Überleben und Überstehen

20 12 2021

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

wo ist dies Jahr geblieben? Eben noch saßen wir an einem lauen Frühlingsabend in der Sonne und hofften auf Gutes, und schon schlägt der Nachtfrost wieder mit aller Macht bei denen ein, die ohnehin nicht viel zu bieten haben im Oberstübchen. Wer auch immer da an der Uhr gedreht hatte, er bekam zu viel Schwung. Wir sind irgendwo im Mittelalter gelandet, kurz hinter der letzten Verfinsterung, da das Lob der Torheit auf allen Straßen gesungen wurde als Heilsbotschaft, die das Leben leichter macht für alle, die mit der Wirklichkeit nicht mehr zurechtkommen. Dichter und Philosophen krähen allerlei Possen in die Welt, Gaukler und Kaufleute ziehen dem Volk um die Wette das Geld aus den Taschen, Juristen und Rhetoren sind bei Gauklern in die Lehre gegangen, um sie an Hinterhältigkeit zu übertreffen, wo es ihnen nützt, die Wissenschaft ist ein großer Spaß, den man nicht zur Erkenntnis nutzt, sondern zur Unterhaltung, kurz: Gelehrte und Pöbel verachten einander, da sie sich gegenseitig für bekloppt halten. Allein der Glaube ist noch in seiner Mitte und gibt dem Halt, der sich nicht in seinen Grundfesten erschüttern lässt. Doch was ist noch Glaube? Und wo ist er überhaupt?

Hatten wir es im ersten Jahr der Pandemie vor allem mit den Auswüchsen des fortschreitenden Kapitalismus zu tun, so entwickelt die Katastrophe sich zu einer Brutstätte der Selbstherrlichkeit, wie sie die Narrendichtung nicht trefflicher hätte zeigen können in ihrer apokalyptischen Schärfe, die an die Totentänze gemahnt, ein klappernder Reigen der schon nicht mehr zur menschlichen Gesellschaft gehörenden Figuren, nur eben wissen sie es nicht. Sie halten sich für höchst lebendig, wahrscheinlich auch für gewichtig und bedeutungsvoll im Lauf der Geschichte, aber ihre Zeit ist längst abgelaufen, und früher oder später werden sie es merken.

Wir behandeln dieses Virus wie eine lässliche Verfehlung, die Wissenschaft wie nörgelnde Kinder, und schwer Betroffene, die an den Folgen einer Infektion leiden oder an chronischen Erkrankungen, wie Kollateralschäden, die man mit Statistik von der Bildfläche verschwinden lassen kann. Schon jetzt beklagen wir unermesslich viele Tote, sehen ein ganzes Gesundheitswesen vor die Hunde gehen für ein paar Prozent Rendite, weil uns Politik und Wirtschaft in die Ohren blasen, es sei schon nicht so schlimm. Die anderen würde es viel schlimmer treffen. Wer aber unter den Folgen leidet, wird nicht gehört und mit salbungsvoll verkleisterten Worten mundtot gemacht. Ganze Generationen, Kinder und Greise, die Störfaktor sind für die Alterskohorte der Werktätigen oder Kostenstelle im Sozialhaushalt, werden volkswirtschaftlich nachvollziehbar aus der Rechnung genommen. Das Bombardement kann ruhig weitergehen, irgendwann wächst alles nach.

Unterdessen redet die politische Klasse, die wir alle aus Versehen gewählt haben – nach Absicht sah es in diesem Jahr nicht aus, denn sie haben zu sehr erkennen lassen, dass es ihnen gar nicht um die Verantwortung ging, schon gar nicht um Pflicht oder wenigstens Pflichtgefühl – von einer Spaltung der Gesellschaft, als hätten wir mit dem Wunsch nach Überleben und Überstehen die Krawalle angezettelt, bei denen die Ministranten einmütig nach Strafverschärfungen und härteren Gesetzen greinen, während man die geltenden nicht einmal zur Kenntnis nimmt, geschweige denn anwendet. Der Stern von Bethlehem mag es beleuchten, nach diesem Jahr können wir uns die Errettung sparen: der Erzfeind packt die Waffen aus und geht zum Angriff über. Die Dummheit hat das Regiment übernommen. Eine plärrende Minderheit, Deppen jeglicher Couleur und sittenfernes Geschmeiß tun so, als hätten sie längst die Macht in der Hand, von den offiziell Mächtigen liebdienerisch unterstützt, wie auch die Medien ihnen längst den roten Teppich ausrollen und je einen aufs Podium hieven: einer von Millionen Einsichtigen, einer aus der Handvoll niedriger Drecksäcke, und zwischen ihnen wird die Wahrheit wohl irgendwo liegen. Auch damit wird die Öffentlichkeit getreten und getäuscht, wird die Dummheit über die Vernunft gestellt in der bleichen Hoffnung, das Volk werde wohl dämlich genug sein, den Schwindel nicht zu riechen und weiter sich auf der Seite der Dummen zu versammeln.

Bräuchten wir eine Radikalisierung gegen die Dummheit? Ein Problem ist, dass die Dummheit, die Geißel der Menschheit im Kampf gegen jede Anstrengung der aufklärerischen Gedanken, selbst radikalisiert, indem sie alle die regredieren lässt, die für propagandistisches Getöse, einfache Antworten auf komplexe Fragen und zerstörerisches Handeln zu begeistern sind, das am Ende sie selbst trifft – aber eben nicht nur sie selbst. Ein weiteres Problem ist unsere Vernunft, die uns die Radikalisierung verbietet, die darauf besteht, dass wir Rechtswege einhalten und Verhältnismäßigkeiten, die uns davon abhält, mit zivilem Ungehorsam zu antworten auf die offene Gewalt der Staatsfeinde, wo immer sie vom Staat und seinen Funktionsträgern toleriert oder als legitimer Widerstand gegen Demokratie und Verfassung hingenommen wird. Wir werden, hieß es, die uns eingeredete Spaltung überwinden, wenn wir Geduld haben. Ja, wir – uns verlangt man eins ums andere ab, wir sind in Verzicht geübt und Verstehen, unsere Leben sind gefährdet, aber es geht ja um das Ganze, um die patriotische Idee. Wer weiß, welchen Stellenwert uns dieses Geschwür an oktroyierter Vaterlandsliebe wert ist, der ahnt auch, wie groß unsere Geduld mit dem marginalen Mob ist, der nur noch einen Zündfunken entfernt von der Kaltverformung seine Klappe aufreißt.

Die Einrede, dass man Aufrührern nicht mit Argumenten den Weg zurück in die Gesellschaft ebnen solle, sondern mit Vertrauen, Zuwendung und Verständnis, können die Abwiegler für sich behalten. Wir sollten mit Wutbürgern reden und mit Patrioten, Heimattreuen und Volksschützern, die alle nur das sind: Rechtsextremisten und Mitläufer. Nicht die, die sich seit nunmehr zwei Jahren unter Auferbietung großer Opfer und aller Solidarität für das reine Überleben der Gesellschaft einsetzen, sind die Spalter. Aber es liegt dem politischem Personal offenbar näher, den Staatsfeinden kriecherisch zu folgen, um Wählerstimmen zu fangen, die sie in der demokratischen Mitte scharenweise verlieren für diese hündische Charakterlosigkeit. Wozu noch Dialogbereitschaft, wenn Faschisten seit hundert Jahren immer wieder denselben rassistischen Müll absondern? Wir haben Besseres zu tun.

