auf die…“

„… sofort gestoppt werden müsse. Laschet habe den Einsatz der Bundeswehr im Innern angedroht, wenn die Auszählung der Stimmen weiterhin…“

„… nicht gesichert sei. Zwar stehe die Union derzeit noch bei 5,3%, man könne allerdings davon ausgehen, dass es diesmal Stammwähler, so wie sie bisher die Ergebnisse fast aller Wahlen maßgeblich beeinflusst hätten, überhaupt nicht mehr…“

„… für einen gemeingefährlichen Spinner halte, mit dem er sicher nicht in Koalitionsverhandlungen treten werde, da Laschet in seinem Umfeld eine toxische Wirkung ausübe, die nichts als Schäden hinterlasse. Meuthen wolle außerdem…“

„… zum Führer und Bundeskanzler ausgerufen habe. Laschet habe sich mit wenigen Getreuen wie Streeck, Reichelt und Spahn in den Kelleranlagen unter dem Reichstagsgebäude eingeschlossen und drohe mit einer Vernichtung Deutschlands, die aber bis Weihnachten definitiv abgeschlossen und…“

„… drei Stimmen die Überschreitung der Fünf-Prozent-Hürde bewirkt hätten. Merz stelle sich als neuer CDU-Chef, Fraktionsführer, Wirtschafts- und Außenminister in Personalunion sowie Vizekanzler in einer Koalition mit den Grünen zur Verfügung, die auch mit einem Ergebnis von 52,6% nicht ohne die Expertise eines Politikers arbeiten könnten, dessen Erfolge aus der Verbundenheit mit dem…“