Ausbürgerungstest

26 01 2022

„Meinetwegen sofort. Je schneller, desto besser. Sie betonen ja immer wieder, dass Ihre Einwohner das Volk sind, dann können Sie sicher auch von jetzt auf gleich einen ganzen Staat auf die Beine stellen, wobei es uns hier nicht sonderlich interessieren würde, wenn die Sache in die Hose geht. Das ist Ihr Sachsen, und wenn Ihnen so viel an der Freiheit liegt, erklären Sie sich halt zum Sächsischen Reich.

Natürlich mit sämtlichen Konsequenzen. Die außenpolitische Anerkennung Ihrer staatlichen Souveränität ist uns vollkommen egal. Es gibt eine Grenze, von deren militärischem Schutz Sie sich im Fall eines nicht angemeldeten Übertrittsversuches gerne selbst überzeugen können, es gibt Zölle, und ansonsten sind Sie für Ihre Angelegenheiten selbst verantwortlich. Sie wollten das so, also bekommen Sie es auch. Dass Sie das ab Tag eins dafür nutzen, sich in der Opferrolle herumzusuhlen und für die Hetzpropaganda zu nutzen, die BRD wollen Ihren Freistaat unterdrücken und isolieren, das müssen Sie uns nicht erzählen. Das wissen wir. Nur weil wir Ihr Land nicht mehr an der Backe haben, sind es immer noch dieselben Nazis. Ein Parteiverbot funktioniert ähnlich, nur nicht ganz so wirksam.

Die Ausbürgerungstests dürfen Sie sich dann bitte ungefähr vor wie die Verfahren, die wir sonst zur Einbürgerung haben. Besonderes Gewicht auf Grundlagen der Demokratie, Aufbau des Staates, politisches System, Verfassung. Wenn jemand die Zugehörigkeit zur deutschen Herrenrasse als Grund für seinen Staatsbürgerschaftswunsch nennt, kann er gleich wieder umdrehen. Wir brauchen hier keine Nazis, keine Naziversteher und keine braunblauen Mitläufer. Ihre Arschgeigen können Sie behalten. Davon abgesehen werden wir selbstverständlich jeden Einzelfall prüfen, ob es sich nicht um ganz plötzlich konvertierte Demokraten handelt, die bis vor kurzem noch für Frieden, Freiheit und keine Gewalt Brandsätze in Synagogen und Moscheen geschmissen haben.

Wem wir dann politisches Asyl gewähren, das lassen Sie auch bitte unsere Sache sein. Das sind unsere inneren Angelegenheiten, und wenn Ihnen das nicht passt, kann sich das bis zur Aufnahme von diplomatischen Beziehungen sehr unschön für eine von beiden Seiten gestalten. Sie dürfen ja gerne ihre Energieerzeugung oder die Rohstoffversorgung in Eigenregie starten. Für uns ist das nicht zwingend ein Punkt auf der Agenda. Genügend Teilzeitjobs für Ihre Berufsdemonstranten haben Sie ja, oder?

Ob und wie Sie das mit den Demonstrationen machen, das ist Ihre Sache. Das Grundgesetz wird ja sicher keine Rolle mehr bei Ihnen spielen, so ein Versammlungsgesetz ist bestimmt auch innerhalb weniger Stunden geschrieben und vom Reichstag verabschiedet – das heißt doch dann Reichstag bei Ihnen? Bundestag geht ja leider nicht mehr – und dann können Sie mit gesundem Volksempfinden so richtig durchregieren. À propos gesund, sollten sich die Inzidenzzahlen bei Ihnen plötzlich steigern oder die Hospitalisierungsrate, machen Sie sich immer klar, dass das nur eine Grippe ist, die es gar nicht gibt, weshalb eine Impfung dagegen tödlich sein kann, und wenn Ihre Krankenhäuser auf einmal voll sind, dann liegt das nur an zu wenig Intensivbetten. Wir schauen uns das aus sicherem Abstand in den Nachrichtensendungen des Sächsischen Staatsfunks an und gehen dann zur Tagesordnung über.

Doch, Sächsischer Staatsfunk würde ich Ihnen empfehlen. Das klingt gleich viel unabhängiger als Staatsfunk der BRD GmbH, oder was Sie sich sonst immer zusammengeschwurbelt haben. Die vielen schönen Hitlerdokus verkaufen wir Ihnen aber nicht, und Sie werden doch ein Auge darauf haben, dass keiner bei Ihnen Feindsender guckt, oder?

Dass die Russen bei Ihnen einmarschieren, halte ich für sehr unwahrscheinlich, aber ausschließen kann man es natürlich nicht. Sollte sich Ihr Bild von Putin als nicht ganz so freiheitsliebend erweisen, wir sind weiterhin Mitglied der NATO, wir dürfen das kritisieren, wir werden das auch kritisieren. Da Sachsen dann kein NATO-Mitglied mehr ist, stehen die Chancen nicht schlecht, dass es bei dieser Kritik dann auch bleibt. Sollten Sie bei der Gelegenheit in den Genuss einer Impfpflicht kommen, können Sie ja immer noch überlegen, ob Sie mit Bürgerwehren gegen die Streitkräfte Russlands angehen. General Schoigu soll für gute Witze immer zu haben sein.

Die ganzen anderen Sachen, Währung, Post, den Straßenbau, Infrastruktur, Überflugrechte deutscher Bundesländer, das haben Sie auf dem Schirm, ja? Nicht, dass wir uns wieder Klagen anhören müssen wie damals beim Brexit, als unverständlicherweise alles genau so kam, wie es in den Verträgen stand, nur eben ein bisschen schneller und teurer. Denken Sie rechtzeitig an eine eigene Zellstoffindustrie, damit im Falle einer neuen Pandemie Ihre Bürger ausreichend Toilettenpapier hamstern können. Und Nudeln. Und Mehl. Im Falle eines Bürgerkriegs ist die Versorgung der Bevölkerung nämlich besonders wichtig. Falls bei Ihnen ein Bürgerkrieg ausbricht, die ganzen Volksverräter sind dann ja weg. Und wo der Volkswille vom Staat gewaltsam durchgesetzt wird, dürfte es ja auch keinen Bürgerkrieg geben.

Also eigentlich ist das auch alles egal, machen Sie, was Sie wollen, und nennen Sie das Ding, wie es Ihnen in den Kram passt. Wir sind damit fertig. Sie wissen, wo Sie unterschreiben müssen, dann geht die Sache ihren Gang. Ob wir was nehmen? Kretschmer? als politischen Flüchtling? Hatte ich mich nicht klar genug ausgedrückt: Arschgeigen können Sie behalten?“