Allmachtsfantasien und grober Narzissmus sind die Zutaten dieses abwegigen Zwergenaufstands, der noch nicht einmal die Motive ihrer sektiererisch auftretenden Rattenfänger wahrhaben will: sie tun es für Geld, und keiner glaubt ihnen, weil man die Wahrheit gerade dann nicht sehen will, wenn sie sich nicht die Mühe einer Verkleidung gibt. Die Aussichten sind nicht rosig. Sie haben Menschen auf dem Gewissen. Der Riss durch die Gesellschaft wird nicht verschwinden, denn die Geduld der Besonnenen ist erschöpft, weil es keinen Grund mehr gibt für sie, weiterhin Rücksicht zu nehmen auf einen allenfalls pseudomoralischen Widerstand.

Dabei sollen wir Weihnachtliches empfinden, mehr noch: Frieden und Vergebung als Zeichen der Größe. Es fällt schwer, da wir alle wissen, wie es weitergehen wird. Alle Entwicklungen, die bereits jetzt vorhersehbar sind, wird keiner geahnt haben. Vorsichtsmaßnahmen wird keiner für notwendig halten, es sei denn, es ist dafür schon viel zu spät. Dann wird man sie halbherzig beschließen, aber aus Angst vor den besorgten Bürgern gar nicht erst kontrollieren. Man wird Grenzwerte beliebig nach oben verschieben, sie nicht zur Kenntnis nehmen und über die Konsequenzen sehr überrascht sein, weil man nicht damit gerechnet hat, dass eine Sache, die mehrmals unter gleichen Bedingungen abläuft, auch identische Folgen hat. Man wird alle Gefahren leugnen, nicht zuständig sein, Kulturgüter wie Karneval und die deutsche Dauerwurst für viel wichtiger halten als die Gesundheit von Kindern und Kranken. Und man wird sich Geld in die eigenen Taschen stecken, viel Geld. Eher wird die Schwerkraft an Sonn- und Feiertagen aufgehoben, als dass Politiker sich an einer Krise, die sie selbst verursacht haben, nicht auch noch bereichern würden. Nein, weihnachtliche Besinnlichkeit will sich auch in diesem Jahr nicht bei mir einstellen, es bleibt bei der Weigerung, das Leben positiv zu sehen, wenn auch die Wirren des Wahlkampfs, dieser Freakshow auf Niedrigniveau, ab und zu die Aufmerksamkeit darauf lenkten, was Dummheit in anderen Bereichen dieser Zivilisation anzurichten vermochte. Dass man von einigen Protagonisten, die seinerzeit mit jedem täglichen Geweimer in den Schlagzeilen festgenagelt schienen, heute kaum noch ein Lebenszeichen wahrnimmt, ist allerdings nicht ganz verkehrt. Sie hatten ihre Chance, in der satirischen Kolumne des Tages aufzutauchen, ein bisschen Theaterdonner und Getöse zu veranstalten, bevor sie der Steinschlag aus der Wand haute. Sie haben es selten genutzt. Jeder nach seiner Façon.

Aber widmen wir uns nun lieber der Familie, den Freunden und den Menschen, die dies kleine Universum mit Leben füllen. Hatten wir alle im vergangenen Jahr noch gefürchtet, der legendäre Landgasthof vor den Toren unserer Stadt müsse für immer schließen, so können die Freunde der feinen Küche nun aufatmen. Küchenchef Bruno Bückler, in unseren Kreisen stets Fürst Bückler genannt, hat mit seinem Bruder Hansi das Haus gut durch die Krise manövriert, unterstützt von den langjährigen Gästen, vor allem aber von den treuen Mitarbeitern, die alle bei ihm geblieben sind. Mit wachsender Sorge wuchs ihm vor allem mit dem Entremetier Petermann besonders guter Beistand heran, dem er nun vertrauensvoll manche Aufgabe von großer Verantwortung übergibt. Alles ist nun gerüstet für ein neues Jahr, Bruno verbirgt seine Schnurrbartspitzen, die ihm das charakteristische Aussehen eines nervösen Hummers verliehen, unter dem üblichen Mundschutz, Hansi schaut am Entrée routiniert auf die Impfzertifikate, und es ist ein Hort der Gastlichkeit geblieben. In der letzten Ecke des Kellers wurde tatsächlich noch je ein 1995-er Wupperburger Brüllaffe und das 1993-er Gurbesheimer Knarrtreppchen gefunden, so dass es eine standesgemäße Weihnacht werden kann.

Auch Breschkes werden dieses Jahr an der Feier teilnehmen, sogar ihre Tochter, wonach es noch vor ein paar Tagen gar nicht ausgesehen hatte. War sie aus Vorsicht schon Ende November von einer Westafrika-Tour zurückgekehrt, so klagte sie doch bereits kurz nach der Ankunft am Flughafen über heftige Übelkeit und Magenbeschwerden. Es sollte sich allerdings nicht um eine Infektion handeln, wie die Ärzte feststellten, sondern um die Folgen jener nach Himbromerdbeer schmeckenden Pastillen, die laut Aufschrift zur Vitaminzufuhr gedacht waren, in erster Linie aber bei Hamstern und anderen Nagern, was die Packungsaufschrift auch recht deutlich zu bedenken gab, immer vorausgesetzt, man ist der rumänischen Sprache mächtig, die versehentlich in laotischen Zeichen auf der Rückseite Auskunft über die Dosierung gibt. Nicht einmal Bismarck hatte Interesse an diesen Pillen. Wer würde ihm das auch verdenken.

Auch wenn Anne sonst immer irgendwo in den Bergen verschollen war, sie bleibt dieses Jahr zu Hause und wird erstmals seit langem wieder mit in den Landgasthof kommen. Mehr und mehr wird sie von Erbstreitigkeiten überrannt, was aber für eine Anwältin nicht unangenehm ist; es handelt sich ja nicht um ihre eigene Familie. Was ihre Büroleiterin Luzie Freese betrifft, so zeigt die in letzter Zeit geradezu Löwenbändigerqualitäten, nicht nur m Hinblick auf die Mandantschaft, sondern auch bei Minnichkeit, der inzwischen in einem kleinen Haus in der Südvorstadt mit ihr wohnt, umgeben von alten Möbeln, die Sofia Asgatowna teils dekoriert und teils abstaubt, ein lukratives Geschäftsmodell, das er als Finanzbuchhalter betreut. Leider sind die Opernhäuser momentan alles andere als zugänglich, so müssen die beiden nun mit Leihgaben aus der üppigen Schallplattensammlung von Staatsanwalt a.D. Husenkirchen vorlieb nehmen. Aber da weder Hänsel und Gretel noch Der Nussknacker fehlen, werden sie besinnliche Festtage haben.

Mandy Schwidarski, seinerzeit bekannt als Leiterin der Agentur Trends & Friends, hat sich in den Kopf gesetzt, mit allerhand neuen Projekten im Business Fuß zu fassen, und lag mir bereits mehrmals in den Ohren, da sie nicht wusste, was sie tun sollte. Für jemanden, der mit Marketing und Werbung beschäftig ist, sind das zweifelsohne hervorragende Voraussetzungen. Natürlich wird sie nicht am Familientisch sitzen, sie schuldet allen noch etwas, oftmals auch etwas mehr.

