Textbausteine

1 03 2022

„Natürlich nur als Sonderbeauftragte für spezielle Angelegenheiten. Kanzler bleibt Scholz, Baerbock ist weiterhin Außenministerin, und Lindner darf so tun, als hätte er von irgendwas Ahnung. Sie würden das ohne Weisungsbefugnis machen, Frau Merkel.

Es wäre jetzt auch nicht wirklich viel. Sie kennen ihn einigermaßen, er spricht zwar Deutsch, aber Sie eben auch Russisch, und das wäre ganz praktisch. Sie würden ihn besuchen, am besten in den nächsten Tagen oder Wochen, und dann würden Sie zu ihm sagen: ‚Pass gut auf‘, würden Sie sagen, ‚wenn ich mit Deiner Botoxbirne fertig bin, kannst Du Dir das Gebiss aus der Rosette rauspopeln.‘ Nur halt etwas diplomatischer, damit es keinen Stress gibt. Sie haben Vollidioten wie Trump und Seehofer ausgehalten, dann kommen Sie mit Putin bestimmt auch zurecht.

Jetzt vergessen Sie mal nicht, wem wir diesen ganzen Scheiß zu verdanken haben. Das mit den Brücken, mit dem Streckennetz, dem Dieseldreck, das waren zwar Dobrindt und Scheuer, aber wer hat dieses Gesindel denn ins Kabinett gelassen? Sie sind nicht ganz unschuldig an dieser Misere, Frau Merkel, und jetzt bekommen Sie die einmalige Chance, ein paar Karmapunkte zu sammeln, wenn Sie nachträglich noch mal eine nationale Aufgabe für die Bundesrepublik übernehmen. Ihnen redet auch keiner rein, das dürfen Sie alles ganz frei und ohne Rücksicht auf Verluste entscheiden.

Wir würden ja sofort Sanktionen raushauen, dass der alte Schmierlappen schreiend im Kreis rennt und mit Hirnembolie zum Abdecker gekarrt wird. Aber wir sind halt die Bundesregierung, das heißt, wir müssen immer auf die Konsequenzen der politischen Kommunikation achten. Wenn sich der Kanzler ins Fernsehen stellt und irgendwas sagt, was ganz böse und gefährlich klingt, dann haben unsere Konfliktpsychologinnen aus der Abteilung Weichstapelei schon umfangreich ausgetestet, ob das nicht schlecht an der Börse ankommt. Oder den Gaspreis nach oben treibt. Oder sonst irgendeine Folge für die internationalen Beziehungen hat. Aber Sie können sich an diesen albernen Tisch setzen, ihm klarmachen, dass er ein Pausenclown ist, der irgendwann von seinen eigenen Leuten abgesetzt und zum Teufel gejagt wird. Es muss ja gar nicht unbedingt charmant klingen.

Frau Merkel, alleine die Tatsache, dass wir nach all den Jahren verschlafener Digitalisierung diesen ganzen Coronamist immer noch per Faxgerät an die Gesundheitsämter schicken müssen, sollte Ihre Haltung ein kleines bisschen kooperativer werden lassen, meinen Sie nicht auch? Sie können ja bei der Gelegenheit hinterher noch ein paar Tage durch den Ostblock fahren, das Netz ist fast überall besser als in Deutschland. Sie schreiben doch so gerne SMS, oder?

Alleine dieser widerliche Antisemitismus, das können Sie ihm mal bestellen – Entnazifizierung, wenn wir das schon hören! Dieser Rübe verdanken wir schließlich die AfD, die Querdenker und den ganzen übrigen Nazidreck. Sehr viel praktizierten Antifaschismus haben Sie ja nicht abgeliefert, Frau Merkel, nach NSU und Halle und Hanau waren das ja größtenteils verbale Leerlaufhandlungen, aber jetzt könnten Sie ja mal irgendwas Gehaltvolles in Richtung Russland vom Stapel lassen. Wenn Sie da sagen würden, das sei nicht ihr Duktus, das wird ihn nicht sonderlich beeindrucken. Aber wenn Sie richtig vom Leder ziehen, das wäre schon gut.

Wieso wollen Sie denn jetzt nicht mehr, Frau Merkel? Sie hatten da so schöne Textbausteine. ‚Tiefes Mitgefühl‘ und ‚Mit größter Sorge‘ und ‚Anteilnahme‘. Da war vom letzten Terroranschlag ja noch einiges in der Schreibtischschublade, und jetzt wollen Sie einen Rückzieher machen? Sie könnten ganz gemütlich nach Moskau reisen und ohne Rücksicht auf Verluste dem Drecksack richtig eine reinzimmern. Überlegen Sie mal, noch bevor Sie Kanzlerin wurden, haben Sie den Irakkrieg befürwortet und wollten dann nichts davon wissen, dass die Beweise an den Haaren herbeigezogen waren. Die Scharte könnten Sie auswetzen. Kommt spät, aber noch sind Sie ja nicht weg vom Fenster. Zumindest nicht so weg wie der Rest der CDU.

Nein, kommen Sie ihm nicht mit militärischen Drohungen, das ist eine Schnapsidee. Deutsche Soldaten sind zum Brunnenbohren unterwegs und zum Schutz der Mädchenschulen, und dann müssen die auch immer die lokalen Kräfte so gut ausbilden, dass bei ihrem Abzug die Taliban den ganzen Laden wieder in die Scheiße reiten. Drohen Sie ihm nicht. Und machen Sie auch nichts am Finanzsystem. So wie es in Deutschland Millionen Dorfbewohner gibt, die unbedingt zehnmal am Tag mit dem Auto in die nächste Metropole fahren müssen, weil sie sonst die kommunistische SPD wählen, so gibt es in jeder Straße Russen, die alle paar Minuten Geld in die Heimat schicken. Das gibt miese Publicity.

Gut, Frau Merkel, dann die harte Tour: wer hat die Atomkraftwerke abschalten lassen, die wir jetzt als Trotzreaktion gegen die Gaskonzerne brauchen könnten? Sie könnten jetzt richtig herumtrollen und Waffenlieferungen an die Ukraine ankündigen. Das hat er garantiert nicht auf dem Schirm. Der platzt, und Sie lehnen sich währenddessen genüsslich im Sessel zurück. Er weiß zwar, dass die Bundeswehr nicht zufällig unter Ihrer Kanzlerschaft marode wurde, aber er weiß auch, dass mit der deutschen Rüstungsindustrie nicht zu spaßen ist. Auch nicht für eine Bundesregierung. Machen Sie es für die wirklich wichtigen Werte, die Deutschland vertritt, Frau Merkel. Meinen Sie nicht, Sie kriegen das hin?“