„Im Prinzip wäre das möglich, wobei diese Anlagen zu teuer sind. Deshalb können wir Luftfilter nur in den Wahlkreisbüros der Abgeordneten einsetzen, weil die da länger halten als in Klassenräumen. Ist ja auch logisch, da werden sie meistens gar nicht erst ausgepackt.
Wenn Sie spenden wollen, wir nehmen gerne etwas für neue Fenster. Fenstergriffe hatten wir in 2018 bereits geplant und teilausgeführt, aber die Fenster selbst sind überwiegend defekt und können nur noch geöffnet, aber nicht mehr geschlossen werden, weshalb sie auch nicht mehr geöffnet werden dürfen. Immerhin sind die Fenstergriffe bisher noch einigermaßen intakt, weil die Fenster ja wie gesagt geschlossen bleiben, die verbrauchen auch keinen Strom, und deshalb können wir keine Luftfilteranlagen als Spenden zulassen, weil die ja im Gegensatz zu den Fenstern… – Ich weiß, das ist alles ein bisschen schlecht gelaufen, weil wir die Mittel für die Pandemie vorher nicht eingeplant hatten, aber die ist jetzt ja vorbei, und deshalb sind die Gelder für Infektionsschutz auch erst wieder im Haushalt vorgesehen, wenn die nächste Pandemie sich ankündigt. Drücken Sie uns die Daumen!
Nein, so war da ja gar nicht gemeint – erst ist der Straßenbau dran, wir müssen nämlich vor der Schule neue Parkplätze bauen. Das war schwierig genug, weil wir das querfinanzieren mussten. Die Feuerwehr hat sich natürlich beschwert, weil sie mindestens ein neues Fahrzeug brauchen, aber man muss auch auf die soziale Verteilung schauen: mit dem Auto in die Innenstadt fahren kann jeder, aber bei wem brennt’s denn täglich? Wobei wir auch die Hälfte der Parkplätze, genauer: die Stellplätze für Fahrräder, ist ja eine Schule, die können wir nicht fristgerecht zehn Jahre zu spät fertig stellen. Uns fehlen da ein paar Millionen für den Busverkehr, die fließen allerdings in die Wirtschaftsförderung, weil der Bürgermeister einen Freund hat. Nein, auch wieder falsch – nicht, was Sie denken, der ist natürlich Bauunternehmer. Da geht es um Jobs, vor allem um den, den der Bürgermeister nach der nächsten Wahl… – Ja, Sie können das natürlich falsch verstehen, aber wir müssen auch mal an die Allgemeinheit denken, und die besteht eben nicht nur aus normalen Arbeitnehmern ohne Vermögen.
Dafür dürfen Sie dann bald Ihre eigenen Geräte mit in den Unterricht bringen. Wir setzen da ganz auf Diversität – Laptops müssen nicht immer zur leistungsfähigsten Klasse gehören oder perfekt den Anforderungen an den Unterricht entsprechen, die Hauptsache ist, dass es Ihre Geräte sind. Wir haben kein Geld für so einen Luxus, und wenn Sie schon Kinder in die Schule schicken, dann müssen Sie auch ein bisschen Eigenverantwortung übernehmen. Es ist doch auch in Ihrem Interesse, wenn es einen geregelten Präsenzunterricht gibt, oder?
Ich meine, Sie wollen schließlich jeden Morgen zur Arbeit fahren, da würden Ihnen die Kinder in der Wohnung nur im Weg herumstehen. Deshalb ist es auch so wichtig, dass wir den Nahverkehr so gut wie möglich ausstatten. Also irgendwann mal, wenn wir durch die Anpassung des Kostenrahmens nach oben die notwendigen haushalterischen Spielräume ausgelotet haben. Alternativ können Sie gerne das Fahrrad als Transportmittel benutzen, aber gehen Sie uns nicht wieder mit einer Demonstration für mehr Stellplätze auf die Nerven. Wir müssen uns hier jede Woche mit Anträgen herumschlagen, die wir nicht zeitnah bearbeiten können, weil unsere Digitalisierungsstrategie in den letzten Jahren unter der mangelnden Koordination der politischen und der gesellschaftlich relevanten Kräfte gelitten hat. Die notwendigen Entscheidungen wurden nicht im Rahmen entscheidender Notwendigkeiten getätigt, also hat man uns viele Posten wieder gestrichen. Wir sind froh, dass wir zwei Faxgeräte ersetzen konnten. Alle anderen Projekte behalten Sie gerne für 2030 im Hinterkopf, dann sieht’s vielleicht ein bisschen besser aus.
Seien Sie froh, dass wir das städtische Klinikum vor Jahren verkauft haben. Die Personalkosten würden uns heute das Genick brechen, dann gäbe es nicht einmal Autoparkplätze. Sie sind ja derzeit in der komfortablen Lage, dass Sie beides genießen können: kein Tempolimit und gute Versorgung im Krankenhaus. Immer vorausgesetzt, Sie fahren auch vernünftig, denn sonst gibt es ein Problem, wenn Sie wirklich auf klinische Versorgung angewiesen sein sollten.
Selbstverständlich müssen wir auch Schulden machen, wenn wir die großen Aufgaben angehen. Aber die meisten Aufgaben, sozialer Wohnungsbau, Kinderbonus, Entlastung von Geringverdienern und das nächste oder übernächste Rettungspaket, das macht ja die Bundesregierung, deshalb sind uns auf kommunaler Ebene die Hände gebunden. Wenn wir jetzt ein paar Straßen verkehrsberuhigen und mit Begleitgrün ausstatten, dann ist das auch nur eine kosmetische Maßnahme, die Ihnen nicht weiterhilft. Das können wir also auch gleich lassen, dann ist mehr Geld da für die wichtigen Aufgaben. Zum Beispiel neue Maßnahmen gegen Obdachlose… – Gegen Obdachlosigkeit können wir nichts tun, das ist auch schon von der Zivilgesellschaft besetzt, die ein bisschen zurückgeben möchten, dass wir keine Kontrollen durchführen können in Schlachthöfen oder Kliniken, weil uns das Personal fehlt. Das ist erst mal nicht so schlimm, wegen der Kosten, weil wir uns darum auch kein Schwimmbad mehr leisten und auf die Renovierung der Turnhalle verzichten. Die würde ja keinen Gewinn erwirtschaften. Oder meinen Sie, wir kriegen das durch, diese Schule an die Börse zu bringen?“
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