Von unserem guten Doktor Klengel war neulich schon die Rede, auch er wird samt seiner Schwester mit uns feiern. Das Archivieren der Sammlung des Grafen Rummelsdorf schreitet voran, nur hat sich der ehemalige Hausarzt länger schon nicht mehr zum Malen aufraffen können; es sind die Hände, die mit der Zeit schmerzen, ein arthritisches Leiden, das ihn nach und nach zur Fotografie trieb, die nun mehrmals im Monat zu langen Spaziergängen in der Umgebung des Herrenhauses führt, das ja ganz in der Nähe von Bertas kleinem Häuschen liegt. Die verwitwete Lehrerin hat ihrem Bruder ein Zimmer freigeräumt, in dem er seine Ausrüstungen bewahrt, Staffelei und Stativ, Objektive und Farbkasten, und zur Teestunde ist er meist zurück und zeigt die Ergebnisse des Tages. Wir sind sehr gespannt.

Mein Großneffe Kester versteht die Welt nicht mehr, kann sie aber gut erklären. Als Ordinarius für theoretische Physik nähert er sich dem Urknall jetzt von der anderen Seite und sucht Beweise für eine negative Zeit, in der alles vor dem Anfang schon existiert haben muss, und dies nicht unbedingt als Singularität. Wer sich an seine Wohnung erinnert, hat eine ungefähre Vorstellung von dem Chaos, das dort geherrscht haben muss, wobei bewiesen ist, dass wir als Universum den Ausweg aus diesem Zustand geschafft haben. Was sein Dachgeschoss angeht, bin ich mir da nicht ganz so sicher, aber beim Anblick meines Arbeitszimmers sollte ich wohl besser still sein. Nicht viel mehr begreife ich von der Dreiteilung der Winkel, die mein Patenkind Maja anstrebt, nachdem sie ihre Habilitationsschrift über die symmetrischen Gruppen um ein Kapitel über die Möglichkeiten einer geschlossenen Formel zur Nullstellenberechnung bei Polynomen fünften Grades erweitert hat. Die Quadratur des Kreises ist nur noch eine Frage der Zeit. Ich bin mir sicher, ich werde auch davon keine Ahnung haben.

Vor ein paar Tagen noch habe ich mit Siebels, dem bemerkenswert unauffälligen TV-Produzenten, im unbeheizten Studio gestanden, gerade erreichte mich die Nachricht, dass er auch in diesem Winter für einige Wochen kürzer treten wird, denn es gibt keine dreiteiligen Schmalzfetzen in Kent, keine Krankenhausserien unter Plastepalmen zu drehen, er kann keine Kreuzfahrtschiffe mehr sehen und wendet sich bei krachledernem Heimatgedöns mit schwerem Weltekel ab – vage Andeutungen sagen mir, dass er einige abstruse Drehbuchvorschläge auf den Tisch bekommen hat, die er nun zu einer Serie verarbeiten wird. Wer weiß, was daraus wird und ob er überhaupt einen Sender findet, der das auf sein Publikum loslässt. Wenn nicht, werden wir uns spätestens bei einer Talkshow treffen, bei der er die derzeit versagenden Politikdarsteller einstampft.

Und wie immer habe ich eine letzte Konferenz mit dem langjährigen Freund und Kollegen Gernulf Olzheimer abgehalten, der sich als Waffenträger des Verstandes durch das dünkelnde Feuilleton kämpft und auch im kommenden Jahr kein Anzeichen der allgemeinen Dämlichkeit in seinen Kommentaren ohne strafenden Schwertstreich belassen wird. Viele haben ihn schon einen verbitterten, von der ganzen Existenz enttäuschten Nihilisten gescholten, die nie begriffen haben, wie viel Erhabenheit aus seinem Tun spricht. Dieser kleine literarische Salon zählt auf ihn, der stets als Verfechter der Vernunft gegen die Wirrungen der Ideologie denkt. Und solange er schreibt, wird auch weiterhin niemand verletzt.

Was aber angefangen und nicht vollendet, was als halbgares Konvolut in der Schublade gelandet war und nicht seinen Weg fand in die tägliche Spalte der Veröffentlichungen, das soll auch diesmal in einem Feuerchen auf der Fensterbank knisternd aus dem Gedächtnis verschwinden, dass dieses Jahr mit der Arbeit des Archivierens still und behaglich nachschmeckend vergehe, das Sortieren der Beiträge, etwas Statistik, bisweilen eine erneute analytische Beschäftigung mit den Texten, die den einen und die andere beschäftigt haben, und dass das nächste Jahr ein reiner Neubeginn sei, in Erwartung des Künftigen, illusionslos im Grundton, aber durchzogen von der Hoffnung auf Kräfte, die uns unterstützen, wenn wir dieses Welttheater ein wenig unterhaltsamer machen können und, es ist ja immer an der Zeit dazu, auch ein bisschen besser. Am Mittwoch, den 5. Januar 2022 sehen wir weiter, wohin uns diese Reise führt.

Allen Leserinnen und Lesern, die dies Blog fast oder fast ganz immer und regelmäßiger als unregelmäßig oder doch nur manchmal oder aus Versehen gelesen, kommentiert oder weiterempfohlen haben, danke ich für ihre Treue und Aufmerksamkeit und wünsche, je nach Gusto, ein fröhliches, turbulentes, besinnliches, heiteres, genüssliches, entspanntes, friedvolles und ansonsten schönes Weihnachtsfest, einen guten Rutsch und ein gesundes, glückliches Neues Jahr.

Beste Grüße und Aufwiederlesen

bee





Tod und Spiele

19 12 2021

für Erich Kästner

Die Eingeschränkten dürften sich beklagen.
Den anderen ist alles viel zu viel.
Man schränkt sie ein, weil sie zu plündern wagen
und für ihr Recht betrachten, die zu schlagen,
die alles auf sich nahmen für ein Ziel.

Im Nebel ist verhallt die frohe Kunde.
Wir sind viel dümmer, als man von uns denkt.
Man diagnostiziert nur noch Befunde,
die man längst kennt, und sieht die nächste Runde
am Horizont, der sich alsbald verengt.

Und stirbt man selbst nicht, kennt man nur die Tode,
die man sich ausdenkt. Die sind nicht so schlimm.
Was sie als Tod betrachten, ist nur Mode
und weltgeschichtlich eine Episode.
Das ist ein Märchen, schadenfroh und grimm.





In fünf Zeilen um die Welt. Limericks (DLXXIV)

18 12 2021

Es feuerte Gerrit in Rhenen
den Ofen an mit allen Spänen,
die fielen beim Sägen.
Er sparte deswegen
auch Kohle, das muss man erwähnen.

Hat Arild in Å i Lofoten
mal Stress mit den drei Fischfangbooten,
dann dichtet er Planken.
So ganz in Gedanken
verflucht er das Meer und die Toten.

Jüngst stahl man bei Wim in Driebergen
viel Gold. So sagt er es den Schergen.
Die Diebe sind flüchtig,
sie suchen nun tüchtig
nach Elfen und Einhorn und Zwergen.

Der Schauspieler Håkon in Bryne
verkörpert viel Rollen, auch kühne
und Alte und Helden.
Er hat nichts zu melden,
er traut sich nicht mehr auf die Bühne.

