„Kinder!? wie soll das denn bitte gehen?“ „Also mehrere?“ „Umso schlimmer!“ „Und dann solche politischen Vorstellungen!“ „Das kann ja nur in die Hose gehen!“ „Auf der anderen Seite, so ganz ohne Kinder kann man sich in der Politik doch mit den wichtigen Fragen gar nicht beschäftigen.“ „Das ist richtig, aber das passt jetzt gerade gar nicht in unser Argumentationsmuster.“ „Also für ein Spitzenamt sollte die Kandidatur damit gelaufen sein, meinen Sie nicht auch?“ „Absolut.“
„Stellen Sie sich das mal im Auswärtigen Amt vor.“ „Bitte keine Kalauer jetzt, dazu ist die Lage zu ernst.“ „Staatsbesuch in China, die Lage ist extrem angespannt, kurz vor dem Wirtschaftskrieg…“ „… und dann ruft der Jüngste an und sagt: ‚Ich kann nicht einschlafen!‘“ „Ich hatte doch darum gebeten, dass wir diese Sache nicht ins Lächerliche ziehen!“ „Manchmal muss man aber so damit umgehen.“ „Gerade jetzt, wo Wählerinnen und Wähler mit dem Wunsch nach moderner Familienpolitik an uns herantreten, können wir nicht riskieren, dass uns die Spitzenkandidaten mit solchen Risiken einen Strich durch die Rechnung machen.“ „Wir sollten dabei allerdings auch bedenken, dass wir mit solchen familienpolitischen Maßnahmen viel für Bürger und Politiker tun können, damit die Vereinbarkeit von Familie und Beruf sich gar nicht stellt.“ „Das ist richtig, aber das passt jetzt gerade gar nicht in unser Argumentationsmuster.“ „Wir können nicht mit den Baustellen von gestern in den Wahlkampf!“ „Was schlagen Sie vor, die Baustellen von vorgestern?“ „Ich hatte doch gesagt: keine Kalauer!“
„Es soll da übrigens Kinder aus einer vorherigen Beziehung geben.“ „Ach, interessant.“ „Das stelle ich mir ja schon vor: Moralpredigt an die deutsche Bevölkerung, aber dann so eine Vergangenheit.“ „Ich hatte ja gleich gesagt, wir sollen uns das mit der Spitzenkandidatur noch mal überlegen.“ „Das Kind lebt aber in einem anderen Haushalt.“ „Auch das noch!“ „Da kommt es uns wenigstens nicht mehr in die Quere.“ „Mehr fällt Ihnen nicht dazu ein?“ „Damit macht man sich ja quasi erpressbar.“ „Es gab da schon mal solche Fälle.“ „Das waren aber auch andere Zeiten.“ „Unsere Ansprüche sind eben gestiegen.“ „Wegen eines gesellschaftlichen Rückschritts, dem man mit mehr Toleranz für neue Lebensmodelle leicht entgegenwirken könnte.“ „Das ist richtig, aber das passt jetzt gerade gar nicht in unser Argumentationsmuster.“ „Außerdem muss man bedenken, dass wir heute viel mehr soziale Medien haben als damals.“ „Da kann die Stimmung auch plötzlich umschlagen.“ „Ich möchte mir das gar nicht ausmalen.“ „Wir sollten uns lieber für eine sichere Variante entscheiden.“ „Das ist auch sehr im Sinne unserer Wähler.“ „Keine Experimente!“ „Ich weiß sowieso nicht, wie wir dem Präsidium diese Auswahl erklären sollen.“
„Es ist ja überhaupt die Frage, wie geht man sicherheitstechnisch mit dieser Situation um.“ „Was die Kinder betrifft, kann man das dem Steuerzahler überhaupt vermitteln?“ „Wir bräuchten mindestens einen Sicherheitsbeamten pro Kind, rund um die Uhr, sonn- und feiertags.“ „Das muss man erst mal in Relation setzen zu den Einkünften in diesem Amt.“ „Sehr richtig!“ „Bei einer Sparkasse kann man das ja auch noch nachvollziehen…“ „Oder bei einem Vorstandmitglied, die tragen auch enorme Verantwortung für die deutsche Wirtschaft!“ „… aber in der Politik sollte man doch bitte die Kirche im Dorf lassen.“ „Sehr richtig!“ „Auf der anderen Seite schafft das natürlich auch wieder Jobs.“ „In der Relation ist das aber nun wirklich nicht mehr zu vermitteln.“ „Was nützen uns denn ein Dutzend Personenschützer, wenn wir immer davon ausgehen müssen, dass Kinder aus dem Umfeld jeden Tag gekidnappt werden könnten?“ „Wir können doch nicht ein ganzes Villenviertel abriegeln!“ „Machen wir doch teilweise schon.“ „Ja, aber da wohnen die wirklichen Leistungsträger, die wollen das so.“
„Ich möchte vor allem nicht diese Bilder in der Öffentlichkeit.“ „Einkaufen mit Kindern?“ „Oder in der Kita.“ „Ich will vor allem nicht diese Bilder, in denen man das Gefühl bekommt, unsere politisch Verantwortlichen kümmern sich den ganzen Tag nur um unseren Nachwuchs, statt beispielsweise die Pandemie zu bekämpfen.“ „Momentan sehe ich so gut wie nie Bilder mit Kindern drauf, und trotzdem habe ich nicht das Gefühl, dass sich in Sachen Pandemiebekämpfung irgendwas tut.“ „Das war ja auch nur ein Beispiel.“ „Dann dürfte man aber auch keine Bilder mehr aus dem Freizeitbereich zeigen, um unsere Regierung grundsätzlich als rund um die Uhr arbeitenden Staatslenker zu inszenieren.“ „Man sollte im Gegenteil viel eher Bilder aus dem Bereich Freizeit und Familie zeigen, um für mehr politische Partizipation zu werben, das würde die Mitarbeit in verantwortungsvollen Positionen sehr viel attraktiver machen.“ „Das ist richtig, aber das passt jetzt gerade so überhaupt gar nicht in unser Argumentationsmuster!“ „Ich meine ja…“ „Keine Kalauer jetzt!“ „… wir sollten uns jetzt auf eine ganz andere gesellschaftliche…“ „Keine Kalauer!“
„Haben wir nicht irgendwen auf der Liste, den wir bis zur Wahl noch richtig aufbauen können?“ „Also da sehe ich schwarz.“ „Die meisten sind ja eher von der letzten Legislatur ramponiert, da hilft jetzt auch keine Schadensbegrenzung mehr.“ „Und das rechtfertigt Ihrer Ansicht nach diesen Vorschlag für die Spitzenkandidatur?“ „Aber…“ „Diesen!?“ „Jetzt lassen Sie uns mal ruhig bleiben und der Wahrheit ins Auge blicken.“ „Die da wäre?“ „Sie wollen unser Scheitern als Sieg verkaufen?“ „Aber das ist…“ „Wir müssen es akzeptieren: Männer eignen sich einfach nicht als Bundeskanzlerin.“
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