Bei Waldemar, sagt man, in Houten,
bei dem sie ein Segelboot klauten,
da sah man die Masten von Freunden verlasten,
die sie auf dem Laster verstauten.

Kaum Wasser hat Jonas in Straumen.
Die Zunge klebt ihm schon am Gaumen.
Sonst hat er die Flasche
stets in seiner Tasche.
Nun lutscht er aus Durst schon am Daumen.

Bei Boy ist der Tag in De Bilt
recht sonnig und windstill und mild.
So fern von den Fremden
hält er nichts von Hemden.
Er trägt außer Schuhen nur Kilt.





Gernulf Olzheimer kommentiert (DXCV): Das Grundrecht auf Egoismus

17 12 2021
Gernulf Olzheimer

Gernulf Olzheimer

Mein Name ist Gernulf Olzheimer und dies ist das Weblog aus dem Land der Bekloppten und Bescheuerten.

Einen großen Vorteil hatte der Feudalismus in Bezug auf den Leistungsgedanken: Besitz, der im Normalfall durch Erbe erworben wurde, galt als Leistung. Natürlich waren hier und da ein paar Pflichten mit der gesellschaftlichen Stellung verbunden, aber solange ein Lehensmann im Krieg nicht die eigene Rübe hinhalten musste, sich von den Leibeigenen durchfüttern ließ und Recht über sie sprechen durfte, war das Leben einigermaßen erträglich. Besonders letzterer Umstand hatte schon vieles für sich, denn die Verbindung aus Macht und Eigentum weckte auch später im Bürgertum den innigen Wunsch, dem Trieb zu folgen und sich um geltendes Recht einen feuchten Fisch zu kümmern. Der Absolutismus perfektionierte den Gedanken, in nachrevolutionärer Zeit gab der Kapitalismus ein paar entscheidende Impulse, und jüngst haben sich durch die Wiedererweckung des Feudalstaates die Schnöselklasse und ihr Anspruchsdenken zu einer heiligen Allianz aus Arsch und Eimer gefunden, die von den Knalltüten der Unterschicht stolz und ohne Aufforderung nachgetanzt wird. Zu den üblichen Irrtümern über das Wesen einer Gesellschaft kommt nun das Grundrecht auf Egoismus.

Wer wenig im Kopf spazieren führt, hält sich gern an den Krücken der Folklore fest. Die Neigung zum sinnfreien Geplärr verwechselt die Kasperade mit Meinungsfreiheit, die Einrede anderer Personen mit nachweisbarem Bildungsabschluss für Zensur, jede andere Tätigkeit für grundrechtsbewehrt. So wähnt der Laberlurch sich in einer Diktatur, wenn jenes Terrorregime, das regelmäßig ein Parlament wählen lässt und eigene Organe zur Wahrung des Rechtsfriedens unterhält, ihm das Abbrennen von Feuerwerk und Asylbewerberheimen untersagt. Er fordert von diesem Staat die Zensur der angeblich staatlichen Medien, weil er der Ansicht ist, dass sie vom Staat zensiert würden, wobei möglicherweise nur das Ergebnis ihm nicht passt, was er dann für einen Verstoß gegen die Meinungsfreiheit hält. Es gibt Bürger, die für weniger in der geschlossenen Psychiatrie sitzen, aber da besteht Hoffnung.

Was der gemeine Depp sich nun aus seiner wirr zusammengeschwiemelten Wirklichkeit quetscht, ist das Gegenteil von Solidarität und ein sicheres Mittel, den eigenen Ast abzusägen, was in etwa seiner intellektuellen Grundausstattung entspricht. In seiner Kurzsichtigkeit beharrt er auf Recht, die Tauben auf seinem Dach festzunageln: Schnitzel für alle, mit 240 durch die Autobahnbaustelle, für fünf Euro nach Malle und ja keine Impfung, weil da noch mehr Mist drin sein könnte als im Schnitzel. Für ihn existiert keine Räson, eine staatliche schon gleich gar nicht. Die Staatsgewalt ist ihm suspekt, und es fehlte nicht viel, er träte aus dem Laden aus, weil die Regeln ihn zu kompliziert sind. Masken im Supermarkt? Menschenrechte! Opferrolle!

Man muss zur Verteidigung der Mehlmützen zugeben, dass die gierigen Protagonisten aus Politik und Wirtschaft das weitgehend moralfreie Raffen und Treten in jahrzehntelanger Offenheit vorgelebt und perfektioniert haben, bis es als Inbegriff des bürgerlichen Erfolgs galt und schamlos als dessen Zweck und Ziel gepriesen wurde. Was sich nun als Elite feierte, war im Gegensatz zum Mittelprekariat oft schon durch ererbten Status in einer besseren Ausgangsposition als der nachäffende Nappel, doch die Eigensucht wurde beworben als Chance zum Aufstieg, den man ihnen einst versprochen hatte. Dass die Hohlschwätzer emsig das Märchen von der Notwendigkeit des Nachtwächterstaates und der Steuersenkung nachplappern, das ihnen als Elixier der Gutsituierten eingeflößt wird, zeigt auch, wie bereitwillig die Knechte gegen eigene Interessen verstoßen können, weil sie hoffen, irgendwann so reich zu sein, dass sie die Steuern müssten, die die Oberschicht heute schon hinterzieht.

Das Grundverständnis, eine Verfassung sei nur installiert worden, um der Egoisten Dämlichkeit zu legitimieren, ist von außen durch immunisierende Kacklappigkeit nicht mehr zu durchdringen, jeder Versuch einer Gegenrede wird sofort als Straftat gewertet. Ihr geistiger Horizont ist punktförmig im Vakuum, deshalb verlangen sie auch, dass sich der Rest der Welt darum dreht, und also verwechseln sie ihr Schwindelgefühl mit Zustimmung oder, in der Liga rückrufpflichtiger Begriffe uneinholbar an die Spitze gespült, Freiheit. Hier aber schwappt die Dummheit ins Pathologische, wo sich der Blödföhn nur dann wirklich als Mensch fühlt, wo er auf die Existenz aller anderen pfeifen kann. Im Karneval der Zellkulturen hat es der gemeinschädliche Gnom weit gebracht, wenngleich er nicht versteht, dass er ohne fremde Hilfe ein Nichts wäre, eine miserabel aufgestellte Art auf dem abgeschrägten Weg in die Ausrottung, die den Rest der Umwelt allenfalls mit Humor und dennoch peripher tangiert, weil sie zu nichts nützt, höchstens als Biomasse. Mehr ist bei den Egomanen nicht zu holen, und wenn sie das Maul aufreißen, merkt man selten am Geruch, wo vorne und oben ist. Nun ist auch der Tod eine Art Autonomie, die man sich schöndenken kann, und es steht jedem frei, sich selbstverantwortlich aus dem Zirkus hier zu verabschieden, solange man keinen mitnimmt. Wo die bleiben, wer will da schon sein.





Freiheit und Wahrheit

16 12 2021

„Nein, das müssen Sie verwechselt haben. Jehovas Zeugen haben aktuell gar keinen Weltuntergang im Terminkalender, vielleicht kommt da nächstes Jahr wieder was rein. Wenn Sie das im Internet gelesen haben, ist die Wahrscheinlichkeit sowieso gering, dass das Jehovas Zeugen waren.

Das Problem ist, dass wir den Leuten selbst oft nicht richtig helfen können, weil uns Informationen fehlen. Diese Querdenker haben keine einheitlichen Nachrichtenkanäle, da schreibt jeder woanders, und es ist überhaupt nicht koordiniert. So entstehen oft Falschinformationen, die nicht mit anderen abgesprochen worden sind, und die Leute sind nicht richtig falsch informiert. Manche weichen dann sogar auf sogenannte Systemmedien aus oder sehen sich Mainstreamfernsehen an, was mit einer großen Verunsicherung einhergeht und starken psychischen Druck auslöst. Da müssen wir dann eingreifen.

Querdenker-Infostelle Freiheit und Wahrheit, wie kann ich Ihnen helfen? Bewegt sich Ihr Bruder denn noch? Wenn er gestern noch mit dem Rad zur Arbeit gefahren ist, würde ich ein Ableben vor drei Monaten für sehr unwahrscheinlich halten. Es gibt unterschiedliche Versionen von der Geschichte mit den Impfzombies, und wenn Ihr Bruder vor nicht wie erwartet im September verstorben ist, sollten Sie auch nicht ausschließen, dass die Impfung gar nicht richtig wirkt. Ach, das wussten Sie nicht? Ich habe hier drei Meldungen, in denen das genau so kommuniziert wurde. Wenn Sie ganz sicher sein wollen, fragen Sie bei Ihrem Bruder ruhig noch mal nach. Er wird Ihnen ziemlich sicher sagen können, ob er tot ist. Ja, nichts zu danken.

Das war wieder so ein typischer Fall, der aus der defizitären Kommunikation der Querdenker resultiert. Zwei Informationen treffen aufeinander, die sich gegenseitig ausschließen. Wenn Sie da nur mit dem Vorwissen eines einfachen Psychotikers rangehen, als Reichsbürger beispielsweise, kann es da schon zu Zielkonflikten kommen. Sie lehnen den Staat ab, lassen sich als Beamter aber regelmäßig von ihm das Gehalt bezahlen. Sie kommen da in eine kognitive Dissonanz, weil Sie nicht wissen, was Sie davon glauben sollen, und eigentlich ist ja vorgesehen, dass Sie beides gleichzeitig glauben. Wir müssen uns teilweise mit Dialektik behelfen, und manchmal braucht man eben theologisches Rüstzeug, um hier weiterzukommen.

Querdenker-Infostelle Freiheit und Wahrheit, wie kann ich Ihnen helfen? Bis jetzt habe ich noch nicht bemerkt, dass der Strom abgestellt wurde. Sie telefonieren ja gerade mit mir, deshalb ist es auch unwahrscheinlich, dass es gerade heute auf der ganzen Welt keinen Strom mehr gibt. Nein, das ist auch kein Reststrom in den Leitungen. Aber Sie können gerne im Vorgarten Ihre Dosensuppen auf dem Holzfeuer zubereiten, das ist nicht illegal. Was das mit Corona zu tun haben soll, ist mir aber auch nicht ganz klar geworden. Vielleicht gucken Sie ja mal nach, ob Sie Ihre Stromrechnung auch wirklich bezahlt haben.

Bei der Theologie waren wir. Das ist gar nicht so verkehrt, die Querdenker sind ja keine normale Protestbewegung, die für irgendwas demonstrieren. Das ist eine Ansammlung religiöser Fanatiker, die alle eine hysterische Krise nach der anderen erleben, weil keins von ihren Dogmen vermittelbar ist und keine ihrer Prophezeiungen eintrifft. Dazu haben sie jede Menge Gurus, die alle irgendwie dasselbe sagen, aber letztlich will jeder von ihnen die einzige Wahrheit verkünden. Gut, dass die meisten Anhänger nicht genug Persönlichkeit zum Spalten mitbringen.

Querdenker-Infostelle Freiheit und Wahrheit, wie kann ich Ihnen helfen? Hungerkatastrophe? Ich hatte gerade einen Anrufer, der wollte sich eine Dosensuppe zubereiten, vielleicht schauen Sie mal bei dem vorbei? Der Einzelhandel ist natürlich auch weiterhin geöffnet, bisher hat die Bundesregierung nichts von einer Vernichtung aller Lebensmittel verlauten lassen. Allerdings muss ich Sie darauf aufmerksam machen, dass wir an Weihnachten etwa dieselbe Situation haben werden wie zu Pfingsten, da die Supermärkte feiertagsbedingt schließen. Sie müssten sich also an der Tankstelle mit Waren des täglichen Bedarfs eindecken. Und wenn es in Ihrem Supermarkt keine Nudeln mehr gibt, dann haben die vermutlich nur alles wieder umgeräumt.

Sehen Sie, diese Leute wollen, dass sich alles ändert, zur Not auch gewaltsam, aber sie drehen am Rad, sobald irgendetwas anders ist. Deshalb haben sie auch am liebsten unerfüllbare Prophezeiungen, damit sie danach neue unerfüllbare Prophezeiungen verfolgen können. Das tun sonst eigentlich nur Faschisten und andere größenwahnsinnige Deppen, aber die Unterschiede sind ja auch eher fließend. Und letztlich treffen sich Verschwörungsideologien immer an demselben Punkt, dass uns die jüdische Weltregierung alle umbringen will, warum auch immer. Als ob ein Planet ohne hessische Landwirte oder chilenische Taxifahrer irgendeinen Vorteil böte oder wenigstens besser auszubeuten wäre, aber von einer Religion erwartet man eben keine Logik.

Querdenker-Infostelle Freiheit und Wahrheit, wie kann ich Ihnen helfen? Ach, Sie schon wieder. Ja, der Vulkanausbruch auf La Palma war von der Bundesregierung gesteuert, die Boosterimpfung ist mit einem Zellgift versehen, das wir über den Chip aktivieren, und bald haben wir Impftruppen, die aus Flugtaxis auf Sie schießen. Mit Laserkanonen. Das ist der Plan. Aber vierlagiges Toilettenpapier gibt’s diese Woche nicht mehr, das tut mir leid. Erst ab Montag wieder. Sehen Sie es mal realistisch: alles kann doch die Politik auch nicht.“





Kanzlermaterial

15 12 2021

„Das ist nicht Ihr Ernst!“ Siebels stöhnte. „Ziehen Sie das an“, presste er zwischen den Lippen hervor, „wir sind in zwei Minuten auf dem Studiogelände.“ Ich wusste nicht, wann ich mich je zuvor in einer Limousine in einen Anzug gezwängt hatte, noch dazu auf der Rückbank und bei deutlich überhöhter Geschwindigkeit.

„Niemand wird Sie erkennen“, hickste der TV-Produzent, denn wir jagten über Kopfsteinpflaster. „Sie tun einfach, was Sie in den Anweisungen für Berufspolitiker gelesen haben, dann kann uns gar nichts passieren.“ Ich versuchte irgendwie, am Reißverschluss der Hose zu ziehen. „Und für wen werden sie mich halten?“ Siebels zuckte die Schultern. „Vermutlich für einen Staatssekretär, eventuell auch für einen Minister – das Kabinett ist so neu, die haben sich bestimmt noch nicht alle Namen gemerkt.“ Da öffnete sich auch schon das Rolltor, der Wagen glitt mit scharfem Schwung hinein, um dann abrupt in die andere Richtung abzubiegen. Siebels hielt sich am Griff über der Tür fest. „Die Krawatte sitzt“, lobte er. „Beckmann, wir werden an der 3 erwartet.“ So war es auch, an der Halle stand ein Pulk mit Mikrofonen und Kameras. Der Fahrer ließ das Auto ausrollen. Jetzt galt es.

Kaum hatte Beckmann die Tür geöffnet, hatte ich schon das erste Diktiergerät unter der Nase. Ein junger Mann streckte mir den Arm gefährlich nahe; ein Schritt, und er wäre nach vorne gefallen. „Was können Sie uns zur aktuellen Situation sagen?“ In den Gesichtern der anderen Reporter war deutlich die Verärgerung zu lesen, dass ausgerechnet er die wichtigste Frage zu stellen gewagte hatte. Ich zog die Hände aus den Hosentaschen, vollführte eine beschwichtigende Geste und atmete hörbar ein. Der Geräuschpegel schien sich daran nicht zu stören; es klickte und schnaufte verbissen weiter. „Zunächst ist die Bundesregierung in engem Kontakt mit allen Experten“, begann ich. „Dabei wird es für uns keine roten Linien geben, da wir die Folgen einer solchen Lage wie der gegenwärtigen, in der wir uns jetzt befinden, auch in ihren Auswirkungen für uns und unsere internationalen Partner analysieren – wir machen uns zu jeder Entwicklung ein genaues Bild, aber ich wiederhole nochmals: wir schließen keine notwendige Reaktion auf die Ereignisse aus.“ Ich wippte ein wenig auf den Zehenspitzen, denn es war um diese Tageszeit empfindlich kalt. Siebels sah nervös zu mir herüber. Noch waren wir nicht aus dem Schneider.

„Hüppelspeck“, rief eine Journalistin, „Bad Gnirbtzschener Bote!“ Sie fuchtelte aufgeregt mit dem Kugelschreiber, obwohl ihre Assistentin das Mikrofon hielt. „Welche Maßnahmen sind aus Ihrer Sicht jetzt notwendig?“ Ich warf einen kurzen Blick zu Siebels und räusperte mich. „Vor allem werden wir schnell und entschlossen handeln“, verkündete ich. „Die Lage erlaubt keinen weiteren Aufschub, und ich sage dazu, dass wir über die Parteigrenzen hinweg uns darauf verständigt haben, Lösungen zu finden, die verfassungskonform sind – die Kritik einzelner Teile der Opposition ist nicht konstruktiv und wird uns als Bundesregierung nicht abhalten, einen wirklichen Fortschritt ins Auge zu fassen, den die Bürgerinnen und Bürger in dieser Stunde von uns erwarten können.“ „Was heißt das konkret?“ Ich musste mich nicht umdrehen, um zu wissen, dass Siebels in diesem Moment zusammengefahren war. Aber gut, sie wollte es wirklich wissen, also würde sie auch eine Antwort bekommen. „Ich will den Beratungen in den Gremien zu dieser Stunde nicht vorgreifen“, führte ich ungerührt aus, „das würde eventuell zu vorschnellen Erwartungen an die Beschlussebene führen, die unsere Lage nicht verbessern.“ Sie nickte. Ein offenes Wort kann doch Wunder wirken.

Sicher hatte Siebels mit dem Finger auf einen der frierenden Korrespondenten haben, denn er fiel mir umgehend ins Wort. „Können wir zur Stunde einen Kursturz an der Börse ausschließen?“ Na gut, mein Junge, dachte ich mir. Du wolltest es ja nicht anders. „Können Sie zur Stunde einen Anstieg der Aktien ausschließen?“ Die anderen wussten nicht, warum sie lachten, aber sie lachten. Vielleicht war es doch keine so schlechte Idee, dieses Training mit dem Produzenten, der vor lauter Talkshows kaum noch vernünftige Sachen machen konnte. „Noch drei Fragen“, tönte es aus dem Hintergrund. Ich atmete auf. „Welche Belastungen werden jetzt auf die Bürger zukommen?“ Ich zog die Stirn in Falten. Zwar unbeabsichtigt, aber es passierte einfach. Pass auf, Freundchen. „Wir haben immer gesagt, dass es die notwendigen Veränderungen geben muss, und wir haben von den Bürgerinnen und Bürgern eine hohe Zustimmung zu den Transformationen in allen Lebensbereichen erhalten, mit denen wir uns nun vor den Krisen schützen, einerseits, andererseits vor den Folgen, die wir zu gewärtigen hätten, wenn wir uns eben nicht für die Zukunft wappnen würden. Das möchte ich an dieser Stelle noch einmal in aller Deutlichkeit zum Ausdruck bringen, weil es der Auftrag ist, den ich persönlich mit meinem Amt in der Bundesregierung verbinde.“

Die Standheizung war ausgefallen. Hektisch knetete Siebels seine klammen Finger und wühlte in den Manteltaschen. „Es lief aber doch ganz gut“, zwängte er zwischen seinen klappernden Zähnen hervor. Der Wagen fuhr langsam an. „Also ich habe ja schon viele gesehen“, sagte Beckmann, „Sie sind ein echtes Naturtalent.“ Siebels nickte, vielleicht sah es auch nur so aus. Schon waren wir wieder auf dem Weg in die Produktionsfirma. „Man muss sich immer etwas einfallen lassen“, keuchte er. „Die politische Klasse verlangt das einfach.“





Historisches Erbe

14 12 2021

„Natürlich wird sich Herr Kretschmer nicht von den Mordplänen dieser Rechtsterroristen beeindrucken lassen. Die sind zwar auf sein Privatgrundstück gelangt, haben ihn antisemitisch beleidigt und ihm den Tod seiner ganzen Familie angekündigt, aber bisher ist davon noch nichts passiert. Da können Sie mal sehen, wie stabil dieses Demokradings hier im Reichsgau Sachsen ist.

Dann eben Freistaat, das ist doch dasselbe, oder wollen Sie sich an irgendwelchen ideologischen Propagandabegriffen aufhängen? Da hat Herr Kretschmer ausnahmsweise mal recht: man muss als Landesvater die Ruhe bewahren, solange noch nichts passiert ist. Das hat sich in den deutschen Ostgebieten seit 1990 bewährt, das muss man nicht ändern. Und solange keine größeren Werte zerstört werden – so ein Scheinasylantenheim hat ja keinen besonders hohen Brennwert, wenn Sie wissen, was ich meine – muss man den Volkswillen auch mal akzeptieren, auch wenn er mit der aufgezwungenen Verfassung nicht ganz so viel zu tun hat. Wir sind ja für Frieden und Freiheit, aber wir verstehen das aus unserer Perspektive. Es ist unsere Freiheit.

Nein, das ist in Ordnung. Herr Kretschmer hat sich entschieden, den inneren Frieden des Volks der Sachsen nicht zu stören. Das ist sehr löblich, denn das Volk der Sachsen kann notfalls auch anders, und da Herr Kretschmer gerne bei der nächsten Wahl noch mal antreten will – wenn man Glück hat, kann man auch im Rollstuhl eine große politische Karriere machen, aber dann muss er schon sehr viel Glück haben, wenn er noch im Rollstuhl sitzt, wenn Sie wissen, was ich meine – sollte er schon ein bisschen Verständnis für die Befindlichkeit seiner Wähler haben. Das hat doch bei PEGIDA auch gut geklappt, da musste man auch nicht bei jedem Hakenkreuz die Polizei rufen, und wenn man die trotzdem gerufen hat, bekam man von denen eben die Denunziantenfresse poliert.

Wir Sachsen nehmen unsere Angelegenheiten nun mal gern in die eigenen Hände. Das ist es doch, was die Politik von uns immer wieder fordert: mehr Eigenverantwortung. Wir warten eben nicht, bis die Regierung sich mal entscheidet, irgendetwas zu tun, wir handeln selbsttätig, und wir warten auch nicht ab, bis uns irgendjemand eine Rechtsgrundlage für unseren Volkswillen zur Verfügung stellt. Das Volk sind ja wohl immer noch wir, also warum sollte der Souverän hier die Entscheidungen akzeptieren, die die Systemvertreter im Auftrag der Hintermänner treffen? Noch sind wir in der Lage, das Schicksal unseres Volkes selbst zu bestimmen.

Herr Kretschmer zeigt sich nämlich durchaus geschichtsbewusst, weil es schon vor der konkreten Gefahr der Umvolkung seit 2015 eine deutliche Neigung gab, die national geprägten Gefühle der Sachsen nicht zu kriminalisieren, sondern als Teil des historischen Erbes anzuerkennen. Das kann auch schon mal unangenehm werden, aber kriegt man als Deutscher ja sowieso schnell Probleme, oder sie werden einem wenigstens nahegelegt, wenn Sie wissen, was ich meine. Deshalb hat Herr Kretschmer bisher auch immer gut daran getan, die politischen Initiativen gegen den Volkswillen, wo er als verfassungswidrig angesehen wird, mit seiner Regierungspartei und mit der vermutlich nächsten Regierungspartei gemeinsam zu verhindern. Wo soll das denn hinführen, wenn man nicht mehr seine Meinung sagen darf?

Wir zum Beispiel sind der Meinung, dass Herr Kretschmer sich bisher immer anständig verhalten hat. Er tut, was man ihm sagt. Das ist bei Politikern nicht mehr selbstverständlich, im Westen muss man da auch immer sehr viel Geld anlegen oder genau wissen, welche Leichen im welchem Keller stinken. Was seine geistige Grundausstattung betrifft, kann man ihm natürlich schnell beibringen, dass er Teil des Problem ist und nicht mehr aus der Nummer rauskommt, wenn er nicht mitspielt. Auf Dauer wird das die Gesellschaft spalten, und daran will man als Ministerpräsident sicher nicht schuld sein.

Haben Sie übrigens gehört, dass sich Herr Kretschmer für ein entschiedenes Durchgreifen der Polizei gegen die Rechtsextremisten entschieden hat? Ich auch nicht. Wie gesagt, er ist ein durchaus geschichtsbewusster und folgsamer Politiker, dem man in jeder Lage vertrauen kann. Außerdem muss man zugeben, dass die bisherigen Appelle aus dem Bundesinnenministerium kamen, seitdem wir da wieder eine Bundesinnenministerin haben, die nicht nur den Stuhl warm sitzt. Die darf alles sagen, sie ist ja nicht zuständig. Wir warten einfach etwas ab, bis sie ein Gesetz fordert, dass illegale Sachen verboten werden, und dann ist auch gut. Dann loben wir mal die gesunkene Gewaltbereitschaft der Polizei gegenüber den militanten Äußerungen des gesunden Volksempfindens durch die freiheitlichen Kräfte, wenn Sie wissen, was ich meine, und dann kommen wir bestimmt schnell ins Gespräch, wie wir das sonst auch immer machen. Miteinander zu reden ist da schon ein guter Schritt, und dann ist auch bald schon wieder Ruhe.

Lassen Sie sich nicht irritieren, wenn in den nächsten Tagen bei Herrn Kretschmer versehentlich Brandsätze ins Haus geworfen werden, wir kennen unsere Sympathisanten nicht alle persönlich und können ihnen keine Vorschriften machen, da wir uns als freie Sachsen verstehen. Wir gehen davon aus, dass Herr Kretschmer das nicht so schlimm finden wird, weil ja noch mal alles gut gegangen ist, es sei denn, es ist nicht alle gut gegangen, aber das fänden wir auch nicht so schlimm. Wenn Sie wissen, was ich meine.“





Dinkeldeutschland

13 12 2021

„… gegen die Gesundheitsdiktatur demonstrieren werde. Der Naziterrorkanzler Scholz plane in der Nachfolge von Merkel den Massenmord an den Deutschen, indem er sie zum Essen zwinge. Die Widerstandsbewegung werde sich notfalls mit Gewalt gegen die…“

„… als Esskritiker auftreten würden. Die ersten Kostverweigerer seien entschlossen, öffentlich gegen die ihrer Meinung nach verfassungswidrige Zwangsernährung aller Bürger zu protestieren. Bisher sei es vor allem im Internet zu Diskussionen über Fotos von Bananenbrot und Smoothies gekommen, die offensichtlich als Manipulation des freien Volkswillens in den…“

„… vermeintlich für die Privatwohnung von Özdemir gehalten habe. Die Gruppe sei mit Fackeln und Schusswaffen vor das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft gezogen und habe die Mitarbeiter als Lügenfresser bezeichnet, die sich in Wirklichkeit gar nicht im Gebäude des…“

„… gerade in der Weihnachtszeit vorsätzlich durch Werbung für Lebkuchen und Schokolade verursacht werde. Die Anti-Ess-Bewegung habe angekündigt, dass sie durch eine spendenfinanzierte Sammelklage vor dem Deutschen Weltgerichtshof für Strafbare Schwerverbrechen die illegalen Praktiken der Süßwarenindustrie beenden und die Firmen zum Wohle der…“

„… nur als Abendspaziergang angekündigt hätten. Die etwa hundert Teilnehmer seien dann durch die Dresdner Altstadt gezogen und hätten versucht, den Weihnachtsmarkt mit Hilfe einer bei der Bundeswehr verloren gegangenen Panzerfaust zu eliminieren. Da die Veranstaltung jedoch bereits mehrere Tage zuvor geschlossen worden sei, habe man vor Ort keine…“

„… gebe es keine medizinischen Studien, die nahelegen würden, dass ein möglichst hoher Fett- und Zuckerkonsum sich gesundheitssteigernd auf normale, nicht vorgeschädigte Menschen auswirke. Ein Sprecher des Diätetischen Volkswiderstands habe die sofortige Absetzung der Bundesregierung gefordert, wenn diese weiterhin ohne Kenntnis der Öffentlichkeit an einem Gesetz zur allgemeinen Zwangsmast aller Angestellten der BRD GmbH…“

„… dass man auch Bürger mit abweichenden Meinungen ernst nehmen müsse, wenn es den innergesellschaftlichen Dialog stärke. Kretschmer werde die patriotischen Essverzichtler gerne zu einem Adventskaffee mit Stollen und…“

„… und jeder mit gesundem Menschenverstand sehen könne, dass sich normale Personen nicht in dem geforderten Maß mit Nahrung vollstopfen könnten. Ernährungskritiker hätten vorgerechnet, dass bei einer Essenszufuhr von zwei Kilogramm pro Tag ein menschlicher Magen nach einer Woche geplatzt sein müsse, während die Mehrheit der normalen Deutschen offenbar ohne diese…“

„… zu einer Abspaltung innerhalb des rechten Flügels der rechtsrechten Kräfte gekommen sei. Der Kanal Dinkeldeutschland werde ab sofort keine Mitglieder mehr dulden, die sich nicht durch rein veganes Hungern und Verzicht auf…“

„… versehentlich zum Anschlag gekommen sei. Statt einen Brandsatz in eine Wurstbraterei zu schleudern, habe der Anführer der Gruppe Kalorienfreies Sachsen eine Bude mit erzgebirgischer Schnitzkunst angezündet, die in wenigen Sekunden mit einer gewaltigen…“

„… Supermärkte in Thüringen und Sachsen überfallen habe, um das nährstoffarme Lebensmittel aus den Verkaufsräumen zu entfernen. Die drei Angeklagten hätten die Reisflugscheiben im…“

„… würden einzelne Chemikalien, die mit der Nahrung zugeführt würden, in falscher Dosierung Langzeitfolgen bis zum Tod haben. So seien bereits wenige Kubikmeter Dihydrogenmonoxid, die im Laufe eines Lebens von der Bundesregierung für Ernährungszwecke bereitgestellt würden, für einen Bürger ohne Vorerkrankungen absolut…“

„… es eine Zuckerkritische Bewegung gebe, die verschwörungsideologische Diskussionen über ein Verbot von Ersatzstoffen führten, die sie ebenfalls ablehnen würden, da durch normales Essen oder…“

„… garantiere das Grundgesetz jedem Bürger die Selbstorganisierung der Nahrungsversorgung und verpflichte ihn nicht zum Essen. Der ehemalige Oberst der Reserve habe sich mit der Schusswaffe gegen die Entziehung seiner beiden unterernährten Kinder gewehrt und sei erst nach drei Stunden empathischer Diskussion mit Kretschmer durch Unterzuckerung von den Feldjägern des…“

„… es eindeutige Anzeichen gebe, dass Scholz von der Reptiloiden-Weltregierung gesteuert werde, die die Auslöschung der Erdbevölkerung durch Monosaccharide plane. Die meisten dieser Stoffe würden in einem chinesischen Labor erzeugt und durch Mobilfunkmasten auf die deutsche…“

„… zwei Mitglieder wegen Vorbereitung eines Bombenanschlags auf den Reichstag verhaftet habe. Die Wahlverteidigerin der beiden Aktivisten habe umgehend eine Beschwerde an den Internationalen Strafgerichtshof gerichtet, da durch die tägliche Verabreichung von drei Mahlzeiten an die Häftlinge der Versuch der Körperverletzung mit…“

„… angekündigt hätten, am Tag X alle Filialen einer Schnellrestaurantkette zu erstürmen. Der Aufruf zum Burgerkrieg sei aus dem christlich-bioenergetischen Forum für deutschblütiges…“

„… in den letzten Tagen vor Weihnachten zu den erwarteten Hamsterkäufen gekommen sei. Die Nachfrage nach Nudeln und Mehl sei vor allem in politisch instabilen Regionen höher als in der…“





Deutsche Geschichte, schwere Geschichte

12 12 2021

Elxleben an der Gera – nicht zu verwechseln mit der gleichnamigen Ortschaft im Ilm-Kreis – sorgt sich. Nun sind besorgte Bürger in der Gemeinde durchaus nichts Neues, hier aber denken sie an die Kinder, und zwar an die eigenen. Weil die Kita Anne Frank heißt und die Geschichte des jüdischen Mädchen für die unschuldigen Kinder sicher traumatisierend wirken könnte. Oder, wie in schöner Offenheit von AfD-nahen Eltern gesagt, der von den Feinden Deutschlands instrumentalisierte Schuldkult, der die dauerhafte Zerstörung eines Nationalbewusstseins sicherstellen soll. Was die braunen Arschgeigen in Thüringen halt hochkotzen, wenn man ihnen nicht das Maul stopft. Für den Kindergarten hatten die Bildungsversager auch eine Alternative parat: Elchzwerge. Der Elch, als größter lebender Hirsch in den polaren Nadelwäldern unterwegs, seit der Steinzeit in den Niederungen der Unstrut zu finden und vertraut aus dem Erfurter Stadtbild, wer hätte nicht zuerst an ihn gedacht. Hauptsache, man überfordert die Kleinen nicht. Dumm werden sie noch früh genug. Dafür haben sie schon diese Erziehungsberechtigten. Alle weiteren Anzeichen dafür, dass man die 180-Grad-Wende in der Erinnerungskultur auch mit dem Schlagring beseitigen könnte, wie immer in den Suchmaschinentreffern der vergangenen 14 Tage.

  • goethe alkohol: Sie brauchen den Geist, der stets verneint.
  • weidel lügt: Wasser soll ja nass sein.
  • helmut scholz: Hamburg hat nun mal die besten CDU-Kanzlerinnen.
  • holz mangelware: Warum wollen Sie Holz auch unbedingt mangeln.
  • querdenker weihnachten: Das ist natürlich alles nur eine Erfindung der Lichterkettenindustrie.
  • lauterbach mittelalter: Dabei war doch Spahn für die Kinderkreuzzüge zuständig.
  • corona einladung: Das kommt auch ohne.
  • brexit eu folgen: Vermutlich zahlen sie die restlichen Schulden in Marmite.
  • laschet weihnachten: Endlich Zeit für den Brückenlockdown.
  • höcke positiv: Kommt immer auf das Virus an.
  • wendler koks amerika: Sollte man keinem Alkoholiker empfehlen.
  • nylon schlipse: Ich trage ja immer nur einen zur Zeit.
  • dackel mit nüssen: In Thüringen hat man nicht so Angst vor unbekannten Viren.
  • papst weihnachten: In manchen Berufen hat man trotz Mindestlohn auch an Sonn- und Feiertagen Schichtdienst.




In fünf Zeilen um die Welt. Limericks (DLXXIII)

11 12 2021

Giancarlo, der bastelt in Brez
beim Anblick schon jeden Geräts
an allen Funktionen.
Es sollte sich lohnen,
der Neuerwerb folgte dann stets.

Francisco, der suchte in Gines
in Tiefen wohl des Magazines
ein Bild, das er kannte.
Dass er sich verrannte,
das merkt er nur selten – so schien es.

Ubaldo in Levico Terme,
der setzte auf wohlige Wärme.
Er wird überraschen
mit Vollgummiflaschen
und Heizgürteln für die Gedärme.

Cirilo, der sprach in Baélls:
„Du fütterst das Hündchen, so stell’s
gern mitten ins Zimmer.
Er frisst es auch immer,
das hörst Du anhand des Gebells.“

Renata, die brüht in Ronzone
Kaffee. Zählt sie ab jede Bohne,
Auch Wasser, das misst sie,
doch Zucker vergisst sie
und Sahne. Sie trinkt ihn nur ohne.

Iñaki, der ritzt in Ayerbe
für jeden Verlust eine Kerbe
in Teller und Tassen.
Er kann es nicht fassen,
ihm bleibt zum Schluss kaum eine Scherbe.

Gaspare, der ist in Preore
als Pater auch Hüter der Tore,
nur landen die Bälle
bei ihm nicht, anstelle
fliegt manches gleich auf die Empore.